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Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.02.2012, Az.: 4 StR 602/11
Revisiongerichtliche Überprüfung eines Freispruchs hinsichtlich einer Sexualstraftat (hier: sexueller Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person); Anforderungen an die Begründung eines Freispruchs in der Strafgerichtsbarkeit
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 23.02.2012
Referenz: JurionRS 2012, 13016
Aktenzeichen: 4 StR 602/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Neubrandenburg - 07.02.2011

Verfahrensgegenstand:

Gefährliche Körperverletzung

BGH, 23.02.2012 - 4 StR 602/11

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Bei einem Freispruch unterliegt der Überprüfung durch das Revisionsgericht auch, ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat.

  2. 2.

    Ferner kann ein Rechtsfehler in einem solchen Fall auch darin liegen, dass das Tatgericht nach den Feststellungen nicht naheliegende Schlussfolgerungen gezogen hat, ohne tragfähige Gründe anzuführen, die dieses Ergebnis stützen können.

  3. 3.

    Erkennt der Tatrichter auf Freispruch, obwohl nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten ein ganz erheblicher Tatverdacht besteht, muss er in seine Beweiswürdigung und deren Darlegung die ersichtlich möglicherweise wesentlich gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen und in einer Gesamtwürdigung betrachten.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
in der Sitzung vom 23. Februar 2012,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Franke, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
der Angeklagte P. in Person,
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 7. Februar 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Ferner hat es eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person hat es ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

2

Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten und vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen Revision greift die Staatsanwaltschaft den Freispruch an und erstrebt eine Verurteilung wegen versuchten Mordes. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

3

1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:

4

a) Der Angeklagte unterhielt mit dem späteren Tatopfer M. etwas mehr als ein Jahr lang eine intime Beziehung, die die Geschädigte Ende Juni 2010 unter anderem wegen des übermäßigen Alkoholkonsums des Angeklagten und seines gewalttätigen Verhaltens ihr gegenüber beendete. Der Angeklagte, der die Trennung nicht akzeptieren wollte, suchte weiterhin Kontakt zu der Geschädigten. In den Abendstunden des 1. August 2010 versuchte er mehrfach, sie von der Wohnung seiner abwesenden früheren Lebensgefährtin G. in G. aus telefonisch zu erreichen, wo er seinen Sohn aus der Beziehung mit .G. beaufsichtigte. Es kam jedoch nur ein kurzes Gespräch zu Stande, weil die Geschädigte seine weiteren Anrufe ignorierte. Daraufhin suchte sie der Angeklagte etwa gegen Mitternacht in ihrer Wohnung in Gn. auf, in der sie sich mit ihrem neuen Lebensgefährten L. aufhielt, wobei er seinen Sohn in G. allein zurückließ. Im Verlauf der nun folgenden, zu dritt geführten Unterhaltung drängte er L. unter anderem mehrfach, eine gegen ihn, den Angeklagten, erstattete Strafanzeige wegen Körperverletzung zurückzunehmen; der Angeklagte hatte etwa eine Woche zuvor L. wegen dessen Beziehung zur Geschädigten zur Rede gestellt und ihm dabei mindestens zweimal mit der Hand an den Kopf geschlagen. L. ging jedoch auf dieses Ansinnen des Angeklagten nicht ein. Um den Angeklagten loszuwerden, erklärte sich die Geschädigte nach anfänglichem Zögern bereit, ihn seiner Bitte entsprechend mit ihrem Pkw nach R. zu fahren, wo er im Haus seiner Mutter eine Wohnung hatte. Nachdem beide dort gegen 00.30 Uhr angekommen waren, griff der Angeklagte noch im Pkw von vorne an den Hals der Geschädigten und drückte so fest zu, dass diese Luftnot bekam. Ferner versetzte ihr der Angeklagte mindestens zwei kräftige Faustschläge gegen den Kopf, ohne dabei von ihrem Hals abzulassen. Infolge des ununterbrochenen und langanhaltenden Würgens wurde die Geschädigte für etwa zehn bis fünfzehn Minuten bewusstlos. Sie erlitt einen beidseitigen Bruch des Oberkieferknochens sowie Schwellungen und Unterblutungen an Ober- und Unterlippe. Dass seine Handlungen geeignet waren, das Leben der M. zu gefährden, war ihm bewusst; er nahm dies in Kauf. Bei Begehung der Tat war er infolge einer maximal möglichen Blutalkoholkonzentration von 2,75 " in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt.

5

b) Der Angeklagte fuhr nunmehr mit dem Tatopfer in dessen Fahrzeug in Richtung Rostock. Gegen 4.18 Uhr fuhr der Angeklagte auf das Gelände der - videoüberwachten - Tankstelle Rostock- . In den frühen Vormittagsstunden des 2. August 2010 kehrte der Angeklagte mit der Geschädigten in deren Pkw nach G. zurück. Der Angeklagte begab sich in die Wohnung der G. , während die Geschädigte mit dem Wagen nach Hause fuhr. Von dort aus erstattete sie telefonisch Strafanzeige gegen den Angeklagten und gab an, dieser habe sie in der Nacht vergewaltigt. Der Angeklagte wurde daraufhin in Untersuchungshaft genommen.

6

2. a) Nach der Einlassung des Angeklagten kam es zwischen ihm und der Geschädigten nach der Ankunft in R. am 2. August 2010 gegen 00.30 Uhr zunächst zu einem längeren Gespräch und dann zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr. Danach habe ihm M. Vorhaltungen wegen seines Alkoholkonsums und seiner Einstellung zu Frauen gemacht. Er sei wütend geworden und habe ihr zweimal ins Gesicht geschlagen; gewürgt habe er sie nicht. Die Geschädigte sei daraufhin für kurze Zeit bewusstlos gewesen. Demgegenüber hat das Tatopfer bekundet, dass der Angeklagte nach der gemeinsamen Ankunft in R. nicht wie erwartet aus dem Wagen gestiegen sei, sondern plötzlich mit einer Hand ihren Hals ergriffen und so fest zugedrückt habe, dass sie Atemnot bekommen habe. Er habe sie mit der rechten Hand an ihrem Hals zwischen den vorderen Sitzen hindurch nach hinten auf die Rückbank gedrückt, sich über die Lehnen der Vordersitze gebeugt und daraufhin mit beiden Händen gewürgt. Sie habe sich gewehrt, woraufhin er mit der linken Hand weiter den Hals zugedrückt und ihr mit seiner rechten Hand in das Gesicht geschlagen habe. Sie habe husten und sich übergeben müssen; dann sei sie ohnmächtig geworden. Als sie wieder zu sich gekommen sei, habe sie auf der nahegelegenen Wiese mit dem Rücken auf dem Boden gelegen. Der Angeklagte habe auf ihr gelegen und den Geschlechtsverkehr mit ihr ausgeführt. Nach etwa fünf Minuten habe er sie hochgezogen und sei mit ihr zum Haus gegangen. Nach kurzem Aufenthalt in seinem Badezimmer seien sie in ihrem Pkw Richtung G. losgefahren.

7

b) Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten, er habe die Geschädigte nicht gewürgt, sondern nur kurz an ihren Hals gefasst, vor dem Hintergrund der Ausführungen des gerichtsmedizinischen Sachverständigen als widerlegt angesehen. Durch die beiden - eingeräumten - Faustschläge sowie das Würgen bis zur Bewusstlosigkeit habe sich der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB schuldig gemacht. Die Annahme eines versuchten Tötungsdeliktes liege zwar nicht fern, der Angeklagte sei von diesem Versuch jedoch strafbefreiend zurückgetreten. Eine beim Angeklagten nach Eintritt der Bewusstlosigkeit bei der Geschädigten möglicherweise vorhandene Fehlvorstellung über den Erfolgseintritt habe allenfalls wenige Augenblicke bestanden, sodass die Annahme eines beendeten Tötungsversuches nicht in Betracht komme. Er habe wenige Augenblicke nach seiner letzten Ausführungshandlung erkannt, dass entgegen seiner Einschätzung mit dem Eintritt des Erfolges nicht zu rechnen gewesen sei, und nach dem Aufwachen der Geschädigten aus der Bewusstlosigkeit die fortbestehende Gelegenheit zu weiteren Ausführungshandlungen nicht wahrgenommen.

8

c) Hinsichtlich des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person hat sich die Strafkammer die für eine Verurteilung des Angeklagten erforderliche Gewissheit nicht verschaffen können. Zwar sei die Einlassung des Angeklagten schon für sich genommen nicht glaubhaft und stehe mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme in mehrfacher Hinsicht in Widerspruch. Dies gelte etwa für den von ihm behaupteten Anlass für den nächtlichen Besuch beim Tatopfer: Grundbuchunterlagen, die der Angeklagte seinen Angaben nach einsehen wollte, befanden sich nicht in deren Besitz und seien auch nicht Gesprächsthema gewesen, was der Zeuge L. glaubhaft bestätigt habe. Der Angeklagte habe auch nicht plausibel erklären können, warum die Geschädigte ihren Slip auf der Wiese vor dem Haus in R. zurückgelassen habe. Außerdem habe er im Laufe des Strafverfahrens stark voneinander abweichende Versionen des Geschehens geschildert. Aber auch die Bekundungen der Geschädigten M. zum Kerngeschehen könne die Strafkammer ihren Feststellungen nicht zu Grunde legen. Es sei zwar nicht zu verkennen, dass die Realkennzeichen in ihrer Tatschilderung auf Erlebnisfundiertheit hindeuteten, so beispielsweise das tatsächlich vorhandene Erbrochene auf der Rücksitzbank ihres Fahrzeugs. Ferner seien auch die Ausführungen des medizinischen Sachverständigen geeignet, die Aussage der Geschädigten zu stützen, weil sie das Verletzungsbild erklären könnten. Jedoch sei der von ihr geschilderte zeitliche Ablauf mit erheblichen, nicht auflösbaren Unklarheiten behaftet. Innerhalb des sicher feststehenden Zeitraums zwischen der Ankunft des Angeklagten und seines Tatopfers in R. um 00.30 Uhr und dem durch die Überwachungsanlage dokumentierten Aufenthalt auf dem Gelände der Tankstelle in Rostock um 04.18 Uhr verbleibe auch bei großzügiger Berechnung der erforderlichen Zeit für die von der Geschädigten geschilderten Ereignisse die beträchtliche Lücke von etwa einer Stunde, die sie nicht habe erklären können.

II.

9

Der Freispruch vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person im Sinne von § 179 Abs. 1, 5 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

10

1. Das Revisionsgericht muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1966 - 1 StR 305/66, BGHSt 21, 149, 151). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (Senatsbeschluss vom 7. Juni 1979 - 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 6. November 1998 - 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16 m.w.N.). Bei einem Freispruch unterliegt der Überprüfung auch, ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat. Schließlich kann ein Rechtsfehler in einem solchen Fall auch darin liegen, dass das Tatgericht nach den Feststellungen nicht naheliegende Schlussfolgerungen gezogen hat, ohne tragfähige Gründe anzuführen, die dieses Ergebnis stützen können. Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten eines Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - 5 StR 253/07, NStZ 2008, 575 m.w.N.). Erkennt der Tatrichter auf Freispruch, obwohl nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten ein ganz erheblicher Tatverdacht besteht, muss er in seine Beweiswürdigung und deren Darlegung die ersichtlich möglicherweise wesentlich gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen und in einer Gesamtwürdigung betrachten (BGH, Urteil vom 13. Februar 1974 - 2 StR 552/73, BGHSt 25, 285, 286; BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 aaO).

11

2. Diesen rechtlichen Anforderungen wird die Beweiswürdigung im vorliegenden Fall nicht gerecht. Soweit das Landgericht eine Verurteilung wegen einer Sexualstraftat zum Nachteil der M. abgelehnt hat, ist sie lücken- und damit rechtsfehlerhaft.

12

a) Das Landgericht stützt seine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Tatopfers zu diesem Teil des Geschehensablaufs auf angeblich nicht auflösbare Unklarheiten in dessen Aussage zum zeitlichen Ablauf. Dabei geht es davon aus, dass der Angeklagte mit M. gegen 2.30 Uhr vom Tatort in Richtung Rostock abgefahren sein müsse. In der Aussage des Opfers finde sich keine Erklärung für den Zeitraum zwischen 1.30 Uhr und dieser Abfahrt um 2.30 Uhr. Für diese Annahme fehlt es jedoch an einer tragfähigen Grundlage. Der Zeuge J. , dessen Angaben die Strafkammer ersichtlich für glaubhaft hält, hat bereits um 0.30 Uhr Stimmen von zwei Personen, darunter die des Angeklagten, gehört und "wenig später" das Klappen von Autotüren sowie das Wegfahren eines Pkw VW Golf wahrgenommen. Diese Aussage hat das Landgericht bei seiner zeitlichen Rekonstruktion der Geschehensabläufe bis zum Auftauchen des Angeklagten und des Tatopfers auf dem Gelände der Tankstelle in Rostock gegen 4.18 Uhr nicht bedacht. Legt man die Aussage des Zeugen J. zu Grunde, entbehrt sowohl die Annahme, der Angeklagte und die Geschädigte seien erst um 2.30 Uhr vom Tatort abgefahren, als auch die Unterstellung eines ungeklärten Geschehensablaufs zwischen 1.30 und 2.30 Uhr einer Grundlage.

13

b) Es kommt hinzu, dass das Schwurgericht bei der Würdigung der Aussage des Tatopfers nicht berücksichtigt hat, dass dessen Angaben zum Vorwurf einer Sexualstraftat in gewichtigen Beweisanzeichen außerhalb der Aussage eine Stütze finden. So hat es unerwähnt gelassen, dass dem Zeugen J. und auch einem am Tatort ermittelnden Polizeibeamten am nächsten Tag zwei parallel verlaufende Schleifspuren über den Hof des Anwesens in R. bis zu dem mit Gras bewachsenen Garten auffielen, die nach seiner sicheren Erinnerung am Vorabend noch nicht vorhanden gewesen waren. Diese Spuren können zwanglos mit der Aussage des Tatopfers in Einklang gebracht werden, es sei durch das Würgen im Pkw bewusstlos geworden und erst auf der Wiese wieder zu sich gekommen. Auch das Auffinden des Slips des Opfers an dem von diesem angegebenen Tatort hat das Landgericht lediglich zur Widerlegung der Einlassung des Angeklagten herangezogen, der einvernehmlichen Geschlechtsverkehr behauptet hat, jedoch nicht - was geboten gewesen wäre - auch bei der Würdigung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Tatopfers.

14

c) Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der von der Strafkammer selbst erwogenen, für die Richtigkeit der Aussage von M. sprechenden Umstände, etwa den tatsächlich vorhandenen Spuren von Erbrochenem auf der Rückbank des Fahrzeugs und den ihre Angaben bestätigenden Verletzungsspuren an ihrem Körper kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung zu einer abweichenden Bewertung der Aussage des Opfers gelangt wäre. Dabei hätte sich das Landgericht zudem mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Unsicherheiten der Zeugin hinsichtlich der genauen zeitlichen Einordnung ihre Ursache naheliegend in ihrer psychischen Verfassung nach einem tatsächlich erlebten Geschehen hatten und nicht in dem Bestreben, den Angeklagten wahrheitswidrig zu belasten.

III.

15

Die Rechtsfehler in der Beweiswürdigung führen auf die Revision der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung des Urteils insgesamt.

16

Eine Aufhebung in vollem Umfang hat auch dann zu erfolgen, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Tatgeschehen, das der Verurteilung zu Grunde liegt, und dem Geschehen, auf dessen Grundlage eine Verurteilung möglicherweise in Betracht kommt, nach den Umständen des Falles nicht auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - 3 StR 182/08, Tz. 10). Einen solchen engen Zusammenhang zwischen dem Verletzungsgeschehen und dem von der Zeugin geschilderten weiteren Geschehen mit der Folge, dass eine tateinheitliche Verurteilung in Betracht kommt, kann der Senat im vorliegenden Fall nicht von vorneherein ausschließen. Damit erfasst die Aufhebung des angefochtenen Urteils auch den Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung. Auf die von der Staatsanwaltschaft insoweit erhobenen Beanstandungen kommt es deshalb nicht an.

Mutzbauer

Roggenbuck

Cierniak

Franke

Quentin

Von Rechts wegen

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