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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 27.03.2014, Az.: 1 StR 24/14
Gesonderte Protokollierungspflicht von weiteren Erklärungen und Einlassungen eines Angeklagten zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen; Auswirkung einer geringfügigen Verringerung der Einzelstrafen i.R.d. Gesamtstrafenbildung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 27.03.2014
Referenz: JurionRS 2014, 14041
Aktenzeichen: 1 StR 24/14
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Traunstein - 27.08.2013

Fundstelle:

NStZ-RR 2016, 133

BGH, 27.03.2014 - 1 StR 24/14

Redaktioneller Leitsatz:

Weitere Erklärungen eines Angeklagten, der sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt umfassend zur Sache eingelassen hat, unterliegen nicht jeweils gesonderter Protokollierungspflicht nach § 273 Abs. 1 StPO, auch nicht, wenn diese späteren Einlassungen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse betreffen.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. März 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 StPO beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 27. August 2013 im Strafausspruch abgeändert, indem folgende Einzelfreiheitsstrafen festgesetzt werden:

    1. a)

      bei dem Angeklagten H. im Rahmen des Tatgeschehens III.1 (Überfall T. ) für den besonders schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung sieben Jahre und sechs Monate und für den Computerbetrug sieben Monate sowie im Rahmen des Tatgeschehens III.2 (Überfall B. ) für den ersten Computerbetrug sechs Monate und für den zweiten Computerbetrug sieben Monate;

    2. b)

      bei dem Angeklagten Br. im Rahmen des Tatgeschehens III.1 (Überfall T. ) für den besonders schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung sieben Jahre und für den Computerbetrug sechs Monate sowie im Rahmen des Tatgeschehens III.2 (Überfall B. ) für den ersten Computerbetrug fünf Monate und für den zweiten Computerbetrug sechs Monate.

  2. 2.

    Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

  3. 3.

    Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen "gemeinschaftlichen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung in Tatmehrheit mit gemeinschaftlichem Computerbetrug" (Fall III.1) sowie "gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit gemeinschaftlichem Computerbetrug in zwei tatmehrheitlichen Fällen" (Fall III.2) zu folgenden Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt: den Angeklagten H. unter Einbeziehung zweier Einzelstrafen und unter Aufrechterhaltung einer Maßregel zu elf Jahren, den Angeklagten Br. zu zehn Jahren.

2

Die mit Verfahrensrügen und Sachrügen begründeten Revisionen führen lediglich zu den aus dem Tenor ersichtlichen Änderungen. Im Übrigen sind sie im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

3

1. Hinsichtlich der Verfahrensrügen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts. Zur Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO bemerkt der Senat ergänzend, dass weitere Erklärungen eines Angeklagten, der sich bereits - wie hier - zu einem früheren Zeitpunkt umfassend zur Sache eingelassen hat, nicht jeweils gesonderter Protokollierungspflicht nach § 273 Abs. 1 StPO unterliegen, auch nicht, wenn diese späteren Einlassungen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse betreffen. Der gerügte Verstoß gegen § 261 StPO ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision deshalb nicht aus dem Protokoll.

4

Unabhängig von der Frage, ob das Rekonstruktionsverbot dem Erfolg einer derartigen Verfahrensrüge entgegensteht, ist der behauptete Rechtsverstoß damit jedenfalls nicht bewiesen, da nach der dienstlichen Erklärung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft und nach den Urteilsgründen die Angeklagten die Schilderungen des Sachverständigen zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen jeweils als zutreffend anerkannt und ergänzend hierzu Angaben gemacht haben.

5

2. Zu den Sachrügen:

6

a) Das Urteil leidet an einem unauflösbaren Widerspruch zwischen den in der Vorbemerkung mitgeteilten Einzelfreiheitsstrafen (UA S. 4) und den in den weiteren Gründen im Rahmen der Strafzumessung mitgeteilten Einzelfreiheitsstrafen (UA S. 36 f., 39). Der Senat erkennt deshalb auf die jeweils geringfügig niedrigeren Einzelfreiheitsstrafen.

7

Keinen Widerspruch enthalten die Urteilsgründe hinsichtlich der für die zweite Raubtat (Überfall B. ) verhängten Einzelfreiheitsstrafen, die jeweils auch die höchsten Einzelfreiheitsstrafen (und damit die Einsatzstrafen) bilden. Insoweit widerspruchsfrei wird als Strafe für den im Rahmen des Tatgeschehens III.2 begangenen schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in zwei tateinheitlichen Fällen für den Angeklagten H. eine Freiheitsstrafe in Höhe von acht Jahren und für den Angeklagten Br. eine Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Jahren und sechs Monaten benannt. Insoweit bedarf es keiner Neufestsetzung der Einzelfreiheitsstrafen.

8

Der Senat schließt aus, dass sich die geringfügige Verringerung der Einzelstrafen im Rahmen der Gesamtstrafenbildung ausgewirkt hätte, weil die höchsten Einzelfreiheitsstrafen von acht Jahren bzw. sieben Jahren und sechs Monaten bestehen bleiben und diese Einsatzstrafen ohnehin nur moderat erhöht wurden.

9

b) Soweit die Revisionen jeweils die Annahme eines besonders schweren Raubes im Fall III.1 rügen, verkennen sie, dass nach den Feststellungen des Landgerichts das Brecheisen zum Zweck der Einschüchterung dem Geschädigten so vorgehalten wurde, dass sich die Spitze unmittelbar vor seinen Augen befand, was ihn zu Tode ängstigte (UA S. 18). Damit lag ein Verwenden dieses gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB und nicht nur ein "offenes Mitsichführen" vor.

10

c) Keinen Rechtsfehler belegen auch die übrigen sachlich-rechtlichen Einzelbeanstandungen der Revisionsführer:

11

Nach den insoweit tragfähig belegten Feststellungen des Landgerichts lagen die Voraussetzungen des § 21 StGB jeweils nicht vor; den Angaben der Angeklagten zu weitergehendem Substanzmittelmissbrauch hat das Landgericht aus nachvollziehbaren Gründen keinen Glauben geschenkt (UA S. 30 ff., 39). Die Annahme von Tatmehrheit bezüglich der Taten des Computerbetrugs im Komplex III.2 ist auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen rechtlich zutreffend. Soweit die Revisionen an dieser und anderer Stelle Urteilsfremdes vorbringen, können sie damit im Rahmen der Sachrüge kein Gehör finden. Dass die Strafkammer die Anwendung von § 46a StGB abgelehnt hat, begegnet aus den vom Landgericht angeführten Gründen keinen Bedenken, da die Voraussetzungen eines hinreichenden Täter-Opfer-Ausgleichs nach den Urteilsfeststellungen nicht vorliegen. Soweit die Revisionen die Strafzumessung im Einzelnen beanstanden, erschöpfen sich die Ausführungen in dem in der Revision unbehelflichen Versuch, eine andere Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Wertung zu setzen.

12

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. Angesichts des geringen Teilerfolgs der Revisionen ist es nicht unbillig, die Angeklagten mit den gesamten Kosten ihrer im Übrigen erfolglosen Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 StPO).

Raum

Rothfuß

Graf

Radtke

Mosbacher

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