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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 14.07.2016, Az.: V ZR 258/15
Voraussetzungen für die Berücksichtigung neuen Vorbringens durch das Berufungsgericht
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 14.07.2016
Referenz: JurionRS 2016, 25542
Aktenzeichen: V ZR 258/15
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:140716BVZR258.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Hannover - 02.04.2015 - AZ: 16 O 20/14

OLG Celle - 13.11.2015 - AZ: 4 U 69/15

Fundstellen:

FamRZ 2016, 2010

MDR 2017, 358-359

NJW 2016, 9

NJW 2017, 736-738 "Teilzulassung der Revision"

ZfIR 2016, 765

BGH, 14.07.2016 - V ZR 258/15

Amtlicher Leitsatz:

Nach Maßgabe von §§ 529, 531 ZPO zulässiges neues Vorbringen ist auch dann zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht nach § 522 Abs. 2 ZPO entscheiden will. Eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss ist daher nur zulässig, wenn die Berufung auch unter Berücksichtigung danach zulässigen neuen Vorbringens offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

  1. a)

    Auch gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO kann die Revision beschränkt auf die Höhe des Anspruchs zugelassen werden, wenn der Rechtsstreit durch den Tatrichter in ein Grund- und ein Höheverfahren zerlegt werden könnte. Dass er einheitlich entschieden hat, ist dafür, wie auch sonst, unerheblich.

  2. b)

    Kommt eine solche Teilzulassung der Revision in Betracht, kann das Revisionsgericht die Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 544 Abs. 7 ZPO beschränkt auf die Höhe des Anspruchs aufheben und den Rechtsstreit nur insoweit an das Berufungsgericht zurückverweisen.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juli 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und Dr. Göbel
beschlossen:

Tenor:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 13. November 2015 unter Zurückweisung des Rechtsmittels hinsichtlich des Anspruchsgrunds im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Einwände der Beklagten und des Streithelfers zu 1 gegen die Höhe des dem Kläger zuerkannten Anspruchs zurückgewiesen worden sind.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtstreit zur Verhandlung und neuen Entscheidung über die Anspruchshöhe sowie über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Der Kläger und seine Ehefrau (im Folgenden: Käufer) gaben am 23. Juli 2008 ein von dem Streithelfer zu 1 beurkundetes Angebot an die P. GbR und deren damalige Gesellschafter (im Folgenden: Verkäufer) ab. Inhalt des Angebots war der Abschluss eines Kauf- und Werkvertrags nach einem vorformulierten Vertragsmuster über eine zu renovierende Eigentumswohnung zu einem Preis von 151.423 €. An ihr Angebot sollten die Käufer bis zum 15. September 2008 gebunden sein. Mit dem Fristablauf sollte nur die Bindung des Käufers enden, das Angebot jedoch fortbestehen und erst mit Zugang eines Widerrufs bei dem Notar erlöschen.

2

Die Verkäufer erklärten am 18. September 2008 die - von dem Streithelfer zu 2 beurkundete - Annahme des Angebots und auf Grund einer im Angebot ihnen erteilten Vollmacht zugleich die Auflassung der Wohnung. Die Käufer traten später einem Mietpool bei, aus dem sie laufend Ausschüttungen erhielten.

3

Die Ehefrau des Klägers hat ihre Ansprüche aus dem Rechtsgeschäft an den Kläger abgetreten. Der Kläger hat die durch Umwandlung der GbR entstandene Beklagte zu 1 und deren persönliche haftende Gesellschafter, die Beklagten zu 2 und zu 3, auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der den Käufern bis zum Beginn des Rechtsstreits zugeflossenen Einnahmen aus dem Mietpool in Höhe von 14.748,96 €, also auf 136.674,04 €, zzgl. Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der Wohnung in Anspruch genommen und die Feststellung beantragt, dass die Beklagten sich im Annahmeverzug befänden. Im Verlauf des Rechtsstreits in erster Instanz hat er wegen weiterer Mietpooleinnahmen von 1.440,65 € und von 1.985,83 € den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagten haben widerklagend gegen die Ehefrau des Klägers (Drittwiderbeklagte) die Feststellung beantragt, dass durch das notarielle Angebot und durch die notarielle Annahme ein Kaufvertrag wirksam abgeschlossen worden sei.

4

Das Landgericht hat der Zahlungsklage in Höhe von 133.247,56 € zzgl. Zinsen Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübertragung der Wohnung stattgegeben, den Annahmeverzug der Beklagten sowie die Erledigung der Hauptsache wegen der in erster Instanz den Käufern zugeflossenen Einnahmen aus dem Mietpool festgestellt und die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

II.

5

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der den Käufern zugeflossenen Mieteinahmen Zug um Zug gegen Rückübertragung der Eigentumswohnung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 BGB, gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 i.V.m. § 128 Satz 1, § 161 Abs. 2 HGB. Ein Kaufvertrag sei infolge der verspäteten Annahme durch die Beklagte zu 1 nicht wirksam zustande gekommen. Die Bestimmung über die Fortgeltung des Angebots über den Ablauf der im Angebot bestimmten Annahmefrist hinaus sei nach § 308 Nr. 1 BGB als eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB) unwirksam.

6

Das erstinstanzliche Urteil sei nicht wegen der den Käufern fortlaufend - auch während der Dauer des Berufungsverfahrens - zufließenden Einnahmen aus dem Mietpool abzuändern. Dieser Einwand des Streithelfers zu 1 greife schon deshalb nicht, weil die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz bei den Käufern eingehenden Mieteinnahmen keinen Eingang in das Berufungsverfahren fänden, wenn das Berufungsgericht im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 ZPO entscheide.

III.

7

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur hinsichtlich der Höhe des Anspruchs begründet. Das Berufungsgericht hätte die den Käufern in der Berufungsinstanz zugeflossenen Mietpooleinnahmen anspruchsmindernd berücksichtigen müssen.

8

1. In Bezug auf die zum Grund des Anspruchs vorgebrachten Einwände der Beklagten ist die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen, weil Zulassungsgründe nicht vorliegen. Die Rechtssache wirft insoweit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) erforderlich. Von einer Begründung hierzu wird nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

9

2. Die Beklagten rügen dagegen zu Recht, dass das Berufungsgericht die den Käufern nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz entstandenen Mietpooleinnahmen nicht anspruchsmindernd berücksichtigt hat. In der Zurückweisung des Vorbringens des Streithelfers zu 1 hierzu liegt eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), die eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich macht.

10

a) Die Beeinträchtigung des Verfahrensgrundrechts liegt allerdings nicht - wie die Nichtzulassungsbeschwerde vorbringt - in der unrichtigen Anwendung der Präklusionsvorschrift für neues Vorbringen in der Berufungsinstanz (§ 531 Abs. 2 ZPO). Eine solche verletzte zwar Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, NJW-RR 1999, 1079 [BVerfG 22.02.1999 - 1 BvR 2486/97]). Das Berufungsgericht hat die Nichtberücksichtigung des Vorbringens aber nicht auf § 531 Abs. 2 ZPO gestützt.

11

b) Die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG beruht vielmehr darauf, dass die Auslegung der Vorschrift des § 522 Abs. 2 ZPO und die hierauf beruhende Zurückweisung des Vorbringens des Streitverkündeten zu 1 zu dem Abzug weiterer Mietpooleinnahmen durch das Berufungsgericht in der Zivilprozessordnung keine Stütze findet. Die Nichtberücksichtigung von Parteivortrag ohne Grundlage im Prozessrecht verletzt den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG (BVerfG, NJW 2001, 1565, 1566 [BVerfG 06.02.2001 - 1 BvR 1030/00]).

12

aa) Nach dem Abschluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz neu entstandene Angriffs- und Verteidigungsmittel können die Parteien ohne die sich aus § 531 Abs. 2 ZPO ergebenden Beschränkungen jederzeit in das Berufungsverfahren einführen (BGH, Urteil vom 22. April 2010 - I ZR 17/09, NJWRR 2010, 1478 Rn. 7). Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts gilt nichts anderes, wenn das erstinstanzliche Urteil rechtsfehlerfrei ist und die Berufung - ohne das neue Vorbringen - durch Beschluss zurückzuweisen wäre.

13

bb) Welche Tatsachen das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, ist in § 529 Abs. 1 ZPO bestimmt. Die Anwendung dieser Vorschrift im Berufungsverfahren hängt nicht davon ab, ob über die Berufung im Beschluss- oder im Urteilsverfahren entschieden wird. § 522 Abs. 2 ZPO schränkt die Geltung des § 529 ZPO nicht ein. Eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ist im Gegenteil nur dann zulässig, wenn die Berufung auch unter Berücksichtigung nach den §§ 529, 531 ZPO zulässigen neuen Vorbringens offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. Saenger/Wöstmann, ZPO, 6. Aufl., § 522 Rn. 11; ähnlich: BeckOKZPO/Wulff, 20. Edition, § 522 Rn. 14; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 13. Aufl., § 522 Rn. 21a, keine Zurückweisung durch Beschluss, wenn neues Vorbringen im Urteilsverfahren zu berücksichtigen wäre).

14

cc) Das Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO stellt ein dem schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO ähnliches Verfahren dar. Bei einer Entscheidung über die Berufung durch Beschluss sind die bis zum Ablauf der nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu bestimmenden Frist zur Stellungnahme auf den Hinweis über die beabsichtigte Zurückweisung vorgetragenen Tatsachen nach Maßgabe der §§ 529, 531 ZPO von dem Berufungsgericht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 - VII ZR 180/10, NJW-RR 2011, 1528 [BGH 28.07.2011 - VII ZR 180/10] Rn. 13). Eine andere Handhabung widerspräche dem mit der Neufassung des § 522 Abs. 2 ZPO verfolgten Ziel des Gesetzgebers. Das Berufungsgericht soll sich nach verfahrenspraktischen Gesichtspunkten entscheiden können, ob es über die Berufung durch Beschluss oder durch Urteil entscheidet (vgl. BT-Drucks 17/6406, S. 8). Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn es von der Wahl des Verfahrens durch das Berufungsgericht abhinge, ob es die Berufung unter Außerachtlassung der nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz entstandenen Tatsachen durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweist oder ob es ihr bei einer Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung unter Berücksichtigung des neuen Vortrags (ganz oder teilweise) stattgibt.

15

dd) Gegenteiliges folgt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts weder daraus, dass die Berufungsinstanz vornehmlich zu einem Instrument der Fehlerkontrolle umgestaltet worden sei, noch aus dem von ihm als Grundlage für seine Rechtsansicht zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Oktober 2013 (III ZR 403/12, BGHZ 198, 315 ff.).

16

(1) Die Berufung ist zwar als Instrument primär der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung keine vollwertige Tatsacheninstanz (Senat, Beschluss vom 22. Januar 2004 - V ZR 187/03, WM 2004, 1499, 1501 und BGH, Beschluss vom 28. Mai 2003 - XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532 [BGH 28.05.2003 - XII ZB 165/02]). Anders als in der Revision (vgl. §§ 545, 546, 559 ZPO) findet in der Berufungsinstanz aber nicht nur eine Rechtskontrolle unter Ausschluss neuen Tatsachenvortrags statt. Zu den Berufungsgründen zählt auch der Umstand, dass Tatsachen, die nach § 529 ZPO zugrunde zu legen sind, eine andere Entscheidung rechtfertigen. Daran ändert sich nichts dadurch, dass das Berufungsgericht eine unbegründete Berufung durch Beschluss zurückweisen kann.

17

(2) Für seine gegenteilige Ansicht kann sich das Berufungsgericht auch nicht auf das zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Oktober 2013 stützen. Darin hat sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall einer zweitinstanzlich erhobenen Widerklage bei gleichzeitigem Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zurückweisung der gegen das erstinstanzliche Urteil gerichteten Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO befasst und entschieden, dass es mit der von dem Reformgesetzgeber der Berufung zugedachten Funktion als eines vornehmlich der Fehlerkontrolle dienenden Rechtsmittels nicht zu vereinbaren wäre, wenn in die Prüfung der Erfolgsaussicht gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch die Frage einbezogen würde, ob eine zweitinstanzlich erhobene, nach § 533 ZPO zulässige Widerklage begründet ist. In solchen Fällen kann daher (allein) über die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO entschieden werden (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2013 - III ZR 403/12, aaO Rn. 30).

18

Hiervon zu unterscheiden ist die Behandlung neuer Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2013 - III ZR 403/12, aaO Rn. 22). In welchem Rahmen sie zuzulassen sind, bestimmt sich allein nach § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO. Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz entstandene, begründete Einwendungen im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, würde den Berufungskläger im Übrigen zu einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO zwingen. Das stünde im Widerspruch zu dem öffentlichen Interesse an einer zügigen Erledigung des Rechtsstreits und den schützenswerten Belangen des Berufungsbeklagten.

19

c) Die Verletzung des Verfahrensgrundrechts ist entscheidungserheblich.

20

aa) Das Vorbringen zu den Mieteinahmen ist materiell-rechtlich beachtlich. Die Abwicklung des nicht zustande gekommenen Vertrags erfolgt nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 1 bis 3 BGB). Diese Vorschriften begründen grundsätzlich keine eigenständigen Herausgabeansprüche, sondern einen einheitlichen Anspruch auf Herausgabe des Überschusses der Aktiv- über die Passivposten (Senat, Urteil vom 14. Juli 2000 - V ZR 82/99, BGHZ 145, 52, 55).

21

bb) Richtig ist auch der Hinweis der Nichtzulassungsbeschwerde, dass das Vorbringen eines Streithelfers nach § 67 Halbs. 2 ZPO wie das der von ihm unterstützten Hauptpartei wirkt, solange sich nicht aus dem Gesamtverhalten der unterstützten Partei ergibt, dass sie die Prozesshandlung des Streithelfers nicht gegen sich gelten lassen möchte (BGH, Urteil vom 29. Oktober 1990 - II ZR 146/89, NJW-RR 1991, 358, 361). Dafür, dass es sich in der Berufungsinstanz so verhalten haben könnte, ist nichts festgestellt oder vorgetragen.

IV.

22

1. Da der Rechtsfehler des Berufungsgerichts allein die Höhe des Anspruchs betrifft, käme eine Teilzulassung der Revision gemäß § 544 Abs. 6 ZPO in Betracht.

23

a) Das Berufungsgericht kann die Revision allein wegen der Höhe des Anspruchs zulassen, wenn der Rechtsstreit in ein Grund- und ein Höheverfahren zerlegt werden könnte (BGH, Urteil vom 25. März 1980 - VI ZR 61/79, BGHZ 76, 397, 399; Urteil vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98, NJW 1999, 500; Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18). Das gilt auch, wenn das Berufungsgericht über den nach Grund und Höhe streitigen Anspruch einheitlich entschieden hat. Für die frühere Annahmerevision hat der Senat entschieden, dass das Revisionsgericht die Annahme der Revision auf die Höhe des Anspruchs zu beschränken hat, wenn die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Angriffe der Revision gegen den Grund des Anspruchs unbegründet sind. Ob das Berufungsgericht zuvor von der Möglichkeit eines Zwischen- oder Teilurteils Gebrauch gemacht habe, sei unter dem für das Annahmeverfahren maßgeblichen Gesichtspunkt der Entlastung des Revisionsgerichts unerheblich (Senat, Beschluss vom 15. Dezember 1978 - V ZR 214/77, ZZP 92 (1979), 462, 463). Nichts anderes gilt für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde. Auch ist es ohne Bedeutung, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts hier gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss ergangen ist.

24

b) Die Zulassung der Revision allein wegen der Höhe eines nach Grund und Höhe streitigen Anspruchs führt dazu, dass die Entscheidung in Bezug auf den Grund des Anspruchs nicht mehr mit einem Rechtsmittel angreifbar ist. Dieser Teil der Entscheidung wird daher - wie nach einem rechtskräftigen Grundurteil des Berufungsgerichts gemäß § 304 Abs. 1 ZPO (zu diesem Fall: BGH, Urteil vom 3. November 1978 - IV ZR 61/77, VersR 1979, 25) - für das weitere Verfahren gemäß § 318 ZPO bindend.

25

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat hier allerdings keine Teilzulassung der Revision nach § 544 Abs. 6 ZPO, sondern eine auf die Höhe des Anspruchs beschränkte Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nach § 544 Abs. 7 ZPO zur Folge.

26

a) Beruht die angefochtene Entscheidung auf einer entscheidungserheblichen Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), muss das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht nach § 544 Abs. 6 ZPO als Revisionsverfahren fortgesetzt werden. Zur Beschleunigung des Verfahrens und zur Entlastung des Bundesgerichtshofs kann in diesen Fällen das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (BT-Drucks. 15/3706, S. 17).

27

b) Eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 544 Abs. 7 ZPO ist auch dann möglich, wenn die Verletzung des Verfahrensgrundrechts durch das Berufungsgericht nur die Höhe des Anspruchs betrifft. Dafür ist es unerheblich, ob das Berufungsgericht durch Urteil oder durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO entschieden hat. In dem zweiten - hier vorliegenden - Fall ist der Beschluss des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO nur insoweit aufzuheben, als die Berufung auch wegen der Höhe des zuerkannten Anspruchs zurückgewiesen worden ist. Die Rechtssache ist sodann nur zu einer Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Anspruchs - sowie über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Stresemann

Schmidt-Räntsch

Czub

Kazele

Göbel

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