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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 14.02.2012, Az.: II ZB 18/10
Betreuungsgebühr für einen die Gründung einer GmbH beurkundenden Notar wegen vorheriger Einholung einer Stellungnahme der zuständigen IHK zur firmenrechtlichen Unbedenklichkeit
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 14.02.2012
Referenz: JurionRS 2012, 11739
Aktenzeichen: II ZB 18/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Darmstadt - 02.07.2007 - AZ: 5 T 303/06

OLG Frankfurt am Main - 23.07.2010 - AZ: 20 W 278/07

Fundstellen:

DB 2012, 859

DNotZ 2012, 389-395

EWiR 2012, 557

FGPrax 2012, 128

HRA 2012, 14-17

JurBüro 2012, 372-375

MDR 2012, 552

MittBayNot 2012, 506-509

NJW 2012, 8

NWB 2012, 1294

NWB direkt 2012, 368

NZG 2012, 388-391

RENOpraxis 2012, 130

Rpfleger 2012, 408-410

WM 2012, 654-658

ZAP 2012, 446

ZAP EN-Nr. 267/2012

ZIP 2012, 720-723

ZNotP 2012, 196-199

BGH, 14.02.2012 - II ZB 18/10

Amtlicher Leitsatz:

KostO § 146 Abs. 3, § 147 Abs. 2, 3

  1. a)

    Der Notar, der die Gründung einer GmbH beurkundet, erhält nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG für die zusätzliche Erstellung der Gesellschafterliste keine Betreuungsgebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO.

  2. b)

    Holt der Notar, der die Gründung einer GmbH beurkundet, vor der Anmeldung zum Handelsregister auftragsgemäß eine Stellungnahme der zuständigen Industrie- und Handelskammer zur firmenrechtlichen Unbedenklichkeit ein, so fällt hierfür eine Betreuungsgebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO an.

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart und den Richter Sunder

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde und die weitere Weisungsbeschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 2. Juli 2007 werden zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird auf 39,44 € festgesetzt, wovon jeweils 19,72 € auf die weitere Beschwerde und die weitere Weisungsbeschwerde entfallen.

Gründe

I.

1

Der Kostengläubiger (nachfolgend: Notar) beurkundete am 22. September 2005 den Gesellschaftsvertrag, durch den die Kostenschuldnerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gegründet wurde, sowie einen Beschluss zur Geschäftsführerbestellung. Außerdem fertigte er im Auftrag der Kostenschuldnerin eine Liste der Gesellschafter und holte eine Stellungnahme der zuständigen Industrie- und Handelskammer zur firmenrechtlichen Unbedenklichkeit (nachfolgend: Unbedenklichkeitsstellungnahme) ein.

2

In seiner Kostenberechnung vom selben Tag forderte der Notar - neben einer 20/10-Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO für die Beurkundung des Gesellschaftsvertrags und einer 20/10-Gebühr nach § 47 KostO für die Beurkundung von Beschlüssen von Gesellschaftsorganen - für das Fertigen der Gesellschafterliste und die Einholung der Unbedenklichkeitsstellungnahme unter Hinweis auf § 147 Abs. 2 KostO jeweils eine 5/10-Gebühr aus einem Wert von 3.750 € (15 % des vollen Geschäftswerts) in Höhe von 17 € nebst Mehrwertsteuer. Der Präsident des Landgerichts wies den Notar an, die Berechtigung dieses Kostenansatzes gerichtlich überprüfen zu lassen.

3

Das Landgericht hat die Kostenberechnung um die für das Fertigen der Gesellschafterliste angesetzte Gebühr gekürzt und die Weisungsbeschwerde im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde wendet sich der Notar aus eigenem Recht gegen die vorgenommene Kürzung. Im Übrigen verfolgt er die Weisungsbeschwerde auf weitere Anweisung des Präsidenten des Landgerichts weiter.

4

Das Oberlandesgericht (OLG Frankfurt, ZIP 2010, 2446[OLG Frankfurt am Main 23.07.2010 - 20 W 278/07]) beabsichtigt, der weiteren Weisungsbeschwerde stattzugeben und die weitere Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen. Es sieht sich hieran durch die Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte gehindert, die dem Notar für das Erstellen der Gesellschafterliste bzw. die Einholung der Unbedenklichkeitsstellungnahme eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO zugebilligt haben. Deshalb hat das Oberlandesgericht die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.

5

Die Vorlage ist gemäß § 156 Abs. 4 Satz 4 KostO aF, § 28 Abs. 2 FGG aF i.V.m. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - II ZB 2/10, ZIP 2011, 1708 Rn. 7) statthaft.

6

Das vorlegende Oberlandesgericht ist der Ansicht, auf der Grundlage des bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 (MoMiG) am 1. November 2008 geltenden Rechts stehe einem Notar, der die Gesellschaftsgründung beurkundet habe, für die zusätzliche Erstellung der Gesellschafterliste keine Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO zu. Die Erstellung der Gesellschafterliste stelle ein Nebengeschäft dar (§§ 35, 147 Abs. 3 KostO), da sie die Vollziehung der Anmeldung und damit, im Hinblick auf § 11 Abs. 1 GmbHG, auch das Geschäft der Gesellschaftsgründung fördere. Gleiches gelte für die Einholung der Unbedenklichkeitsstellungnahme, weil der Notar den von ihm zu bewirkenden Rechtserfolg fördere, wenn er etwaigen Bedenken der Industrieund Handelskammer schon vor der Anmeldung zum Handelsregister Rechnung trage.

7

Demgegenüber vertreten das Oberlandesgericht Stuttgart (JurBüro 1984, 1078), das Oberlandesgericht Saarbrücken (MittRhNotK 1984, 222) und das Oberlandesgericht Celle (JurBüro 1994, 41[OLG Celle 23.12.1992 - 8 W 240/91]) die Auffassung, die Fertigung der Gesellschafterliste löse eine Betreuungsgebühr aus; sie sei kein Nebengeschäft, weil sie nicht zum Pflichtenkreis des Notars gehöre, der die Handelsregisteranmeldung beurkundet habe. Das Oberlandesgericht Oldenburg (JurBüro 1982, 1714) hat dem bei der Gründung und Anmeldung einer GmbH tätigen Notar für die Anforderung der Unbedenklichkeitsstellungnahme eine Betreuungsgebühr zugebilligt. Diese Divergenzen rechtfertigen die Vorlage.

III.

8

Die weitere Beschwerde und die weitere Weisungsbeschwerde sind zulässig (§ 156 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 4 KostO aF), haben in der Sache aber keinen Erfolg. Die Annahme des Landgerichts, vorliegend stehe dem Notar für das Erstellen der Gesellschafterliste keine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO zu, während für die Anforderung der Unbedenklichkeitsstellungnahme eine solche Gebühr angefallen sei, ist zutreffend und beruht somit nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO aF).

9

1. Für die Erstellung der Gesellschafterliste ist keine Betreuungsgebühr angefallen.

10

a) Bei der Gründung einer GmbH mit mehreren Gesellschaftern entstehen regelmäßig je eine 20/10 Notargebühr für die Beurkundung des Gesellschaftsvertrages nach §§ 141, 32, 36 Abs. 2 KostO sowie für die Beurkundung von Beschlüssen von Gesellschaftsorganen (Geschäftsführerbestellung) nach §§ 141, 32, 47 Satz 1 KostO. Wird auch die Anmeldung zum Handelsregister beurkundet, fällt außerdem eine 5/10 Gebühr nach §§ 141, 38 Abs. 2 Nr. 7 KostO an, sofern § 44 Abs. 1 KostO keine Anwendung finden sollte. Ob dem Notar darüber hinaus für das Fertigen der nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG für die Handelsregistereintragung erforderlichen Gesellschafterliste eine Betreuungsgebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO zusteht, ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten.

11

aa) Ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung und das überwiegende Schrifttum sehen - nach der hier maßgeblichen Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG - im Erstellen der Gesellschafterliste durch den Notar ein gebührenpflichtiges selbständiges Geschäft nach § 147 Abs. 2 KostO (OLG Stuttgart, JurBüro 1984, 1078; OLG Saarbrücken, MittRhNotK 1984, 222; OLG Celle, JurBüro 1994, 41; Filzek, KostO, 4. Aufl., § 147 Rn. 49; Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Aufl., § 147 Rn. 113; Lappe, Kostenrechtsprechung, 4. Aufl., Anm. zu § 147 KostO Nr. 89 und 101; Kanzleiter in Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 23. Aufl., § 142 Nr. 48 M aE; Assenmacher/Mathias, KostO, 16. Aufl., Stichwort: GmbH, Anm. 4.5; Mümmler, JurBüro 1989, 770; Reimann, DNotZ 1987, 642 f.; Tiedtke, ZNotP 2002, 121, 124; Bayerische Notarkammer, MittBayNot 1977, 141). Eine an sich von den Geschäftsführern zu erbringende Tätigkeit (§ 78 GmbHG), die deshalb nicht zum Pflichtenkreis des beurkundenden Notars gehöre, sondern von ihm nur aufgrund eines besonderen Auftrags, den er auch ablehnen könne, ausgeführt werde, und die für die Abwicklung und den Vollzug der Beurkundung selbst nicht notwendig sei, stelle kein Nebengeschäft dar. Teilweise wird auch auf die Verantwortlichkeit des Notars für den Inhalt der von ihm entworfenen Erklärungen und das daraus folgende Haftungsrisiko abgestellt (Sigora/Regler/Tiedtke, MittBayNot 2008, 437, 441; vgl. Bund, JurBüro 2005, 234; Kanzleiter in Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 23. Aufl., § 142 Nr. 48 M aE).

12

bb) Demgegenüber betrachten ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Karlsruhe, Rpfleger 1977, 228 f.; OLG Frankfurt, JurBüro 1987, 590; ebenso für den Fall, dass der Notar neben der Handelsregisteranmeldung auch den Gesellschaftsvertrag beurkundet hat: OLG Hamm, NZG 2002, 486; OLG Frankfurt, NZG 2007, 919 [OLG Schleswig 11.07.2007 - 2 W 143/07]) und ein Teil des Schrifttums (Rohs in Rohs/Wedewer, KostO, Stand Juli 2011, § 41 a Rn. 11; § 147 Rn. 27 aE) das Fertigen der Gesellschafterliste durch den Notar als Nebengeschäft und lehnen den Anfall einer Betreuungsgebühr ab. Die Gesellschafterliste müsse zwar nicht zwingend durch den Notar gefertigt werden, sie sei aber als notwendige Anlage zur Handelsregisteranmeldung (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) unerlässlich für den Rechtserfolg des Vorgangs, für den der Notar beauftragt sei. § 35 KostO stelle als kostenrechtliche Vorschrift nur auf das Verhältnis einer Tätigkeit des Notars zum Hauptgeschäft ab, nicht darauf, ob der Notar dienstrechtlich zur Übernahme dieser Tätigkeit verpflichtet sei (vgl. OLG Hamm, FGPrax 2005, 231 f. [OLG Hamm 26.04.2005 - 15 W 487/04]).

13

b) Der Senat folgt im Ergebnis der zuletzt genannten Auffassung.

14

Erstellt der Notar, der die Gründung einer zum Handelsregister anzumeldenden GmbH beurkundet, auch die Gesellschafterliste nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG, so fällt hierfür - nach der vorliegend maßgebenden Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG - keine Betreuungsgebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO an. Bei der Erstellung der Gesellschafterliste handelt es sich um eine Vollzugstätigkeit zum Beurkundungsgeschäft, für die der Notar neben der Beurkundungsgebühr grundsätzlich nur dann eine weitere Gebühr erhält, wenn die besonderen Voraussetzungen des § 146 Abs. 3 KostO erfüllt sind. Kommt eine Vollzugsgebühr nach § 146 Abs. 3 KostO, wie vorliegend, nicht in Betracht, weil es nicht um die nähere Begründung eines Antrags oder einer Beschwerde geht, ist im Regelfall ein Nebengeschäft (§ 35 KostO) anzunehmen, für das keine gesonderte Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO anfällt (§ 147 Abs. 3 KostO).

15

aa) Der Gebührentatbestand des § 147 Abs. 2 KostO kommt als Auffangregelung nur zur Anwendung, wenn die Kostenordnung für die betreffende Notartätigkeit keine Gebühr bestimmt und auch keine Regelung enthält, aus der sich ergibt, dass dem Notar für diese Tätigkeit keine gesonderte Gebühr erwachsen soll (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - V ZB 87/05, WM 2006, 1974 Rn. 8; Beschluss vom 12. Juli 2007 - V ZB 113/06, NJW 2007, 3212 Rn. 5). Eine derartige, die Anwendung des § 147 Abs. 2 KostO im Regelfall ausschließende Gebührenregelung ist für Vollzugstätigkeiten zu Urkundsgeschäften, für die der Notar eine Entwurfs- oder Beurkundungsgebühr bekommt, in § 146 Abs. 3 KostO enthalten.

16

Während in § 146 Abs. 1 und 2 KostO die Gebühren für den Vollzug der dort genannten Grundstücksgeschäfte mit Sperrwirkung gegenüber § 147 Abs. 2 KostO im Grundsatz abschließend geregelt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - V ZB 87/05, WM 2006, 1974 Rn. 9 f.), betrifft § 146 Abs. 3 KostO die Gebühren für Vollzugstätigkeiten "in anderen Fällen", in denen der Notar bereits eine Entwurfs- oder Beurkundungsgebühr verdient. Zu den damit angesprochenen Geschäften zählen u.a. Registersachen (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2007 - V ZB 113/06, NJW 2007, 3212 Rn. 12; Rohs in Rohs/Wedewer, KostO, Stand Juli 2011, § 146 Rn. 49; Bengel/Tiedtke in Korintenberg/ Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Aufl., § 146 Rn. 36).

17

Auch § 146 Abs. 3 KostO entfaltet, ebenso wie die beiden ersten Absätze dieser Vorschrift, grundsätzlich eine Ausschlusswirkung gegenüber § 147 Abs. 2 KostO (vgl. Rohs in Rohs/Wedewer, KostO, Stand Juli 2011, § 146 Rn. 4; Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Aufl., § 146 Rn. 4). § 146 KostO ist für Tätigkeiten, die der Notar erbringt, um das von ihm beurkundete Geschäft zum Vollzug zu bringen, im Verhältnis zu der allgemeinen Gebührenregelung für Nebengeschäfte in § 35 KostO, auf die § 147 Abs. 3 KostO Bezug nimmt, die speziellere Norm (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - V ZB 87/05, WM 2006, 1974 Rn. 10 [BGH 13.07.2006 - V ZB 87/05]). Demzufolge sind Vollzugstätigkeiten zu den in § 146 KostO erfassten Urkundsgeschäften nur unter den dort aufgeführten Voraussetzungen gesondert zu vergüten. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, fällt für eine entsprechende Vollzugstätigkeit grundsätzlich auch keine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO an.

18

Für die Annahme einer solchen grundsätzlichen Sperrwirkung sprechen neben dem Wortlaut des § 146 KostO, der auf eine umfassende Regelung der für Vollzugstätigkeiten anfallenden Gebühren, auch in Abgrenzung zu der Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO, hindeutet, die Überlegungen, die für die Einführung einer Vollzugsgebühr im Jahr 1957 maßgebend waren. Seinerzeit wurden Tätigkeiten, die der Notar erbrachte, um das von ihm beurkundete Geschäft zum Vollzug zu bringen, grundsätzlich als gebührenfreie Nebengeschäfte i.S.d. § 27 KostO aF (§ 35 KostO nF) angesehen; nur wenn es erforderlich war, einen Antrag oder eine Beschwerde näher zu begründen, konnte eine besondere Gebühr erhoben werden. Der Gesetzgeber wollte diese Regelung im Grundsatz beibehalten und lediglich für die typischerweise besonders aufwändigen und verantwortungsvollen Tätigkeiten zum Vollzug von Grundstücksgeschäften eine weitere Ausnahme schaffen (Begründung zum Kostenrechtsänderungsgesetz vom 26. Juli 1957, BT-Drucks. 2/2545, S. 193 zu Nr. 78 Ziff. 1). Der Gesetzgeber ging demnach davon aus, dass Vollzugstätigkeiten, soweit § 146 KostO nichts anderes bestimmt, gebührenfreie Nebengeschäfte darstellen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - V ZB 87/05, WM 2006, 1974 Rn. 10 [BGH 13.07.2006 - V ZB 87/05]).

19

bb) Erstellt der Notar im Zusammenhang mit der Beurkundung der Gründung einer GmbH und im Hinblick auf deren Anmeldung zum Handelsregister die Gesellschafterliste nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG, so handelt es sich - nach der Rechtslage bis zum Inkrafttreten des MoMiG - um eine Tätigkeit zum Vollzug der Gründungsbeurkundung.

20

Der in § 146 KostO verwendete Begriff des Vollzugs ist kostenrechtlich und für alle Absätze der Vorschrift einheitlich zu verstehen. Dem Vollzug des Geschäfts dienen alle Tätigkeiten, die zu den beurkundeten (schuldrechtlichen oder dinglichen) Vereinbarungen der Beteiligten notwendigerweise hinzukommen müssen, um deren Wirksamkeit herbeizuführen und ihre Ausführung zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2007 - V ZB 113/06, NJW 2007, 3212 Rn. 8 f. zum Vollzug von Grundstücksgeschäften).

21

Die Erstellung der Gesellschafterliste dient im kostenrechtlichen Sinne dem Vollzug der GmbH-Gründung. Die Gründung einer GmbH, deren Eintragung in das Handelsregister in Befolgung des § 7 Abs. 1 GmbHG angestrebt wird, zielt auf die Errichtung einer GmbH als juristische Person. Insofern erfordert die Ausführung des Gesellschaftsvertrages die Eintragung der GmbH in das Handelsregister (§ 11 Abs. 1 GmbHG) und damit auch die Erstellung der Gesellschafterliste als notwendigen Bestandteil der Anmeldung zum Handelsregister (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG). Ob der Notar neben dem Gesellschaftsvertrag auch die Anmeldung zum Handelsregister beurkundet hat - im vorliegenden Fall ist dies nicht festgestellt -, ist für die Einordnung der Erstellung der Gesellschafterliste als Vollzugstätigkeit im Verhältnis zur Beurkundung der Gesellschaftsgründung nicht ausschlaggebend.

22

Die Annahme einer Vollzugstätigkeit scheidet auch nicht deshalb aus, weil der Notar die Gesellschafterliste nicht aufgrund amtlicher Verpflichtung, sondern im Auftrag der Kostenschuldnerin erstellt hat. Für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit dem Vollzug des Urkundsgeschäfts dient, ist nicht das Ansuchen an den Notar, sondern der sachliche Zusammenhang mit dem Hauptgeschäft entscheidend (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - V ZB 87/05, WM 2006, 1974 Rn. 20 [BGH 13.07.2006 - V ZB 87/05] m.w.N.).

23

cc) Die grundsätzlich bestehende Sperrwirkung des § 146 Abs. 3 KostO führt im vorliegenden Fall dazu, dass die Fertigung der Gesellschafterliste als Nebengeschäft gebührenfrei bleibt (§ 147 Abs. 3 KostO).

24

Allerdings ist eine Ausnahme von der Sperrwirkung in Betracht zu ziehen, wenn Vollzugstätigkeiten betroffen sind, die der Sache nach kaum anders behandelt werden können als die in § 146 KostO geregelten Fälle (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - V ZB 87/05, WM 2006, 1974 Rn. 12). In der vorliegenden Konstellation bestehen indes keine Umstände, die eine solche Ausnahme nahe legen. Auf der Grundlage des hier maßgebenden alten Rechts handelt es sich bei dem Erstellen der Gesellschafterliste nicht um eine Notartätigkeit, die den Vollzugstätigkeiten für Grundbuchgeschäfte des § 146 Abs. 1 und 2 KostO oder den besonders begründeten Anträgen und Beschwerden bei sonstigen Geschäften i.S.d. § 146 Abs. 3 KostO nach Aufwand und Verantwortung typischerweise gleichzusetzen wäre.

25

Eine andere Beurteilung ist für die Zeit ab dem Inkrafttreten des MoMiG in Erwägung zu ziehen, da dem Inhalt der Gesellschafterliste nunmehr eine größere Bedeutung zukommt (vgl. §§ 16, 40 GmbHG nF). Für die hier zu treffende Entscheidung kommt es auf diese Frage aber nicht an.

26

2. Für die Einholung der firmenrechtlichen Unbedenklichkeitsstellungnahme der Industrie- und Handelskammer ist eine Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO angefallen.

27

a) Die Anforderung der Unbedenklichkeitsstellungnahme erfolgte nicht in Vollzug der Beurkundung des Gesellschaftsvertrages, so dass die Sperrwirkung des § 146 Abs. 3 KostO hier nicht eingreift.

28

Dem Vollzug des Geschäfts dienen - wie ausgeführt - alle Tätigkeiten, die zu den beurkundeten (schuldrechtlichen oder dinglichen) Vereinbarungen der Beteiligten notwendigerweise hinzukommen müssen, um deren Wirksamkeit herbeizuführen und ihre Ausführung zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2007 - V ZB 113/06, NJW 2007, 3212 Rn. 8 f. zum Vollzug von Grundstückgeschäften). Die Einholung der Unbedenklichkeitsstellungnahme erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Sie ist keine für die (mit der Beurkundung des Gesellschaftsvertrages angestrebte) Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister notwendige Maßnahme. Vielmehr obliegt es dem Registergericht, zur Vermeidung unzulässiger Eintragungen in zweifelhaften Fällen das Gutachten der Industrie- und Handelskammer einzuholen (§ 23 Satz 1 der Verordnung über die Einrichtung und Führung des HandelsregistersHandelsregisterverordnung in der bis zum 31. Dezember 2006 gültigen Fassung). Hat bereits der Notar - unabhängig von möglichen Zweifeln des Registergerichts an der firmenrechtlichen Zulässigkeit - eine Unbedenklichkeitsstellungnahme der Industrie- und Handelskammer eingeholt, so mag dies zu einer Beschleunigung des Eintragungsverfahrens beitragen. Damit handelt es sich um eine unterstützende Maßnahme des Notars, von der der Vollzug des Geschäfts aber nicht abhängt.

29

b) Die Einholung der Unbedenklichkeitsstellungnahme erfolgte im Auftrag der Kostenschuldnerin; für diese Tätigkeit ist eine anderweitige Gebühr nicht bestimmt (§ 147 Abs. 2 KostO).

30

c) Gemäß § 147 Abs. 3 KostO erhält der Notar die Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für die ein Geschäft vorbereitende oder fördernde Tätigkeit allerdings nur, wenn diese Tätigkeit nicht schon als Nebengeschäft (§ 35 KostO) durch eine dem Notar für das Hauptgeschäft oder für erfolglose Verhandlungen zustehende Gebühr abgegolten wird. Ob die Einholung der Unbedenklichkeitsstellungnahme im Zusammenhang mit der Beurkundung einer GmbH-Gründung ein gebührenfreies Nebengeschäft nach § 35 KostO darstellt, ist umstritten.

31

aa) Eine Meinung hält die Einholung der Stellungnahme durch den Notar für ein gebührenpflichtiges selbständiges Geschäft nach § 147 Abs. 2 KostO (OLG Oldenburg, JurBüro 1982, 1714; Bengel/Tiedtke in Korintenberg/ Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Aufl., § 147 Rn. 129; Lappe, Kostenrechtsprechung, 4. Aufl., Anm. zu § 147 KostO Nr. 82; Filzek, KostO, 4. Aufl., § 147 Rn. 49). Immer dann, wenn die Tätigkeit des Notars über reine Vorbereitungsoder Vollzugstätigkeiten hinausgehe und sie sich nicht an das Gericht oder die am Hauptgeschäft Beteiligten richte, sondern an einen am Urkundsgeschäft nicht beteiligten Dritten, handele es sich um eine nach § 147 Abs. 2 KostO zu vergütende Geschäftsbesorgung des Notars und nicht um ein bloßes Nebengeschäft i.S.d. § 35 KostO.

32

bb) Die Gegenauffassung bejaht ein gebührenfreies Nebengeschäft (OLG Frankfurt, JurBüro 1987, 590; Rohs in Rohs/Wedewer, KostO, Stand Juli 2011, § 147 Rn. 12, 26). Auch eine über den Pflichtenkreis des Notars hinausgehende Tätigkeit könne das Amtsgeschäft vorbereiten oder fördern.

33

cc) Der Senat teilt im Ergebnis die erstgenannte Ansicht. Der Ausschlusstatbestand des § 147 Abs. 3 KostO ist hier nicht erfüllt, weil die Einholung der Unbedenklichkeitsstellungnahme kein gebührenfreies Nebengeschäft nach § 35 KostO darstellt.

34

Unter einem Nebengeschäft werden herkömmlich alle Notartätigkeiten verstanden, die im Verhältnis zum Hauptgeschäft als minder wichtige Tätigkeiten erscheinen und mit dem Hauptgeschäft derart in Zusammenhang stehen, dass sie nicht als selbständiges Geschäft in Erscheinung treten, sondern nur dazu dienen, das Hauptgeschäft vorzubereiten oder zu fördern (KGJ 53, 323, 324; OLG München, DNotZ 1937, 504, 505; OLG München, DNotZ 1939, 354; KG, DNotz 1941, 71, 72; OLG München, DNotZ 1944, 71; OLG Düsseldorf, DNotZ 1957, 333; OLG Karlsruhe, DNotZ 1957, 331 f.; OLG Frankfurt, DNotZ 1962, 256, 258; BayObLG, DNotZ 1996, 396, 397; s.a. OLG Hamm, NZG 2002, 486; Rohs in Rohs/Wedewer, KostO, Stand Juli 2011, § 147 Rn. 26; kritisch: Bengel, DNotZ 1996, 361; Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18 Aufl., § 35 Rn. 4).

35

Allerdings ist ein Nebengeschäft nach § 35 KostO nicht schon immer dann anzunehmen, wenn eine vom Notar übernommene weitere Tätigkeit dem mit der Beurkundung letztlich beabsichtigten Rechtserfolg (irgendwie) dient. Nimmt der Notar eine eigenständige Betreuungstätigkeit wahr, die er, ohne hierzu verpflichtet zu sein, im Auftrag der Parteien neben der Beurkundung und dem Vollzug übernommen hat, ist diese nach § 147 Abs. 2 KostO gesondert zu vergüten, auch wenn sie den Beteiligten eine Hilfestellung bietet und so dem letztlich beabsichtigten Rechtserfolg dient (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2005 - V ZB 40/05, BGHZ 163, 77, 80; Beschluss vom 12. Juli 2007 V ZB 113/06, NJW 2007, 3212 Rn. 13).

36

Nach diesem Maßstab ist die Einholung der Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht als Nebengeschäft zu werten. Der Notar entfaltet insoweit eine Tätigkeit, zu der er nicht schon von Amts wegen verpflichtet ist, die sich durch die Einschaltung eines am Urkundsgeschäft nicht beteiligten Dritten vom Hauptgeschäft hinreichend abhebt und von der der Erfolg des Geschäfts auch nicht abhängt.

IV.

37

Einer Entscheidung über die gerichtlichen Kosten der weiteren Beschwerde (§ 156 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Satz 3, § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO aF) bedarf es nicht. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 156 Abs. 4 Satz 4 KostO aF, § 13a Abs. 1 FGG aF ist nicht veranlasst, da sich die Kostenschuldnerin an dem Verfahren der weiteren Beschwerde nicht beteiligt hat. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO aF.

Bergmann

Strohn

Caliebe

Reichart

Sunder

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