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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 17.09.2013, Az.: II ZR 120/12
Kündigung einer Vereinsmitgliedschaft gem. § 723 Abs. 1 BGB
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 17.09.2013
Referenz: JurionRS 2013, 49581
Aktenzeichen: II ZR 120/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Hamburg-Barmbek - 19.08.2011 - AZ: 820 C 18/11

LG Hamburg - 07.03.2012 - AZ: 320 S 92/11

Rechtsgrundlage:

§ 723 Abs. 1 BGB

Fundstelle:

GuT 2013, 155-156

BGH, 17.09.2013 - II ZR 120/12

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den Richter Sunder

einstimmig beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 20 - vom 7. März 2012 durch Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

  2. 2.

    Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf bis zu 900 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Revision ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und sie auch keine Aussicht auf Erfolg hat.

2

I. Es besteht weder grundsätzlicher Klärungsbedarf noch liegen andere Zulassungsgründe vor. Die Frage, ob auf die Kündigung der Mitgliedschaft in einem eingetragenen Verein ausnahmsweise § 723 Abs. 1 BGB anstelle von § 39 BGB Anwendung finden kann, ist nicht allgemein klärungsbedürftig. Sie stellt sich im Regelfall nicht. Denn die Anwendung des § 723 Abs. 1 BGB anstelle der zwingenden Vorschrift des § 39 BGB kann nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Vereinigung nicht nur körperschaftliche, sondern auch personalistische Elemente aufweist, es sich also nicht um eine "reine" Form eines Idealvereins handelt. Dieser Umstand steht aber der Eintragung in das Vereinsregister regelmäßig entgegen (§§ 55, 21 BGB). Im Übrigen ist die vom Berufungsgericht für grundsätzlich erachtete Frage auch nicht entscheidungserheblich (vgl. unten II. 2. b).

3

II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

4

1. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass nach § 4 Abs. 3 der - zum Zeitpunkt des Beitritts und der Kündigung der Beklagten maßgeblichen - Satzung des Klägers die Mitgliedschaft (nur) durch den Verlust des Grundeigentums enden und eine (ordentliche) Austrittskündigung vor diesem Zeitpunkt ausgeschlossen sein sollte.

5

Die Satzung des Klägers ist nach objektiven Gesichtspunkten aus sich heraus auszulegen und einer Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich (BGH, Beschluss vom 24. April 2012 - II ZB 8/10, ZIP 2012, 1097 Rn. 17; Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, ZIP 2013, 1217 Rn. 24, jeweils mwN). Danach ist die Auslegung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden. Entgegen der Meinung der Revision steht ihr § 4 Abs. 1 der Satzung, wo es heißt, dass Mitglied des Klägers jeder Grundstückseigentümer der Eigenheimsiedlung in H. werden kann, nicht entgegen. Die Vorschrift beschreibt lediglich die persönlichen Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft beim Kläger. Demgegenüber lässt das von der Revision befürwortete Verständnis, § 4 Abs. 3 der Satzung lege lediglich die Höchstdauer der Mitgliedschaft fest, unberücksichtigt, dass die Satzung auch durch weitere Bestimmungen die Mitgliedschaft aller Grundeigentümer zu gewährleisten sucht. So weist § 4 Abs. 2 der Satzung darauf hin, dass die (im Kaufvertrag mit dem Bauträger) übernommene schuldrechtliche Verpflichtung eines Mitglieds, dem Kläger beizutreten und anzugehören, durch Absatz 1 der Bestimmung nicht berührt wird. Nach § 6 Abs. 1 der Satzung hat der Veräußerer eines Grundstücks die Verpflichtung, dem Kläger beizutreten und anzugehören, zum Gegenstand des Veräußerungsvertrags zu machen und hat diese Ansprüche an den Kläger abzutreten. In § 5 der Satzung ist bestimmt, dass die Mitgliedschaft und die schuldrechtlich übernommene Verpflichtung, dem Kläger anzugehören, auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen. Nimmt man außerdem in den Blick, dass die Satzung des Klägers eine Kündigung der Mitgliedschaft nicht vorsieht und entgegen § 58 Nr. 1 BGB keine Regelung über den Austritt enthält, lassen diese Umstände keinen Zweifel daran zu, dass durch § 4 Abs. 3 der Satzung die Mitgliedschaft für die Dauer der Eigentümerstellung festgelegt und (ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes) eine Kündigung während dieses Zeitraums ausgeschlossen sein sollte.

6

2. Vergeblich macht die Revision geltend, die Beklagten seien wirksam ausgetreten, weil das Berufungsgericht die Wirksamkeit ihrer Kündigung zu Unrecht nicht an §§ 39, 40 BGB, sondern an § 723 BGB gemessen habe.

7

a) Das Berufungsgericht hat zutreffend gesehen, dass der Kläger zwar körperschaftlich organisiert ist, jedoch Elemente einer Personalgesellschaft in sich trägt. Anders als bei einem "reinen" Idealverein im Sinn von § 21 BGB ist sein Mitgliederbestand ähnlich wie bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eng mit dem anfänglichen, aus den Ersterwerbern der zur Wohnsiedlung gehörenden Grundstücke bestehenden Mitgliederbestand verknüpft. Die Mitgliederzahl wird durch die Anzahl der Grundstückseigentümer bestimmt und ist keiner wesentlichen Veränderung zugänglich. Eine dem ursprünglichen Mitgliederkreis nicht angehörende Person kann regelmäßig nur durch Übergang des Grundeigentums unter Ausscheiden des früheren Eigentümers Mitglied werden. Die Mitglieder des Klägers sind durch ihr Interesse miteinander verbunden, die dem Kläger zu Eigentum übertragenen, sogenannten Gemeinschaftsflächen der Siedlung entsprechend dem vom Kläger verfolgten Zweck in einem gepflegten, verkehrssicheren Zustand zu erhalten und die hierfür anfallenden Kosten aufzubringen. Abgesehen davon, dass es sich bei der vom Kläger übernommenen Aufgabe, die Gemeinschaftsflächen zu pflegen und zu verwalten, nicht um einen rein ideellen Zweck handelt, ist der vom Kläger verfolgte Zweck eng begrenzt und birgt in weit geringerem Umfang die Gefahr einer grundsätzlichen Richtungsänderung in sich, als dies bei einem typischen Idealverein der Fall ist und der § 39 BGB durch die Möglichkeit, aus dem Verein auszutreten, begegnen will.

8

Handelt es sich danach aber bei dem Kläger um eine Mischform zwischen einem Verein und einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ist eine Fallgestaltung gegeben, wie sie der - vom Berufungsgericht herangezogenen - Senatsentscheidung (BGH, Urteil vom 2. April 2004 - II ZR 141/78, WM 1979, 969) zugrunde lag. Sie unterscheidet sich von jener nur dadurch, dass der Kläger im Vereinsregister eingetragen ist.

9

Es spricht viel dafür, dass auch in einem solchen Fall die zwingende Vorschrift des § 39 BGB nicht zur Anwendung kommt, sondern die Wirksamkeit der Kündigung an § 723 BGB zu messen ist.

10

b) Die Frage bedarf jedoch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.

11

Die Beklagten sind als Eigentümer eines zu der Wohnsiedlung gehörenden Grundstücks jedenfalls nach § 242 BGB ohne Vorliegen eines - hier nicht festgestellten - wichtigen Grundes an einem Austritt gehindert. Auch für die Beklagten als Zweiterwerber des Grundeigentums war bei ihrem Beitritt sowohl das vom Kläger verfolgte Konzept, anstelle der Grundeigentümer die sogenannten Gemeinschaftsflächen zu verwalten und zu pflegen, als auch die regelmäßig nicht auflösbare Verknüpfung von Mitgliedschaft und Eigentümerstellung erkennbar. Beides haben sie mit ihrem Beitritt akzeptiert. Angesichts dessen verstößt der von ihnen verfolgte Austritt, mit dem sie sich nunmehr der anteiligen Tragung der Kosten für die Gemeinschaftsflächen zu entziehen suchen, gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Dies gilt umso mehr, als sie ungeachtet des Fortbestands ihrer Mitgliedschaft Nutznießer davon sind, dass der Kläger die Gemeinschaftsflächen auf Kosten der anderen Eigentümer pflegt und für ihren verkehrsicheren Zustand Sorge trägt.

Bergmann

Strohn

Caliebe

Reichart

Sunder

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

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