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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 11.03.2014, Az.: 5 StR 70/14
Erforderlichkeit der Gewährung des letzten Wortes nach vorausgegangenen Schlusserklärungen bei Wiedereintritt in die Beweisaufnahme durch Entgegennahme der Beweisanträge
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 11.03.2014
Referenz: JurionRS 2014, 12680
Aktenzeichen: 5 StR 70/14
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Hamburg - 07.08.2013

Fundstelle:

StraFo 2014, 251-252

Verfahrensgegenstand:

Gefährliche Körperverletzung u.a.

BGH, 11.03.2014 - 5 StR 70/14

Redaktioneller Leitsatz:

Ein Wiedereintritt in die Beweisaufnahme liegt vor, wenn das Gericht Beweisanträge entgegengenommen, hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und die Anträge durch Beschlüsse zurückgewiesen hat.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2014 beschlossen:

Tenor:

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 7. August 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es sie betrifft.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe und den Angeklagten G. wegen gefährlicher Körperverletzung sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Jugendstrafe (nebst isolierter Fahrerlaubnissperre) verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit einer Verfahrensrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

2

1. Mit dieser machen sie - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 18. Februar 2014 zutreffend dargelegt hat - in § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügender Weise und zu Recht geltend, das Landgericht habe gegen § 258 Abs. 2 Halbsatz 2 und Abs. 3 StPO verstoßen. Dem liegt folgendes Geschehen zugrunde:

3

a) Am 21. Hauptverhandlungstag wurde die Beweisaufnahme geschlossen; der Staatsanwalt hielt seinen Schlussvortrag. Am folgenden Hauptverhandlungstag plädierten die Verteidiger; der Angeklagte S. gab eine Schlusserklärung ab, der Angeklagte G. nahm die hierzu eingeräumte Gelegenheit nicht wahr. Nachdem beide Angeklagte das letzte Wort gehabt hatten, wurde die Sitzung unterbrochen. Zu Beginn des letzten Hauptverhandlungstages stellte der Verteidiger des Angeklagten S. mehrere Beweisanträge, zu denen der Staatsanwalt Stellung nahm, denen sich der Verteidiger des Angeklagten G. anschloss und die sodann mit gerichtlichen Beschlüssen zurückgewiesen wurden. Im Anschluss wurde das Urteil verkündet, ohne dass die Angeklagten nochmals Gelegenheit zum letzten Wort gehabt hätten.

4

b) Diese durch das Sitzungsprotokoll bewiesene (§ 274 Satz 1 StPO) Verfahrensweise hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Denn das Landgericht war wieder in die Beweisaufnahme eingetreten, indem es Beweisanträge entgegengenommen, hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und die Anträge durch Beschlüsse zurückgewiesen hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1988 - 4 StR 543/88, BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 6). Das nahm den vorausgegangenen Schlusserklärungen der Angeklagten (bzw. der Gelegenheit hierzu) die Bedeutung des letzten Wortes und machte dessen nochmalige Gewährung erforderlich (BGH, Urteil vom 25. Juli 1996 - 4 StR 193/96, BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 8; BGH, Beschluss vom 10. März 1998 - 1 StR 32/98). Ein Fall, in dem dies ausnahmsweise für entbehrlich erachtet werden könnte, liegt nicht vor.

5

c) Der Verfahrensverstoß macht die Aufhebung des Urteils, soweit es die Beschwerdeführer betrifft, notwendig. Die Nichterteilung des letzten Wortes begründet zwar nicht stets und ausnahmslos die Revision, sondern nur dann, wenn und soweit das Urteil auf dem Fehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Dies ist hier indes nicht auszuschließen. Denn die Angeklagten haben zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen geschwiegen; möglicherweise hätten sie sich erstmalig zur Sache geäußert, wenn ihnen die Gelegenheit zum letzten Wort noch einmal eingeräumt worden wäre (vgl. BGH aaO).

6

2. Für die neu zu treffende Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin: Sofern nach sachverständiger Einschätzung der aufgefundenen DNA-Spuren die Angeklagten G. und S. - dessen Geburtstag in den Gründen (UA S. 13) vom Rubrum abweichend festgestellt worden ist - wiederum lediglich "als Mitverursacher in Frage kommen" sollten (UA S. 23), würde dies allein den Schluss, die beiden Angeklagten seien als Mitverursacher "festgestellt" (UA S. 45), nicht tragen können.

Basdorf

Sander

Schneider

Berger

Bellay

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