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Bundesgerichtshof
Urt. v. 18.10.2012, Az.: III ZR 279/11
Ausschluss von Gegenrechten eines Anlegers aus einer Aufklärungspflichtverletzung des Treuhandgesellschafters einer Publikumspersonengesellschaft gegenüber dem Anspruch des Treuhandgesellschafters auf Freistellung von der Inanspruchnahme durch Gesellschaftsgläubiger
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 18.10.2012
Referenz: JurionRS 2012, 26158
Aktenzeichen: III ZR 279/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Siegen - 12.02.2010 - AZ: 5 O 147/09

OLG Hamm - 18.02.2011 - AZ: 12 U 49/10

Fundstellen:

DB 2012, 8

DB 2012, 2797-2801

EWiR 2012, 795

JZ 2013, 67

MDR 2012, 1478-1479

NJ 2013, 72-73

WM 2012, 2238-2241

WM 2014, 588-590

WuB 2013, 149-150

ZIP 2012, 2246-2250

BGH, 18.10.2012 - III ZR 279/11

Amtlicher Leitsatz:

BGB §§ 242 Cd, 387, 670, 675 Abs. 1; HGB § 128

Zum Ausschluss von Gegenrechten eines Anlegers aus einer Aufklärungspflichtverletzung des Treuhandgesellschafters einer Publikumspersonengesellschaft gegenüber dem Anspruch des Treuhandgesellschafters auf Freistellung von der Inanspruchnahme durch Gesellschaftsgläubiger (im Anschluss an BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 - II ZR 297/11, WM 2012, 1664[BGH 24.07.2012 - II ZR 297/11]).

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Wöstmann, Hucke, Seiters und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Februar 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die mit ihr durch einen Treuhandvertrag verbundenen Beklagten Ansprüche auf anteilige Befreiung von Darlehensverbindlichkeiten geltend, denen sie als persönlich haftende Gesellschafterin eines geschlossenen Immobilienfonds ausgesetzt ist.

2

Die Beklagten beteiligten sich Ende 1997 mit Einlagen in Höhe von 1.565.800 DM (Beklagte zu 1 und 2 gemeinsam) und 511.000 DM (nur Beklagte zu 2), jeweils zuzüglich 5 % Agio, an der A. GmbH & Co. oHG (im Folgenden: Fondsgesellschaft), deren Gegenstand der Erwerb von Grundstücken in Berlin-Weißensee, , zum Zwecke der Bebauung mit Wohngebäuden im geförderten freifinanzierten Wohnungsbau war. Das Gesellschaftskapital der Fondsgesellschaft wurde in § 5 des Gesellschaftsvertrags auf 30.250.000 DM festgesetzt; ihre Gründungsgesellschafter waren die A. GmbH (im Folgenden: A. GmbH) - zugleich geschäftsführende Gesellschafterin - sowie K. G. und D. G. . Die Beklagten machten von der in § 7 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, sich über die Klägerin als Treuhandgesellschaft an der Fondsgesellschaft zu beteiligen. In ihren Beitrittserklärungen heißt es:

"Die Einlage soll - nach Maßgabe der nachgenannten Bestimmungen - treuhänderisch von der (Klägerin) ... für mich/uns gehalten werden. Einen Treuhandvertrag entsprechend dem mir/uns gemäß Prospekt bekannten Wortlaut schließe(n) ich/wir mit dieser Gesellschaft ab.

Ich/Wir erkenne(n) den Gesellschaftsvertrag der (Fondsgesellschaft) und den Treuhandvertrag der (Klägerin) als für mich/uns verbindlich an ...

Mir/uns ist bekannt, daß ich/wir über die Verpflichtung zur Leistung der in dieser Beitrittserklärung vereinbarten Zahlungen hinaus, mit meinem/unserem sonstigen Vermögen gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft hafte(n). Die geschäftsführende und vertretungsberechtigte Gesellschafterin ist verpflichtet, nur solche Verträge für die Gesellschaft mit Dritten abzuschließen, in denen ausdrücklich vereinbart wird, daß die übrigen Gesellschafter nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft haften. ..."

3

Die Beitrittserklärungen der Beklagten wurden von der Fondsgesellschaft, vertreten durch die A. GmbH, und der Klägerin angenommen.

4

Der Treuhandvertrag bestimmt in § 2:

"1. Auch wenn der Treuhänder im eigenen Namen Gesellschafter wird, gebührt die Gesellschaftseinlage allein dem Treugeber. Die vom Treuhänder für Rechnung und im Interesse des Treugebers eingegangenen gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten, auch etwaige Nachschußpflichten, treffen im Innenverhältnis ausschließlich den Treugeber. ..."

5

In § 7 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags ist klargestellt, dass die Klägerin die Beteiligung an der Gesellschaft im eigenen Namen für fremde Rechnung als Treuhänder der Treugeber erwerben und halten sowie sämtliche daraus resultierenden Rechte für die Treugeber wahrnehmen wird und dass die gesellschaftsvertraglichen Rechte der Gesellschafter auch von den Treugebern wahrgenommen werden können. Ferner sieht § 8 Nr. 2 vor, dass die Gesellschafter - mit Ausnahme der geschäftsführenden Gesellschafterin - im Innenverhältnis für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung haften.

6

In den Jahren 1995 und 1996 hatte die Fondsgesellschaft zur Finanzierung des Bauvorhabens mit der B. Bank AG (im Folgenden: B. ) jeweils durch Grundschulden abgesicherte Darlehensverträge mit einem Volumen von insgesamt 45 Mio. DM abgeschlossen. Im Jahr 1998 schloss sich zur Finanzierung der quartalsmäßig anfallenden Annuitäten ein weiterer Darlehensvertrag an. Daneben bestand mit der I. - und W. GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die A. ist , ein am 4. Dezember 1996 geschlossener Vertrag über ein zinsloses Darlehen von bis zu 1,2 Mio. DM. In einer Änderungsvereinbarung vom 6. September 2001 erklärte die A. ihre Bereitschaft zur Stundung der jährlichen Tilgung, wenn die Liquidität der Fondsgesellschaft eine Bedienung des Darlehens nicht zulasse.

7

Die Mieteinnahmen der Fondsgesellschaft blieben hinter den prospektierten Erwartungen zurück; die wirtschaftliche Situation der Fondsgesellschaft verschlechterte sich in den Folgejahren. Im Jahr 2006 trat die Klägerin ihre Ansprüche gegen die Treugeber auf Freistellung von der Inanspruchnahme durch die B. nach § 128 HGB wegen der offenen Darlehensverbindlichkeiten der Fondsgesellschaft sicherungshalber an die B. ab.

8

Aufgrund eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses wurde das Fondsgrundstück am 16. September 2008 veräußert. Am selben Tag schloss die Fondsgesellschaft mit der B. eine Lasten- und Haftungsfreistellungsvereinbarung, die zur Freigabe der Grundschulden, zur vorzeitigen Kündigung der Darlehensverträge und zur Anerkennung eines zum Kündigungszeitpunkt bestehenden Rückzahlungsanspruchs von 22.263.346,21 € durch die Fondsgesellschaft führte, und mit der A. eine Ablösungsvereinbarung, in der das Darlehen zum 30. September 2008 einverständlich fällig gestellt wurde.

9

In einer Vereinbarung vom 30. September/8. Oktober 2008 einigten sich die Klägerin und die B. auf die rückwirkende Aufhebung der Abtretungsvereinbarung aus dem Jahr 2006 und vorsorglich auf die Rückabtretung aller zedierten Freistellungsansprüche an die Klägerin. Zur Vermeidung einer Insolvenz der Klägerin wurde eine Begrenzung ihrer Haftung nach § 128 HGB insoweit vereinbart, als die Freistellungsverpflichtung des jeweiligen Treugebers rechtlich und wirtschaftlich durchsetzbar ist. Im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin zur - notfalls gerichtlichen - Geltendmachung der Freistellungsansprüche gegenüber den Treugebern. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2008 nahm die B. die Klägerin auf Zahlung in Höhe von 8.142.239,58 € in Anspruch; die - später in Insolvenz gefallene - A. verlangte von der Klägerin mit Schreiben vom 3. Dezember 2008 Zahlung in Höhe von 432.041,64 €; der Insolvenzverwalter hat an dieser Forderung festgehalten.

10

Mit ihrer Klage hat die Klägerin von den Beklagten begehrt, sie von den anteiligen Verbindlichkeiten gegenüber der B. in Höhe von 461.162,47 € und 150.500,72 € und gegenüber der A. in Höhe von 22.363,33 € und 7.298,29 € freizustellen und ihr vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu ersetzen. Im Berufungsrechtszug ist sie auf entsprechende Zahlungsanträge übergegangen, Zug um Zug gegen Abtretung der sich im Umfang der Zahlung aus § 110 HGB ergebenden Ansprüche der Klägerin gegen die Fondsgesellschaft; insoweit verfolgt sie die Freistellungsanträge nur noch hilfsweise.

11

Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben, soweit sie auf Freistellung von der Inanspruchnahme durch die B. gerichtet gewesen ist, und sie abgewiesen, soweit die Klägerin Freistellung von der Inanspruchnahme durch die A. beantragt hat. Das Oberlandesgericht hat die Klage vollständig abgewiesen. Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Zahlungsansprüche, hilfsweise die Freistellungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

13

Das Berufungsgericht (BeckRS 2011, 04893) sieht die vom Landgericht zuerkannten Freistellungsansprüche im Kern als begründet an. Die Freistellungsverpflichtung folge aus §§ 670, 675, 257 BGB und sei durch die zwischen den Parteien geschlossenen Treuhandverträge nicht abbedungen worden. Die Klägerin sei auch insoweit aktivlegitimiert, als den Freistellungsansprüchen die Darlehensforderungen der B. zugrunde lägen. Diese Ansprüche habe die Klägerin zwar zunächst wirksam an die B. abgetreten; durch die Rückabtretung sei sie jedoch erneut Inhaberin dieser Ansprüche geworden. Die Rückabtretung sei weder treuwidrig noch scheitere sie an § 399 BGB. Die Freistellungsansprüche seien nicht verjährt. Im Hinblick auf die quotale Haftung der Beklagten komme es nicht darauf an, in welcher Höhe andere Anleger Zahlungen auf die zur Rückzahlung fälligen Ansprüche der Darlehensgläubiger erbracht hätten. Die Verträge mit der B. seien wirksam gekündigt und der Rückzahlungsanspruch der A. durch die mit der Fondsgesellschaft geschlossene Ablösungsvereinbarung wirksam fällig gestellt worden.

14

Den Freistellungsansprüchen der Klägerin stünden jedoch auf Befreiung von diesen Verbindlichkeiten gerichtete Schadensersatzansprüche der Beklagten entgegen, weil der Klägerin, die im Hinblick auf die Identität der handelnden Personen denselben Kenntnisstand wie die Fondsinitiatoren gehabt habe, schuldhafte Aufklärungspflichtverletzungen zuzurechnen seien. Die Klägerin habe als Treuhandgesellschafterin die vorvertragliche Pflicht getroffen, den Treugeber im Rahmen der Vertragsanbahnung über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung seien; sie hafte insbesondere für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben. Aufklärungsbedürftig sei namentlich der Umstand gewesen, dass 25 % des eingesammelten Kapitals für die Bezahlung von Vermittlungsprovisionen bestimmt gewesen seien. Dieser - die Rentabilität der Anlage in Frage stellende - Umstand sei aus dem Prospekt nicht hinreichend deutlich hervorgegangen. Die Beklagten seien mittels der nicht verjährten Schadensersatzansprüche so zu stellen, als hätten sie sich gegen die Fondsbeteiligungen entschieden. Da sie in diesem Fall den Freistellungsansprüchen nicht ausgesetzt wären, könnten diese im Ergebnis nicht durchgesetzt werden. Dem stünden beachtenswerte Interessen der Darlehensgeber nicht entgegen. Bestehe ein Gesellschaftsgläubiger bei der hier gewählten Treuhandkonstruktion nicht darauf, dass sich der Treugeber ihm gegenüber unmittelbar verpflichte, müsse er das Risiko tragen, dass die Freistellungsansprüche des Treuhandgesellschafters wegen Einwendungen der Treugeber nicht werthaltig seien. Der für die Berechnung der auf die Beklagten entfallenden Quote maßgebliche Stand der Darlehen könne daher ebenso dahinstehen wie die Frage, ob sich die Freistellungsansprüche zwischenzeitlich in Zahlungsansprüche umgewandelt hätten.

II.

15

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.

16

1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagten als Treugeber aufgrund der in den Treuhandverträgen getroffenen Vereinbarungen in Verbindung mit § 675 Abs. 1, §§ 670, 257 BGB grundsätzlich verpflichtet sind, die Klägerin als Treuhänderin von ihrer aus § 128 HGB folgenden persönlichen Haftung gegenüber der B. und der A. auf Darlehensrückzahlung für Verbindlichkeiten freizustellen, die aus den für die Beklagten gehaltenen Gesellschaftsbeteiligungen entstanden sind. Das hat der Senat in einem Fall, der einen in den wesentlichen Vertragsbestimmungen übereinstimmend ausgestalteten Fonds betraf, bereits entschieden (vgl. Senatsurteil vom 5. Mai 2010 - III ZR 209/09, BGHZ 185, 310, 314 Rn. 11).

17

2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht. Diese hatte zwar ihre Befreiungsansprüche gegen die Anleger an die BerlinHyp abgetreten. Die Zessionarin hat die Ansprüche aber an die Klägerin zurückabgetreten.

18

Abtretung und Rückabtretung verstießen nicht gegen § 399 Fall 1 BGB. Zwar ist ein Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit grundsätzIich nicht abtretbar, weil die Leistung an einen anderen als den Freistellungsgläubiger nicht ohne Veränderung des Leistungsinhalts erfolgen könnte. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch anerkannt, dass eine Abtretung an den Gläubiger der Forderung, von der freizustellen ist, möglich ist (vgl. nur Senatsurteil vom 5. Mai 2010 - III ZR 209/09, BGHZ 185, 310 Rn. 12; BGH, Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 271/08, BGHZ 189, 45 Rn. 14, jew. mwN). Für die Rückabtretung dieses Anspruchs an den Befreiungsgläubiger, durch die lediglich die ursprüngliche Leistungsbeziehung wiederhergestellt wird, kann nichts anderes gelten. Schutzwürdige Interessen des Schuldners werden dadurch nicht beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 - II ZR 297/11, WM 2012, 1664 Rn. 16 [BGH 24.07.2012 - II ZR 297/11]). Dabei spricht vieles dafür, dass durch die Rückabtretung der "status quo ante" wieder auflebte, also der Anspruch - wie vor der ersten Abtretung - zunächst (wieder) nur auf Befreiung und nicht (mehr) - wie in der Person des Forderungsgläubigers nach erfolgter (Erst-)Abtretung - unmittelbar auf Zahlung ging (so auch Dörr, MDR 2011, 333 f; offengelassen in BGH aaO).

19

Die der Rückabtretung zugrunde liegende Vereinbarung der Klägerin und der BerlinHyp vom 30. September/8. Oktober 2008 verstieß auch nicht gegen Treu und Glauben oder die guten Sitten. Die Rückabtretung sollte nach der rechtsfehlerfreien Würdigung des Berufungsgerichts vor allem sicherstellen, dass die Befreiungsansprüche der Klägerin gegen die mit ihr über den Treuhandvertrag verbundenen Anleger überhaupt durchgesetzt werden konnten, was aus damaliger Sicht der Vertragsschließenden (nämlich bis zur Entscheidung des Senats vom 5. Mai 2010 aaO Rn. 13 ff) zweifelhaft war. Diese Abrede diente mithin der Wahrnehmung berechtigter Interessen beider Vertragspartner (eingehend dazu BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 aaO Rn. 28 f; diese Entscheidung befasst sich ebenfalls mit der hier in Rede stehenden Vereinbarung).

20

3. Die Verpflichtung der Beklagten ist, wie das Berufungsgericht richtig festgestellt hat, durch Zahlungen anderer Treugeber oder der A. GmbH nicht teilweise erloschen. Zwischen der Fondsgesellschaft und den Darlehensgebern ist abweichend vom gesetzlichen Regelfall der unbeschränkten und primären akzessorischen Haftung des Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft (§ 128 HGB in Verbindung mit § 421 BGB) eine quotale Haftung der Fondsgesellschafter vereinbart worden, welche über den Treuhandvertrag auch den mittelbaren Anlegern zugute kommt. Da im Fall der Leistungsunfähigkeit der Gesellschaft bei einer solchen Haftungskonstruktion eine hundertprozentige Erfüllung der Gesellschaftsschuld nur dann erreicht werden kann, wenn jeder Gesellschafter seine Quote voll erfüllt, kommt eine wechselseitige Anrechnung nicht in Betracht (vgl. zur Vereinbarung einer quotalen Haftungsbeschränkung BGH, Urteil vom 16. Dezember 1996 - II ZR 242/95, BGHZ 134, 224, 227 f). Auch die Revisionserwiderung zieht dies nicht in Zweifel.

21

4. Was die Freistellung von Verbindlichkeiten gegenüber der A. angeht, hat das Berufungsgericht festgestellt, das Darlehen sei auf der Grundlage der Ablösungsvereinbarung vom 16. August 2008 zum 30. September 2008 fällig gestellt worden. Hiergegen sind im Revisionsverfahren keine Einwendungen erhoben worden.

22

5. Durch das bereits erwähnte Senatsurteil vom 5. Mai 2010 (III ZR 209/09, BGHZ 185, 310) ist geklärt, dass mögliche Freistellungsansprüche der Klägerin im Hinblick auf die im Jahr 2008 eingetretene Fälligkeit der Darlehensforderungen, von denen zu befreien ist, nicht verjährt sind. Das wird auch von der Revisionserwiderung nicht bezweifelt.

23

6. Die Revision beanstandet jedoch zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten könnten den Freistellungsansprüchen entgegenhalten, die Klägerin habe eine Aufklärungspflichtverletzung begangen und sich damit den Treugebern gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht. Denn den Beklagten ist - wie sich aus den beiden bereits angesprochenen, nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Grundsatzentscheidungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2011 und vom 24. Juli 2012 ergibt - ein entsprechender Einwand, der sich zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger auswirken würde, versagt.

24

a) Wie der II. Zivilsenat für einen an den Insolvenzverwalter abgetretenen Freistellungsanspruch eines Treuhandkommanditisten, der nach §§ 128, 161 Abs. 2, § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB auf Einzahlung seiner Einlage in Anspruch genommen wird, entschieden hat, kann in einer Publikums-Kommanditgesellschaft mit einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Verzahnung von Gesellschafts- und Treuhandvertrag der Treugeber gegen den abgetretenen Anspruch nicht mit Schadensersatzansprüchen aus Prospekthaftung gegen den Treuhandkommanditisten aufrechnen (Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 271/08, BGHZ 189, 45 Rn. 27; vgl. auch Beschluss vom 18. Oktober 2011 - II ZR 37/10, [...] Rn. 11 f). Der II. Zivilsenat hat insoweit an eine Rechtsprechung angeknüpft, nach der über die gesetzlich oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus eine Aufrechnung verboten ist, wenn nach dem besonderen Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluss als stillschweigend vereinbart angesehen werden muss (§ 157 BGB) oder wenn die Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar (§ 242 BGB) erscheinen lassen (Urteil vom 22. März 2011 aaO unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 24. Juni 1985 - III ZR 219/83, BGHZ 95, 109, 113 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 29. November 1990 - IX ZR 94/90, BGHZ 113, 90, 93 sowie Senatsurteil vom 2. Februar 2012 - III ZR 60/11, WM 2012, 458 Rn. 25). Dabei hat er speziell für die ihm vorliegende Fallkonstellation in Erwägung genommen, dass der Anleger bei einer Gestaltung der in Rede stehenden Anlegerbeteiligung zwar grundsätzlich, soweit sich das nicht aus der Zwischenschaltung des Treuhänders unvermeidbar ergebe, nicht schlechter stehen dürfe, als wenn er selbst Kommanditist wäre; er dürfe aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn er sich unmittelbar beteiligt hätte (vgl. auch BGH, Urteile vom 17. Dezember 1979 - II ZR 240/78, NJW 1980, 1162, 1163; vom 21. März 1988 - II ZR 135/87, BGHZ 104, 50, 55). Die Einbindung der Anleger durch das Treuhandverhältnis erfasse auch die Haftung der Treuhandkommanditistin gegenüber Gesellschaftsgläubigern, soweit die Einlagen nicht erbracht oder wieder zurückgezahlt worden seien. Aus diesem Grund könne sich der Anleger der ihn mittelbar über die Inanspruchnahme durch die Treuhandkommanditistin treffenden Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern nicht durch Aufrechnung mit Ansprüchen gegen die Treuhandkommanditistin entziehen (BGH, Urteil vom 22. März 2011 aaO; Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 224/08, BB 2011, 1807 Rn. 27 [BGH 22.03.2011 - II ZR 224/08]).

25

b) Diese Grundsätze hat der II. Zivilsenat mit dem ebenfalls zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehenen Urteil vom 24. Juli 2012 (II ZR 297/11, WM 2012, 1664) in einem den streitgegenständlichen Fonds betreffenden Verfahren auf Fondsgesellschaften in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft übertragen. Dem schließt sich der Senat an.

26

aa) In einer Fondsgesellschaft der vorliegenden Art in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft haben die Anleger aufgrund der Verzahnung von Gesellschafts- und Treuhandvertrag im Innenverhältnis zur Fondsgesellschaft die Stellung unmittelbarer Gesellschafter (BGH aaO Rn. 36 mwN). Nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrags und unter Berücksichtigung des Treuhandvertrags und der Beitrittserklärung der Beklagten handelt es sich bei dem Verhältnis zwischen der Gesellschaft einerseits und den Treugebern andererseits um eine von gesellschaftsrechtlichen Bindungen überlagerte Treuhandbeziehung. Die Beklagten haben bereits in ihrer Beitrittserklärung anerkannt, dass für ihre Stellung in der Gesellschaft sowohl der Gesellschafts- als auch der Treuhandvertrag gelten sollten. Obwohl in der Beitrittserklärung die unmittelbare Beteiligung als Gesellschafter nur als anzukreuzende Ausnahme vorgesehen ist, spricht der Gesellschaftsvertrag weitgehend von Gesellschaftern, ohne hinsichtlich ihrer Pflichten zwischen unmittelbaren Gesellschaftern und Treugebern zu differenzieren. Auch im Treuhandvertrag ist davon die Rede, dass die Gesellschaftseinlage allein dem Treugeber gebührt, dass die sich aus dem Treuhandverhältnis ergebenden steuerlichen Wirkungen und die vom Treuhänder eingegangenen gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten im Innenverhältnis ausschließlich den Treugeber treffen und er die Stimm- und Kontrollrechte in der Gesellschaft unmittelbar ausübt. Darüber hinaus haben die Beklagten in ihrer Beitrittserklärung erklärt, ihnen sei bekannt, dass sie über die Verpflichtung zur Leistung ihrer Einlage hinaus mit ihrem sonstigen Vermögen gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft haften.

27

Nach diesem Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses ist es ausgeschlossen, dass etwaige Einwendungen und Ansprüche des in seiner Rechtsstellung einem unmittelbaren Gesellschafter weitgehend angenäherten Treugebers gegen den Treuhandgesellschafter auf Ansprüche von Gesellschaftsgläubigern durchschlagen, von denen der Treuhandgesellschafter freizustellen ist. Denn auch der unmittelbare Gesellschafter kann seiner Inanspruchnahme nach § 128 HGB keine Einwände aus dem Innenverhältnis der Gesellschaft entgegenhalten, sondern ihm stehen - abgesehen von seinen persönlichen Einwendungen - nur die Einwendungen offen, die auch die Gesellschaft gegen die erhobene Forderung richten könnte (§ 129 HGB). Der Senat kann dem Berufungsgericht daher nicht darin folgen, ein Gesellschaftsgläubiger, dem die Haftung der Gesellschaft und des Treuhandgesellschafters nicht genüge, müsse von dem Geschäft Abstand nehmen oder auf einer unmittelbaren Verpflichtung der Treugeber bestehen. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 5. Mai 2010 (III ZR 209/09, BGHZ 185, 310 Rn. 18) im Übrigen zum Ausdruck gebracht hat, musste einem verständigen und redlichen Treugeber bewusst sein, dass der Ausschluss der selbständigen Gesellschafterhaftung des Treugebers nach außen mit den Interessen des Treuhänders und auch der Gesellschaftsgläubiger nur dann in einem ausgewogenen Verhältnis steht, wenn diese nicht nur auf den Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB, sondern auch auf den Freistellungsanspruch zugreifen können.

28

bb) Die Pflichtenstellung eines Treugebers, der sich an einer in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft tätigen Fondsgesellschaft beteiligt, ist durchaus vergleichbar mit derjenigen eines Treugebers, der einer Publikums-Kommanditgesellschaft beitritt (BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 aaO Rn. 37): Die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft haften ebenso wie die Kommanditisten den Gesellschaftsgläubigern persönlich mit ihrem gesamten Vermögen. Die Haftung der Kommanditisten ist - abgesehen von dem Sonderfall des § 176 HGB - lediglich durch die Höhe der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme begrenzt und kann durch Zahlung der Einlage in Höhe der Haftsumme ganz ausgeschlossen werden. Dieser Unterschied rechtfertigt es jedoch nicht, nur beim (Treugeber-)Kommanditisten ein Aufrechnungsverbot anzunehmen, nicht dagegen auch bei dem unbegrenzt haftenden (Treugeber-)Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft. Der tragende Grund für das Aufrechnungsverbot, dass nämlich der Treugeber in Gesellschaften der vorliegenden Art grundsätzlich nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden soll als der unmittelbare Gesellschafter und er deshalb das Anlagerisiko ebenso wie der unmittelbare Gesellschafter tragen soll, trifft auf beide Gesellschaftsformen gleichermaßen zu.

29

c) Es ist auch nicht danach zu unterscheiden, ob - wie in den vom II. Zivilsenat zuvor entschiedenen Fällen - der Insolvenzverwalter der Fondsgesellschaft die Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger nach § 171 Abs. 2 HGB geltend macht (BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 aaO Rn. 38). Es besteht kein Grund, die Treugeber-Anleger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens strenger haften zu lassen als zuvor, indem ihnen nur im Insolvenzverfahren der Fondsgesellschaft die Aufrechnung verwehrt wird. Die gesellschaftsrechtliche Haftung hängt nicht vom Eintritt der Insolvenz ab. Zudem wird in Fallgestaltungen wie der vorliegenden häufig nur deshalb kein Insolvenzantrag gestellt, weil zahlungskräftige Anleger vorhanden sind, von denen erwartet wird, dass sie die Schulden der Gesellschaft begleichen können.

30

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass nach herrschender Meinung ein Kommanditist gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht mit Ansprüchen aufrechnen kann, die ihm nur gegen einzelne Gesellschaftsgläubiger zustehen, während das für den Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft nicht angenommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 aaO Rn. 39 mwN). Die Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit des Kommanditisten beruht auf dem insolvenzrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger. Das hier eingreifende Aufrechnungsverbot des Treugebers beruht dagegen auf dem Grundsatz der Gleichstellung von mittelbaren und unmittelbaren Gesellschaftern einer Publikumsgesellschaft mit entsprechender Vertragsgestaltung (BGH aaO).

31

d) Schließlich ist auch keine Differenzierung geboten zwischen einem Anspruch, den - wie hier - der Treuhänder gegen den Treugeber geltend macht, und einem solchen, den der Gesellschaftsgläubiger oder der Insolvenzverwalter nach einer Abtretung gegen den Treugeber verfolgt (BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 aaO Rn. 40). Entscheidend ist in beiden Fällen, dass der Gesellschaftsgläubiger beziehungsweise der Insolvenzverwalter wegen der regelmäßigen Beschränkung des Vermögens des Treuhandgesellschafters auf die Freistellungsansprüche gegen die Treugeber bei mangelnder Liquidität der Anlagegesellschaft nur dann seine Ansprüche ohne den Umweg der Pfändung etwaiger Ansprüche der Gesellschaft gegen die (Treugeber-)Gesellschafter realisieren kann, wenn die Inanspruchnahme der Treugeber aus den Freistellungsansprüchen gelingt. Da der Treugeber in Fällen der vorliegenden Art aber durch die Zwischenschaltung des Treuhänders nicht besser gestellt werden soll, als wäre er (unmittelbarer) Gesellschafter geworden, muss ihm auch gegenüber dem Treuhänder die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen verwehrt sein (BGH aaO).

32

e) Die vorstehenden Überlegungen führen nicht nur zu einem Ausschluss einer Aufrechnung, sondern eines jeden Gegenrechts - sei es eines Zurückbehaltungsrechts oder einer "dolo-agit-Einrede"-, das auf Einwendungen gegen den Treuhandgesellschafter gestützt wird. Das gilt auch in Bezug auf die Freistellungsansprüche hinsichtlich des von der A. gewährten Darlehens, wie der Senat in einem Parallelverfahren durch Urteil vom 18. Oktober 2012 (III ZR 150/11, zur Veröffentlichung vorgesehen) näher begründet hat.

33

f) Danach kann offen bleiben, ob den Beklagten gegen die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen Prospektfehlern oder der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten zustehen.

III.

34

Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).

35

Die Klägerin kann auch dann, wenn man davon ausgeht, dass sie nach erfolgter Rückabtretung (zunächst) wieder nur Freistellung verlangen konnte (siehe oben II. 2), Zahlung begehren. Denn aus dem prozessualen Verhalten der Beklagten ist zu folgern, dass sie die geschuldete Befreiung der Klägerin von der Inanspruchnahme durch die B. und die A. nach § 128 HGB ernsthaft und endgültig verweigert haben. Unter diesen Umständen kann die Klägerin nach § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1, 2 BGB Schadensersatz in Geld verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 - II ZR 297/11, WM 2012, 1664 Rn. 30; Senatsurteil vom 17. Februar 2011 - III ZR 144/10, NJW-RR 2011, 910 Rn. 22 mwN).

36

Gleichwohl ist eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache nicht möglich, da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zum Stand der Darlehen getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Schlick

Wöstmann

Hucke

Seiters

Remmert

Von Rechts wegen

Verkündet am: 18. Oktober 2012

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