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Bundesgerichtshof
Urt. v. 27.09.2013, Az.: V ZR 43/12
Wahrung der Ausschlussfrist des Art. 237 § 2 Abs. 2 S. 1 EGBGB durch Anrufung eines unzuständigen Gerichts; Grundbuchberichtigung im Zusammenhang mit einem Restitutionsverfahren; Verpflichtung eines Gerichts zur Anordnung der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bei Verstoß gegen eine Hinweispflicht
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 27.09.2013
Referenz: JurionRS 2013, 46898
Aktenzeichen: V ZR 43/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Potsdam - 12.11.2010 - AZ: 1 O 114/10

OLG Brandenburg - 12.01.2012 - AZ: 5 U 92/10

Fundstellen:

JZ 2013, 674

JZ 2013, 679

MDR 2014, 47

ZfIR 2013, 826

BGH, 27.09.2013 - V ZR 43/12

Amtlicher Leitsatz:

Art. 237 § 2 EGBGB

  1. a)

    Die Ausschlussfrist nach Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB wird auch durch die Anrufung eines unzuständigen Gerichts gewahrt, wenn die Zustellung der Klage demnächst erfolgt.

  2. b)

    Die Wirkungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB treten jedenfalls dann erst nach Ablauf eines Monats nach Beendigung eines am 24. Juli 1997 anhängigen Restitutionsverfahrens nach dem Vermögensgesetz ein, wenn dieses durch den Eigentumsprätendenten eingeleitet worden ist. Ob es von ihm selbst, einem Verfahrensstandschafter oder einem Zessionar fortgesetzt worden ist, ist unerheblich.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Januar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Großeltern des Klägers waren Eigentümer eines Hausgrundstücks und von Ackerland in Brandenburg. 1953 erklärte der Großvater gegenüber dem Rat der Gemeinde, er sei arbeitsunfähig und müsse sein Land an den Gutskomplex G. entschädigungslos übereignen. Dazu kam es aber nicht. Vielmehr verkauften die Großeltern 1955 das Hausgrundstück an einen Dritten und hielten in dem Kaufvertrag ausdrücklich fest, das Ackerland sei nicht mit verkauft. Das Ackerland wurde dessen ungeachtet zunächst als Eigentum des Erwerbers und 1960 als Eigentum des Volkes in Rechtsträgerschaft des örtlichen volkseigenen Guts gebucht. Als Eigentümerinnen des Ackerlands sind im Grundbuch ausgewiesen die Beklagte zu 1 (BVVG, fortan die Beklagte) und, wegen einer kleinen Teilfläche von 79 m2, die örtliche Gemeinde, die frühere Beklagte zu 2, die den Klageanspruch anerkannt hat.

2

Der Vater des Klägers beantragte 1990 die Restitution der Ackerfläche nach dem Vermögensgesetz. Die zuständigen Behörden wiesen den von dem Kläger nach dem Tod des Vaters 1991 weiterverfolgten Restitutionsantrag zurück. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg; das die Klage abweisende Urteil ist seit dem 27. November 2009 rechtskräftig. Anschließend erhob der Kläger die vorliegende Klage, mit welcher er die Beklagte auf Berichtigung des Grundbuchs zu seinen und seiner Brüder Gunsten in Anspruch nimmt. Er stützt sich dabei auf einen Erbschaftsschenkungs- und Übertragungsvertrag vom 20. Februar 1995 (fortan Übertragungsvertrag), durch welchen seine Mutter als Erbin seines vorverstorbenen Vaters, der wiederum die Großeltern beerbt hatte, dem Kläger und seinen Brüdern die Erbschaft schenkte, und zwar, wie es in der Urkunde heißt, "mit dinglicher und sofortiger Wirkung".

3

Das Landgericht hat der am 23. Dezember 2009 bei dem Amtsgericht eingegangenen und am 30. Dezember 2009 zugestellten Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchte der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts erreichen. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht hält den Grundbuchberichtigungsanspruch für nicht gegeben. Dafür könne unterstellt werden, dass die Beklagte als Eigentümerin der Grundstücke im Grundbuch eingetragen sei. Der Grundbuchberichtigungsanspruch stehe dem wirklichen Grundstückseigentümer zu. Das sei die Mutter des Klägers, nicht dieser selbst und seine Brüder. Sie hätten das Eigentum an dem Grundstück jedenfalls deshalb nicht rechtsgeschäftlich erworben, weil sie nicht in das Grundbuch eingetragen worden seien. Der Kläger und seine Brüder seien auch nicht auf Grund einer Abtretung zur Geltendmachung des Grundbuchberichtigungsanspruchs berechtigt, weil dieser Anspruch nicht abtretbar sei. Wegen des Vortrags des Klägers zu einer Prozessstandschaft auch für seine Mutter sei die mündliche Verhandlung nicht wiederzueröffnen. Die Aktivlegitimation des Klägers sei das wesentliche Thema des Rechtsstreits gewesen. Zudem sei die Beklagte nach Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB Eigentümerin des Grundstücks geworden, da die Mutter des Klägers und seiner Brüder nicht selbst rechtzeitig eine Klage auf Grundbuchberichtigung erhoben habe.

II.

5

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung in den entscheidenden Punkten nicht stand.

6

1. Zutreffend verneint das Berufungsgericht allerdings einen eigenen Anspruch des Klägers und seiner Brüder gegen die Beklagte auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs.

7

a) Als Grundlage dieses Anspruchs kommt nur § 894 BGB in Betracht.

8

aa) Die Norm setzt voraus, dass Eigentümer des Grundbesitzes nicht die eingetragene Beklagte, sondern der Kläger und seine Brüder sind. Das ist schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht der Fall.

9

bb) Danach ist die Mutter des Klägers und seiner Brüder - vorbehaltlich eines Eigentumserwerbs der Beklagten nach Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB Eigentümerin des Grundbesitzes. Sie hat ihren Kindern zwar mit dem Übertragungsvertrag die gesamte Erbschaft "mit dinglicher und sofortiger Wirkung" übertragen. Die beabsichtigte dingliche Wirkung ist aber nicht eingetreten. Der Übertragungsvertrag ist rechtlich ein dem Erbschaftskauf ähnlicher Vertrag, auf den nach § 2385 Abs. 1 BGB die Bestimmungen über den Erbschaftskauf anzuwenden sind. Nach den auf den Vertrag entsprechend anzuwendenden Vorschriften der § 2371 und § 433 Abs. 1 BGB geht die Erbschaft anders als ein veräußerter Anteil an einer Erbengemeinschaft gemäß § 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht kraft Veräußerung auf die Erwerber über. Vielmehr begründet der Vertrag nur eine Verpflichtung des Erbschaftsveräußerers zur Übertragung der Erbschaft auf die Erwerber, die durch Übertragung sämtlicher Gegenstände des Nachlasses erfüllt werden muss. Das ist hier bislang nicht geschehen.

10

b) Eine eigene Berechtigung des Klägers und seiner Brüder ließe sich auch nicht aus einer Abtretung des Grundbuchberichtigungsanspruchs ableiten. Dieser folgt dem Grundstückseigentum und kann nicht isoliert abgetreten werden (Senat, Urteile vom 2. Oktober 1987 - V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126, 127 und vom 7. Dezember 2001 - V ZR 65/01, NJW 2002, 1038).

11

2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber den Vortrag des Klägers unberücksichtigt gelassen, er mache auch einen Grundbuchberichtigungsanspruch seiner Mutter im eigenen Namen geltend.

12

a) Diesen Vortrag hat der Kläger zwar nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz gehalten. Er hat aber Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt. Diesem Antrag musste das Berufungsgericht entsprechen. Anders als das Berufungsgericht meint, stand die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in seinem Ermessen. Es war vielmehr nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO verpflichtet, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzuordnen, weil es seiner Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO nicht ordnungsgemäß nachgekommen war.

13

aa) Die in erster Instanz siegreiche Partei darf darauf vertrauen, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2006 IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 f.; Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 V ZR 225/07, [...] Rn. 5). Den hiernach gebotenen Hinweis, dass es dem Übertragungsvertrag keine dingliche Wirkung zugunsten des Klägers und seiner Brüder beimisst, hat das Berufungsgericht dem Kläger in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2011 zwar erteilt.

14

bb) Dieser Hinweis genügte aber den Anforderungen nicht. Er musste so rechtzeitig erfolgen, dass der Kläger darauf noch sachgerecht reagieren konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4 und Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 V ZR 225/07, [...] Rn. 5). Dies ermöglichte der (erst) in der mündlichen Verhandlung erteilte Hinweis nicht. Von dem Kläger konnte nicht erwartet werden, sogleich zu übersehen, welche Konsequenzen die von ihm bislang nicht erkannte fehlende dingliche Wirkung des Übertragungsvertrags unter Berücksichtigung der Ausschlussfrist nach Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB für seine Rechtsposition hatte.

15

cc) Erteilt das Gericht entgegen § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO den Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung, muss es der betroffenen Partei genügend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben. Kann eine sofortige Äußerung nach den konkreten Umständen wie hier - nicht erwartet werden, darf die mündliche Verhandlung nicht ohne weiteres geschlossen werden. Vielmehr muss das Gericht die mündliche Verhandlung dann vertagen, soweit dies im Einzelfall sachgerecht erscheint, ins schriftliche Verfahren übergehen oder, wenn von der betroffenen Partei nach § 139 Abs. 5 ZPO beantragt, einen Schriftsatznachlass gewähren (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 [BGH 18.09.2006 - II ZR 10/05] Rn. 4). Die mündliche Verhandlung darf in dieser Situation auch dann nicht geschlossen werden, wenn die Partei, wie hier, einen Antrag nach § 139 Abs. 5 ZPO nicht stellt (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 II ZR 10/05, aaO). Die Vorschrift soll der Partei eine Option eröffnen, aber nicht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verkürzen (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 139 Rn. 14 a.E.). Die gebotenen Maßnahmen hat das Berufungsgericht nicht ergriffen.

16

b) Anders als das Berufungsgericht meint, konnte der Vortrag auch nicht mit der Begründung unberücksichtigt bleiben, dass die Mutter des Klägers das Eigentum an dem Grundstück jedenfalls nach Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB verloren habe. Das ist nicht der Fall.

17

aa) Gemäß Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB erwirbt die nach den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums berechtigte juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts (Abwicklungsberechtigter) Eigentum an einem zu Unrecht als Volkseigentum gebuchten Grundstück, wenn die Eintragung vor dem 3. Oktober 1990 erfolgt ist und bis zum Ablauf des 30. September 1998 nicht durch eine Klage angegriffen worden war. War bei Inkrafttreten des Art. 237 § 2 EGBGB am 24. Juli 1997 ein Verfahren nach dem Vermögensgesetz anhängig, tritt diese Wirkung gemäß Art. 237 § 2 Abs. 4 Satz 2 EGBGB erst einen Monat nach Beendigung des Verfahrens ein. Ist zu diesem Zeitpunkt wie hier - nicht mehr der Abwicklungsberechtigte selbst eingetragen, sondern eine juristische Person des Privatrechts (hier die beklagte BVVG), deren Anteile dem Abwicklungsberechtigten zustehen, erwirbt diese (Senat, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 280/02, VIZ 2003, 344, 345 f.) das Eigentum.

18

bb) Hier konnten die Wirkungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB nicht schon mit dem Ablauf des 30. September 1998 eintreten, sondern nach Art. 237 § 2 Abs. 4 Satz 1 EGBGB erst mit dem Ablauf eines Monats nach der Beendigung des Restitutionsverfahrens. Bei Inkrafttreten des Art. 237 § 2 EGBGB am 24. Juli 1997 war nämlich ein Restitutionsverfahren nach dem Vermögensgesetz zur Rückübertragung des Grundstücks anhängig. Dass dieses Verfahren am 24. Juli 1997 nicht mehr von der Mutter des Klägers betrieben wurde, sondern von dem Kläger, ist unschädlich. Mit der Regelung Art. 237 § 2 Abs. 4 Satz 2 EGBGB will der Gesetzgeber verhindern, dass durch die Ausschlussfrist nach Art. 237 § 2 Abs. 1 und 2 EGBGB Eigentumsprätendenten benachteiligt werden, die nach geltendem Recht rechtzeitig ein vermögensrechtliches Verfahren eingeleitet haben. Die mögliche Benachteiligung hat der Gesetzgeber darin gesehen, dass sich solche Eigentumsprätendenten ohne diese Regelung nicht mehr auf das Nichtbestehen von Volkeigentum berufen könnten, wenn sich der Weg eines Restitutionsverfahrens als irrig erweist, weil das Vermögensgesetz nicht anzuwenden ist (Beschlussempfehlung zu dem Entwurf eines Nutzerschutzgesetzes in BT-Drucks. 13/7275 S. 34). Hierfür genügt es, dass der Eigentumsprätendent das Restitutionsverfahren rechtzeitig eingeleitet hat; darauf, ob es von ihm selbst, einem Verfahrensstandschafter oder etwa auf Grund einer zwischenzeitlich erfolgten Abtretung des Restitutionsanspruchs nach § 3 Abs. 1 Satz 2 VermG von einem Zessionar fortgesetzt worden ist, kommt es nicht an.

19

Danach endete die Frist hier erst einen Monat nach dem bestandskräftigen Abschluss des Restitutionsverfahrens, nämlich am 27. Dezember 2009. Dieses Verfahren ist von dem Vater des Klägers eingeleitet worden, der damals auch Eigentumsprätendent war. Mit dem Erbfall ist die Mutter des Klägers als dessen Alleinerbin in das Restitutionsverfahren eingetreten. Dieses hat der Kläger auf Grund des Übertragungsvertrags berechtigterweise weitergeführt, und zwar, was die Beklagte übersieht, nicht als Einzelberechtigter, sondern für die aus ihm und seinen Brüder bestehenden Berechtigtengemeinschaft, wozu er nach § 744 Abs. 2 Satz 1 BGB berechtigt war. Das Restitutionsverfahren war deshalb für alle Beteiligten einheitlich erst mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts am 27. November 2009 bestandskräftig abgeschlossen und nicht, wie die Beklagte meint, für den Kläger später als für seine Brüder.

20

cc) Die Frist nach Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB ist durch die Klage im vorliegenden Rechtsstreit gewahrt.

21

(a) Die danach erforderliche Klage kann auch von einem Prozessstandschafter erhoben werden (Senat, Urteil vom 6. Juni 2003 V ZR 320/02, VIZ 2004, 79, 80). Der Kläger war hier auf Grund des Übertragungsvertrags mit seiner Mutter zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt. Denn ein als Vollübertragung von Rechten mit dinglicher Wirkung gedachter, insoweit aber fehlgeschlagener Vertrag enthält regelmäßig die Ermächtigung, die Rechte, die übertragen werden sollten, in eigenem Namen geltend zu machen (Senat, Urteil vom 2. Oktober 1987 - V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126, 127). Dieser Gestaltungswille wird in dem Vertragstext durch die Formulierung deutlich, dass die Übertragung "mit sofortiger Wirkung" erfolgen solle.

22

(b) Der Kläger hat die Klage auch als Prozessstandschafter seiner Mutter erhoben.

23

(aa) Er hat sich allerdings nicht schon in der Klageschrift, sondern erst später ausdrücklich auf eine Prozessführungsermächtigung seiner Mutter berufen. Das ist indessen unschädlich. Zur Wahrung der Ausschlussfrist genügt es zwar nicht, dass der Kläger in der Sache zur Prozessführung durch den Berechtigten ermächtigt ist. Vielmehr muss innerhalb der Ausschlussfrist für alle an dem (konkreten) Rechtsstreit Beteiligten eindeutig klar werden, welches Recht geltend gemacht wird (für die Frist nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB: Senat, Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 320/02, VIZ 2004, 79, 80 und für die Wahrung der Verjährungsfrist: BGH, Urteile vom 3. Juli 1980 IVa ZR 38/80, BGHZ 78, 1, 6 und vom 21. März 1985 VII ZR 148/83, BGHZ 94, 117, 121 f.). Der Beklagte muss erkennen können, ob das Urteil in dem Rechtsstreit gegenüber dem in Erscheinung tretenden Kläger oder gegenüber einem an dem Verfahren nicht beteiligten Berechtigten in Rechtskraft erwächst (BGH, Urteil vom 30. März 1953 IV ZR 241/52, LM § 325 ZPO Nr. 4 Bl. 565). Dafür ist es aber gleichgültig, ob diese Klarheit dadurch erreicht wird, dass der Kläger sich im Rechtsstreit ausdrücklich auf die ihm erteilte Ermächtigung beruft und dartut, wessen Rechte er geltend macht (BGH, Urteil vom 30. März 1953 IV ZR 241/52, LM ZPO § 325 Nr. 4), oder ob sie auf andere Weise zustande kommt (BGH, Urteile vom 12. Juli 1957 VI ZR 176/56, LM ZPO § 325 Nr. 9, vom 3. Juli 1980 IVa ZR 38/80, BGHZ 78, 1, 6 und vom 21. März 1985 VII ZR 148/83, BGHZ 94, 117, 122). In anderer Weise kann die notwendige Klarheit unter den Beteiligten auch durch vorprozessuale Vorgänge, etwa vorprozessuale Korrespondenz, erreicht werden (BGH, Urteile vom 3. Juli 1980 IVa ZR 38/80, BGHZ 78, 1, 6 und vom 21. März 1985 VII ZR 148/83, BGHZ 94, 117, 122). Ein solcher Fall liegt hier vor.

24

(bb) Die vorliegende Klage kann nicht isoliert betrachtet werden. Sie steht vielmehr in einem engen inhaltlichen Zusammenhang zu dem vorausgegangenen Restitutionsverfahren. Diesen Zusammenhang hat der Kläger in der Klageschrift offengelegt. Er war für beide Beklagten aber auch ohne einen solchen Hinweis offenkundig, weil sie an dem Restitutionsverfahren als Bucheigentümer beteiligt waren und als Abwicklungsberechtigte mit dem Zusammenhang zwischen einem gescheiterten Restitutionsverfahren und dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB vertraut sind. In dem Restitutionsverfahren hat der Kläger nicht nur ein persönliches Restitutionsinteresse verfolgt, sondern das Interesse seiner Familie, das Eigentum an den auf die beiden Beklagten gebuchten Grundstücken wiederzuerlangen. Das Verfahren war von dem Vater des Klägers eingeleitet und nach dem Tod des Vaters von der Mutter als dessen Erbin und auf Grund des Übertragungsvertrags von dem Kläger für sich und seine Brüder, denen die Eltern die Grundstücke zugedacht hatten, fortgesetzt worden. Nach dem Scheitern des Restitutionsverfahrens drohte das Eigentum nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB den beiden Beklagten zuzufallen. Das wollte der Kläger auf jeden Fall verhindern, was er in der Klageschrift auch dargelegt hat. Damit war für die beiden Beklagten auch ohne ausdrücklichen Hinweis eindeutig klar, dass der Kläger mit der Klage alles unternehmen wollte, was notwendig war, um einen endgültigen Eigentumsverlust nach jener Vorschrift zu verhindern. Für beide Beklagten konnte deshalb nicht zweifelhaft sein, dass der Kläger unabhängig von der Begründung seiner Aktivlegitimation von Anfang an den Grundbuchberichtigungsanspruch geltend machen wollte, den ihm seine Mutter mit dem Übertragungsvertrag, wie er glaubte und auch alle anderen an dem Restitutionsverfahren Beteiligten annahmen, verschafft hatte, zu dessen Geltendmachung sie ihn darin aber jedenfalls ermächtigt hatte. Dann aber reichte die Klage zur Fristwahrung aus.

25

(c) Daran ändert es nichts, dass der Kläger Berichtigung unmittelbar zu seinen und seiner Brüder Gunsten verlangt hat, was er als Prozessstandschafter nicht beanspruchen kann (vgl. RGZ 78, 87, 91; Senat, Urteil vom 14. Januar 1972 V ZR 164/69, WM 1972, 384, 386 li. Sp. oben; Erman/A. Lorenz, BGB, 13. Aufl., § 894 Rn. 20; Planck/Strecker, BGB, 7. Aufl., § 894 Anm. III 3 c; Staudinger/Gursky, BGB, Bearb. 2008, § 894 Rn. 83), und dass er jetzt (vorbehaltlich einer anderweitigen Änderung der Rechtslage) richtigerweise Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung seiner Mutter beantragen muss. Die Grundbuchberichtigung kann zwar nur auf den prozessualen Anspruch (Streitgegenstand) gestützt werden, der innerhalb der Ausschlussfrist des Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB gerichtlich geltend gemacht worden ist (für Verjährungshemmung: BGH, Urteil vom 8. Mai 2007 XI ZR 278/06, NJW 2007, 2560, 2561 Rn. 15). So verhält es sich hier aber. Dass zunächst Leistung an sich selbst und dann Leistung an den Ermächtigenden verlangt wird, bedeutet nämlich nicht, dass jetzt ein anderer (prozessualer) Anspruch geltend gemacht wird; der Streitgegenstand bleibt in solchen Fällen vielmehr derselbe (BGH, Urteile vom 29. November 1966 VI ZR 38/65, VersR 1967, 162, 164 a.E und vom 3. Juli 1980 IVa ZR 38/80, BGHZ 78, 1, 7; ebenso für geänderte Begründung der Aktivlegitimation: BGH, Urteil vom 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06, NJW 2007, 2560, 2561 Rn. 18).

26

(d) Der Wahrung der Ausschlussfrist nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht auch nicht entgegen, dass die Klage vor dem unzuständigen Amtsgericht und nicht vor dem zuständigen Landgericht erhoben worden ist. Nach der Vorschrift kommt es darauf an, dass die falsche Eintragung von Volkseigentum innerhalb der Frist "durch eine rechtshängige Klage ...angegriffen wird". Damit ist zur Fristwahrung erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Zustellung der Klage erreicht wird. Das ist nicht nur durch die Einreichung der Klage bei dem zuständigen, sondern auch durch die Einreichung der Klage bei einem örtlich oder sachlich unzuständigen Gericht möglich. Denn ein örtlich oder sachlich unzuständiges Gericht muss die Sache nicht sofort an das zuständige Gericht verweisen und so die rechtzeitige Zustellung ermöglichen, sondern kann auch zunächst selbst die Zustellung der Klage verfügen. Geschieht dies, wird damit die von dem Prätendenten nach Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB zur Fristwahrung geforderte Prozesshandlung bewirkt. Dass diese Prozesshandlung von dem zuständigen Gericht verfügt wird, verlangen weder Wortlaut noch Zweck der Vorschrift. Sie soll dem Abwicklungsberechtigten von Volkseigentum Klarheit verschaffen, ob sein Eigentum angegriffen wird. Diese erhält er durch die gerichtliche Zustellung der Klage; welches Gericht sie veranlasst hat, ist dafür ohne Belang. In demselben Sinne werden auch vergleichbare (materiellrechtliche) Ausschlussfristen verstanden, deren Wahrung von der Zustellung der Klage abhängt, etwa die Ausschlussfristen nach Enteignungsrecht (BGH, Urteil vom 20. Februar 1986 III ZR 232/84, BGHZ 97, 155, 161) oder nach § 46 WEG (Senat, Urteil vom 20. Mai 2011 - V ZR 99/10, NJW 2011, 3237, 3238 [BGH 20.05.2011 - V ZR 99/10] Rn. 13; ebenso zu § 23 Abs. 4 WEG aF: Senat, Beschluss vom 17. September 1998 V ZB 14/98, BGHZ 139, 305, 307).

27

(e) Dass die Klage erst nach Ablauf der Ausschlussfrist zugestellt worden ist, ist nach dem auch auf die Frist nach Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB anwendbaren (Senat, Urteil vom 17. November 2000 V ZR 487/99, VIZ 2001, 160, 161 [BGH 17.11.2000 - V ZR 487/99]) § 167 ZPO (§ 270 Abs. 3 ZPO aF) unschädlich, weil die Klage rechtzeitig eingereicht und "demnächst" zugestellt worden ist.

III.

28

Da die erforderlichen Feststellungen zu dem etwaigen Entstehen von Volkseigentum fehlen, ist die Sache nicht entscheidungsreif. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:

29

1. In der neuen mündlichen Verhandlung wird der Vortrag des Klägers nicht als verspätet zurückgewiesen werden dürfen. Beurteilt das Berufungsgericht die Rechtslage abweichend von der Vorinstanz und ist deshalb neuer Vortrag oder ein Beweisantritt erforderlich, um auf der Grundlage dieser Beurteilung zu obsiegen, sind diese neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel in zweiter Instanz zuzulassen (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 V ZR 225/07, [...] Rn. 6 und Urteil vom 30. Juni 2006 V ZR 148/05, NJW-RR 2006, 1292, 1293).

30

2. In der Sache wird Folgendes zu beachten sein:

31

a) Die Widerlegung der hier für die Beklagte streitenden Eigentumsvermutung nach § 891 BGB erfordert nicht, dass der Eigentumsprätendent hier der Kläger als Prozessstandschafter seiner Mutter - jede nur denkbare Möglichkeit des Eigentumserwerbs ausräumt. Es genügt vielmehr, dass er jede sich aus dem Grundbuch ergebende oder sonst von dem Eingetragenen behauptete Erwerbsmöglichkeit widerlegt (Senat, Urteile vom 26. September 1969 V ZR 135/66, WM 1969, 1352, 1353, insoweit nicht in BGHZ 52, 355 abgedruckt, vom 23. März 1979 V ZR 163/75, NJW 1979, 1656, vom 6. Dezember 1996 V ZR 177/95, WM 1997, 883 und vom 2. Dezember 2005 V ZR 11/05, NJW-RR 2006, 662, 663 Rn. 11). Die in diesem Sinne bislang erkennbaren Erwerbsgründe ergeben einen Rechtserwerb der Beklagten nicht.

32

aa) Der in dem Grundbuch als Erwerbsgrund angegebene Zuordnungsbescheid verschaffte ihr kein Eigentum. Die Vorschriften über die Zuordnung des ehemals volkseigenen Vermögens begründen kein Volkseigentum; sie setzen vielmehr voraus, dass das zugeordnete Volkseigentum teils vor dem 1. Juli 1990, teils vor dem 3. Oktober 1990 wirksam entstanden ist (Senat, Urteile vom 11. Juli 1997 V ZR 313/95, BGHZ 136, 228, 231 und vom 7. Dezember 2012 V ZR 180/11, NJW 2013, 1236, 1238 Rn. 26). Die Buchung eines Grundstücks als Volkseigentum führt nicht zu dem Entstehen von Volkseigentum, weil sie keine Enteignung ist (Senat, Urteil vom 29. März 1996 - V ZR 326/94, BGHZ 132, 245, 253 f. und Beschluss vom 30. Oktober 1997 - V ZB 8/96, VIZ 1998, 96 f.). Das gilt auch dann, wenn sie auf Ersuchen einer staatlichen Stelle erfolgt (Senat, Urteil vom 7. Dezember 2012 V ZR 180/11, NJW 2013, 1236 Rn. 11). Anders läge es zwar, wenn Ersuchen und Buchung äußerer Ausdruck eines Vorgangs wären, der der Sache nach insgesamt als Enteignung zu bewerten ist (Senat, Beschluss vom 30. Oktober 1997 - V ZB 8/96, VIZ 1998, 96, 97 und Urteil vom 16. Oktober 1998 - V ZR 65/97, VIZ 1999, 44, 45 f.). Welcher Vorgang das sein könnte, ist bislang aber nicht erkennbar. Durch Buchersitzung konnte Volkseigentum entgegen der Annahme der Beklagten nicht entstehen (Senat, Urteile vom 29. März 1996 - V ZR 326/94, BGHZ 132, 245, 255 f. und vom 11. Juli 1997 V ZR 313/95, BGHZ 136, 228, 234 f. sowie Beschluss vom 13. Februar 2003 - V ZR 38/02, [...]).

33

bb) Volkseigentum konnte daher nur durch einen Enteignungsakt oder dadurch entstehen, dass es sich bei dem Anwesen der Großeltern des Klägers um eine Bodenreformwirtschaft gehandelt hat, die in den Bodenfonds zurückgeführt worden ist, woran angesichts des Fehlens eines Bodenreformvermerks im Grundbuch erhebliche Zweifel bestehen. Solche Erwerbsgründe müsste der Kläger aber nur bei entsprechendem konkretem Vortrag der Beklagten widerlegen.

34

b) Die erwähnte Erklärung des Großvaters des Klägers vom 28. Oktober 1953 gegenüber der Abteilung Landwirtschaft des Rats der Gemeinde, er sehe sich gezwungen, sein Ackerland an den Gutskomplex G. entschädigungslos zu übereignen, erforderte als Aufgabe des Eigentums nach dem seinerzeit noch maßgeblichen § 928 BGB (in der in der DDR geltenden Fassung) die Erklärung der Aufgabe des Eigentums gegenüber dem Grundbuchamt und der Eintragung der Aufgabe in das Grundbuch. Diese Erklärung hätten zudem beide Eheleute abgeben müssen, da die isolierte Aufgabe eines Miteigentumsanteils nicht zulässig ist (Senat, Urteil vom 7. Juni 1991 - V ZR 175/90, BGHZ 115, 1, 8 ff. sowie Beschlüsse vom 10. Mai 2007 - V ZB 6/07, BGHZ 172, 209, 213 Rn. 10 und vom 14. Juni 2007 - V ZB 18/07, BGHZ 172, 338, 341 f. Rn. 9). Ob sich aus der Anwendung der damals geltenden Verordnung über die Auseinandersetzung bei Besitzwechsel von Bauernwirtschaften aus der Bodenreform vom 21. Juni 1951 (GBl. S. 629) etwas anderes ergäbe, hängt entscheidend davon ab, ob das Grundstück überhaupt Teil einer Bodenreformwirtschaft war und was die zuständigen Stellen nach der Erklärung des Großvaters unternommen haben.

Stresemann

Lemke

Schmidt-Räntsch

Roth

Brückner

Von Rechts wegen

Verkündet am: 27. September 2013

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