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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 17.03.2016, Az.: 1 StR 47/16
Ablehnung des Vorliegens eines minder schweren Falls nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte; Annahme eines minder schweren Falls durch das Vorliegen eines gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrunds allein oder in Verbindung mit den sonstigen Strafmilderungsgründen
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 17.03.2016
Referenz: JurionRS 2016, 15935
Aktenzeichen: 1 StR 47/16
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:170316B1STR47.16.1

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG München I - 23.09.2015

Verfahrensgegenstand:

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

BGH, 17.03.2016 - 1 StR 47/16

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23. September 2015, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Einzelstrafe in Fall B II 3b der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.

  2. 2.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  3. 3.

    Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall B II 3a) sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall B II 3b) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt.

2

Sein auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestütztes Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

3

1. Während die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, kann der Strafausspruch keinen Bestand haben.

4

Die Strafrahmenwahl ist nicht frei von Rechtsfehlern.

5

a) Das Landgericht hat die Strafe in Fall B II 3b der Urteilsgründe dem nach § 27 Abs. 2 StGB in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG entnommen und die Annahme eines minder schweren Falls im Sinne des § 30 Abs. 2 BtMG abgelehnt.

6

Dabei hat die Strafkammer nicht erkennbar bedacht, dass das Vorliegen eines gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrunds allein oder in Verbindung mit den sonstigen Strafmilderungsgründen die Annahme eines minder schweren Falls nahelegen kann (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 50 Rn. 3 f., mwN).

7

Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte das Vorliegen eines minder schweren Falls abzulehnen, sind bei der weiteren Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, gesetzlich vertypte Strafmilderungsgründe zusätzlich heranzuziehen. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrunds gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen. Diese Prüfungsreihenfolge hat das Landgericht nicht beachtet und nicht erkennbar erwogen, ob das Vorliegen des vertypten Milderungsgrunds der Beihilfe allein oder in Verbindung mit den allgemeinen Strafmilderungsgründen die Annahme eines minder schweren Falls rechtfertigen kann.

8

Zwar hat die Strafkammer ihrer Strafzumessung den nach §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG (sechs Monate bis elf Jahre und drei Monate) zugrunde gelegt und eine Einzelstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt. Der Senat vermag jedoch in Ansehung des Umstands, dass der Sonderstrafrahmen des § 30 Abs. 2 BtMG von drei Monaten bis zu fünf Jahren reicht, nicht sicher auszuschließen, dass der Tatrichter bei rechtsfehlerfreier Strafrahmenwahl gegebenenfalls zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre.

9

b) Die Strafzumessungserwägungen in Fall B II 3a der Urteilsgründe enthalten hinsichtlich des Einfuhrdelikts denselben Rechtsfehler. Dieser wirkt sich jedoch nicht aus, da dem Angeklagten hier tateinheitlich auch täterschaftliches Handeltreiben in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zur Last liegt, der gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB als das schwerere Delikt den Strafrahmen bestimmt.

10

2. Durch die Aufhebung der Einzelstrafe in Fall B II 3b hat der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe seine Grundlage verloren. Eine Aufhebung der zugehörigen Feststellungen war nicht angezeigt, weil es sich um einen reinen Wertungsfehler handelt (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Weitergehende Feststellungen, die zu den bislang getroffenen nicht in Widerspruch stehen, sind möglich.

11

3. Die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe gibt dem Landgericht Gelegenheit, die in den Urteilsgründen erörterte Anrechnung der in Frankreich erlittenen Haft im Maßstab von 1:1 auch im Tenor auszusprechen. Dies war bei der Tenorierung versehentlich unterblieben.

Graf

Jäger

Radtke

Fischer

Bär

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