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Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.04.2012, Az.: II ZR 30/10
Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne bei aufgrund des Gesellschaftsvertrags den Kommanditisten gleichgestellten Treugebern
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 23.04.2012
Referenz: JurionRS 2012, 17026
Aktenzeichen: II ZR 30/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Berlin - 19.09.2006 - AZ: 10a O 614/05

KG Berlin - 09.09.2009 - AZ: 3 U 29/06

BGH, 23.04.2012 - II ZR 30/10

Redaktioneller Leitsatz:

1.

Die Prospekthaftung im weiteren Sinne knüpft als Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss an die vorvertraglichen Beziehungen zum Anleger an. Bei einem Beitritt zu einer Gesellschaft, der sich durch Vertragsschluss mit den übrigen Gesellschaftern vollzieht, bestehen solche vorvertraglichen Beziehungen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem über einen Treuhänder beitretenden Kommanditisten jedenfalls dann, wenn der Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beigetretener Kommanditist behandelt werden soll.

2.

Einem Anleger muss für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden. Er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können. Beruht der wirtschaftliche Anlageerfolg eines geschlossenen Immobilienfonds allein auf der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung von Anlageobjekten, so ist in dem Anlageprospekt deutlich auf mögliche, der Erreichbarkeit dieser Einnahmen entgegenstehende Umstände und die sich hieraus für den Anleger ergebenden Risiken hinzuweisen.

3.

Klären Prospekte nicht zutreffend über die Risikoverteilung hinsichtlich leerstandsbedingter Nebenkosten auf und erwecken sie den unzutreffenden Eindruck, dass leerstandsbedingte Nebenkosten bei den der Mietgarantie unterfallenden Flächen nicht dem Fonds zur Last fallen, sondern wie bei den einem Generalmietvertrag unterfallenden Flächen von dem Mieter oder Garanten zu tragen seien, liegt ein erheblicher Prospektfehler vor, wenn zudem die Begriffe Generalmietvertrag und Mietgarantie in den Prospekten unterschiedslos nebeneinander verwendet werden, wodurch bei einem Anleger der Eindruck hervorgerufen wird, die durch die Verträge gewährleistete Mietsicherheit sei bei beiden Vertragsarten deckungsgleich.

4.

Es entspricht der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist. Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht. Bei einem Immobilienfonds, von dem der durchschnittliche Anleger Werthaltigkeit erwartet, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er bei richtiger Aufklärung über wichtige, die Werthaltigkeit der Anlage (negativ) beeinflussende Umstände dem Fonds nicht beigetreten wäre, auch wenn er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht, zu denen die Beteiligung an einem Immobilienfonds grundsätzlich nicht gehört.

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten zu 2 gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. September 2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Sie hatte sich in den Jahren 1994 bis 1998 mit jeweils 30.000 DM zuzüglich 5% Agio über eine Treuhandkommanditistin an fünf verschiedenen als Kommanditgesellschaft organisierten geschlossenen L. Immobilienfonds beteiligt. Die Beklagte zu 2 wird als Fondsinitiatorin, geschäftsführende Kommanditistin und Prospektherausgeberin in Anspruch genommen.

2

Das Landgericht hat Prospektfehler verneint und die Klage abgewiesen. Nach teilweiser Rücknahme der Berufung in Höhe von 63.471 € hat die Klägerin zuletzt nur noch Zahlung von 17.057,47 € verlangt, nämlich 4.479,99 € wegen der Beteiligung an dem L. Fonds 6, 6.392,13 € wegen der Beteiligung an dem L. Fonds 9 und 6.185,35 € wegen der Beteiligung an dem L. Fonds 13, jeweils Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsanteile. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu 2 insoweit antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten zu 2.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision der Beklagten zu 2 hat keinen Erfolg.

4

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

5

Die Beklagte zu 2 sei als geschäftsführende Kommanditistin Adressatin der Prospekthaftung im weiteren Sinne. Sie sei wie eine unmittelbare Vertragspartnerin der Klägerin zu behandeln, da die mittelbar über eine Treuhandkommanditistin beigetretenen Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis den unmittelbaren Kommanditisten gleichgestellt seien. Die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht verletzt, weil der für den Beitritt der Klägerin jeweils maßgebliche Prospekt fehlerhaft gewesen sei. Bei allen drei Fonds werde die Deckung leerstandsbedingter Nebenkosten durch den Mietgarantievertrag fehlerhaft dargestellt. Unstreitig seien nach dem Generalmietvertrag die aufgrund fehlender Untervermietung leerstandsbedingten Nebenkosten für diejenigen Objekte, die im Eigentum der Fondsgesellschaft stünden und für die noch keine Mietverträge abgeschlossen gewesen seien, von der Generalmieterin zu tragen gewesen. Dagegen decke der Mietgarantievertrag, der diejenigen Objekte betreffe, die nach dem Wohnungsbauförderungsgesetz errichtet worden seien oder hinsichtlich der die Fondsgesellschaft Beteiligungen an Objektgesellschaften halte, unstreitig die leerstandsbedingten Nebenkosten nicht ab. Diese unterschiedliche wirtschaftliche Risikoverteilung werde an keiner Stelle des Prospekts dargelegt. Stattdessen würden Generalmietvertrag und Mietgarantie im selben Atemzug genannt und es werde durch die stets synonyme Verwendung der Begriffe der Eindruck erweckt, dass beide Sicherungsmittel völlig parallel liefen. Hinsichtlich dieses Fehlers könne im Übrigen weitgehend auf die Ausführungen des Kammergerichts im Musterentscheid vom 3. März 2009 (4 SCH 2/06 KapMuG, veröffentlicht in [...]) verwiesen werden. Der den L. Fonds 13 betreffende Prospekt weise zusätzliche Fehler in Bezug auf einzelne Fondsimmobilien auf, wobei auch insoweit in wesentlichen Teilen auf den Musterentscheid verwiesen werden könne. Die festgestellten Prospektmängel seien für die Anlageentscheidung ursächlich und der Klägerin sei durch den Beitritt zu den Fonds der geltend gemachte Schaden entstanden.

6

Über die gegen den Musterentscheid des Kammergerichts vom 3. März 2009 eingelegte Rechtsbeschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 13. Dezember 2011 (II ZB 6/09, ZIP 2012, 117) entschieden.

7

II. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision stand.

8

1. Das Berufungsgericht hat die Adressatenstellung der Beklagten zu 2 als Gründungskommanditistin hinsichtlich eines Anspruchs der Klägerin aus Prospekthaftung im weiteren Sinne rechtsfehlerfrei bejaht.

9

a) Die Prospekthaftung im weiteren Sinne knüpft als Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB an die (vor-)vertraglichen Beziehungen zum Anleger an. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei einem Beitritt zu einer Gesellschaft, der sich durch Vertragsschluss mit den übrigen Gesellschaftern vollzieht, solche (vor-)vertraglichen Beziehungen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem über einen Treuhänder beitretenden Kommanditisten jedenfalls dann bestehen, wenn der Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beigetretener Kommanditist behandelt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1987 - II ZR 163/86, ZIP 1987, 912, 913 [BGH 30.03.1987 - II ZR 163/86]; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 7; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 10 [BGH 13.07.2006 - III ZR 361/04]; Urteil vom 11. Oktober 2011 - II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 16 [BGH 11.10.2011 - II ZR 242/09] m.w.N.).

10

b) So liegt der Fall hier: Nach § 4 Nr. 2 und 3 der jeweiligen Gesellschaftsverträge (künftig: GV) werden die der Gesellschaft mittelbar beitretenden Treugeber im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt. Dies gilt insbesondere "für die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, am Gewinn und Verlust, an einem Auseinandersetzungsguthaben und einem Liquidationserlös sowie für die Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte, insbesondere der Stimm- und der Entnahme-(Ausschüttungs-)rechte. Insoweit erwerben die Treugeber eigene Rechte gegenüber der Gesellschaft" (§ 4 Nr. 2 GV). Weiter ist den Treugebern im Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt, an den Gesellschafterversammlungen teilzunehmen, dort ihr Stimmrecht auszuüben und die einem Kommanditisten nach dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Kontroll- und sonstigen Rechte unmittelbar selbst auszuüben (§ 4 Nr. 3 GV).

11

2. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich aller drei Fonds einen Prospektfehler in Bezug auf den Mietgarantievertrag zu Recht deshalb bejaht, weil die jeweiligen Prospektangaben auf eine falsche Risikoverteilung hinsichtlich der leerstandsbedingten Nebenkosten schließen lassen, soweit die Mietflächen nicht unter den Generalmietvertrag fallen.

12

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088 [BGH 07.04.2003 - II ZR 160/02]; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 18 [BGH 07.12.2009 - II ZR 15/08]; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 9 [BGH 22.03.2010 - II ZR 66/08]). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 12; Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1853; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088). Beruht der wirtschaftliche Anlageerfolg eines geschlossenen Immobilienfonds allein auf der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung von Anlageobjekten, so ist in dem Anlageprospekt deutlich auf mögliche, der Erreichbarkeit dieser Einnahmen entgegenstehende Umstände und die sich hieraus für den Anleger ergebenden Risiken hinzuweisen (BGH, Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106).

13

b) Diesen Anforderungen werden die verwendeten Prospekte nicht gerecht. Der Senat kann die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung uneingeschränkt überprüfen, weil die Emissionsprospekte über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet wurden und daher ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Auslegung besteht (BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, ZIP 2007, 871 Rn. 6; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 46).

14

Die Prospekte klären den Anleger auch unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre des Prospekts (vgl.

BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, ZIP 1992, 912, 915; Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 300/05, WM 2007, 1507 Rn. 8) nicht zutreffend über die Risikoverteilung hinsichtlich der leerstandsbedingten Nebenkosten auf, soweit Mietflächen nicht unter den Generalmietvertrag fielen. Die Prospekte, deren Angaben sich insoweit im Wesentlichen entsprechen, erwecken den - unzutreffenden - Eindruck, dass leerstandsbedingte Nebenkosten bei den der Mietgarantie unterfallenden Flächen nicht dem Fonds zur Last fallen, sondern wie bei den dem Generalmietvertrag unterfallenden Flächen von dem Mieter bzw. Garanten zu tragen seien (s. hierzu BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 33 ff. zu L. Fonds 13). Die Begriffe Generalmietvertrag und Mietgarantie werden in den Prospekten unterschiedslos nebeneinander verwendet. Dies musste bei dem Anleger den Eindruck hervorrufen, die durch die Verträge gewährleistete Mietsicherheit sei bei beiden Vertragsarten deckungsgleich.

15

c) Dieser Prospektfehler ist erheblich. Dass die Fonds bei den Mietgarantieverträgen mit den leerstandsbedingten Nebenkosten belastet werden konnten, ist ein die Werthaltigkeit der Anlage entscheidend beeinflussender Faktor. Entgegen der Ansicht der Revision musste die Klägerin dafür nicht darlegen, wie hoch das wirtschaftliche Risiko der leerstandsbedingten Nebenkosten im Einzelnen zu bemessen ist. Dass die Mietnebenkosten regelmäßig einen nicht unerheblichen Teil der Miete ausmachen, entspricht der Lebenserfahrung (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 35 [BGH 13.12.2011 - II ZB 6/09]). Ebenso durfte das Berufungsgericht davon absehen, für jede einzelne Fondsimmobilie festzustellen, ob sie unter den Generalmietvertrag oder unter die Mietgarantie fiel, da unstreitig beide Verträge angewandt wurden.

16

Davon abgesehen hat das Berufungsgericht für den L. Fonds 6 den Flächenanteil der Objekte, die dem Mietgarantievertrag unterfielen, mit 38.089,1 m2 wiedergegeben. Da bei einer Gesamtnutzfläche von 93.267,56 m2 nach dem Prospekt (S. 31) mehr als ein Drittel der Nutzfläche des Fonds der Mietgarantie und nicht dem Generalmietvertrag unterfiel, war das leerstandsbedingte wirtschaftliche Risiko, gemessen am Gesamtinvestitionsvolumen, ein erheblicher wertbildender Faktor für den Anlageerfolg des Fonds. Dass im Übrigen die unter den Mietgarantievertrag fallenden Flächen im Verhältnis zu den vom Generalmietvertrag erfassten Flächen zu vernachlässigen sind, zeigt die Revision nicht auf. Darauf, ob sich dieses Risiko verwirklicht hat, kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 ff.).

17

3. Da die Fehlerhaftigkeit des Prospekts bezüglich der Angaben zu den leerstandsbedingten Risiken alle drei Fonds betrifft, kommt es auf die weiteren vom Berufungsgericht festgestellten, den L. Fonds 13 betreffenden Unrichtigkeiten im Prospekt nicht an.

18

4. Zu Recht hat das Berufungsgericht - von der Revision nicht angegriffen - die Ursächlichkeit des Prospektfehlers für die Anlageentscheidung der Klägerin bejaht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 346; Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106; Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06, BGHZ 177, 25 Rn. 19; Urteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rn. 16; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 23). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 ff.; Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6). Bei einem Immobilienfonds, von dem der durchschnittliche Anleger Werthaltigkeit erwartet, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er bei richtiger Aufklärung über wichtige, die Werthaltigkeit der Anlage (negativ) beeinflussende Umstände dem Fonds nicht beigetreten wäre, auch wenn er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde (BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972 Rn. 19; Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 66 f.; vgl. aber Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Rn. 22 zur grundsätzlich geltenden Kausalitätsvermutung), zu denen die Beteiligung an einem Immobilienfonds grundsätzlich nicht gehört (BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972 Rn. 19; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 18; Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24).

19

5. Zutreffend bejaht das Berufungsgericht - von der Revision ebenfalls nicht angegriffen - auch das Verschulden der Beklagten zu 2, das bei einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB) nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet wird.

20

6. Die der Höhe nach von der Revision nicht in Frage gestellten Ansprüche der Klägerin sind auch nicht verjährt. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die in den Emissionsprospekten und in den Gesellschaftsverträgen verwendeten Verjährungsklauseln seien unwirksam.

21

a) Die in allen drei Emissionsprospekten verwendete Klausel

"Alle etwaigen Schadensersatzansprüche aus der Beteiligung verjähren mit Ablauf von sechs Monaten seit Kenntniserlangung des Anlegers von den unzutreffenden und/oder unvollständigen Angaben, spätestens jedoch drei Jahre nach Beitritt zu der Beteiligungsgesellschaft"

ist (jedenfalls) nach § 11 Nr. 7 AGBG (§ 309 Nr. 7b BGB) unwirksam.

22

aa) Diese Klausel des Emissionsprospekts unterliegt der AGB-rechtlichen Kontrolle, da es sich nicht um eine gesellschaftsvertragliche Regelung handelt und daher die Bereichsausnahme nach § 23 Abs. 1 AGBG (§ 310 Abs. 4 BGB) nicht einschlägig ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2002 - II ZR 41/00, [...] Rn. 24; Urteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03, ZIP 2004, 414, 415 f.; Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 Rn. 11 ff.).

23

bb) Die Klausel schließt - wenn auch nur mittelbar - die Haftung auch für grobes Verschulden aus. Als Begrenzung der Haftung für grobe Fahrlässigkeit im Sinne des Klauselverbots nach § 11 Nr. 7 AGBG (§ 309 Nr. 7b BGB) sieht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung auch eine generelle Verkürzung der Verjährungsfrist an (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07, ZIP 2008, 1481 Rn. 34 f. [BGH 29.05.2008 - III ZR 59/07]; Urteil vom 6. November 2008 - III ZR 231/07, W M 2008, 2355 Rn. 17; Urteil vom 18. Dezember 2008 - III ZR 56/08, NJW-RR 2009, 1416 Rn. 20 f. m.w.N.; Urteil vom 23. Juli 2009 - III ZR 323/07, [...] Rn. 8). Die Verjährungsbeschränkung befasst sich zwar nicht unmittelbar mit der Frage des Haftungsmaßes. Da sie keine Ausnahme enthält, ist davon auszugehen, dass alle Ansprüche unabhängig von der Art des Verschuldens erfasst werden. Mittelbar führt die generelle Verkürzung der Verjährungsfrist also dazu, dass die Beklagte zu 1 nach Fristablauf die Verjährungseinrede hinsichtlich aller etwaigen Schadensersatzansprüche unabhängig von dem jeweiligen Haftungsmaßstab erheben kann und so ihre Haftung für jedwede Art des Verschuldens entfällt. Die Klausel lässt es nicht zu, sie auf einen unbedenklichen Inhalt zurückzuführen (s. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 45).

24

b) Die Klausel in § 12 Nr. 2 des jeweiligen Gesellschaftsvertrags

"Schadensersatzansprüche der Gesellschafter untereinander verjähren drei Jahre nach Bekanntwerden des haftungsbegründenden Sachverhalts, soweit sie nicht kraft Gesetzes einer kürzeren Verjährung unterliegen. Derartige Ansprüche sind innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Kenntniserlangung von dem Schaden gegenüber dem Verpflichteten schriftlich geltend zu machen"

ist ebenfalls unwirksam.

25

aa) Der Senat kann die im Emissionsprospekt für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen vorformulierten Vertragsbedingungen selbst frei auslegen, weil sie bundesweit gegenüber zahlreichen Anlegern, mithin über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus, verwendet wurden. Das gilt nach Sinn und Zweck dieser revisionsrechtlichen Auslegungskompetenz unabhängig davon, ob es sich hier um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des AGB-Gesetzes oder um gesellschaftsvertragliche Regelungen handelt, die zwar unter die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB nF fallen mögen, jedoch - entsprechend der Rechtsprechung des Senats zu Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften - einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen.

26

bb) Es bedarf hier keiner Entscheidung darüber, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. des § 310 Abs. 4 BGB nF im Hinblick auf die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21. April 1993, Seite 29-34) nicht eingreift, wenn sich Verbraucher an Publikumsgesellschaften beteiligen (so OLG Frankfurt/M., NJW-RR 2004, 991, 992 m.w.N.; OLG Oldenburg, NZG 1999, 896 [OLG Oldenburg 20.05.1999 - 1 U 24/99]; KG, WM 1999, 731, 733; MünchKommBGB/Basedow, 5. Aufl., § 310 Rn. 86; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 310 Rn. 49 m.w.N.; a.A. Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 310 Rn. 120 m.w.N.), oder ob Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften weiterhin einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle (§ 242 BGB) wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen (BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 ff.; Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244 [BGH 27.11.2000 - II ZR 218/00]; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; kritisch MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 161 Rn. 124 f.). Denn die verjährungsverkürzende Klausel hält auch einer individualvertraglichen Billigkeitskontrolle gemäß §§ 157, 242 BGB nicht stand, da sie ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig die Belange der Gründungsgesellschafter zu Lasten der berechtigten Interessen der Anlagegesellschafter bevorzugt. Aufgrund der Verkürzung der Verjährung für Schadensersatzansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis auf weniger als fünf Jahre ist die Klausel unwirksam (BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 f.; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 14).

27

Die zusätzlich bestimmte Ausschlussfrist, die eine kenntnisabhängige Anmeldung in 6 Monaten verlangt und auch deliktische Ansprüche erfasst, ist zudem wegen Abweichung von § 852 Abs. 1 BGB aF unwirksam (BGH, Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9).

28

cc) An dieser Rechtsprechung ist trotz der Angleichung der Verjährungsvorschriften festzuhalten (s. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 51). Die Frage der Unwirksamkeit einer Vereinbarung über die Verjährungsfrist in der Klausel eines Gesellschaftsvertrages wird von der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB nicht berührt. Es kann zu keiner Heilung kommen, da jedes Rechtsgeschäft grundsätzlich nach dem Zeitpunkt seiner Vornahme zu beurteilen ist (Peters in Staudinger, BGB Neubearbeitung 2003, Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 9 und 25). Die Klausel war nach bisherigem Recht unwirksam und bleibt es deshalb auch, selbst wenn sie jetzt im Rahmen des § 202 BGB nF zulässig wäre. Allein maßgeblich für die Beurteilung der Haftung der Beklagten zu 1 ist nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB das Recht zum Zeitpunkt des Beitritts der Klägerin, da der haftungsbegründende und -ausfüllende Tatbestand eines Schadensersatzanspruchs bereits im Zeitpunkt des Beitritts gegeben ist (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 24 m.w.N.).

Bergmann

Caliebe

Drescher

Born

Sunder

Von Rechts wegen

Verkündet am: 23. April 2012

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