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Bundesgerichtshof
Urt. v. 22.10.2013, Az.: XI ZR 57/12
Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs gegenüber einer Sparkasse wegen fehlerhafter Anlageberatung; Wirksame Beschränkung der Revisionszulassung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 22.10.2013
Referenz: JurionRS 2013, 48581
Aktenzeichen: XI ZR 57/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OLG Celle - 28.12.2011 - AZ: 3 U 173/11

BGH, 22.10.2013 - XI ZR 57/12

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die Richter Dr. Joeres, Dr. Ellenberger, Pamp und die Richterin Dr. Menges

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Dezember 2011 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 27. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse (im Folgenden: Beklagte) wegen fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Aufgrund der Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten zeichnete der Kläger am 26. September 1994 eine Beteiligung an der Immobiliengesellschaft O. KG (sog. R. -Fonds ) im Nennwert von 100.000 DM zuzüglich Agio in Höhe von 5.000 DM, die er zum Teil durch ein inzwischen abgelöstes Darlehen der Beklagten finanzierte.

3

Nachdem die erwarteten Ausschüttungen des Fonds in den Jahren 1999 und 2000 ausgeblieben waren, nahm der Kläger die Beklagte unter Berufung auf mehrere Beratungsfehler auf Schadensersatz in Höhe des investierten Kapitals einschließlich der für das Darlehen aufgewandten Zins- und Tilgungsleistungen und abzüglich erlangter Fondsausschüttungen, insgesamt auf Zahlung von 54.747,82 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung in Anspruch. Die Klage wurde vom Landgericht Hannover durch rechtskräftiges Urteil vom 12. März 2002 14 O 1844/01 abgewiesen. Die Fondsgesellschaft wurde inzwischen liquidiert.

4

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger mit der Begründung, die Beklagte habe erlangte Rückvergütungen nicht offengelegt, erneut Schadensersatz in Höhe des von ihm investierten Kapitals einschließlich der für das Darlehen aufgewandten Beträge und abzüglich erlangter Vorteile. Der Kläger hat hierbei neben den Fondsausschüttungen auch Steuervorteile und Liquidationserlöse in Abzug gebracht und verlangt insgesamt noch 44.457,46 € nebst Zinsen.

5

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Klage sei zulässig. Über den vom Kläger jetzt geltend gemachten Schadensersatzanspruch sei durch das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Hannover vom 12. März 2002 nicht entschieden worden.

9

Allerdings sei eine Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses identisch sei, unzulässig. Der Streitgegenstand entspreche nicht dem der Klage zugrundeliegenden materiell-rechtlichen Anspruch, sondern ergebe sich aus dem Antrag und dem von den Parteien vorgetragenen Lebenssachverhalt. Zu diesem seien alle Tatsachen zu rechnen, die bei natürlicher Betrachtung zu dem vom Kläger zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehörten.

10

Bei Berücksichtigung dieser Kriterien seien die Streitgegenstände der im Jahr 2001 erhobenen Klage und des jetzigen Prozesses nicht identisch. Grundlage der im Jahr 2001 geltend gemachten Schadensersatzansprüche sei die behauptete Fehlberatung des Klägers über die Rentabilität der Fondsbeteiligung gewesen. Die dem jetzigen Prozess zugrunde liegende Frage, ob die Beklagte dem Kläger den Erhalt von Rückvergütungen verschwiegen habe, sei damals ohne jede Bedeutung gewesen.

11

Die Klage sei auch begründet. Wegen verschwiegener Rückvergütungen hafte die Beklagte dem Kläger in der geltend gemachten Höhe.

II.

12

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage ist unzulässig. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen.

13

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung - als negative Prozessvoraussetzung - einer neuen Verhandlung und Entscheidung über denselben Streitgegenstand entgegensteht (ne bis in idem). Unzulässig ist deshalb eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines bereits rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits identisch ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 18. Januar 1985 V ZR 233/83, BGHZ 93, 287, 288 f.; vom 19. November 2003 VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 50 und vom 13. Januar 2009 XI ZR 66/08, WM 2009, 402 Rn. 16, jeweils mwN).

14

2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Streitgegenstand der vorliegenden Klage sei nicht mit dem Streitgegenstand des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Hannover vom 12. März 2002 identisch.

15

a) Der von der Rechtskraft erfasste Streitgegenstand wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht vorträgt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 XI ZR 66/08, WM 2009, 402 Rn. 17 und vom 25. Oktober 2012 IX ZR 207/11, W M 2012, 2242 Rn. 14, jeweils mwN). Vom Streitgegenstand werden damit alle materiellrechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen. Das gilt unabhängig davon, ob die einzelnen Tatsachen des Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch unabhängig davon, ob die Parteien die im Vorprozess nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs damals bereits kannten und hätten vortragen können (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 19. November 2003 VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 51; vom 13. September 2012 I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 19 und vom 25. Oktober 2012 IX ZR 207/11, WM 2012, 2242 Rn. 14, jeweils mwN).

16

Nach diesen Grundsätzen ist nicht nur das auf Ersatz des investierten Kapitals abzüglich erlangter Vorteile gerichtete Rechtsschutzbegehren, das gegenüber dem Vorprozess lediglich um weitere Vorteile gemindert und wegen der Liquidation der Fondsgesellschaft nicht mehr unter den Vorbehalt der Zug um Zug anzubietenden Übertragung der Beteiligung gestellt wurde, sondern auch der vom Kläger vorgetragene Anspruchsgrund, aus dem er die begehrte Rechtsfolge herleitet, mit dem Vorprozess identisch.

17

Der Kläger stützt sein Rechtsschutzbegehren wie bereits im Vorprozess auf die vermeintlich unzureichende Beratung und Aufklärung durch den Mitarbeiter H. der Beklagten in den der Anlageentscheidung bezüglich R. -Fonds vorausgegangenen Beratungsgesprächen. Allein die Ergänzung dieses aus dem Vorprozess bekannten Tatsachenvortrags durch den Umstand, dass Rückvergütungen nicht offenbart wurden, ändert den bereits im Vorprozess zur Entscheidung gestellten Sachverhalt nicht in seinem Kerngehalt und begründet deshalb keinen neuen Streitgegenstand.

18

Die einer Anlageentscheidung vorausgegangene Beratung stellt bei natürlicher Betrachtung einen einheitlichen Lebensvorgang dar, der nicht in einzelne Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzungen, die der Anleger der Bank vorwirft, aufgespalten werden kann (so auch OLG München, Urteil vom 22. April 2013 19 U 4963/12, nicht veröffentlicht, Umdruck S. 5 ff.; Wolff, WuB I G 1. Anlageberatung 9.12; vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2010 23 U 243/08, Umdruck S. 12 f.; a.A. wohl noch OLG München, WM 2008, 581, 588).

19

Der vom Anleger im Schadensersatzprozess wegen unzureichender Aufklärung und Beratung zur Entscheidung gestellte Lebensvorgang wird, unabhängig von den konkret vorgeworfenen Aufklärungs- oder Beratungsmängeln, vielmehr durch die Gesamtumstände der Beratungssituation gekennzeichnet (vgl. auch BGH, Urteile vom 17. März 1995 V ZR 178/93, WM 1995, 1204, 1206 und vom 25. Oktober 2012 IX ZR 207/11, WM 2012, 2242 Rn. 15; vgl. auch Urteil vom 11. November 1994 V ZR 46/93, WM 1995, 266, 267). Die vom Berater erteilten oder gar unterlassenen Informationen stellen keine selbständigen Geschehensabläufe, sondern Bestandteile der einheitlich zu betrachtenden Beratung dar. Ob dem Anleger ein zutreffendes Bild von der Kapitalanlage vermittelt worden ist oder nicht, kann auch nur aufgrund einer Zusammenschau der verschiedenen Informationen des Beraters während der gesamten Beratung beurteilt werden (vgl. zu Prospektangaben Senatsurteil vom 18. September 2012 XI ZR 344/11, BGHZ 195, 1 Rn. 23 mwN). Der Berater kann insbesondere im Verlauf der Beratung unzutreffende Angaben berichtigen oder unzureichende Informationen präzisieren. Schließlich hängen die aufklärungspflichtigen Umstände und eine anlegergerechte Empfehlung auch von den Angaben des Anlegers während des gesamten Verlaufs der Beratung ab.

20

Die Annahme verschiedener Streitgegenstände je nachdem, welchen Vorwurf der Anleger erhebt, führte daher nicht nur zu einer unnatürlichen Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhalts, sondern wäre auch mit den mit dem Institut der Rechtskraft verfolgten Zielen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juni 1993 I ZB 14/91, BGHZ 123, 30, 34) nicht zu vereinbaren. Der Anleger könnte die vermeintlich unzureichende Aufklärung und Beratung durch den Anlageberater durch die bloße Ergänzung einzelner Tatsachen oder vermeintlich aufklärungspflichtiger Risiken bei ansonsten unverändertem Geschehensablauf wiederholt zum Gegenstand gerichtlicher Verfahren machen. Gegenstand jedes neuen Prozesses und etwaiger Beweisaufnahmen wäre wiederholt der Inhalt der (gesamten) Beratung.

21

b) Dass die Aufklärung über erhaltene Rückvergütungen für den Vorprozess "ohne jede Bedeutung" war, rechtfertigt, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, nicht die Annahme gesonderter Streitgegenstände.

22

Der zur Bestimmung des Streitgegenstands maßgebliche Anspruchsgrund geht über die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale einer Anspruchsgrundlage ausfüllen, hinaus. Die Parteien bestimmen zwar über den zur Entscheidung gestellten Sachverhalt (Beibringungsgrundsatz). Es können deshalb nicht alle Tatsachen zum Klagegrund gerechnet werden, die das konkrete Rechtsschutzbegehren objektiv zu stützen geeignet, im Vortrag des Klägers aber nicht einmal angedeutet sind und von seinem Standpunkt aus auch nicht vorgetragen werden mussten (BGH, Urteile vom 19. Dezember 1991 IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 6 und vom 25. Oktober 2012 IX ZR 207/11, WM 2012, 2242 Rn. 21). Die Parteien können den Streitgegenstand durch Gestaltung ihres Vortrags jedoch nicht bewusst oder unbewusst willkürlich begrenzen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 19. Dezember 1991 IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 6 und vom 27. September 2011 II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 21). Von der Rechtskraft werden daher sämtliche materiellrechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des Antrags aus dem zur Entscheidung gestellten Lebenssachverhalt herleiten lassen (BGH, Urteile vom 27. September 2011 II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 21 und vom 25. Oktober 2012 IX ZR 207/11, WM 2012, 2242 Rn. 15), unabhängig davon, ob sämtliche rechtserheblichen Tatsachen des Lebensvorgangs vorgetragen werden (BGH, Urteile vom 19. Dezember 1991 IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 6 f.; vom 17. März 1995 V ZR 178/93, WM 1995, 1204, 1205 f. und vom 27. September 2011 II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 21).

23

Sofern das materielle Recht zusammentreffende Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet, kann das zwar im Einzelfall bei der Bestimmung des Streitgegenstandes berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteile vom 27. Mai 1993 III ZR 59/92, NJW 1993, 2173, insoweit nicht in BGHZ 122, 363 abgedruckt; vom 11. Juli 1996 III ZR 133/95, NJW 1996, 3151, 3152 und vom 24. Januar 2013 I ZR 60/11, GRUR 2013, 397 Rn. 13). Ob die Bank Aufklärungs- oder Beratungspflichten verletzt hat, lässt sich jedoch, wie ausgeführt, nur aufgrund einer Betrachtung der Gesamtumstände der Beratung beurteilen, ohne dass sich diese in selbständige Geschehensabläufe aufspalten ließe. Verschiedene Aufklärungs- und Beratungsdefizite sind deshalb zwar gegebenenfalls einer eigenständigen materiell-rechtlichen Bewertung zugänglich (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2012 I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 19) und können jeweils für sich den Schadensersatzanspruch begründen (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2011 III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111 Rn. 9 aE), bleiben aber dennoch Bestandteil eines in tatsächlicher Hinsicht einheitlichen Lebensvorgangs.

24

c) Die Revisionserwiderung beruft sich für ihre gegenteilige Auffassung ohne Erfolg auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Januar 2008 (VII ZR 46/07, VersR 2008, 942 Rn. 16 und 19). Danach steht die Rechtskraft einer Entscheidung über Schadensersatzansprüche gegen einen Architekten wegen Nichtausführung einer Ausführungsplanung einer Klage auf Ersatz desselben Schadens wegen Fehlern bei der gesondert zu beurteilenden Entwurfsplanung, Bauüberwachung und Abnahme des Bauwerks dann nicht entgegen, wenn aus dem Vortrag im ersten Prozess eindeutig hervorgeht, dass ausschließlich die fehlende Ausführungsplanung Gegenstand des Rechtsstreits war. Davon unterscheidet der vorliegende Fall sich grundlegend. Hier fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung des ersten Rechtsstreits auf eine bestimmte Pflichtverletzung. Außerdem betreffen die im Urteil vom 24. Januar 2008 (VII ZR 46/07, VersR 2008, 942 Rn. 16 und 19) behandelten Pflichtverletzungen in zeitlicher Hinsicht unterschiedliche Stadien der Tätigkeit des Architekten, während im vorliegenden Fall sämtliche der beklagten Bank vorgeworfene Pflichtverletzungen in einem Beratungsgespräch, das einen einheitlichen Lebensvorgang darstellt, erfolgt sein sollen. Aus diesen Gründen besteht auch kein Anlass zu der von der Revisionserwiderung angeregten Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG.

25

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. März 2008 (IX ZR 136/07, WM 2008, 1560 Rn. 24) steht der Annahme eines einheitlichen Streitgegenstands ebenfalls nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof hat dort zwar das Fehlverhalten des Rechtsanwalts bei der Empfehlung der Klageerhebung als gesonderten Streitgegenstand beurteilt, der weder das Fehlverhalten bei der inhaltlichen Abfassung der Klage noch die (unterlassene) Empfehlung zur Einlegung von Rechtsmitteln umfasse. Anders als vorliegend betrafen diese Pflichtverletzungen jedoch verschiedene Verfahrensstadien und damit selbständige Geschehensabläufe.

26

d) Auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum gesonderten Verjährungsbeginn von Schadensersatzansprüchen, die auf mehrere abgrenzbare Aufklärungs- oder Beratungsfehler gestützt werden (vgl. BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, WM 2008, 89 Rn. 16 f.; vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372 Rn. 14; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, W M 2010, 1690 Rn. 13 und vom 1. März 2011 - II ZR 16/10, WM 2011, 792 Rn. 13), folgt, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, nichts anderes.

27

Der Verjährung gemäß §§ 194 ff. BGB unterliegt der materiell-rechtliche Anspruch im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB (MünchKomm/Grothe, BGB, 6. Aufl., § 194 Rn. 2; Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 194 Rn. 2; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 194 Rn. 8). Der von der Rechtskraft erfasste Streitgegenstand ist dagegen nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch, sondern der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgebehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 66/08, WM 2009, 402 Rn. 17 und vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 207/11, WM 2012, 2242 Rn. 14 mwN). Der Streitgegenstand kann daher mehrere materiellrechtliche Ansprüche umfassen (Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 194 Rn. 8), die grundsätzlich jeweils eigenständiger Verjährung unterliegen (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 12. Dezember 1991 I ZR 212/89, BGHZ 116, 297, 300 und vom 24. Juni 1992 - VIII ZR 203/91, BGHZ 119, 35, 41 sowie MünchKomm/Grothe, BGB, 6. Aufl., § 195 Rn. 46 ff. mwN). Aus dem materiell-rechtlichen Institut der Anspruchsverjährung können deshalb keine Rückschlüsse auf den prozessualen Streitgegenstand gezogen werden.

28

e) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur beschränkten Revisionszulassung rechtfertigt ebenfalls keine andere Betrachtungsweise.

29

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision zwar auf eine von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragenen Pflichtverletzungen beschränkt werden (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - XI ZR 368/11, [...] Rn. 18 f. sowie Beschlüsse vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, W M 2011, 526 Rn. 5 f. und vom 16. April 2013 - XI ZR 332/12, [...] Rn. 6). Daraus folgt jedoch, entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung, nicht, dass jede einzelne Pflichtverletzung einen gesonderten Streitgegenstand begründet. Der Bundesgerichtshof hat die wirksame Beschränkung der Revisionszulassung ausdrücklich nicht davon abhängig gemacht, dass verschiedene Streitgegenstände vorliegen (BGH, Beschlüsse vom 16. Dezember 2010 III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 aE und vom 7. Juni 2011 - VI ZR 225/10, ZUM 2012, 35 Rn. 4 aE). Darüber hinaus hatte der Bundesgerichtshof bereits für die Revisionszulassung nach § 546 Abs. 1 ZPO a.F. die Beschränkung auf Teile eines einheitlichen prozessualen Anspruchs gebilligt (BGH, Urteile vom 12. Januar 1970 - VII ZR 48/68, BGHZ 53, 152, 154 f. und vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984, 615 sowie Beschluss vom 10. Januar 1979 - IV ZR 76/78, NJW 1979, 767). Ähnlich wie beim Teilurteil, dessen Voraussetzungen freilich nicht vorliegen müssen (BGH, Beschlüsse vom 16. Dezember 2010 III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 aE und vom 7. Juni 2011 - VI ZR 225/10, ZUM 2012, 35 Rn. 4 aE), ist Voraussetzung der beschränkten Revisionszulassung lediglich die Selbständigkeit eines Teils des Streitstoffs in dem Sinne, dass dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - XI ZR 368/11, [...] Rn. 18 sowie Beschlüsse vom 16. Dezember 2010 III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 und vom 7. Juni 2011 - VI ZR 225/10, ZUM 2012, 35 Rn. 4). Wie sich aus § 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 ZPO ergibt, hängt selbst der Erlass eines Teilurteils nicht von der Mehrheit der prozessualen Ansprüche ab (vgl. MünchKomm/Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 301 Rn. 6 mwN). Die Voraussetzungen einer beschränkten Revisionszulassung gehen darüber nicht hinaus.

Wiechers

Joeres

Ellenberger

Pamp

Menges

Von Rechts wegen

Verkündet am: 22. Oktober 2013

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