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Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.02.2016, Az.: XI ZR 73/15
Wirksamkeit von in Förderdarlehensverträgen formularmäßig vereinbarten Auszahlungsabschlägen; Erstattungsbegehren des Darlehensnehmers bzgl. des bei Valutierung eines Förderdarlehens einbehaltenen Auszahlungsabschlags; Einordnung eines Bearbeitungsentgelts und einer Risikoprämie für die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung ohne Vorfälligkeitsentschädigung als kontrollfähige Preisnebenabrede; Einräumung eines Sondertilgungsrechts gegenüber dem Darlehensnehmer während der Zinsfestschreibungsperiode
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 16.02.2016
Referenz: JurionRS 2016, 13621
Aktenzeichen: XI ZR 73/15
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:160216UXIZR73.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Aschaffenburg - 15.01.2015 - AZ: 22 S 104/14

BGH, 16.02.2016 - XI ZR 73/15

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aschaffenburg vom 15. Januar 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Zahlung eines bei Auszahlung eines Förderdarlehens von der Beklagten einbehaltenen Abschlags in Höhe von 1.400 € in Anspruch.

2

Die Beklagte gewährte dem Kläger im Mai 2010 aus Mitteln des Förderprogramms Nr. 270 ("Erneuerbare Energien - Standard") der Kreditanstalt für Wiederaufbau (im Folgenden: KfW) zur Finanzierung einer Fotovoltaikanlage ein Darlehen in Höhe eines Nennbetrags von 35.400 € zu einem Zinssatz von nominal 2,5% p.a. unter Festschreibung der Konditionen bis zum 30. Juni 2020 (nachfolgend: Förderdarlehen). In Ziffer 3 des Darlehensvertrags heißt es:

"Auszahlung: 96,000 %

Der auszuzahlende Nettokreditbetrag beträgt daher: EUR 33.984,00

Der Nettokreditbetrag wird dem Girokonto Nr. ... ganz oder in Teilbeträgen gutgeschrieben."

3

Nach Ziffer 10 des Darlehensvertrags gelten für das Förderdarlehen die der Darlehensurkunde beigehefteten "Allgemeine Bestimmungen für Investitionskredite - Verhältnis Hausbank - Endkreditnehmer -" in der Fassung 03/09 der KfW (nachfolgend: AB-EKn). Dort lautet es u.a.:

"4. Berechnung von Kosten und Auslagen

Die Kreditbearbeitungs- und Verwaltungskosten des unmittelbar refinanzierten Kreditinstituts sowie der Hausbank sind mit dem Zinssatz und den von der KfW gezahlten programmabhängigen Bearbeitungsgebühren abgegolten, ... Die Hausbank ist berechtigt, dem Endkreditnehmer folgende Kosten gesondert zu berechnen, sofern sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kreditgewährung stehen, konkret nachweisbar sind und dem Kreditnehmer gegenüber spezifiziert werden: ... Sofern von der KfW keine entsprechende Regelung getroffen wird, dürfen Verzichtsgebühren, Vorfälligkeitsentschädigungen oder ähnliche Kosten für diesen Kredit nicht berechnet werden. ...

5. Rückzahlung

(1) ... Soweit bei der Auszahlung ein Abzug vom Nennbetrag des Kredites erfolgt, handelt es sich bei dem Abzugsbetrag um eine von der KfW geforderte, laufzeitunabhängige Gebühr, die im Fall einer vorzeitigen Tilgung des Kredites nicht erstattet wird.

(2) Kredite mit einer Auszahlung von 100 % können nur gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig an die Hausbank zurückgezahlt werden, es sei denn, es wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart. Kredite mit einer Auszahlung von weniger als 100 % können während der ersten Zinsbindungsfrist jederzeit unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von 10 Bankarbeitstagen ganz oder teilweise vorzeitig an die Hausbank zurückgezahlt werden. ..."

4

Am 4. Mai 2010 erteilte die KfW der Beklagten eine dem Förderdarlehen entsprechende zweckgebundene Refinanzierungszusage in Höhe eines Kreditnennbetrags von 35.400 € (nachfolgend: Refinanzierungsdarlehen). In Ziffer 3 der Refinanzierungszusage heißt es:

"Auszahlung: an Sie und den Endkreditnehmer zu 96,00 %."

5

Mit seiner Klage begehrt der Kläger wegen des bei Valutierung des Förderdarlehens einbehaltenen Abschlags Zahlung von 1.400 €. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

8

Dem Kläger stehe kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB auf Zahlung des Einbehalts zu, weil die im Darlehensvertrag formularmäßig getroffene Vereinbarung, nach der nur 96% der Kreditsumme ausgezahlt würden, wirksam sei. Bei dieser Vereinbarung handele es sich um eine nicht der AGB-Kontrolle unterliegende Preisabrede.

9

Aus den glaubhaften Angaben des Zeugen H. und der Refinanzierungszusage der KfW ergebe sich, dass das von der KfW gewährte Refinanzierungsdarlehen an die Beklagte ebenfalls nur in Höhe von 96% ausgezahlt worden sei. Dem Förderdarlehensvertrag lasse sich nicht entnehmen, dass es sich bei dem Auszahlungsabschlag um ein Bearbeitungsentgelt handele. In Ziffer 5 AB-EKn sei geregelt, dass bei Krediten mit einer Auszahlung von 100% eine vorzeitige Rückzahlung nur gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung möglich sei und dass Kredite mit einer Auszahlung von weniger als 100% dagegen jederzeit vorzeitig ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückgezahlt werden könnten. Daraus ergebe sich, dass nicht eine kontrollfähige Preisnebenabrede, sondern eine kontrollfreie Preisabrede vorliege.

10

Eine Einordnung als Preisnebenabrede scheitere auch daran, dass die Beklagte als Klauselverwenderin mit dem Abschlag keine eigenen Betriebskosten bzw. keinen Aufwand für die Erfüllung gesetzlicher oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten abwälze, die sie im eigenen Interesse erbringe. Die Beklagte sei lediglich durchleitende Bank und habe auf die Vertragsgestaltung keinen Einfluss. Ihre eigenen Kosten decke sie aus der Marge zwischen den Zinssätzen im Förder- und Refinanzierungsdarlehen.

11

Aus Ziffer 5 Abs. 2 AB-EKn ergebe sich, dass die Beklagte dem Kläger ein umfassendes Sondertilgungsrecht ohne Vorfälligkeitsentschädigung einräume, das über die gesetzlichen Verpflichtungen der Beklagten gemäß den Regelungen über Verbraucherdarlehen hinausgehe. Der Abschlag sei daher als Entgelt für eine Sonderleistung anzusehen, sodass die klägerseits beanstandete Klausel bereits einer AGB-rechtlichen Kontrolle nicht zugänglich sei.

12

Im Übrigen würde die Klausel auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB standhalten. Vorliegend bestehe die Besonderheit, dass es sich um ein zinsverbilligtes Darlehen auf der Grundlage eines öffentlichen Förderprogramms handele. Die Beklagte habe lediglich den Nettokreditbetrag an den Kläger weitergeleitet, der ihr von der KfW ausgezahlt worden sei. Sie habe zudem von den Bedingungen des Förderprogramms nicht abweichen können.

II.

13

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, sodass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung des bei Valutierung des Förderdarlehens einbehaltenen Auszahlungsabschlags zusteht.

14

Keinen Erfolg hat allerdings die von der Beklagten erstmals mit ihrer Revisionserwiderung geltend gemachte Rüge fehlender Aktivlegitimation des Klägers.

15

1. Die Revisionserwiderung wendet sich zu Unrecht gegen die Aktivlegitimation des Klägers, weil dieser den Darlehensvertrag zusammen mit seiner Ehefrau unterzeichnet habe. Nach den revisionsrechtlich bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 Abs. 1 Satz 1, § 314 ZPO) gewährte die Beklagte das gegenständliche Förderdarlehen mit schriftlichem Darlehensvertrag vom 11. Mai 2010 dem Kläger. Einen Berichtigungsantrag nach § 320 ZPO, der diese Bindungswirkung hätte entfallen lassen können, hat die Beklagte nicht gestellt.

16

2. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger den Abzugsbetrag vom Nennbetrag des Förderdarlehens im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB an die Beklagte geleistet hat. Die Beklagte hat den Auszahlungsabschlag auch im Sinne dieser Vorschrift erlangt. Der Einbehalt des Auszahlungsabschlags durch die Beklagte ist jedoch, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei annimmt, nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt.

17

a) Nach der Senatsrechtsprechung (Senatsurteile vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 25 und XI ZR 17/14, BKR 2015, 26 Rn. 21 [BGH 28.10.2014 - XI ZR 17/14]) wird ein Entgelt, das - wie hier - im Darlehensnennbetrag enthalten ist, mit dem entsprechenden Einbehalt der Bank sogleich im Wege der internen "Verrechnung" an diese geleistet. In solchen Fällen ist der Einbehalt als eine einvernehmlich bewirkte Verkürzung des Leistungswegs zu verstehen, weil der Darlehensnehmer den mitkreditierten Abzugsbetrag typischerweise nicht zur freien Verfügung erhalten soll.

18

Die vorformulierten Bedingungen des streitgegenständlichen Förderdarlehensvertrags, deren Auslegung der Senat selbst vornehmen kann (Senatsurteile vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 15 und vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 17/14, BKR 2015, 26 Rn. 26), enthalten zwar keine ausdrückliche Bestimmung über die Entrichtung des Auszahlungsabschlags. Deren Auslegung ergibt jedoch, dass der Auszahlungsabschlag von 4% Teil des kreditierten Darlehensnennbetrags war. Im Darlehensvertrag sind nämlich ein Nettokreditbetrag in Höhe von 33.984 € und ein Darlehensnennbetrag von 35.400 € ausgewiesen, der sich aus dem Nettokreditbetrag und dem Auszahlungsabschlag in Höhe von 1.416 € (4% von 35.400 €) zusammensetzt. An den Kläger sollte entsprechend Ziffer 3 des Darlehensvertrags lediglich der Nettokreditbetrag ausgezahlt werden, während der darüber hinausgehende Teil des Darlehensnennbetrags zur Erfüllung des - streitigen - Anspruchs der Beklagten auf den Auszahlungsabschlag von dieser sogleich einbehalten werden durfte.

19

b) Soweit das Berufungsgericht zweifelt, ob die Beklagte durch diesen Einbehalt des Auszahlungsabschlags "etwas" im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB "erlangt" hat, weil bei ihr aufgrund des im Refinanzierungsdarlehen mit der KfW vereinbarten, entsprechenden Auszahlungsabschlags kein wirtschaftlicher Vorteil verblieben sei, übersieht es, dass bereicherungsrechtlich zwei Leistungsbeziehungen vorliegen und sich der Ausgleich einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung grundsätzlich auf den Partner des jeweiligen Leistungsverhältnisses beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 1963 - VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272, 278; MünchKommBGB/Schwab, 6. Aufl., § 812 Rn. 56). Deswegen ändert die vom Berufungsgericht festgestellte Tatsache, die Beklagte habe ihrerseits im Hinblick auf die im Refinanzierungsdarlehen getroffene Abrede einen entsprechenden Auszahlungsabschlag durch die KfW hinnehmen müssen, nichts daran, dass sie den vom Kläger an sie geleisteten Auszahlungsabschlag aus bereicherungsrechtlicher Sicht erlangt hat.

20

c) Dem Kläger steht aber kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB auf Rückzahlung des Abschlags zu. Diese Leistung des Klägers erfolgte nicht ohne rechtlichen Grund, da die Bestimmung in Ziffer 3 des Förderdarlehensvertrags wirksam ist.

21

aa) Rechtsfehlerfrei und von der Revisionserwiderung unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der angegriffenen Regelung in Ziffer 3 des Förderdarlehensvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt.

22

bb) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch von der Wirksamkeit der verwendeten Klausel ausgegangen.

23

Die Wirksamkeit in Förderdarlehensverträgen formularmäßig vereinbarter Auszahlungsabschläge wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ganz überwiegend bejaht (LG Augsburg, BKR 2015, 205 Rn. 26 ff. [LG Augsburg 16.12.2014 - 031 O 3164/14]; LG Essen, BeckRS 2015, 07323; LG Freiburg, Urteil vom 11. September 2014 - 5 O 136/13, Rn. 18 ff.; LG Itzehoe, Urteil vom 1. Juli 2014 - 1 S 187/13, Rn. 18 ff.; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 26. Mai 2015 - 10 O 9729/14, Rn. 19 ff.; AG Rheda-Wiedenbrück, Urteil vom 23. Februar 2015 - 11 C 87/14, Rn. 27 ff.; aus dem Schrifttum vgl. Batereau/Koppers, WM 1992, 174, 176; Batereau, WM 1992, 1353, 1355; ders., WuB I E 1. - 3.94; Billing, WM 2013, 1829, 1837; Bruchner/Krepold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 78 Rn. 118 aE; Edelmann, WuB IV C. § 307 BGB 8.14; Haertlein, WM 2014, 189, 199; Kropf, BKR 2015, 60, 63 f.; Nobbe, WM 2008, 185, 193 f.; Träber, AG 2015, R94 f.; offenlassend Jordans, DZWIR 2015, 201, 208; aA Feldhusen, WM 2015, 1397 ff.; Koller, DB 1992, 1125, 1129).

24

Die herrschende Meinung ist zutreffend. Zu Recht hat deswegen das Berufungsgericht den in Ziffer 3 des Förderdarlehensvertrags genannten Abzugsbetrag als Preisabrede angesehen, die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB keiner Inhaltskontrolle unterliegt.

25

(1) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind hingegen der Inhaltskontrolle unterworfen (st. Rspr., Senatsurteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 16 und vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 24, jeweils mwN).

26

Ob eine Klausel nach diesen Grundsätzen eine kontrollfreie Preisabrede oder eine kontrollfähige Preisnebenabrede enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Diese hat sich, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich danach zu richten, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben nur solche Auslegungsmöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (Senatsurteile vom 7. Juni 2011 - XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66 Rn. 21 und vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 25, jeweils mwN).

27

(2) Nach diesen Maßstäben ist Ziffer 3 des Förderdarlehensvertrags als Preisabrede einer Inhaltskontrolle entzogen.

28

(a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung handelt es sich bei der Regelung über den Auszahlungsabschlag nicht schon deswegen um eine kontrollfreie Preisabrede, weil die Beklagte durch den Einbehalt wirtschaftlich keinen Ausgleich für bei ihr entstandene Aufwendungen verlangt, sondern für Kosten, die bei der KfW anfallen.

29

Es trifft allerdings zu, dass der Abschlag letztlich zum Ausgleich von Kosten dient, die nicht bei der Beklagen angefallen sind. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts muss nämlich die Beklagte Kosten, die ihr im Zusammenhang mit dem Förderdarlehen entstehen, aus dem Differenzbetrag zwischen dem ihr in dem von der KfW gewährten Refinanzierungsdarlehen eingeräumten Zinssatz und dem Zinssatz decken, den der Kläger aufgrund des Förderdarlehens zu zahlen hat. Dies entspricht Ziffer 4 AB-EKn, wonach Aufwand der Hausbank - hier der Beklagten - mit dem Zinssatz und einzelnen von der KfW gezahlten programmabhängigen Bearbeitungsgebühren abgegolten ist. Folglich leitete die Beklagte, wie das Berufungsgericht weiter zutreffend und von der Revision unbeanstandet festgestellt hat, den streitigen Auszahlungsabschlag im Ergebnis an die KfW durch, die deswegen das Refinanzierungsdarlehen nur in Höhe von 96% des Darlehensnennbetrags auszahlte.

30

Dieser Umstand rechtfertigt es aber nicht, die Klausel als nicht kontrollfähige Preisabrede anzusehen (vgl. Feldhusen, WM 2015, 1397, 1402). Maßgebend für die Einordnung einer Entgeltklausel als kontrollfreie Preisabrede ist nicht, ob das dem Kunden belastete Entgelt der Deckung von Aufwendungen dienen soll, die unmittelbar bei dem Klauselverwender entstanden sind, oder die Erstattung von Aufwand eines Dritten betrifft, sondern ob mit dem Entgelt die Hauptleistung oder eine zusätzlich angebotene, rechtlich nicht geregelte Sonderleistung bepreist wird (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 24 mwN). Liegt eine Preisnebenabrede vor, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand hat, sondern mit der der Klauselverwender Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten auf den Kunden abwälzt, ist diese auch dann der Inhaltskontrolle unterworfen, wenn der konkrete Aufwand nicht für eine eigene Tätigkeit des Verwenders entstanden ist, sondern der Verwender den Aufwand eines Dritten zu erstatten hat.

31

(b) Der von der Beklagten einbehaltene Abschlag wird jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend im Wege der Auslegung festgestellt hat, für das dem Darlehensnehmer eingeräumte Recht zur außerplanmäßigen Tilgung des Förderdarlehens während der Zinsfestschreibungsperiode erhoben und stellt damit ein Entgelt für diese zusätzlich angebotene Sonderleistung dar (vgl. AG Rheda-Wiedenbrück, Urteil vom 23. Februar 2015 - 11 C 87/14, Rn. 29; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 26. Mai 2015 - 10 O 9729/14, Rn. 23 ff.; Kropf, BKR 2015, 60, 64; Weber, WM 2016, 150, 152).

32

(aa) Der Grund für den Auszahlungsabschlag wird in der verwendeten Klausel zwar nicht ausdrücklich genannt. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht aber angenommen, die Beklagte behalte den Auszahlungsabschlag als Entgelt für das dem Kläger eingeräumte Recht ein, das Förderdarlehen während der Zinsfestschreibungsperiode jederzeit außerplanmäßig zu tilgen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.

33

Diese Auslegung, die aus der Sicht eines durchschnittlichen, rechtlich nicht gebildeten, verständigen Kunden zu erfolgen hat, ist zutreffend. Denn den vorformulierten Bestimmungen in Ziffer 5 Abs. 2 AB-EKn, die Bestandteil des Förderdarlehens sind und die der Senat ebenso wie die angegriffene Klausel selbstständig auslegen darf (vgl. Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 15), lässt sich die ausschlaggebende Unterscheidung zwischen Förderkrediten mit und ohne Auszahlungsabschlag entnehmen. Danach können Förderkredite, die zu 100% ausgezahlt werden, grundsätzlich nur gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig an die Hausbank zurückgezahlt werden. Förderkredite mit Auszahlungskursen von weniger als 100% - wie das vorliegende Darlehen - dürfen demgegenüber während der ersten Zinsbindungsfrist jederzeit (unter Einhaltung einer zehntägigen Frist) ganz oder teilweise vorzeitig getilgt werden, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung zu leisten ist. Danach stellt der gesamte Auszahlungsabschlag in Höhe von 4% ein Entgelt für ein dem Kläger eingeräumtes Sondertilgungsrecht dar.

34

Soweit die Revision hiergegen unter Berufung auf eine Stimme in der Literatur (Kropf, BKR 2015, 60 f.) einwendet, von dem Auszahlungsabschlag in Höhe von 4% würden 2% auf eine Bearbeitungsgebühr entfallen, zeigt sie keine Anhaltspunkte für ein solches Verständnis der Klausel auf. Von einer Bearbeitungsgebühr ist weder in der Darlehensurkunde noch in den dieser beigehefteten AB-EKn die Rede. Dass in Förderdarlehensverträgen anderer Hausbanken verschiedentlich zwischen einer für die Einräumung des Rechts zur außerplanmäßigen Tilgung des Förderdarlehens in Höhe von 2% einbehaltenen "Risikoprämie" und einer "Bearbeitungsgebühr" in Höhe von 2% unterschieden wird, ist ohne Bedeutung, da vorliegend kein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 2% des Darlehensnennbetrags vereinbart wurde.

35

(bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass dieses dem Kläger eingeräumte Recht zur außerplanmäßigen Tilgung des Förderdarlehens während der Zinsfestschreibungsperiode ohne Entrichtung einer Vorfälligkeitsentschädigung eine zusätzlich angebotene Sonderleistung darstellt, auf die der Kläger nach den gesetzlichen Regelungen keinen Anspruch hat.

36

Aus § 488 Abs. 3 Satz 3 BGB folgt im Umkehrschluss, dass eine verzinsliche Darlehensschuld - wie die hier vorliegende - ohne entsprechende Parteivereinbarung nicht vorzeitig zurückgezahlt werden kann, sofern kein Kündigungsrecht nach § 489 BGB besteht (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2011 - XI ZR 341/10, WM 2012, 28 Rn. 13; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 271 Rn. 11; MünchKommBGB/Krüger, 7. Aufl., § 271 Rn. 35). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 500 Abs. 2 BGB, wonach Verbraucherdarlehensverträge jederzeit getilgt werden können, weil diese Vorschrift nach Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB auf Verträge nicht anzuwenden ist, die - wie hier der Vertrag über das Förderdarlehen - vor dem 11. Juni 2010 geschlossen worden sind.

37

Die den Klägern somit durch die verwendete Klausel eingeräumte Möglichkeit, das Förderdarlehen jederzeit während der bis zum 30. Juni 2020 andauernden Zinsbindung zu tilgen, ohne zur Abgeltung der rechtlich gesicherten Zinserwartung der Beklagten eine Vorfälligkeitsentschädigung (vgl. hierzu Senatsurteil vom 30. November 2004 - XI ZR 285/03, BGHZ 161, 196, 201) zahlen zu müssen, stellt einen wirtschaftlichen Vorteil dar. Diese zusätzlich angebotene Leistung darf die Beklagte gesondert bepreisen.

38

(cc) Soweit die Revision einwendet, der Kläger werde zur Zahlung der Risikoprämie unabhängig davon verpflichtet, ob er von der Möglichkeit einer vorzeitigen Tilgung Gebrauch mache, verkennt sie, dass die Prämie ein Entgelt für die dem Kläger nach dem Gesetz nicht zustehende Option darstellt, das Förderdarlehen während der Zinsfestschreibungsperiode ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung außerplanmäßig zu tilgen. Bereits mit der Einräumung einer solchen Wahlmöglichkeit ist für den Kläger ein entgeltfähiger wirtschaftlicher Vorteil verbunden, der unabhängig davon besteht, ob er von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch macht.

39

(dd) Die daran anschließenden Bedenken der Revision, der vereinbarte Abzug vom Darlehensnennbetrag erfolge auch dann in voller Höhe, wenn eine hypothetisch zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung weitaus geringer ausgefallen wäre, berücksichtigen nicht, dass es sich um die privatautonome Einigung der Parteien über das Entgelt für eine Sonderleistung handelt, die keiner Klauselkontrolle unterliegt und mithin erst bei sittenwidriger Überteuerung nach § 138 BGB unwirksam wäre. Solche Umstände zeigt die Revision nicht auf.

Ellenberger

Maihold

Matthias

Menges

Derstadt

Verkündet am: 16. Februar 2016

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