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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 16.07.2015, Az.: 4 StR 279/15
Mehrfacher Gebrauch einer gefälschten Urkunde als einheitliche Urkundenfälschung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 16.07.2015
Referenz: JurionRS 2015, 21902
Aktenzeichen: 4 StR 279/15
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Ellwangen - 10.03.2015

Fundstelle:

StRR 2015, 467

Verfahrensgegenstand:

Versuchte besonders schwere Brandstiftung u.a.

BGH, 16.07.2015 - 4 StR 279/15

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 16. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 10. März 2015 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der versuchten besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung, der schweren Brandstiftung, der versuchten schweren Brandstiftung und der Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlichem Fahren ohne Versicherungsschutz und vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr schuldig ist.

  2. 2.

    Die weiter gehende Revision wird verworfen.

  3. 3.

    Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "versuchter besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung, wegen schwerer Brandstiftung in zwei tatmehrheitlichen Fällen, hiervon in einem Fall versucht, und wegen zwei tatmehrheitlicher Fälle des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Versicherungsschutz, hiervon in einem Fall zusätzlich in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle II.1. und 2. der Urteilsgründe (Tatmehrheit) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

3

a) Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte am 19. August 2014 mit seinem Pkw öffentliche Straßen in H. , obwohl er wusste, dass er nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war und für das Fahrzeug kein Haftpflichtversicherungsschutz bestand. Der Angeklagte hatte zuvor an dem zwangsentstempelten Fahrzeug andere Zulassungsstempel angebracht, die den echten Stempeln täuschend ähnlich sahen, "um bei etwaigen polizeilichen Kontrollen einen Versicherungsschutz vorzutäuschen" (UA 17). Die Manipulation fiel den kontrollierenden Polizeibeamten an diesem Tag bei einer Kontrolle nicht auf.

4

Zwei Tage später, am 21. August 2014, befuhr der Angeklagte erneut öffentliche Straßen in H. , obwohl er auch zu diesem Zeitpunkt - wie er wusste - nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügte und auch kein Haftpflichtversicherungsschutz bestand. Am Fahrzeug waren dieselben Kennzeichen mit den falschen, nicht von der Zulassungsstelle ausgegebenen Zulassungsstempeln angebracht. Auch wusste er, dass er aufgrund erheblicher Alkoholisierung nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Eine ihm 35 Minuten nach Fahrtende entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,23 ‰.

5

b) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II.1. der Urteilsgründe der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er an den mit seinem Kraftfahrzeug verbundenen entstempelten amtlichen Kennzeichen das Falsifikat einer Stempelplakette, die auch den angeblichen Aussteller erkennen ließ (UA 32), angebracht hatte (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 2001, 370 [OLG Stuttgart 07.06.2001 - 4 Ss 130/1]). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II.1. und 2. das mit den manipulierten Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern sowie mit der Verkehrsüberwachung befassten Polizeibeamten die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 - 4 StR 528/13, NStZ 2014, 272). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3, und vom 21. Mai 2015 - 4 StR 164/15). Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die falschen Kennzeichen an seinem Fahrzeug angebracht, um "bei etwaigen polizeilichen Kontrollen" einen Versicherungsschutz vorzutäuschen. Damit hatte er schon beim Anbringen der Kennzeichen den ein einheitliches Urkundsdelikt im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung konstituierenden konkreten Gesamtvorsatz. Das hat zur Folge, dass der mit beiden Fahrten verwirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der beiden Fahrten begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2015 - 4 StR 164/15).

6

2. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert und klarstellend neu gefasst (§ 354 Abs. 1 StPO analog); § 265 StPO steht dem nicht entgegen.

7

3. Die Schuldspruchänderung hat den Wegfall der für den Fall II.1. der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten zur Folge; für das in diesem und im Fall II.2. der Urteilsgründe verwirklichte einheitliche Urkundsdelikt hat es bei der im Fall II. 2. verhängten Freiheitsstrafe von acht Monaten sein Bewenden.

8

Im Blick auf die Einsatzstrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe sowie die weiteren Einzelstrafen von drei Jahren und sechs Monaten sowie zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe schließt der Senat aus, dass das Landgericht eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte, wenn es die Konkurrenzen in den Fällen II.1. und 2. zutreffend beurteilt hätte.

9

4. Angesichts des nur geringfügigen Teilerfolgs erscheint es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

VRinBGH Sost-Scheible ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert.
Roggenbuck

Roggenbuck

Cierniak

Mutzbauer

Bender

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