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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 31.05.2012, Az.: V ZB 71/11
Zulässiger Haftantrag als Voraussetzung für die Anordnung der Abschiebungshaft
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 31.05.2012
Referenz: JurionRS 2012, 18009
Aktenzeichen: V ZB 71/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Lüneburg - 28.02.2011 - AZ: 6 T 16/11

BGH - 27.04.2011 - AZ: V ZB 71/11

BGH, 31.05.2012 - V ZB 71/11

Redaktioneller Leitsatz:

1.

In einem Abschiebungsverfahren ist nach Erledigung der Hauptsache die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde eines Betroffenen mit dem Feststellungsantrag, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen ihn in seinen Rechten verletzt haben, ohne Zulassung statthaft.

2.

Entscheidungen der Vorinstanzen verletzen einen Betroffenen bereits dann in seinen Rechten, wenn es an einem zulässigen Haftantrag fehlt.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 28. Februar 2011 und der Beschluss des Amtsgerichts Lüneburg vom 8. Februar 2011 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Hansestadt Lüneburg auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe

I.

1

Gegen den Betroffenen, einen serbischen Staatsangehörigen, der unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist war, hat das Amtsgericht auf Antrag der Beteiligten zu 2 mit Beschluss vom 8. Februar 2011 die Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen bis längstens zum 7. Mai 2011 angeordnet. Die gegen die Haftanordnung gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Der Senat hat auf Antrag des Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren mit Beschluss vom 27. April 2011 (veröffentlicht in [...]) die Vollziehung der Sicherungshaft einstweilen ausgesetzt, worauf der Betroffene am gleichen Tag aus der Abschiebungshaft entlassen worden ist.

2

Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der Betroffene nunmehr, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung und des seine Beschwerde zurückweisenden Beschlusses des Landgerichts festzustellen.

II.

3

Das Beschwerdegericht bejaht die Haftgründe nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG aF (vollziehbare Ausreisepflicht des Betroffenen nach unerlaubter Einreise) und nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG aF (Verdacht, dass sich der Betroffene der Abschiebung entziehen wolle). Die Anordnung der Abschiebungshaft sei auch verhältnismäßig, da sie das einzig geeignete sowie gleichzeitig erforderliche und angemessene Mittel sei, um die Ausreispflicht des Betroffenen durchzusetzen. Die Abschiebung könne nach den Angaben der Beteiligten zu 2 innerhalb weniger Wochen erfolgen.

III.

4

Die nach Erledigung der Hauptsache mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG ohne Zulassung nach § 70 Abs. 3 Nr. 3 FamFG statthafte (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, InfAuslR 2010, 359, 360 [BGH 29.04.2010 - V ZB 218/09]), gemäß § 71 FamFG form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet.

5

Die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Beschwerdegerichts verletzten den Betroffenen bereits deshalb in seinen Rechten, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte. Der Senat nimmt zur Begründung seiner Entscheidung auf die Ausführungen in dem in dieser Sache ergangenen Beschluss vom 27. April 2011 über die Aussetzung der Vollziehung der Sicherungshaft Bezug.

IV.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO. Unter Berücksichtigung der Regelung in Art. 5 EMRK entspricht es billigem Ermessen, die Hansestadt Lüneburg zur Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen zu verpflichten.

Krüger
Stresemann
Czub
Brückner
Weinland

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