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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 23.04.2013, Az.: VIII ZR 324/12
Aussetzung eines Verfahrens bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in einem dort anhängigen Verfahren über die Zulässigkeit von Gaspreiserhöhungen
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 23.04.2013
Referenz: JurionRS 2013, 36526
Aktenzeichen: VIII ZR 324/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Delmenhorst - 10.01.2012 - AZ: 46 C 6089/11 (XI)

LG Oldenburg - 13.09.2012 - AZ: 9 S 99/12

Rechtsgrundlage:

§ 148 ZPO

BGH, 23.04.2013 - VIII ZR 324/12

Redaktioneller Leitsatz:

Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits von der Beantwortung einer Frage ab, die in einem anderen Verfahren dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde, kann das Verfahren bis zur Beantwortung dieser Frage ausgesetzt werden.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, das Verfahren gemäß § 148 ZPO analog bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem dort anhängigen Verfahren C-359/11 auszusetzen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin - ein regionales Energieversorgungsunternehmen - belieferte zwei Anwesen der Beklagten in D. seit 1986 bis zum Vertragsende am 28. Februar 2010 als Tarifkunden mit leitungsgebundenem Erdgas.

2

Erstmals mit Schreiben vom 12. September 2009 beanstandeten die Beklagten gegenüber der Klägerin die Unbilligkeit von Gaspreiserhöhungen. Den für die versorgten Objekte aufgelaufenen Zahlungsrückstand aus zwei Rechnungen der Klägerin vom 24. März 2010 in Höhe von 1.607,82 € (Haus Nr. 17) und 1.863,19 € (Haus Nr. 17a) glichen die Beklagten nicht aus.

3

Aus diesen beiden Rechnungen nimmt die Klägerin die Beklagten auf Teilzahlungen von 1.212,01 € (Haus Nr. 17) und 1.398,58 € (Haus Nr. 17a) in Anspruch. Die Klägerin hat diesen klageweise geltend gemachten Forderungen jeweils den bis zum 30. September 2007 geltenden Arbeitspreis von 4,47 Cent/kWh zugrunde gelegt und die Auffassung vertreten, jedenfalls dieser Preis sei der zuletzt vereinbarte und damit der gerichtlichen Billigkeitskontrolle entzogene Preis, da die Beklagten diesem Preis nicht zeitnah, sondern erstmals mit Schreiben vom 12. September 2009 wegen angeblicher Unbilligkeit widersprochen hätten. In der Zeit danach erhöhte die Klägerin ihren Arbeitspreis in drei Schritten um 0,59 Cent/kWh weiter auf zuletzt 5,06 Cent/kWh.

4

Die Klage war in beiden Vorinstanzen erfolgreich. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

II.

5

1. Der Senat hat durch Beschluss vom 18. Mai 2011 in dem Verfahren VIII ZR 71/10 (ZIP 2011, 1620 [BGH 18.05.2011 - VIII ZR 71/10]) dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV vorgelegt:

"Ist Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht beliefert werden (Tarifkunden), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?"

6

Ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, im Falle einer Verneinung der Vorlagefrage sei der zwischen den Parteien bestehende Erdgaslieferungsvertrag ergänzend dahin auszulegen, dass die Parteien ein der Klägerin zustehendes wirksames Preisänderungsrecht vereinbart hätten, bedarf derzeit keiner Entscheidung.

7

Steht damit aufgrund der bisher nicht beantworteten Vorlagefrage die Wirksamkeit eines auf § 4 AVBGasV beziehungsweise § 5 Abs. 2 GasGVV gestützten Preisanpassungsrechts der Klägerin in Frage, kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts dem Umstand, dass den Beklagten der den streitgegenständlichen Forderungen zugrundeliegenden Preisbemessung nicht zeitnah widersprochen haben, nicht entnommen werden, dass der in Rechnung gestellte (gegenüber dem im Jahr 1986 geltenden Anfangspreis) mehrfach erhöhte Preis zum vereinbarten Preis geworden und deshalb der gerichtlichen Billigkeitskontrolle entzogen wäre (vgl. Senatsurteile vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 57 ff.; vom 22. Februar 2012 - VIII ZR 34/11, NJW-RR 2012, 690 Rn. 26; vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 Rn.16 f.).

8

2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Ball

Dr. Milger

Dr. Achilles

Dr. Schneider

Dr. Fetzer

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