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Bundesgerichtshof
Urt. v. 11.12.2013, Az.: IV ZR 137/13
Abgrenzung zwischen Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung und Forderungskauf
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 11.12.2013
Referenz: JurionRS 2013, 52174
Aktenzeichen: IV ZR 137/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Nürnberg - 27.04.2012 - AZ: 22 C 8542/11

LG Nürnberg-Fürth - 28.02.2013 - AZ: 11 S 4541/12

Fundstellen:

NJOZ 2015, 673

ZAP 2014, 251

ZAP EN-Nr. 118/2014

BGH, 11.12.2013 - IV ZR 137/13

Redaktioneller Leitsatz:

1.

Lässt sich ein Inkassounternehmen, das nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG verfügt, eine Forderung abtreten, um den Forderungsbetrag als eigenständiges Geschäft einzutreiben, wobei das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung beim Zedenten verbleibt, ist die Abtretung wegen Verstoßes gegen das RDG nichtig.

2.

Wird eine Inkassodienstleistung als eigenständiges Geschäft betrieben, stellt sie keine bloße Nebenleistung gemäß § 5 RDG dar.

3.

Der Sitz der Niederlassung des Rechtsbesorgers ist wegen der Umgehungsgefahr kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Frage der Anwendbarkeit des RDG.

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28. Februar 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, macht aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag gegenüber dem beklagten Versicherer geltend.

2

Die Versicherungsnehmerin J. , die bei der Beklagten eine fondsgebundene Lebensversicherung unterhielt, unterzeichnete am 24. November 2010 eine "Abtretungsvereinbarung", die den Verkauf ihrer Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Klägerin zum Gegenst and hatte. Die Zielsetzung der "Abtretungsvereinbarung" ist einleitend wie folgt formuliert:

"Ich (...) bin davon überzeugt, dass nach Kündigung meines Versicherungsvertrages ein erheblich höherer Rückkaufswert erzielt werden kann und gebe deshalb hiermit gegenüber der p. Gesellschaft für Projektentwicklung und -durchführung AG (...) ein Angebot auf Abschluss eines Kauf- und Abtretungsvertrages über meine Rechte aus dem nachfolgend aufgeführten Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag zu den nachfolgenden und umseitig abgedruckten Bedingungen ab. (...) Damit Sie meine Ansprüche im einfachen Sammelverfahren und für mich völlig risikolos geltend machen können, trete ich Ihnen hiermit sämtliche Rechte und Ansprüche aus meinem nachstehenden Versicherungsvertrag ab, die Sie hiermit annehmen. (...) Im Gegenzug verpflichten Sie sich, den noch zu vereinbarenden Kaufpreis an mich zu zahlen oder mich an den noch zu erzielenden Erstattungen zu beteiligen. (...) "

3

Der Versicherungsvertrag sollte laut Abtretungsvereinbarung sofort durch die Klägerin gekündigt, später der Rückkaufswert an die Versicherungsnehmerin überwiesen werden. Weiter wurde vereinbart, dass die Versicherungsnehmerin 60% aller künftigen Erstattungen von der Klägerin erhalten solle und sie sich dafür mit 150 € an den Kosten der Klägerin beteilige. In den in der Abtretungsvereinbarung in Bezug genommenen "Bedingungen der Kauf- und Abtretungsvereinbarung über Forderungen aus Versicherungsvertrag" (im Folgenden: AGB) ist unter § 2 u.a. Folgendes geregelt:

"2) Der Verkäufer tritt mit Wirkung zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung alle seine Rechte und Ansprüche aus dem vorderseitig genannten Vertrag vollumfänglich und unwiderruflich an die Käuferin ab, insbesondere die Ansprüche auf Auszahlung des Guthabens einschließlich Gewinnbeteiligung und dynamischen Zuwachs, sowie einschließlich des Rechtes zur Kündigung des Vertrages. Die Käuferin nimmt diese Abtretung an.

(...)

5) Die Käuferin beauftragt ggf. einen Rechtsanwalt mit der Anfechtung des Vertrages und dem Ziel, möglichst alle eingezahlten Beiträge von der Gesellschaft erstattet zu b e-

kommen. Die rechtliche Auseinandersetzung wird nach Wahl der Käuferin im eigenen Namen oder im Namen des Verkäufers erfolgen, wobei sich die Käuferin im Innenverhältnis verpflichtet, den Verkäufer von allen Kosten freizuhalten. Ausnahme sind die für die Kündigung angefallenen Kosten. (... )"

4

In § 3 der AGB heißt es unter der Überschrift "Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit":

"1) Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand nach § 1 (noch laufender Vertrag) richtet sich nach dem von der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf - und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden Netto-Auszahlungsbetrags nach Abzug von Steuern, Abgaben und Gebühren. Über diesen Betrag holt die Käuferin bzw. der beauftragte Rechtsanwalt eine Best ä-tigung der Gesellschaft ein. Der Kaufpreis erhöht sich noch um den jeweils vereinbarten Anteil an den zusätzlich zu erreichenden künftigen Erstattungen gemäß Nr. 2.

2) Der Kaufpreis für Ansprüche aus bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen beträgt je nach Vereinbarung 25-75% der noch zu erreichenden Erstattungen. Die Kaufpreiszahlung ist aufschiebend bedingt erst zahlbar, wenn durch die Tätigkeit der Käuferin weitere Erstattungen von der Gesellschaft eingefordert werden konnten. Die Vereinbarungen gemäß Nr. 4 gelten sinngemäß.

3) (... )

4) Der Kaufpreis gem. Abs. 1 ist auf das Fremdgeldkonto einzuziehen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang des Geldes an den Verkäufer auf das umseitig genannte Konto des Verkäufers oder auf ein anderes von ihm vorderseitig benanntes Konto eines Dritten zu überweisen. (... )"

5

Zeitgleich unterzeichnete die Versicherungsnehmerin außerdem eine "Widerrufserklärung und Abtretungsanzeige ", mit der sie gegenüber

der Beklagten den "Widerspruch, den Widerruf bzw. die Anfechtung" des Versicherungsvertrages erklärte und die Abtretung sämtlicher bestehenden und sich zukünftig ergebenden Rechte und Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag an die Klägerin anzeigte. Eine Kopie übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 9. Dezember 2010 an die Beklagte und bat um vollständige Erstattung sämtlicher von der Versicherungsnehmerin gezahlten Beiträge zuzüglich einer Verzinsung von 7% auf ihr Konto. Hilfsweise kündigte sie den Versicherungsvertrag. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Abtretung und die Kündigung nicht anerkenne.

6

Im Wege der Stufenklage verlangt die Klägerin Auskunft über den Rückkaufswert und dessen Auszahlung. Sie ist der Auffassung, die Rechte der Versicherungsnehmerin aus dem Versicherungsvertrag im Wege eines echten Forderungskaufs wirksam erworben zu haben. Demgegenüber hält die Beklagte die Abtretungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) für nichtig.

7

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

I. Wie das Amtsgericht ist auch das Berufungsgericht der Auffassung, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil die Abtretungsvereinbarung sowohl in ihrem schuldrechtlichen als auch in ihrem Abtretungsteil gemäß § 3 RDG i.V.m. § 134 BGB nichtig sei.

9

Auf die Abtretungsvereinbarung finde das RDG Anwendung. Insbesondere sei dessen räumlicher Anwendungsbereich eröffnet, obwohl der Sitz der Klägerin in der Schweiz liege. Die Aktivitäten der Klägerin seien auf Deutschland ausgerichtet und entfalteten hier unmittelbare Wirkungen. Außerdem sei in § 5 AGB die Anwendung deutschen Rechts vereinbart.

10

Der Vertrag zwischen der Klägerin und de r Versicherungsnehmerin habe eine Rechtsdienstleistung i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG zum Gegenstand. Die Abtretung der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag sei zum Zwecke der Forderungseinziehung auf fremde Rechnung erfolgt. Um einen echten Forderungskauf, der nach der Gesetzesbegründung vom Anwendungsbereich des RDG ausgenommen sei, handele es sich nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien die entscheidenden Kriterien für das echte Factoring zum einen die Vorfinanzierung und zum anderen die Übernahme des Delkredererisikos durch den Käufer. Hier fehle es bereits an der Vorfinanzierung, weil der Verkäufer nach § 3 Abs. 1 und 4 der AGB den Kaufpreis erst und nur dann erhalte, wenn der Versicherer den Nettoauszahlungsbetrag auf das Fremdgeldkonto eingezahlt habe und das Geld dort eingegangen sei. Daher trage die Versicherungsnehmerin auch das Bonitätsrisiko. Ihre wirtschaftlichen Interessen stünden bei der Einziehung im Vordergrund.

11

Diese Dienstleistung werde von der Klägerin als eigenständiges Geschäft i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG betrieben, da nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ihr Geschäftsmodell gerade der A ufkauf von Forderungen aus Versicherungsverträgen sei.

12

II. Die Revision ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus dem Lebensversich erungsvertrag nicht zu, weil deren Abtretung wegen Verstoßes gegen das RDG nichtig ist.

13

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht von der Anwendbarkeit des RDG ausgegangen. Der Sitz der Klägerin in der Schweiz steht dem nicht entgegen. Zur Frage des räumlichen Anwendungsbereic hes des früheren Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) hat der Bundesgerichtshof bereits klargestellt, dass der Sitz der Niederlassung des Rechtsbesorgers wegen der Umgehungsgefahr kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Frage der Anwendbarkeit war (Urteil vom 5. Oktober 2006 I ZR 7/04, WM 2007, 231 Rn. 24 m.w.N.). Nicht qualifizierte Rechtsbesorger hätten sich andernfalls den Anforderungen des RBerG durch die bloße Verlegung ihrer Niederlassung in das Ausland entziehen können, um von dort aus rechtsberatende Tätigkeiten in Deutschland vorzunehmen und zwar nicht nur in grenznahen Gebieten, sondern auch unter Nutzung der modernen Kommunikationsmittel im gesamten Geltungsbereich des Gesetzes (aaO). Entscheidend war mangels Anhaltspunkten im Wortlaut des Gesetzes der verfolgte Schutzzweck des RBerG. Dieser lag in dem Schutz des Rechtssuchenden vor fachlich ungeeigneten und unzuverlässigen Personen und dem Interesse der Allgemeinheit an der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege (aaO Rn. 22; BVerfG, NJW 2002, 1190 [BVerfG 20.02.2002 - 1 BvR 423/99] unter 1 m.w.N.).

14

Diese Erwägungen gelten auch für den räumlichen Anwendungsbereich des RDG (Dreyer/Müller in Dreyer/Lamm/Müller, RDG § 1 Rn. 5 ff.; Mankowski, ZErb 2007, 406, 409;Knöfel, AnwBl. 2007, 264). Trotz inhaltlich und strukturell grundlegen der Neugestaltung des RDG gegenüber dem RBerG (vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 1) ist die Zielrichtung beider Gesetze vergleichbar; auch das RDG dient dazu, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG, dazu auch BT-Drucks. 16/3655, S. 45). Dieser Schutzzweck ist hier betroffen, da die Versicherungsnehmerin als Auftraggeberin und die Beklagte als Adressatin der von der Klägerin verfassten Schreiben im Inland ansässig sind.

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2. Gegenstand der Abtretungsvereinbarung ist eine Rechtsdienstleistung i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG. Hiernach ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, die als eigenständiges Gesch äft betrieben wird, eine Rechtsdienstleistung und damit nach § 3 RDG erlaubnispflichtig .

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a) Die Abtretungsvereinbarung hat eine Forderungseinziehung auf fremde Rechnung zum Gegenstand.

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aa) Die Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung (Inkassozession) soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 30. November 2006 unter Erlaubnisvorbehalt stehen, weil hier nur die formale Forderungsinhaberschaft auf den Einziehenden übertragen wird, die Einziehung aber weite rhin auf Risiko und Rechnung des Zedenten erfolgt und die Forderung für den Zessionar wirtschaftlich fremd bleibt (BT-Drucks. 16/3655, S. 36, 48). Sie ist von den Fällen des Forderungskaufs abzugrenzen, "bei denen ein endgültiger Forderungserwerb stattfindet und das Risiko des Forderungsausfalls auf den Erwerber übergeht" (aaO S. 48), so dass die Einziehung auf eigene Rechnung erfolgt.

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Für diese Abgrenzung kommt es darauf an, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem Abtretenden zukommen sol l (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 XI ZR 324/11, WM 2012, 2322 Rn. 13 und Beschluss vom 11. Juli 2013 II ZR 245/11, WM 2013, 1549 Rn. 3; zu Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG: Urteil vom 25. November 2008 XI ZR 413/07, WM 2009, 259 Rn. 17; so auch die Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG: BT-Drucks. 16/3655, S. 48 f.). Hierbei ist nicht allein auf den Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten ihr zugrunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die eine Umgehung des Gesetzes durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Einziehung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze vermeidet (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 aaO; zu Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG: Urteile vom 23. Januar 1980 VIII ZR 91/79, BGHZ 76, 119, 125 f.; vom 4. April 2006 VI ZR 338/04, NJW 2006, 1726 Rn. 8 m.w.N.). Entscheidend ist insoweit, ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das Bonitätsrisiko, d.h. das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung, übernimmt (Urteil vom 30. Oktober 2012 aaO Rn. 14 m.w.N.; BT-Drucks. 16/3655, S. 36, 48 f.; ebenso: LG Aachen, Urteil vom 27. April 2012 9 O 626/10, BeckRS 2013, 06585 unter II 1 a aa).

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bb) Die Auslegung der Abtretungsvereinbarung und der einbezogenen AGB ergibt, dass der Versicherungsnehmerin das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung zugutekommen und von Rechtsverfolgungskosten abgesehen sie allein das Risiko des Forderungsausfalls tragen soll.

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(1) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der von der Klägerin verwendeten AGB ist uneingeschränkt revisionsrechtlich überprüfbar, weil diese Bedingungen zur bundesweiten Verwendung in einer Vielzahl von Fällen bestimmt sind und damit über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinausgehende Bedeutung für zahlreiche Vertragsbeziehungen haben (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 2007 III ZR 159/06, NJW 2007, 1581 Rn. 15; vom 23. November 2005 VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind grundsätzlich nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr., BGH, Urteile vom 29. Mai 2009 V ZR 201/08, NJW -RR 2010, 63 Rn. 10; vom 23. November 2005 aaO, jeweils m.w.N.).

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(2) Das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung bleibt bei der Versicherungsnehmerin. Dies folgt aus der Vereinbarung zur Fälligkeit des "Kaufpreises", der sich zunächst nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB nach dem Rückkaufswert richtet und nach Satz 3 um den vereinbarten Anteil an den "künftigen Erstattungen" erhöht. Dass die Erhöhung des Kaufpreises nach Satz 3 nicht vor einer erfolgreichen Beitreibung beim Versicherer fällig wird, ergibt sich bereits aus der Bezeichnung als "künftige Erstattungen". Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin verwendeten AGB im Übrigen zu Recht dahin ausgelegt, dass auch hinsichtlich des Kaufpreises i.S. von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB die Fälligkeit erst nach der Auszahlung durch den Versicherer eintritt.

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(a) Der Begriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 III ZR 159/06, NJW 2007, 1581 Rn. 16; Palandt/Grüneberg, BGB 72. Aufl. § 271 Rn. 1). Dieser Zeitpunkt richtet sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Parteien. Haben diese eine Zeit bestimmt, ist gemäß § 271 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner sie aber vorher bewirken kann. Das bedeutet, dass die Forderung zwar erfüllbar, jedoch noch nicht fällig ist (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 aaO Rn. 17).

23

(b) Der Kaufpreis ist im Vertrag noch nicht von vornherein festgelegt, sondern richtet sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB nach dem vom Versicherer "zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf - und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden Netto -Auszahlungsbetrag", über den nach Satz 2 eine Bestätigung des Versicherers einzuholen ist. Bereits Satz 1, der die Kaufpreishöhe von dem zur Auszahlung kommenden Betrag abhängig macht, deutet darauf hin, dass die Kaufpreisfälligkeit nicht vor dieser Auszahlung eintreten soll. Auch aus Satz 2 ergibt sich nicht, dass der Kaufpreis bereits mit Eingang der Bestätigung beim Käufer fällig ist. Die Bestätigung kann auch die Funktion haben, die Parteien der Vereinbarung über d ie Höhe des Kaufpreises zu informieren. Für ein solches Verständnis und gegen eine Auslegung als Fälligkeitsregelung spricht, dass die Bestimmungen in § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 nur die Höhe des Kaufpreises betreffen. Zudem lässt die Überschrift des § 3 "Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit" eine gesonderte und eindeutige Fälligkeitsregelung erwarten. Eine solche findet sich in § 3 Abs. 4 Satz 1 AGB. Hiernach wird der Kaufpreis auf ein Fremdgeldkonto eingezogen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang an den Versicherungsnehmer überwiesen. Diese Fristbestimmung ist nach der Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 BGB dahingehend zu verstehen, dass der Kaufpreis erst 10 Banktage nach Eingang der Zahlung auf dem Fremdgeldkonto fällig w ird. Für die klägerische Interpretation, § 3 Abs. 4 AGB gelte nur für "Sonderfälle" treuhänderischer Abwicklung, in denen Versicherungsnehmer eine Auszahlung des Kaufpreises an verschiedene Zahlungsempfänger wünschten, findet sich weder in der Abtretungsvereinbarung noch in den AGB ein Anhaltspunkt.

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Auch die Verwendung des Begriffs "Fremdgeldkonto" in § 3 Abs. 4 AGB spricht dafür, dass der Rückkaufswert nach Auszahlung durch den Versicherer wirtschaftlich dem Versicherungsnehmer zugeordnet wird, der Kaufpreis vor dieser Auszahlung nicht an den Versicherungsnehmer auszukehren ist. Der Begriff lässt sich nur dahin verstehen, dass es sich um ein von der Klägerin für Rechnung der Versicherungsnehmer verwaltetes Konto handelt. Soweit die Klägerin den Begriff "Fremdgeldkonto" damit zu erläutern versucht, es sei ein Konto der von der Klägerin beauftragten Rechtsanwälte gemeint, findet dies im Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang der Klausel kein e Stütze. Vielmehr ist von dem "Fremdgeldkonto" in den AGB ausschließlich im Zusammenhang mit der Auszahlung des Kaufpreises an den Versicherungsnehmer die Rede; ein Einzug des Kaufpreises durch von der Klägerin beauftragte Rechtsanwälte ist in § 3 AGB nicht erwähnt.

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Ein anderes Verständnis folgt auch nich t aus einem Umkehrschluss aus § 3 Abs. 2 Satz 2 AGB. Hiernach ist bei bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen die Kaufpreiszahlung "aufschiebend bedingt erst zahlbar, wenn durch die Tätigkeit der Käuferin weitere Erstattungen von der Gesellschaft eingefordert werden konnten". Zwar fehlt eine entsprechende Regelung für noch laufende Versicherungsverträge. Der Sinn und Zweck einer besonderen Regelung zur Höhe und zur "Zahlbarkeit" des Kaufpreises bei bereits gekündigten und ausgezahlten Vertr ä-gen ergibt sich aber daraus, dass die Höhe des Kaufpreises für die Parteien erst mit Auszahlung der weiteren Erstattungen durch den Versicherer feststeht, schon die Entstehung des Kaufpreisanspruchs also unter der aufschiebenden Bedingung der erfolgreichen Beitreib ung steht. Für die Fälligkeit gilt aufgrund der Verweisung in Satz 3 ebenfalls die Frist von 10 Banktagen nach Eingang auf dem Fremdgeldkonto. Demgege n-über steht bei noch laufenden Verträgen bereits mit der Bestätigung des Versicherers der Kaufpreisteilanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB der Höhe nach fest und ist damit entstanden wenn auch noch nicht fällig.

26

(c) Die erstmalig in der Revisionsbegründung vorgetragene Behauptung, die Parteien der Abtretungsvereinbarung hätten dieser übereinstimmend ein von dem objektiven Inhalt abweichendes Verständnis zugrunde gelegt, ist bereits deshalb unbeachtlich, weil nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen unterliegt, das aus dem Berufungsurteil oder dem S itzungsprotokoll ersichtlich ist. Unbeachtlich ist daher auch die mit der Revisionsbegründung erstmals vorgelegte, von der Versicherungsnehmerin unterzeichnete "Auslegungs- und Änderungsvereinbarung". Die diesbezügliche Verfahrensrüge der Revision hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

27

(d) Nach allem hat die Klägerin das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung nicht übernommen. Ob, wann und in welcher Höhe die Versicherungsnehmerin den "Kaufpreis" i.S. von § 3 Abs. 1 AGB erhält, ist vom

Verlauf der Auseinandersetzung mit dem Versicherer abhängig. Die Klägerin trägt allein das Risiko vergeblicher Aufwendung von Prozesskosten, soweit diese die von der Versicherungsnehmerin zu tragende Kostenpauschale übersteigen.

28

(3) Wirtschaftlich steht daher bei Abschluss der Abtretungsvereinbarung nicht das Interesse der Versicherungsnehmerin an einer Übertragung des Ausfallrisikos auf die Klägerin im Vordergrund. Die Klägerin übernimmt lediglich die für die Beitreibung erforderlichen Dienstleistungen und stellt der Versicherungsnehmerin daneben die mit einer Bündelung von Interessen möglicherweise verbundenen Vorteile für die Durchsetzung ihrer Forderungen in Aussicht. Dieser Zweck ist auf dem Formular der Abtretungsvereinbarung einleitend deutlich formuliert. Die Versicherungsnehmerin ist auch nach der Abtretung an dem Bestand und der Durchsetzbarkeit der zedierten Forderungen interessiert, während die Klägerin kein nennenswertes Risiko eingeht. Dementsprechend hält sie sich nach § 2 Abs. 5 Satz 2 AGB die Möglichkeit offen, die rechtliche Auseinandersetzung mit dem Versicherer im Namen des Versicherungsnehmers zu führen. Die Einziehung erfolgt auch nicht deshalb auf eigene Rechnung, weil die Klägerin nach der Abtretungsvereinbarung an den künftigen Erstattungen partizipieren soll. Diese Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung für die Inkassotätigkeit ändert nichts an dem Fremdcharakter des Geschäfts (BGH, Urteile vom 30. Oktober 2012 XI ZR 324/11, WM 2012, 2322 Rn. 19; vom 25. November 2008 XI ZR 413/07, WM 2009, 259 Rn. 20; vom 5. November 2004 BLw 11/04, WM 2005, 102 unter III 2 a).

29

b) Die Einziehung wird von der Klägerin auch als eigenständiges Geschäft i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG betrieben. Ein solches liegt vor , wenn die Forderungseinziehung innerhalb einer ständigen haupt - oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit oder außerhalb einer solchen nicht lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt (BGH, Urteil vom 30. Okto ber 2012 aaO Rn. 21 m.w.N.; BT-Drucks. 16/3655, S. 49). Die Einziehung von Forderungen aus Versicherungsverträgen bildet das Hauptgeschäft der Kläge rin, die sich als "LV-Doktor" bezeichnet. Das Berufungsgericht hat dazu von der Revision unangegriffen - festgestellt, es handele sich dabei um das Geschäftsmodell der Klägerin.

30

Damit ist zugleich festgestellt, dass die Inkassotätigkeit der Klägerin keine bloße Nebenleistung i.S. von § 5 RDG darstellt. Zwar sind hiernach Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs - oder Tätigkeitsbild gehören. Wird die Inkassodienstleistung als eigenständiges Geschäft betrieben, erübrigt sich aber die Prüfung, ob die Einziehung als Nebenleistung nach § 5 RDG zulässig ist (BT-Drucks. 16/3655, S. 49; Krenzler/ Offermann-Burckart, RDG § 2 Rn. 127).

31

3. Da eine Erlaubnisfreiheit nach §§ 5 bis 8 RDG nicht in Betracht kommt und die Klägerin nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verfügt, ist die Abtretung der Klageforderung wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 i.V.m. § 3 RDG gemäß § 134 BGB nichtig. Die Nichtigkeit erfasst sowohl schuldrechtliche als auch Verfügungsverträge wie die Forderungsabtretung, wenn diese auf eine nicht erlaubte Rechtsdienstleistung zielen (BGH, Urteile vom 5. März 2013 VI ZR 245/11, VersR 2013, 730 Rn. 11; vom 30. Oktober 2012 XI ZR 324/11, WM 2012, 2322 Rn. 34-36 m.w.N.).

Mayen
Wendt
Felsch

Harsdorf-Gebhardt
Dr. Karczewski

Von Rechts wegen

Verkündet am: 11. Dezember 2013

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