Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Beschl. v. 04.04.2012, Az.: 2 ARs 127/12; 2 AR 1/12
Zuständigkeitsbestimmung für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen über die Strafaussetzung zur Bewährung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 04.04.2012
Referenz: JurionRS 2012, 15707
Aktenzeichen: 2 ARs 127/12; 2 AR 1/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Schwandorf - 20.04.2009 - AZ: BwR 4 Ds 103 Js 5837/08

Fundstelle:

NStZ-RR 2015, 203

Verfahrensgegenstand:

Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
hier: Bewährungsaufsichtsverfahren

BGH, 04.04.2012 - 2 ARs 127/12; 2 AR 1/12

Redaktioneller Leitsatz:

Die Fortsetzungszuständigkeit der Strafvollstreckungskammer endet erst, wenn die Vollstreckung aller Strafen, hinsichtlich derer ihre Zuständigkeit aufgrund des Konzentrationsprinzips entstanden ist, vollständig erledigt ist oder der Verurteilte in eine Justizvollzugsanstalt im Bezirk einer anderen Strafvollstreckungskammer aufgenommen ist.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 4. April 2012 beschlossen:

Tenor:

Zuständig für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen über die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Schwandorf vom 20. April 2009 - 4 Ds 103 Js 5837/08 - ist die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Bamberg.

Gründe

I.

1

Gegen den Verurteilten wurde durch Urteil des Amtsgerichts Schwandorf vom 20. April 2009 (4 Ds 103 Js 5837/08) eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von neun Monaten verhängt. Seit dem 19. März 2007 überwacht die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bamberg die Bewährung bezüglich einer gegen den Verurteilten ebenfalls vom Amtsgericht Schwandorf mit Urteil vom 8. Dezember 2005 (4 Ds 105 Js 5591/05) verhängten neunmonatigen Freiheitsstrafe. Die Bewährungsüberwachung in diesem Verfahren war von der Strafvollstreckungskammer übernommen worden, weil der Verurteilte zuvor Strafhaft in der JVA Bamberg verbüßt hatte und ein Strafrest noch zur Bewährung ausgesetzt, mithin die Vollstreckung der seiner Inhaftierung zugrunde gelegenen Freiheitsstrafen noch nicht beendet war.

2

Das Amtsgericht Schwandorf hat mit Beschluss vom 19. Juli 2011 die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus seinem Urteil vom 20. April 2009 ergeben, der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bamberg übertragen. Diese hält sich für unzuständig und möchte die Bewährungsaufsicht auch hinsichtlich des Urteils vom 8. Dezember 2005 dem Amtsgericht Schwandorf übertragen.

II.

3

Zuständig für die Bewährungsaufsicht hinsichtlich beider Urteile des Amtsgerichts Schwandorf ist die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Bamberg. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt:

"Der Bundesgerichtshof ist als gemeinschaftliches oberes Gericht zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits berufen (§ 14 StPO).

Zuständig für die nachträglichen Entscheidungen in dem Verfahren 4 Ds 103 Js 5837/08 ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bamberg entsprechend § 462a Abs. 4 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 StPO.

Vorliegend ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bamberg gemäß § 462a Abs. 4 Satz 3 StPO kraft Fortwirkungszuständigkeit für die Nachtragsentscheidungen aus der Verurteilung des Amtsgerichts Schwandorf vom 8. Dezember 2005 (4 Ds 105 Js 5591/05 / I StVK 65/2007) zuständig geblieben, auch nachdem die Vollstreckung der Freiheitsstrafen, durch welche die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer begründet worden ist, seit dem 5. April 2007 vollständig erledigt ist (BGHSt 28, 82; Appl in KK StPO 6. Auflage § 472a Rn 13). Die Fortsetzungszuständigkeit der Strafvollstreckungskammer endet erst, wenn die Vollstreckung aller Strafen, hinsichtlich derer ihre Zuständigkeit aufgrund des Konzentrationsprinzips entstanden ist, vollständig erledigt ist oder der Verurteilte in eine Justizvollzugsanstalt im Bezirk einer anderen Strafvollstreckungskammer aufgenommen ist (BGH NStZ-RR 2008, 124 [BGH 14.11.2007 - 2 ARs 446/07; 2 AR 210/07]; BGH NJW 2010, 951 [BGH 16.12.2009 - 2 ARs 424/09; 2 AR 241/09]).

Die Fortsetzungszuständigkeit der Strafvollstreckungskammer Bamberg in dem Verfahren 4 Ds 105 Js 5591/05 begründet im Ergebnis aber auch entsprechend § 462a Abs. 4 Satz 3 StPO die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer in dem Verfahren 4 Ds 103 Js 5837/08. Dies entspricht dem mit § 462a Abs. 4 StPO verbundenen gesetzgeberischen Zweck, eine Entscheidungszersplitterung in der Überwachung des Verurteilten zu vermeiden, die zu mangelnder Unterrichtung des einen Gerichts über die von dem anderen Gericht beabsichtigten Entscheidungen und zu in ihrer Würdigung der Täterpersönlichkeit und ihrer kriminalpolitischen Zielsetzung geradezu entgegengesetzten Entscheidungen führen könnte (Bt-Dr 7/550, Seite 313; BGH NJW 2010, 951 [BGH 16.12.2009 - 2 ARs 424/09; 2 AR 241/09]; Appl in KK StPO 6. Auflage § 462a Rn 33). Es entscheidet daher immer nur ein Gericht, wobei die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer stets die Zuständigkeit der Gerichte des ersten Rechtszuges verdrängt (Appl aaO Rn 3). Der von der Strafvollstreckungskammer vorgeschlagene Lösungsweg, die Bewährungsaufsicht für das bei ihr anhängige Verfahren 4 Ds 105 Js 5591/05 an das Amtsgericht Schwandorf gemäß § 462a Abs. 4 Satz 1 und 2 i.V.m Abs. 3 Satz 2 StPO abzugeben, steht weder mit dem vorbezeichneten gesetzgeberischen Zweck des § 462a StPO noch mit § 462a Abs. 1 Satz 3 StPO im Einklang, wonach die Strafvollstreckungskammer nur die dort genannten Entscheidungen an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben kann; die Abgabe der nachträglichen Entscheidungen über die Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 453 StPO gehört nicht dazu."

4

Dem schließt sich der Senat an.

Fischer

Appl

Berger

Eschelbach

Ott

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.