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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 08.12.2015, Az.: V ZB 44/15
Geltendmachung einer Verletzung rechtlichen Gehörs durch eine Behörde wegen Nichtgewährung der Gelegenheit zur Stellungnahme in Rechtsbeschwerdeverfahren
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.12.2015
Referenz: JurionRS 2015, 34853
Aktenzeichen: V ZB 44/15
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Münster - 06.02.2015 - AZ: 5 T 44/15

BGH - 04.11.2015 - AZ: V ZB 44/15

Fundstelle:

InfAuslR 2016, 148-149

BGH, 08.12.2015 - V ZB 44/15

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Dezember 2015 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin Haberkamp
beschlossen:

Tenor:

Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 1. Oktober 2015 wird auf Kosten des Landkreises Borken zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Betroffene hat in einem Abschiebungshaftverfahren durch seinen anwaltlichen Bevollmächtigten Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Rechtsbeschwerdebegründung ist der beteiligten Behörde am 13. April 2015 zugestellt worden. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2015 hat der Senat entschieden, dass die Haftanordnung des Amtsgerichts und die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. Die Entscheidung ist der beteiligten Behörde am 26. Oktober 2015 zugestellt worden.

2

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 hat die beteiligte Behörde beanstandet, es sei unverständlich, dass sie von dem Senat während des gesamten Verfahrens nicht um eine Stellungnahme gebeten worden sei; auch die beteiligte Behörde müsse in Rechtsbeschwerdeverfahren die Gelegenheit erhalten, sich zu äußern. Mit Schreiben vom 10. November 2015 hat sie zudem gerügt, dass der Senat nicht vorab auf seine in dem Beschluss vom 1. Oktober 2015 vertretene Rechtsauffassung hinsichtlich der Abschiebungsandrohung hingewiesen habe.

II.

3

Das Schreiben der beteiligten Behörde vom 27. Oktober 2015 ist als Anhörungsrüge auszulegen. Diese ist statthaft (§ 44 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig (§ 44 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Sie ist jedoch unbegründet.

4

1. Indem der Senat die beteiligte Behörde nicht ausdrücklich aufgefordert hat, zu der ihr zugestellten Rechtsbeschwerdebegründung des Betroffenen Stellung zu nehmen, hat er deren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt. Dass die Stellung der eine Haftanordnung beantragende Behörde als Verfahrensbeteiligte (§ 7 Abs. 1 FamFG) das Recht einschließt, sich zu in den in dem gerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsätzen des Betroffenen zu äußern, ohne dass es hierzu einer ausdrücklichen gerichtlichen Aufforderung bedarf, muss einer mit Ausländer- und Abschiebungsangelegenheiten betrauten Kreisverwaltungsbehörde bekannt sein. Dass es sich im konkreten Fall anders verhielt und sich dies dem Senat hätte aufdrängen müssen, zeigt die beteiligte Behörde nicht auf.

5

2. Soweit die beteiligte Behörde die Auffassung vertritt, der Senat hätte vor seiner Entscheidung darauf hinweisen müssen, dass er die Abschiebungsandrohung aus rechtlichen Gründen nicht für ausreichend halte, kann die Anhörungsrüge hierauf nicht gestützt werden; denn die behauptete Verletzung der richterlichen Hinweispflicht ist erst nach Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 44 Abs. 2 FamFG gerügt worden. Ebenso wie die Nachholung der gemäß § 44 Abs. 2 Satz 4 FamFG erforderlichen Begründung außerhalb der Einlegungsfrist (§ 44 Abs. 2 Satz 1 FamFG) nicht möglich ist (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 33 Rn. 30), kann die Anhörungsrüge nach Ablauf der Einlegungsfrist nicht durch eine nachgeschobene Begründung auf eine weitere, neue Grundlage gestellt werden. Im Übrigen hätte die Rüge auch bei einer Berücksichtigung des Vorbringens keinen Erfolg. Die rechtliche Problematik hinsichtlich der Abschiebungsandrohung war in der Rechtsbeschwerdebegründung angesprochen worden; dort war beanstandet, dass sich die beteiligte Behörde auf eine Abschiebungsandrohung berufe, die durch die Rückkehr des Betroffenen in sein Heimatland längst erledigt gewesen sei. Eine Verpflichtung des Senats, den Beteiligten vorab mitzuteilen, wie die Einwände anderer Beteiligter rechtlich zu bewerten sind, besteht nicht.

Stresemann

Brückner

Weinland

Kazele

Haberkamp

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