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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 29.11.2011, Az.: II ZR 72/10
Glaubhaftmachung einer Beschwer durch Abstellen auf die Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts i.H.v. 50.000 EUR und Auferlegung von drei Viertel der Kosten als eine 20.000 EUR übersteigende Beschwer
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 29.11.2011
Referenz: JurionRS 2011, 30866
Aktenzeichen: II ZR 72/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Karlsruhe - 05.10.2009 - AZ: 10 O 314/09

OLG Karlsruhe - 21.04.2010 - AZ: 15 U 11/10

Rechtsgrundlage:

§ 26 Nr. 8 EGZPO

BGH, 29.11.2011 - II ZR 72/10

Redaktioneller Leitsatz:

1.

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, wenn der Wert der Beschwer nicht, wie nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderlich, über 20.000 ? liegt.

2.

Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwer des Rechtsmittelführers diese Wertgrenze übersteigt. Dabei ist das Revisionsgericht weder an die Angaben der Parteien noch an die Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts gebunden.

3.

Der Streitwert einer Vollstreckungsgegenklage, die gegen die Vollstreckung eines Urteils zur Auskunftserteilung oder Rechnungslegung gerichtet ist, richtet sich nach dem Interesse des Schuldners der Auskünfte, diese nicht erteilen zu müssen.

4.

Der Wert der Beschwer eines unterlegenen Beklagten einer Vollstreckungsabwehrklage richtet sich danach, inwieweit die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt worden, er durch den rechtskräftigen Inhalt der Entscheidung mithin materiell belastet ist.

5.

Muss ein Beklagter lediglich ergänzend einige Angaben machen, damit der Kläger eine Schlussrechnung erstellen kann und muss, dann liegt die Beschwer des Beklagten lediglich in dem Aufwand für die Erstellung dieser ergänzende Angaben.

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. November 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den Richter Sunder beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. April 2010 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Streitwert: bis 3.000 €

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen, da der Wert der Beschwer nicht, wie nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderlich, über 20.000 € liegt, sondern nur bis zu einer Höhe von 3.000 € glaubhaft gemacht ist.

2

1.

Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwer des Rechtsmittelführers die Wertgrenze nach der Bestimmung des § 26 Nr. 8 EGZPO übersteigt. Dabei ist das Revisionsgericht weder an die Angaben der Parteien noch an die Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts gebunden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 6. April 2011 - IX ZR 113/08, [...] Rn. 1; Beschluss vom 20. April 2005 - XII ZR 92/02, NJW RR 2005, 1011; siehe zur vergleichbaren Situation der mangelnden Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009 - IV ZB 35/08, ZEV 2009, 246 Rn. 9 [BGH 21.01.2009 - IV ZB 35/08] mwN).

3

2.

Der Beklagte hat zur Glaubhaftmachung seiner Beschwer lediglich darauf abgestellt, dass das Berufungsgericht den Streitwert auf 50.000 € festgesetzt und ihm 3/4 der Kosten auferlegt hat, was seiner Ansicht nach zu einer Beschwer in Höhe von 37.500 € führen soll. Damit ist eine 20.000 € übersteigende Beschwer nicht glaubhaft gemacht.

4

a)

Schon die Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts steht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach sich der Streitwert einer Vollstreckungsgegenklage, die gegen die Vollstreckung eines Urteils zur Auskunftserteilung bzw. Rechnungslegung gerichtet ist, nach dem Interesse des Klägers (=Schuldner der Auskunft) richtet, die Auskünfte nicht erteilen zu müssen (siehe dazu etwa BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009 IV ZB 35/08, ZEV 2009, 246 Rn. 10 ff., 13; ebenso schon seit langem die Literatur, s. nur Musielak/Heinrich, ZPO, 8. Aufl., § 3 Rn. 39 "Zwangsvollstreckung" m.w.N.). Das Interesse des Klägers, die Auskünfte nicht erteilen bzw. die Schlussrechnung nicht erstellen zu müssen, hat der Senat bereits im Beschluss vom 8. Juni 2009 (II ZR 207/08, [...]) mit bis zu 15.000 € bewertet. 3/4 der Kosten würden mithin auf Seiten des Beklagten einen Betrag von 11.250 € ausmachen.

5

b)

Darauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an. Der Beklagte verkennt, dass der Wert der Beschwer des unterlegenen Beklagten einer Vollstreckungsabwehrklage sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs danach richtet, inwieweit die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt worden, er durch den rechtskräftigen Inhalt der Entscheidung mithin materiell belastet ist (BGH, Beschluss vom 23. September 1987 - III ZR 96/87, NJW RR 1988, 444; Urteil vom 20. September 1995 - XII ZR 220/94, NJW 1995, 3318; Beschluss vom 2. Juli 2009 - V ZB 40/09, NJW RR 2009,1431 Rn. 18; Beschluss vom 27. Januar 2011 - VII ZB 21/09, NJW-RR 2011, 489 Rn. 8). Materiell beschwert ist der Beklagte lediglich dadurch, dass der Kläger "derzeit" mangels Mitwirkung des Beklagten die Schlussrechnung nicht erstellen muss. Seine materielle Beschwer liegt mithin darin, dem Kläger nähere Angaben zu den halbfertigen Arbeiten an den mitgenommenen Mandatsakten zu machen. Da der Beklagte mit Schreiben vom 20. April 2010 den Wert der halbfertigen Arbeiten mit 18.746,73 € bereits beziffert hat, kann ihn der Aufwand, dem Kläger nunmehr die Angaben mitzuteilen, aus denen er diesen Betrag errechnet hat, stundenmäßig nicht mehr sehr belasten. Der Senat schätzt den Aufwand auf bis zu 3.000 € (§ 3 ZPO).

Bergmann
Reichart
Strohn
Caliebe
RiBGH Sunder ist erkrankt und an der Unterschrift verhindert
Bergmann

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