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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 14.01.2016, Az.: 3 StR 386/15
Anforderunen an die Belehrungspflicht des Gerichts vor einem Geständnis im Rahmen eines schweren Bandendiebstahls
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 14.01.2016
Referenz: JurionRS 2016, 10782
Aktenzeichen: 3 StR 386/15
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Oldenburg - 17.02.2015

Verfahrensgegenstand:

Schwerer Bandendiebstahl u.a.

BGH, 14.01.2016 - 3 StR 386/15

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Die Belehrung im Sinne von § 257c Abs. 5 StPO hat sicherzustellen, dass der Angeklagte vor dem Eingehen einer Verständigung, deren Bestandteil das Geständnis ist, vollumfänglich über Tragweite und Risiken seiner Mitwirkung informiert ist.

  2. 2.

    Das Geständnis des Angeklagten und damit das Urteil beruhen auf dem Verstoß gegen die Belehrungspflicht; anderes könnte nur gelten, wenn sich feststellen ließe, dass er das Geständnis auch bei ordnungsgemäßer Belehrung abgegeben hätte oder dieses für das verurteilende Erkenntnis des Tatgerichts keine Bedeutung hatte.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 14. Januar 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17. Februar 2015, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten und zwei weitere Mitangeklagte wegen schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, schuldig gesprochen, gegen den Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt und gemäß § 111i Abs. 2 StPO festgestellt, dass ihm gegenüber auf den Verfall von Wertersatz in Höhe von 15.000 € nur deshalb nicht erkannt werde, weil Ansprüche der Verletzten entgegenstehen. Dagegen wendet sich die Revision des Beschwerdeführers, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

2

Das Rechtsmittel hat mit der zulässig erhobenen Verfahrensbeanstandung der Verletzung von § 257c Abs. 5 StPO Erfolg. Dieser liegt zugrunde:

3

Am zweiten Hauptverhandlungstag wurden Verständigungsgespräche zwischen den Mitgliedern der Strafkammer, den Verteidigern der Angeklagten und der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft geführt. Deren Ergebnis protokollierte der Vorsitzende der Strafkammer dahin, dass Einigkeit bestehe, "dass bei einer der Anklage in etwa entsprechenden Verurteilung ohne Geständnis eine Gesamtfreiheitsstrafe von bis zu 6 Jahren und im Falle von Geständnissen, die eine umfangreiche Beweisaufnahme entbehrlich machen, eine solche von bis zu 4 Jahren in Betracht komme." Eine Belehrung im Sinne von § 257c Abs. 5 StPO darüber, dass und unter welchen - in § 257c Abs. 4 StPO normierten - Voraussetzungen die Bindung des Gerichts an eine Verständigung entfällt, erteilte der Vorsitzende nicht. Im Anschluss an die Bekanntgabe des möglichen Inhalts der Verständigung stimmte der Angeklagte - wie die beiden Mitangeklagten - durch seinen Verteidiger der Verständigung zu und räumte die Tatvorwürfe insgesamt ein.

4

Nach diesem aufgrund der formellen Beweiskraft des Protokolls feststehenden Verfahrensgang (§ 274 Satz 1 StPO, vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 - 4 StR 595/14, NStZ 2015, 358) rügt die Revision die Verletzung des § 257c Abs. 5 StPO zu Recht. Der Vorsitzende der Strafkammer hätte den Angeklagten über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelte Möglichkeit eines Entfallens der Bindung des Gerichts an die Verständigung belehren müssen. Die Belehrung hat sicherzustellen, dass dieser vor dem Eingehen einer Verständigung, deren Bestandteil das Geständnis ist, vollumfänglich über Tragweite und Risiken seiner Mitwirkung informiert ist (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 15; BGH, Beschluss vom 19. August 2010 - 3 StR 226/10, BGHR StPO § 257c Abs. 5 Belehrung 1).

5

Das Geständnis des Angeklagten und damit das angefochtene Urteil beruhen auf dem Verstoß gegen die Belehrungspflicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Anderes könnte nur gelten, wenn sich feststellen ließe, dass er das Geständnis auch bei ordnungsgemäßer Belehrung abgegeben hätte oder dieses für das verurteilende Erkenntnis des Tatgerichts keine Bedeutung hatte. So verhält es sich hier indes nicht:

6

Der Beschwerdeführer hat die ihm zur Last gelegten Taten ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nach der Zustimmung zu der Verständigung und damit auf dieser Grundlage eingeräumt. Die Strafkammer hat ihre Überzeugung von der Schuld der Angeklagten ausweislich der Beweiswürdigung des Urteils in erster Linie auf deren Einlassungen gestützt; das Geständnis des Angeklagten ist damit ursächlich für seine Verurteilung. Dass er möglicherweise auch aufgrund anderer Beweismittel hätte überführt werden können, führt bei dieser Sachlage zu keiner anderen Beurteilung der Beruhensfrage.

Becker

Hubert

Mayer

Gericke

Tiemann

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