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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 27.09.2011, Az.: II ZR 256/09
Grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Art der Ermittlung der Bezugsgröße der quotalen Haftung des Gesellschafters für Darlehensverbindlichkeiten
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 27.09.2011
Referenz: JurionRS 2011, 29089
Aktenzeichen: II ZR 256/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Köln - 23.08.2004 - AZ: 5 O 406/03

OLG Köln - 30.09.2009 - AZ: 13 U 168/04

Rechtsgrundlage:

§ 256 ZPO

BGH, 27.09.2011 - II ZR 256/09

Redaktioneller Leitsatz:

1.

Der Haftungsanteil eines Gesellschafters bezieht sich auf den Nominalbetrag eines Darlehens und nicht auf den jeweiligen Restsaldo. Die jeweilige Restsumme stellt nur die Obergrenze seiner Haftung dar. Zahlungen und sonstige Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen verringern die quotalen Haftungsbeträge der Gesellschafter nicht kraft Gesetzes, sondern nur dann, wenn dies mit dem Gesellschaftsgläubiger vereinbart worden ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich grundsätzlich nach dem Inhalt der die Gesellschaftsschuld begründenden Vereinbarung. So können Gesellschafter, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge noch nicht Gesellschafter waren, der finanzierenden Bank aus Gründen des Vertrauensschutzes ausnahmsweise auch eine im Gesellschaftsvertrag oder Fondsprospekt vorgesehene Haftungsbeschränkung entgegenhalten, sofern diese für die Bank mindestens erkennbar war. Das gilt aber nicht, wenn es dort heißt, dass die Gesellschafter quotal haften.

2.

EineTeilurteilsfähigkeit ist nicht Voraussetzung einer beschränkten Revisionszulassung. Vielmehr ist ausreichend, dass ein Kläger selbst seinen Antrag entsprechend beschränken könnte.

3.

Zwar entfällt das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage, wenn eine positive Leistungsklage erhoben wird und nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann. Dies steht aber einer Sachentscheidung in der Revisionsinstanz nicht entgegen, wenn das Berufungsgericht den Feststellungsantrag als unbegründet abgewiesen hat. Das Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO ist nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung.

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart und die Richter Dr. Drescher und Born

einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision gemäß § 552a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1.722.146,06 € festgesetzt (davon für die Feststellungsanträge 1.238.054,49 €).

Gründe

1

Die Revision ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht (mehr) vorliegen und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a ZPO).

2

1. Zulassungsgründe liegen nicht (mehr) vor.

3

a) Grundsätzliche Bedeutung oder ein Bedürfnis nach einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts besteht nicht mehr, weil die vom Berufungsgericht für klärungsbedürftig erachtete Frage, ob Bezugsgröße der quotalen Haftung des Gesellschafters für Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft der ursprüngliche Nominalbetrag des Darlehens oder die jeweilige, durch Zahlungen der Gesellschaft oder die Anrechnung von Erträgen aus einer Zwangsverwaltung des Gesellschaftsvermögens verminderte Restforderung ist, nicht mehr klärungsbedürftig ist. Der Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteilen vom 8. Februar 2011 (II ZR 243/09, ZIP 2011, 914 Rn. 17 ff. und II ZR 263/09, ZIP 2011, 914 Rn. 17 ff. [BGH 08.02.2011 - II ZR 243/09]) sowie mit Urteil vom 19. Juli 2011 (II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 45) entschieden, dass Zahlungen und sonstige Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen die quotalen Haftungsbeträge der Gesellschafter nicht kraft Gesetzes, sondern nur dann verringern, wenn dies mit dem Gesellschaftsgläubiger vereinbart wurde. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich grundsätzlich nach dem Inhalt der die Gesellschaftsschuld begründenden Vereinbarung.

4

b) Auch sonstige Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich, weil das Berufungsgericht die Frage, ob sich die quotale Haftung der Gesellschafter auf den Nominalbetrag des Darlehens oder die durch Leistungen oder Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen verminderte Restschuld bezieht, in Einklang mit der genannten neueren Rechtsprechung des Senats entschieden hat.

5

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

6

a) Hinsichtlich der Hauptanträge und des auf Feststellung gerichteten Begehrens, dass die Beklagte vor Inanspruchnahme der Gesellschafter zuerst das Grundstück verwerten müsse, ist die Revision unzulässig, weil sie insoweit nicht zugelassen ist. Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt auf das Begehren zugelassen, es solle festgestellt werden, dass der Kläger nur in Höhe der aus den Darlehensverträgen mit der Gesellschaft jeweils bestehenden Restschuld quotal hafte. Die Zulassungsbeschränkung ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils. Von einer beschränkten Zulassung der Revision ist aber auszugehen, wenn die Zulassung wegen einer bestimmten Rechtsfrage ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein kann (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4). Dies ist hier der Fall. Die Frage des Umfangs der quotalen Haftung ist nur für die Entscheidung über das Feststellungsbegehren, dass der Kläger nur quotal bezogen auf die jeweils bestehende Restschuld hafte, von Bedeutung, nicht aber für die sonstigen Anträge. Der Feststellungsantrag, dass der Kläger für die Darlehensverbindlichkeiten aus den genannten Verträgen nicht persönlich hafte, betrifft - ebenso wie der Zahlungsantrag, mit dem der Kläger als Schadensersatz Zahlung der Einlage und der geleisteten Nachschüsse, Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils, verlangt - nur die Frage, ob der Kläger überhaupt haftet, nicht jedoch die Frage, von welcher Bezugsgröße die quotale Haftung zu berechnen ist. Ebenso wenig ist für das Feststellungsbegehren, dass die Beklagte zuerst das Grundstück verwerten müsse, die Frage der Berechnung der quotalen Haftung von Bedeutung.

7

Die Beschränkung der Revisionszulassung ist auch wirksam. Ihrer Zulässigkeit steht entgegen der Auffassung der Revision nicht entgegen, dass die Entscheidung über diesen Antrag einem Teilurteil nicht zugänglich wäre, weil eine Haftung des Klägers sowohl aufgrund der Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz als auch wegen der nur quotalen Haftung des Klägers ausscheiden könnte. Abgesehen davon, dass nichts dafür vorgetragen und auch nicht ersichtlich ist, dass bei einem dem Feststellungsantrag entsprechenden Verständnis der quotalen Haftung die Haftung des Klägers für die Darlehensverbindlichkeiten gänzlich entfallen könnte, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, BGHZ 180, 77 Rn. 17 - UHU; Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 3; Beschluss vom 31. Mai 2010 - II ZR 105/09, ZIP 2010, 1898 Rn. 4) die Teilurteilsfähigkeit nicht Voraussetzung einer beschränkten Revisionszulassung; vielmehr ist ausreichend, dass der Kläger selbst seinen Antrag entsprechend beschränken könnte. So verhält es sich hier. Denn der Kläger könnte die Abweisung seiner auf Rückabwicklung der Fondsbeteiligung gerichteten Schadensersatzansprüche und der Feststellungsanträge, dass er für die Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft nicht hafte und die Beklagte zuerst das Grundstück verwerten müsse, hinnehmen und mit der Revision nur die Abweisung seines Feststellungsbegehrens, dass sich sein Haftungsanteil aus der jeweiligen Restschuld berechne, angreifen.

8

b) Soweit die Revision zugelassen worden ist, hat sie keinen Erfolg.

9

aa) Der (negative) Feststellungsantrag ist nicht unzulässig geworden, weil nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht über die -vor dem Landgericht Berlin unter anderem gegen den Kläger erhobene -Leistungsklage auf Zahlung des seiner Beteiligung an der Gesellschaft entsprechenden Darlehensbetrags mündlich verhandelt worden ist. Zwar entfällt das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage, wenn eine positive Leistungsklage erhoben wird und nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann. Dies steht aber einer Sachentscheidung des Senats hier jedenfalls deshalb nicht entgegen, weil das Berufungsgericht den Feststellungsantrag zu Recht als unbegründet abgewiesen hat. Das Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO ist nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung (BGH, Urteil vom 24. Februar 1954 - II ZR 3/53, BGHZ 12, 308, 316; Urteil vom 14. März 1978 - VI ZR 68/76, NJW 1978, 2031, 2032; BAG, BAGE 104, 324 = NJW 2003, 1755, 1756; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 256 Rn. 7; Musielak/Foerste, ZPO, 8. Aufl., § 256 Rn. 7).

10

bb) Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend angenommen, dass sich der - seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen entsprechende - Haftungsanteil des Klägers auf den Nominalbetrag des Darlehens und nicht auf den jeweiligen Restsaldo bezieht und die jeweilige Restsumme nur die Obergrenze seiner Haftung darstellt (Urteile vom 8. Februar 2011 - II ZR 243/09, ZIP 2011, 914 Rn. 17 ff. und - II ZR 263/09, ZIP 2011, 914 Rn. 17 ff.; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 45). Der Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft den Inhalt des Prospekts nicht berücksichtigt, greift nicht durch. Zwar können die Gesellschafter, die - wie hier der Kläger - zum Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge noch nicht Gesellschafter waren, der finanzierenden Bank aus Gründen des Vertrauensschutzes ausnahmsweise auch eine im Gesellschaftsvertrag oder Fondsprospekt vorgesehene Haftungsbeschränkung entgegenhalten, sofern diese für die Bank mindestens erkennbar war (BGH, Urteil vom 21. Januar 2002 - II ZR 2/00, BGHZ 150, 1, 5; Urteil vom 17. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 39 [BGH 19.07.2011 - II ZR 300/08], 56). Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 Rn. 43 f.), kann aber der von der Revision herangezogenen Formulierung im Prospekt (S. 25 der Dokumentation), wo es unter der Überschrift "Die Haftung der Gesellschafter" heißt,

... Soweit Gläubiger durch Grundpfandrechte gesichert sind, haftet zunächst das Grundstück - wie auch für öffentliche Lasten - insgesamt. Darüber hinaus haften die Gesellschafter nur quotal entsprechend ihrer Beteiligung.

nicht entnommen werden, dass Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen und die aus seiner Verwertung erzielten Erlöse die Haftung des einzelnen Gesellschafters gegenüber dem Gläubiger von vornherein reduzieren sollten.

Bergmann

Strohn

Reichart

Drescher

Born

Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme am 17. November 2011 erledigt worden.

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