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Bundesgerichtshof
Urt. v. 10.10.2012, Az.: VIII ZR 25/12
Anforderungen an gerichtliche Feststellungen im Zusammenhang mit einem Streit über die Duldungsverpflichtung eines Mieters hinsichtlich des Anschlusses seiner Wohnung an eine Zentralheizung i.R. einer Modernisierungsmaßnahme
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 10.10.2012
Referenz: JurionRS 2012, 25705
Aktenzeichen: VIII ZR 25/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Berlin-Mitte - 30.03.2011 - AZ: 11 C 212/10

LG Berlin - 10.01.2012 - AZ: 63 S 203/11

Rechtsgrundlage:

§ 554 Abs. 2 BGB

Fundstellen:

GuT 2012, 15-16

ImmWert 2012, 37

Info M 2012, 413

JZ 2012, 626

MietRB 2012, 345

MK 2012, 209

NJ 2012, 7 (Pressemitteilung)

NJW-RR 2012, 1480

NJW-Spezial 2013, 1-2

NWB 2012, 3442

NWB direkt 2012, 1112

NZM 2013, 141-142

WuM 2012, 677-678

ZIP 2012, 6

ZMR 2013, 106-107

BGH, 10.10.2012 - VIII ZR 25/12

Redaktioneller Leitsatz:

1.

Für die Beurteilung der Frage, ob vom Vermieter einer Wohnung geplante bauliche Maßnahmen als Verbesserung der Mietsache iSv § 554 II BGB anzusehen sind, kommt ers auf den gegenwärtigen Zustand der Mietsache einschließlich der vom Mieter rechtmäßig vorgenommenen Verbesserungen an. Lediglich vom Mieter vertragswidrig vorgenommene Veränderungen bleiben außer Betracht.

2.

Dieser Maßstab gilt auch für die Beurteilung der Frage, ob eine Härtefallprüfung nach § 554 II S. 4 BGB unterbleibt, wenn die Mietsache durch die vom Vermieter beabsichtigte Maßnahme lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist. Auch insoweit ist der gegenwärtige Zustand einschließlich vom Mieter rechtmäßig vorgenommener Veränderungen zugrunde zu legen.

3.

Die Ausnahme von der Härtefallprüfung soll im Interesse der Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse verhindern, dass eine Modernisierung, mit der lediglich ein allgemein üblicher Standard erreicht wird, im Hinblick auf persönliche Härtegründe des Mieters unterbleibt. Diese Zielsetzung verbietet es, einen vom Mieter rechtmäßig geschaffenen Zustand, der diesem Standard bereits entspricht, außer Acht zu lassen. Gegenüber einer bereits vorhandenen Gasetagenheizung stellt eine Zentralheizung keine Wohnwertverbesserung dar.,

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin vom 10. Januar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beklagte mietete im Jahr 1989 vom Rechtsvorgänger des Klägers eine Wohnung in Berlin Mitte an, die damals mit einem Einzelofen und einem G. -Heizgerät ausgestattet war. Im Jahr 1991 baute sie im Einverständnis mit dem damaligen Vermieter auf eigene Kosten eine Gasetagenheizung ein.

2

Mit Schreiben vom 17. November 2009 erbat der Kläger von der Beklagten vergeblich die Duldung des Anschlusses ihrer Wohnung an die im Gebäude inzwischen vorhandene Zentralheizung. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision hat Erfolg.

I.

4

Das Berufungsgericht (LG Berlin, GE 2012, 270) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

5

Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, den Anschluss ihrer Wohnung an die Zentralheizung zu dulden. Es handele sich dabei um eine Modernisierung im Sinne des § 554 Abs. 2 BGB, weil die Wohnung der Beklagten seitens des Vermieters nur mit Einzelöfen ausgestattet sei. Der Umstand, dass die Beklagte die Wohnung aufgrund einer entsprechenden Modernisierungsvereinbarung mit dem Rechtsvorgänger des Klägers mit einer Gasetagenheizung ausgestattet habe, bleibe außer Betracht, weil vom Mieter geschaffene Modernisierungen im Rahmen des § 554 Abs. 2 BGB nicht berücksichtigt werden dürften; anderenfalls hätte es der Mieter in der Hand, eine Modernisierung des Vermieters durch eigene Investitionen zu blockieren.

6

Die Beklagte könne auch nicht geltend machen, dass die Modernisierung für sie mit Rücksicht auf die zu erwartende Mieterhöhung eine unzumutbare Härte darstelle, denn die Wohnung werde durch den Anschluss an die Zentralheizung lediglich in einen allgemein üblichen Zustand versetzt (§ 554 Abs. 2 Satz 4 BGB). Ausgangspunkt für die Beurteilung sei auch hier der für die Bemessung der Miete maßgebliche Zustand, mithin der vom Vermieter zur Verfügung gestellte Zustand mit Einzelöfen.

II.

7

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, den Anschluss ihrer Wohnung an die Zentralheizung zu dulden, nicht bejaht werden.

8

Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob vom Vermieter geplante bauliche Maßnahmen als Verbesserung der Mietsache im Sinne des § 554 Abs. 2 BGB anzusehen sind, auf den gegenwärtigen Zustand der Mietsache einschließlich der vom Mieter rechtmäßig vorgenommenen Verbesserungen an; lediglich vom Mieter vertragswidrig vorgenommene Veränderungen bleiben außer Betracht (Senatsurteil vom 20. Juni 2012 - VIII ZR 110/11, WuM 2012, 448 Rn. 13).

9

Dieser Maßstab gilt auch für die Beurteilung der Frage, ob eine Härtefallprüfung nach § 554 Abs. 2 Satz 4 BGB unterbleibt, weil die Mietsache durch die vom Vermieter beabsichtigte Maßnahme lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist; auch insoweit ist der gegenwärtige Zustand einschließlich vom Mieter rechtmäßig vorgenommener Veränderungen zugrunde zu legen.

10

Die in § 554 Abs. 2 Satz 4 BGB vorgesehene Ausnahme von der Härtefallprüfung soll im Interesse der Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse verhindern, dass eine Modernisierung, mit der lediglich ein allgemein üblicher Standard erreicht wird, im Hinblick auf persönliche Härtegründe des Mieters unterbleibt. Diese Zielsetzung verbietet es, einen vom Mieter rechtmäßig geschaffenen Zustand, der diesem Standard bereits entspricht, außer Acht zu lassen. Ein Ausschluss der Härtefallprüfung nach § 554 Abs. 2 BGB kann deshalb nicht damit begründet werden, dass die früher vorhandenen Einzelöfen dem heutigen allgemein üblichen Zustand nicht entsprechen. Gegenüber der bereits vorhandenen Gasetagenheizung stellt die inzwischen eingebaute Zentralheizung keine Wohnwertverbesserung dar, denn in der Regel ist eine Gasetagenheizung, deren Einstellung der Mieter allein regeln kann, zumindest ebenso komfortabel wie eine Zentralheizung. Es kann daher nicht angenommen werden, dass erst mit dem Anschluss der Wohnung der Beklagten an die Zentralheizung ein allgemein üblicher Wohnstandard erreicht würde.

III.

11

Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 2 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Anschluss der Wohnung der Beklagten an die Zentralheizung zu einer Einsparung von Energie führt und ob in ihrer Person ein Härtegrund im Sinne des § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB vorliegt. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ball

Dr. Milger

Dr. Achilles

Dr. Schneider

Dr. Bünger

Von Rechts wegen

Verkündet am: 10. Oktober 2012

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