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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 26.11.2012, Az.: NotZ(Brfg) 11/12
Enthebung eines Notars aus dem Notaramt wegen Zahlungsschwierigkeiten
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 26.11.2012
Referenz: JurionRS 2012, 28636
Aktenzeichen: NotZ(Brfg) 11/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OLG Celle - 05.07.2012 - AZ: Not 17/11

Verfahrensgegenstand:

vorläufige Amtsenthebung

BGH, 26.11.2012 - NotZ(Brfg) 11/12

Der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs hat am 26. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Dr. Herrmann und Wöstmann sowie die Notare Dr. Strzyz und Dr. Frank beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das ihr am 5. Juli 2012 zugestellte Urteil des Oberlandesgerichts Celle zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin ficht eine Verfügung des Beklagten an, mit der sie vorläufig ihres Amts als Notarin enthoben wurde. Der Beklagte stützte die vorläufige Amtsenthebung materiell-rechtlich auf die Gründe des § 50 Abs. 1 Nr. 6 und 8 BNotO. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage ist ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, es bestünden zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen des Amtsenthebungsgrundes des § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO, da es auch in jüngerer und jüngster Zeit gegen die Klägerin immer wieder zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gekommen und sie mehrfach in gerichtlichen Verfahren von Mandanten erfolgreich auf die Herausgabe von Fremdgeldern oder Abrechnung von Honorarvorschüssen in Anspruch genommen worden sei.

II.

2

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen dieses Urteil des Oberlandesgerichts zuzulassen, ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

3

Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht nicht der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d BNotO. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen. Dies ist der Fall, wenn gegen die Richtigkeit der Entscheidung nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Hiervon ist auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt werden kann und sich ohne nähere Prüfung nicht beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (z.B. Senat, Beschluss vom 5. März 2012 - NotZ(Brfg) 13/11, NJW-RR 2012, 632 Rn. 6 mwN). Die Entscheidung des Oberlandesgerichts begegnet solchen Bedenken nicht.

4

Die Klägerin zieht die Feststellungen der Vorinstanz zu den ergangenen Vollstreckungsmaßnahmen und den Verfahren, denen Ansprüche auf Herausgabe von Fremdgeldern und Abrechnung von Vorschüssen zugrunde lagen, nicht in Zweifel. Sie beanstandet vielmehr, das Oberlandesgericht habe sich nicht damit auseinander gesetzt, ob diese Tatbestände zu einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden im Sinne des § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO geführt hätten, was sie in Abrede stellt. Hieraus ergeben sich Zweifel an der Richtigkeit des Urteils indessen nicht.

5

Neben der Zerrüttung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Notars, die regelmäßig anzunehmen ist, wenn gegen ihn Zahlungsansprüche in erheblicher Größenordnung bestehen oder gerichtlich geltend gemacht werden, Pfändungsund Überweisungsbeschlüsse gegen ihn erlassen, fruchtlose Pfändungsversuche unternommen, Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 ZPO eingeleitet oder Haftbefehle zur Erzwingung dieser Versicherung gegen ihn erlassen worden sind, ist bereits eine Wirtschaftsführung des Notars, die Gläubiger dazu zwingt, wegen berechtigter Forderungen Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, als solche nicht hinnehmbar (st. Rspr., z.B. Senat, Beschluss vom 26. Oktober 2009 - NotZ 14/08, [...] Rn. 11 mwN). Eine solche Situation hat das Berufungsgericht - von der Klägerin nicht beanstandet - festgestellt.

6

Derartige Umstände belegen nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. Beschluss vom 26. Oktober 2009 aaO, Rn. 12 mwN) in aller Regel die von § 50 Abs. 1 Nr. 8, 1. und 2. Var. BNotO vorausgesetzte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Zahlungsschwierigkeiten des Notars und insbesondere gegen ihn geführte oder ihm drohende Maßnahmen der Zwangsvollstreckung begründen die Gefahr, dass er etwa Kostenvorschüsse nicht auftragsgemäß verwendet oder gar zur Tilgung eigener Verbindlichkeiten auf ihm treuhänderisch anvertraute Gelder zurückgreift. Hierbei genügt eine abstrakte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Es ist nicht erforderlich, dass sich bereits in einem konkreten Fall Anhaltspunkte ergeben haben, der Notar könne aufgrund einer wirtschaftlichen Zwangslage sachwidrigen Einflüssen auf seine Amtsführung nicht entgegentreten oder er habe gar bereits Fremdgelder weisungswidrig für sich verbraucht. Dies folgt daraus, dass die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden in den beiden ersten Tatbestandsvarianten des § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO nur allgemein aus den wirtschaftlichen Verhältnissen des Notars beziehungsweise der Art seiner Wirtschaftsführung resultieren muss, während der dritte Tatbestand dieser Vorschrift demgegenüber gerade an konkrete Amtstätigkeiten anknüpft, indem sie als Amtsenthebungsgrund die durch die Art der Durchführung von Verwahrungsgeschäften bedingte Gefährdung der Rechtsuchenden normiert (z.B. Senat aaO, mwN). Hiernach waren gesonderte, konkrete Feststellungen des Oberlandesgerichts zur Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht mehr erforderlich. Umstände, die ausnahmsweise gegen die durch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und die Art ihrer Wirtschafsführung belegte Gefahr sprechen, werden von der Klägerin nicht aufgezeigt und sind auch ansonsten nicht ersichtlich.

Galke

Herrmann

Wöstmann

Strzyz

Frank

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