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Bundesgerichtshof
Urt. v. 28.05.2013, Az.: XI ZR 199/11
Notwendigkeit einer Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Geldanlage im Zusammenhang mit Schadensersatz aus einem Anlageberatungsvertrag wegen fehlender Aufklärung über Rückvergütungen
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 28.05.2013
Referenz: JurionRS 2013, 38939
Aktenzeichen: XI ZR 199/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Köln - 26.11.2009 - AZ: 15 O 311/08

OLG Köln - 16.03.2011 - AZ: 13 U 4/10

Rechtsgrundlage:

§ 531 Abs. 2 ZPO

BGH, 28.05.2013 - XI ZR 199/11

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Eine anlageberatende Bank ist verpflichtet, den Anlageinteressenten über eine ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25 % bzw. 8,45 % des Zeichnungskapitals aufzuklären.

  2. 2.

Behauptet die anlageberatende Bank, der Anleger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die ihr zufließende Rückvergütung erworben, so hat das Gericht einem Beweisantritt auf Vernehmung des Anlagers (Zedenten) als Zeugen nachzugehen, er habe eine steueroptimierte Anlage gewünscht, eine solche sei aber nur mit dem Empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen gewesen.

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 5. April 2013 eingereicht werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die Richter Dr. Ellenberger, Maihold und Pamp sowie die Richterin Dr. Menges

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin wird auf die Revision der Beklagten das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. März 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht auf Rückabwicklung zweier Beteiligungen an der V. 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) sowie der . 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) in Anspruch.

2

Der Ehemann der Klägerin J. (im Folgenden: Zedent) zeichnete jeweils nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter W. der Beklagten am 11. Juli 2003 eine Beteiligung an V 3 im Nennwert von 25.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.250 € und am 30. Juni 2004 eine Beteiligung an V 4 im Nennwert von 50.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 2.500 €. Die Beteiligung an V 3 finanzierte der Zedent in Höhe von 10.000 € durch ein Darlehen der Beklagten, die Beteiligung an V 4 finanzierte er in Höhe von 22.750 € durch ein Darlehen der B. AG.

3

Nach dem Inhalt beider Verkaufsprospekte sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung (V 3) bzw. zur Eigenkapitalvermittlung, Platzierungsgarantie und Finanzierungsvermittlung (V 4) durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut beider Prospekte ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,25% (V 3) bzw. 8,45% bis 8,72% (V 4) der Zeichnungssummen, ohne dass dies dem Zedenten in den Beratungsgesprächen offengelegt wurde.

4

Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs- und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen die Übertragung der Beteiligungen, Rückzahlung des Beteiligungsbetrags einschließlich Agio bezüglich V 3 in Höhe von 26.250 € sowie des in V 4 investierten Eigenkapitals in Höhe von 29.250 € zuzüglich entgangenen Gewinns in Höhe von 8% p.a. jeweils ab Zeichnung der Anlagen und, jeweils nebst Prozesszinsen, die Erstattung von 3.342,66 € gezahlter Darlehens- und Steuernachforderungszinsen sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.085,19 €. Des Weiteren begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin bis zur Fälligkeit am 30. November 2014 den Betrag zu zahlen, der der Höhe nach der Schuld des Zedenten aus dem Finanzierungsdarlehen der B. AG entspricht. Darüber hinaus begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz jedes weiteren Schadens aus den Beteiligungen verpflichtet ist, sowie die Feststellung des Verzugs der Beklagten hinsichtlich der Annahme der Beteiligungen. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, den Zahlungsantrag hinsichtlich V 3 aber in Höhe des von der Beklagten finanzierten Teilbetrags von 10.000 € abgewiesen. Entgangenen Gewinn hat es lediglich in Höhe von 4% zuerkannt sowie ab 20. August 2008 Prozesszinsen. Des Weiteren hat es den Feststellungsantrag hinsichtlich der weiteren Schäden abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Antrag auf Ersatz entgangenen Gewinns abgewiesen, auf die Berufung der Klägerin jedoch Verzugszinsen ab 19. April 2008 zuerkannt. Im Übrigen sind die Berufungen ohne Erfolg geblieben.

5

Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die Klägerin verfolgt mit der Anschlussrevision ihr Begehren hinsichtlich des entgangenen Gewinns in Höhe von 4% p.a. bis zum Verzugseintritt weiter.

Entscheidungsgründe

A. Revision der Beklagten

6

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

8

Aufgrund der zwischen dem Zedenten und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsverträge sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Zedenten ungefragt darauf hinzuweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen erhalte. Der Beklagten sei unstreitig eine umsatzabhängige Provision in Höhe von 8,25% (V 3) bzw. mindestens 8,45% (V 4) zugeflossen. Die gebotene Aufklärung des Zedenten sei nicht erfolgt. Aus den Fondsprospekten könne nicht abgeleitet werden, dass und in welcher Höhe die Beklagte Provisionen erhalte. Die Beklagte habe zumindest fahrlässig gehandelt.

9

Dass der Zedent die Medienfonds bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht gezeichnet hätte, ergebe sich aus der von der Beklagten nicht widerlegten Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Die Beklagte habe nicht substantiiert Anhaltspunkte dargelegt und unter Beweis gestellt, dass der Zedent den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Soweit die Beklagte erstinstanzlich behauptet habe, dass für die Anlageentscheidung des Zedenten allenfalls die Höhe des Agios, die Möglichkeit einer Steuerersparnis und Renditeerzielung sowie die Absicherung der Anlage relevant gewesen seien, fehle jeglicher Vortrag dazu, woher der Zedent Kenntnis über diese inneren Tatsachen haben solle. Soweit sich die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren zusätzlich auf das Zeugnis des Zedenten stütze, sei dieser Beweisantritt gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr berücksichtigungsfähig und im Übrigen als Ausforschungsbeweis unbeachtlich.

10

Eine andere Beurteilung rechtfertige auch nicht der erstmals mit Schriftsatz vom 26. Januar 2011 in der Berufungsinstanz erhobene Vortrag, der Zedent habe sich bereits im Dezember 2002 an einem Medienfonds beteiligt, obwohl er durch den ihm rechtzeitig übergebenen Prospekt auf die dortige Vermittlungsprovision der Beklagten in Höhe von 8,5% hingewiesen worden sei. Diese Behauptung sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr berücksichtigungsfähig, weil die Klägerin sowohl den Erhalt des Prospekts durch den Zedenten als auch dessen mündliche Aufklärung bestritten habe.

II.

11

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

12

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus den - nicht mehr im Streit stehenden - Beratungsverträgen nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) folgende Pflicht, den Zedenten über die ihr zufließenden Provisionen in Höhe von 8,25% (V 3) bzw. mindestens 8,45% (V 4) des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.

13

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 ff. und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17).

14

Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Zedenten über diese Rückvergütungen durch die Übergabe der streitgegenständlichen Fondsprospekte nicht erfolgen, weil die Beklagte in diesen nicht als Empfängerin der dort jeweils ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 22 mwN).

15

Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 4 ff. und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 25, jeweils mwN).

16

2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligungen durch den Zedenten bejaht hat.

17

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Zedent hätte die Beteiligungen auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütungen erworben.

18

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff. mwN).

19

Das Berufungsgericht hat des Weiteren im Ergebnis zutreffend angenommen, dass von dieser Beweislastumkehr nicht nur dann auszugehen ist, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8 Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 30 ff. mwN), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.

20

b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch den Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Zedenten als Zeugen für ihre Behauptung, der Anteil, den sie aus den in den Prospekten ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, sei für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Soweit die Revision insofern Verfahrensfehler geltend macht, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

21

c) Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht den von der Beklagten vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen hat (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 42 ff. mwN).

22

aa) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings den Vortrag der Beklagten, der Zedent, der unstreitig bereits zuvor den Filmfonds " Zweite A. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: A II) gezeichnet hatte, sei vorher über eine der Beklagten zufließende Provision in Höhe von 8,5% des Zeichnungskapitals informiert gewesen, als prozessual verspätet gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Soweit die Revision insofern Verfahrensfehler geltend macht, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

23

bb) Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht aber dem unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zum Motiv des Zedenten, sich an V 3 und V 4 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept), nicht nachgegangen.

24

Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 53 mwN).

25

Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet, dem Zedenten sei es vordringlich um die mit V 3 und V 4 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung des Beraters W. als Zeugen unbeachtet gelassen.

III.

26

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

27

1. Das Berufungsgericht wird den Zeugen W. zu der Behauptung der Beklagten, dem Zedenten sei es allein um die bei V 3 und V 4 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien, zu vernehmen haben (vgl. auch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 42 ff.).

28

2. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen, wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff. sowie Henning, WM 2012, 153 ff. mwN). Sollte das Berufungsgericht insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Zedenten sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.

29

3. Bezüglich der nur vorsorglichen Revisionsangriffe gegen die vom Berufungsgericht zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten weist der Senat auf Folgendes hin:

30

Die Revision hat keinen Erfolg mit ihrem Einwand, es bestehe allenfalls Anspruch auf Ersatz einer Gebühr gemäß Nr. 2302 VV RVG, weil es sich bei dem vorgerichtlichen Schreiben des Klägervertreters vom 4. April 2008 um ein vorformuliertes Massenschreiben gehandelt habe. Bei dem Anspruchsschreiben handelt es sich offensichtlich nicht um ein solches "einfacher Art" (vgl. Jungbauer in Bischof, RVG, 5. Aufl., VV 2302 Rn. 6; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., VV 2302 Rn. 3 mwN). Im Übrigen kommt es nicht nur auf die tatsächlich entfaltete Tätigkeit des Rechtsanwalts, sondern maßgeblich auf Art und Umfang des erteilten Mandats an (BGH, Urteil vom 23. Juni 1983 - III ZR 157/82, NJW 1983, 2451, 2452 zu § 120 Abs. 1 BRAGO).

31

Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass das Anspruchsschreiben auch auf einem Mandat zur gerichtlichen Forderungsdurchsetzung beruhen könnte und in diesem Fall durch die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG abgegolten wäre (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 RVG; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., VV 2300, 2301 Rn. 6; Onderka/Wahlen in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 6. Aufl., VV Vorbem. 2.3 Rn. 12 f. mwN). Ob auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 2300 VV RVG entstanden ist, hängt wiederum von Art und Umfang des vom Zedenten erteilten Mandats ab, wozu die Klägerin bislang noch nicht ausreichend vorgetragen hat. Ein nur bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG, entgegen der Auffassung der Revision, allerdings nicht entgegen (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1968 VI ZR 159/67, NJW 1968, 2334, 2335; OLG Celle, JurBüro 2008, 319; OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242 [OLG Hamm 31.10.2005 - 24 W 23/05]; Jungbauer in Bischof, RVG, 5. Aufl., Vorbem.

2.3 VV Rn. 27; Schons in Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., 2300 VV Rn. 18; aA OLG München, WM 2010, 1622, 1623; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., VV 2300 Rn. 3).

32

Der Revision ist des Weiteren zuzugeben, dass ein Schädiger nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur jene durch das Schadensereignis verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen hat, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteile vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065 Rn. 5 und vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446, jeweils mwN). Ist der Schuldner bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen erfolgversprechend, sind die dadurch verursachten Kosten nicht zweckmäßig (vgl. OLG Celle, JurBüro 2008, 319; OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242, 243 [OLG Hamm 31.10.2005 - 24 W 23/05]; OLG München, WM 2010, 1622, 1623 [OLG München 14.06.2010 - 19 U 4302/09]). Insoweit kommt es allerdings auf die (Gesamt-)Umstände des Einzelfalls an, deren Würdigung dem Tatrichter obliegt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 70).

B. Anschlussrevision der Klägerin

33

Die Anschlussrevision ist unbegründet.

I.

34

Das Berufungsgericht hat - soweit für die Anschlussrevision von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:

35

Die Klägerin habe die Voraussetzungen des Anspruchs auf entgangenen Gewinn nicht substantiiert dargetan. Die Klägerin habe nicht ausreichend vorgetragen, dass und insbesondere wie der Zedent die in die Medienfonds investierten Beträge anderweitig angelegt hätte, wenn es zu den streitgegenständlichen Anlagen nicht gekommen wäre. Das pauschale Vorbringen, der Zedent hätte den Betrag "anderweitig gewinnbringend angelegt und so Erträge erzielt in Höhe von wenigstens 8% p.a." genüge den Anforderungen an die substantiierte Darlegung einer Alternativanlage nicht. Es sei kein ausreichender Anhaltspunkt dafür gegeben, welche Art von Anlageform der Zedent alternativ gewählt hätte. Dass es sich hierbei um Festgeld und nicht etwa um andere, risikoreichere und eventuell weniger gewinnbringende Anlagen gehandelt hätte, sei dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen. Einer solchen Annahme stehe zudem entgegen, dass die Klägerin erstinstanzlich eine Alternativverzinsung von immerhin 8% geltend gemacht habe, was nicht für ein ausschließlich konservatives, risikoscheues Anlageverhalten spreche. Andere tatsächliche Anhaltspunkte für eine grundsätzlich konservative Anlageausrichtung des Zedenten seien nicht hinreichend dargetan. Das gelte auch für den zweitinstanzlichen Vortrag, der Zedent hätte eine "der sich bekanntlich bietenden, sicheren alternativen Anlageformen..., als da sind u.a. längerfristige Bundesanleihen, Festgeld oder Geldmarktfonds" gewählt.

II.

36

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Ersatz entgangener Anlagezinsen in Höhe von 4% p.a. von der Zeichnung der Beteiligungen bis zum Verzugseintritt zu Recht verneint.

37

1. Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrages umfasst nach § 252 Satz 1 BGB allerdings auch den entgangenen Gewinn. Dazu gehören grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen. Der Anleger kann sich hierbei gemäß § 252 Satz 2 BGB auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird (Senatsurteile vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 11 und vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 64, jeweils mwN).

38

2. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision hat das Berufungsgericht jedoch den Ersatz von Anlagezinsen vorliegend rechtsfehlerfrei abgelehnt.

39

a) Der Geschädigte trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, ob und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein Gewinn entgangen ist. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Darlegungs- und Beweiserleichterung. Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 13). Die dem Tatrichter obliegende Würdigung des Prozessstoffs gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO dahingehend, ob die behaupteten Anknüpfungstatsachen für wahr oder für nicht wahr zu erachten sind, ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar.

40

b) Das Berufungsgericht hat sich von der Behauptung der Klägerin, dass der Zedent das Kapital bei ordnungsgemäßer Aufklärung in eine "sichere alternative Anlageform" investiert hätte, aufgrund der vorgetragenen Umstände nicht mit ausreichender Sicherheit überzeugen können. Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin überhaupt ausreichende Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung vorgetragen hat, ist jedenfalls diese tatrichterliche Würdigung nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision ist insbesondere die Annahme des Berufungsgerichts, gegen eine konservative Anlageausrichtung des Zedenten spreche - unter anderem - die von der Klägerin vorgetragene Zinserwartung von 8% p.a., revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Darüber hinaus vermag die Anschlussrevision nicht auf substantiierten Vortrag der Klägerin zu verweisen. Auch sonstige Rechtsfehler zeigt die Anschlussrevision nicht auf. Insbesondere ist für die von der Anschlussrevision aus dem Umstand, dass es keine mit den Medienfonds vergleichbare Kapitalanlagemöglichkeiten gegeben haben soll, bei der eine geringere Vertriebsprovision zu bezahlen war, gezogene "logische Schlussfolgerung ..., dass der Zedent dann eine sichere Anlage gezeichnet hätte", nichts ersichtlich.

41

c) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils außerdem klargestellt hat, hat der Geschädigte auch keinen Anspruch auf einen (gesetzlichen) Mindestschaden analog § 246 BGB unabhängig vom Parteivortrag (Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 18).

Wiechers

Ellenberger

Maihold

Pamp

Menges

Von Rechts wegen

Verkündet am: 28. Mai 2013

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