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Bundesgerichtshof
Urt. v. 07.06.2011, Az.: XI ZR 212/10
Eine unechte Abschnittsfinanzierung ist ein Darlehen mit "veränderlichen Bedingungen" i.S.v. § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 BGB a.F.; Darstellung einer unechten Abschnittsfinanzierung als Darlehen mit "veränderlichen Bedingungen" i.S.v. § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 BGB a.F.; Herausgabepflicht von Kreditinstituten bzgl. tatsächlich gezogener Nutzungen soweit wirtschaftlich nutzbare Vermögenswerte rechtsgrundlos zugeflossen sind
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 07.06.2011
Referenz: JurionRS 2011, 18960
Aktenzeichen: XI ZR 212/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Berlin - 30.06.2009 - AZ: 10 O 170/09

KG Berlin - 31.05.2010 - AZ: 26 U 143/09

BGH, 07.06.2011 - XI ZR 212/10

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Eine Rückzahlung des Kredits in Teilbeträgen mit der Folge einer Pflicht zur Angabe des Gesamtbetrags liegt auch dann vor, wenn ein endfälliger Festkredit mit einem Bausparvertrag, einer Kapitallebensversicherung oder einem sonstigen Ansparvertrag derart verbunden ist, dass die Tilgung des Kredits für die Laufzeit des Darlehens ausgesetzt wird und dafür parallel Zahlungen auf den Ansparvertrag geleistet werden.

  2. 2.

    Kreditinstitute sind zur Herausgabe tatsächlich gezogener Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB verpflichtet, soweit ihnen Vermögenswerte rechtsgrundlos zugeflossen sind, die sie wirtschaftlich nutzen konnten.

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren,
in dem Schriftsätze bis zum 10. Mai 2011 eingereicht werden konnten,
durch
den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres,
die Richterin Mayen und
die Richter Dr. Ellenberger und Dr. Matthias
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg vom 31. Mai 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 10 des Landgerichts in Berlin-Charlottenburg vom 30. Juni 2009 wegen der Abweisung der Zahlungsklage in Höhe von 3.999,99 € nebst Zinsen sowie wegen der Abweisung der Feststellungsklage zurückgewiesen hat. Das erstgenannte Urteil wird insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Zivilkammer 10 des Landgerichts Berlin in Berlin-Charlottenburg vom 30. Juni 2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.999,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 249,99 € seit dem 31. März 2005, aus weiteren 249,99 € seit dem 30. Juni 2005, aus weiteren 249,99 € seit dem 30. September 2005, aus weiteren 249,99 € seit dem 31. Dezember 2005, aus weiteren 249,99 € seit dem 31. März 2006, aus weiteren 249,99 € seit dem 30. Juni 2006, aus weiteren 249,99 € seit dem 30. September 2006, aus weiteren 249,99 € seit dem 31. Dezember 2006, aus weiteren 249,99 € seit dem 31. März 2007, aus weiteren 249,99 € seit dem 30. Juni 2007, aus weiteren 249,99 € seit dem 30. September 2007, aus weiteren 249,99 € seit dem 31. Dezember 2007, aus weiteren 249,99 € seit dem 31. März 2008, aus weiteren 249,99 € seit dem 30. Juni 2008, aus weiteren 249,99 € seit dem 30. September 2008 und aus weiteren 249,99 € seit dem 31. Dezember 2008 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass das Darlehen der Beklagten (Darlehensnummer ) jährlich in Höhe von 4% zu verzinsen ist.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehenden Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in I. und II. Instanz sowie die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte.

Von den außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger ein Drittel und die Beklagte zwei Drittel.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Zinsen aus einem Darlehensvertrag, den der Kläger zur Finanzierung eines Anlagemodells mit der Bezeichnung "EuroPlan" abgeschlossen hat.

2

Der Kläger beteiligte sich im Jahre 2001 zum Zwecke der Altersvorsorge an dem aus drei Bausteinen bestehenden Anlagemodell EuroPlan, bei dem durch ein Darlehen (Baustein 1) eine einmalige Einzahlung in eine britische Lebensversicherung (Baustein 2) finanziert wird und gleichzeitig eine Beteiligung an einem Investmentfonds (Baustein 3) mit dem Ziel erfolgt, den Ertrag der Fondsbeteiligung später zur Darlehenstilgung zu verwenden. In diesem Zusammenhang unterschrieb der Kläger einen "ZEICHNUNGSSCHEIN Euro-Plan", in dem er einen Vermittler beauftragte, ihm ein Bruttodarlehen in Höhe von 111.111,11 € mit 10% Disagio, einer Zinsfestschreibung für zehn Jahre und einer Darlehenstilgung nach fünfzehn Jahren zu vermitteln. Zugleich zeichnete er eine Einmaleinlage in Höhe von 100.000 DM in den Pool 2000EINS der englischen Lebensversicherung "Clerical Medical Wealthmaster Noble Police" (im Folgenden: Lebensversicherung) sowie eine Beteiligung an dem Investmentfonds "Metzler Wachstum" (im Folgenden: Fonds) mit einer Einmaleinlage in Höhe von 5.000 € und einer monatlichen Sparrate in Höhe von 283 € bei fünfzehn Jahren Anspardauer.

3

Zur Finanzierung dieses Anlagemodells gewährte eine Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) dem Kläger mit Vertrag vom 6./28. August 2002 einen endfälligen Festkredit mit Tilgungsaussetzung in Höhe von 111.111,11 € mit einem Disagio von 10% des Bruttokreditbetrages. Der bis zum 31. Juli 2012 festgeschriebene Nominalzinssatz beträgt 4,90% p.a. bei vierteljährlich zu zahlenden Zinsen. Hierzu heißt es in der Vertragsurkunde:

"Vor Ablauf dieser Frist sind aufgrund der dann gegebenen Kapitalmarktverhältnisse neue Konditionen ggf. einschließlich Geldbeschaffungskosten zu vereinbaren. Kommt eine neue, schriftliche Vereinbarung nicht zustande, ist das Restdarlehen zum Ende der Zinsbindungsfrist zur Rückzahlung fällig."

4

Die Laufzeit des Darlehens betrug fünfzehn Jahre und soll am 31. Juli 2017 enden. Als Gesamtbelastung des Klägers wurde die "Gesamtsumme aller Darlehensleistungen" bis zum Ende der Zinsbindungsfrist in Höhe von 165.434,57 € angegeben. Als Sicherheiten trat der Kläger der Beklagten seine Ansprüche aus der Lebensversicherung ab und verpfändete ihr den Fondsanteil. Ergänzend erteilte die Beklagte dem Kläger in einem Anhang zum Darlehensvertrag "Hinweise zum Darlehen in Verbindung mit der Finanzierung des R. - EuroPlans". Darin heißt es im Hinblick auf die Risiken des EuroPlan-Modells, dass es geplant ist, die "Darlehenszinsen durch Erträge der Lebensversicherung zu begleichen". Weiter ist in Bezug auf die Investmentfondsanteile von der "geplanten Rückzahlung des Darlehens" die Rede. Zur Erläuterung des Anlagemodells erhielt der Kläger außerdem ein "EuroPlan Kurzexposé", in dem es unter anderem heißt:

"Statt wie bisher, für Ihre Altersversorgung eine Immobilie per Darlehen zu erwerben und über 20 bis 30 Jahre abzuzahlen, erwerben Sie beim EuroPlan eine Lebensversicherung mit Einmalbetrag per Darlehen. Das Darlehen zahlen Sie in 10 bis 15 Jahren mit einem anzusparenden Investmentfonds ab."

Unter der Überschrift "BAUSTEIN 1: Das Darlehen" heißt es sodann:

"Für das Darlehen zahlen Sie 10 - 15 Jahre nur die Zinsen. Diese erbringen Sie nicht aus Eigenkapital, sondern durch laufende Teilauszahlungen aus Ihrer Lebensversicherung. Nach 10 bis 15 Jahren wird das Darlehen mit Ihrem angesammelten Investmentfondsguthaben in einer Summe getilgt (siehe Baustein 3)."

Unter der Überschrift "BAUSTEIN 3: Der Investmentfonds" heißt es weiter:

"Zur Darlehenstilgung verwenden Sie beim EuroPlan einen Investmentfonds, den Sie aus Eigenkapital entweder laufend ansparen oder als Einmalanlage einbringen."

Dieser Erläuterung ist ein Piktogramm mit dem farblich und drucktechnisch hervorgehobenen Inhalt "Intelligentes Tilgungsinstrument" beigefügt.

5

Der Kläger hat ursprünglich die Rückzahlung des Disagios sowie der bei Zugrundelegung eines Zinssatzes von 4% p.a. in den Jahren 2003 bis 2008 von ihm zuviel gezahlten Zinsen in Höhe von 17.111,10 € nebst Rechtshängigkeitszinsen sowie der daraus gezogenen Nutzungen begehrt, weil der Darlehensvertrag keine Angaben über die bis zum Laufzeitende am 31. Juli 2017 anfallende Gesamtbelastung enthalte. Außerdem hat er die Feststellung verlangt, dass das Darlehen auch in Zukunft nur mit 4% p.a. zu verzinsen ist. Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.

6

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren hinsichtlich des Zahlungsantrages angesichts der Verjährungseinrede der Beklagten nur noch wegen der von ihm in den Jahren 2005 bis 2008 überzahlten Zinsen in Höhe von 3.999,99 € nebst Rechtshängigkeitszinsen, hinsichtlich des diesbezüglichen Nutzungsentgeltes sowie hinsichtlich der begehrten Feststellung weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist im Wesentlichen begründet.

I.

8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

9

Der Kläger könne eine Rückzahlung des Disagios sowie angeblich überzahlter Zinsen nicht beanspruchen, da im Darlehensvertrag keine Gesamtbetragsangabe erforderlich gewesen sei. Zwar hätten die Parteien eine Gesamtlaufzeit von 15 Jahren vereinbart und den Zinssatz nur bis zum 30. November 2012 festgeschrieben. Bei Vertragsschluss hätten jedoch die für die Gesamtlaufzeit maßgeblichen Eckdaten noch nicht festgestanden, weshalb es zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen sei, den Gesamtbetrag aller vom Kläger zu leistenden Zahlungen genau zu beziffern. Auch handele es sich vorliegend nicht um einen Darlehensvertrag mit veränderlichen Bedingungen. Zwar werde das Darlehen zum Ende des Finanzierungsabschnitts nicht ohne weiteres zur Rückzahlung fällig, weil weitere Verhandlungen und Vereinbarungen der Parteien darüber erforderlich seien, wann der Kläger das Darlehen an die Beklagte zurückzuzahlen habe. Die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger am Ende der Zinsbindungsfrist neue Darlehenskonditionen anzubieten, könne jedoch nicht bedeuten, dass der Kläger auf das neue Angebot der Beklagten eingehen müsse; vielmehr sei er insoweit in seiner Entscheidung frei gewesen, ob er das Angebot annehme oder ablehne. Zudem hätten die Parteien zwar die Rückführung des Darlehens mit Hilfe einer Tilgungsersatzleistung vereinbart, denn das Darlehen solle bei Fälligkeit durch den Verkauf der Fondsbeteiligung getilgt werden. Insoweit fehle es jedoch an einer engen Verbindung dergestalt, dass die Zahlungen auf den Ansparvertrag wirtschaftlich betrachtet als regelmäßige Tilgungsleistungen angesehen werden könnten. Da das Darlehen nach dem Ende der Zinsbindungsfrist nur weiterlaufen solle, wenn es zu einer Vereinbarung komme und der Restbetrag andernfalls zum Ende der Zinsbindungsfrist zur Rückzahlung fällig werde, liege keine unechte, sondern eine echte Abschnittsfinanzierung vor. Unabhängig davon seien die vermeintlichen Ansprüche des Klägers, soweit sie in den Jahren bis 2004 fällig geworden seien, verjährt.

II.

10

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in mehreren Punkten nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Erstattungsanspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hinsichtlich der von ihm seit dem 1. Januar 2005 überzahlten Zinsen und der daraus von der Beklagten gezogenen Nutzungen sowie den Feststellungsanspruch des Klägers verneint.

11

1.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schuldet der Kläger gemäß § 494 Abs. 2 Satz 2 BGB in der seit dem 1. August 2002 gültigen Fassung (im Folgenden: aF) nur die gesetzlichen Zinsen, da der Darlehensvertrag entgegen § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB in der seit dem 1. August 2002 gültigen Fassung (im Folgenden: aF) keine Angabe des Gesamtbetrags aller vom Kläger zu entrichtenden Teilzahlungen enthält.

12

a)

Im Ansatzpunkt zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass eine Pflicht zur Angabe des Gesamtbetrags gemäß § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB aF auch in Fällen besteht, in denen eine so genannte unechte Abschnittsfinanzierung vereinbart worden ist.

13

Dabei handelt es sich um Kredite, bei denen dem Verbraucher ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht eingeräumt, die Zinsvereinbarung jedoch nicht für den gesamten Zeitraum, sondern zunächst nur für eine bestimmte Festzinsperiode getroffen wird, wobei das Darlehen zum Ende des Finanzierungsabschnitts nicht ohne weiteres, sondern nur dann fällig wird, wenn der Darlehensnehmer der vorgeschlagenen Änderung der Konditionen widerspricht. Eine solche unechte Abschnittsfinanzierung ist ein Darlehen mit "veränderlichen Bedingungen" im Sinne von § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB aF, da die Zinskonditionen und das Vertragsschicksal bei Abschluss des Kreditvertrages noch nicht für die gesamte Laufzeit feststehen (st. Rspr., vgl. zuletzt Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 135/10, WM 2011, 656 Rn. 17 und XI ZR 136/10, [...] Rn. 18 mwN).

14

b)

Zu Recht rügt die Revision hingegen, dass das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft das Vorliegen dieser Voraussetzungen verneint hat.

15

Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in zwei Parallelfällen entschieden hat, wird nach dem Vertragsinhalt das hier für eine Laufzeit von fünfzehn Jahren gewährte Darlehen - entgegen der Rechtsansicht der Revisionserwiderung - nach Ablauf der Zinsbindungsfrist von zehn Jahren nicht ohne weiteres, sondern nur dann fällig, wenn vorher keine schriftliche Vereinbarung über neue Konditionen zustande kommt. Diese Regelung verpflichtet die Parteien - worauf die Revision zutreffend hinweist - dazu, vor dem Ablauf der Zinsbindungsfrist ernsthafte Verhandlungen über die zukünftigen Vertragskonditionen zu führen. Eine vorzeitige Fälligkeit des Restschuldbetrages kann mithin nur dann eintreten, wenn der Darlehensnehmer der im Rahmen dieser Verhandlungen von der Beklagten vorgeschlagenen Änderung der Konditionen widerspricht (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 135/10, WM 2011, 656 Rn. 18 und XI ZR 136/10, [...] Rn. 19).

16

2.

Anders als das Berufungsgericht meint, ist der von der Beklagten gewährte, endfällige Festkredit mit Tilgungsaussetzung auch im Sinne des § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB aF "in Teilzahlungen" zu tilgen.

17

a)

Eine Rückzahlung des Kredits in Teilbeträgen mit der Folge einer Pflicht zur Angabe des Gesamtbetrags liegt nach der Rechtsprechung des Senats auch dann vor, wenn ein endfälliger Festkredit mit einem Bausparvertrag, einer Kapitallebensversicherung oder einem sonstigen Ansparvertrag derart verbunden ist, dass die Tilgung des Kredits für die Laufzeit des Darlehens ausgesetzt wird und dafür parallel Zahlungen auf den Ansparvertrag geleistet werden. Aus der maßgeblichen Sicht des Darlehensnehmers, dessen Information § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB aF dient, ist es dabei von nachrangiger Bedeutung, ob die Tilgungsraten direkt an den Kreditgeber oder zunächst an eine Versicherung, eine Bausparkasse, eine Fondsgesellschaft oder an sonstige Partner eines Ansparvertrages erbracht werden, wenn nur von vornherein feststeht, dass diese Zahlungen mindestens zur teilweisen Rückzahlung des Kredits verwendet werden sollen (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 135/10, WM 2011, 656 Rn. 20 und XI ZR 136/10, [...] Rn. 21 mwN).

18

b)

Eine solche Tilgung des Kredits in Teilbeträgen liegt auch bei Darlehensverträgen vor, die Kreditnehmern - wie hier - im Rahmen des Anlagemodells EuroPlan gewährt werden. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, stand von vornherein fest, dass nicht nur die an den Fonds zu erbringende Einmalzahlung in Höhe von 5.000 €, sondern auch die an ihn zu leistenden monatlichen Zahlungen in Höhe von 283 € bei planmäßigem Verlauf der vertraglichen Beziehungen zur Tilgung des Darlehens verwendet werden sollen. Die enge Verbindung zwischen Kredit, Tilgungsaussetzung und gleichzeitig anzusparender Fondsbeteiligung sowie deren Tilgungsfunktion ergibt sich - worauf die Revision zutreffend hinweist - entgegen der nicht näher begründeten gegenteiligen Ansicht des Berufungsgerichts aus der Verflechtung der drei "Bausteine" des Anlagemodells EuroPlan. Ausweislich sowohl des Zeichnungsscheines als auch des Kurzexposés und der dem Darlehensvertrag beigefügten Hinweise der Beklagten ist die Fondsbeteiligung von vornherein als "Intelligentes Tilgungsinstrument" für das Darlehen konzipiert. Angesichts der wechselseitigen Abhängigkeit von darlehensfinanzierter Lebensversicherung und fondsgestützter Darlehenstilgung bedurfte es keiner ausdrücklichen Vereinbarung im Kreditvertrag selbst darüber, dass das Darlehen zumindest teilweise durch den Ertrag des Investmentfonds getilgt werden soll. Aus der maßgeblichen Sicht des Klägers als Verbraucher konnte deshalb kein Zweifel daran bestehen, dass seine für die Fondsbeteiligung zu erbringenden monatlichen Zahlungen wirtschaftlich entsprechenden monatlichen Tilgungsleistungen an den Kreditgeber gleichstehen.

19

Entgegen der Rechtsansicht der Revisionserwiderung steht auch der spekulative Charakter einer Investmentfondsbeteiligung als Ansparvertrag deren enger Verbindung mit einem später zu tilgenden Darlehen nicht entgegen. Ebenso wie bei einem Investmentfonds haben auch bei Lebensversicherungen und Bausparverträgen zahlreiche, bei Vertragsabschluss nicht berechenbare Faktoren Einfluss darauf, ob und in welchem Umfang dem Verbraucher bei Vertragsende eine Ansparleistung zur Verfügung steht. Insbesondere die Erträge von Kapitallebensversicherungen, die ihr Vermögen zumindest teilweise in Aktien- oder Immobilienfonds anlegen, werden deshalb in ähnlicher Weise wie die streitgegenständliche Investmentfondsbeteiligung von spekulativen Elementen beeinflusst.

20

c)

Rechtsfehlerhaft ist schließlich auch die Auffassung des Berufungsgerichts, bei Abschluss des Darlehensvertrages hätten die für eine Berechnung der Gesamtbelastung des Klägers maßgeblichen Eckdaten noch nicht festgestanden, weshalb es zu diesem Zeitpunkt unmöglich gewesen sei, den Gesamtbetrag aller bis zum Ende der Vertragslaufzeit zur Tilgung des Kredits zu entrichtenden Teilleistungen zu beziffern. Wie der Senat für vergleichbare Fälle unechter Abschnittsfinanzierungen bereits wiederholt entschieden hat, rechtfertigt dies nicht, von einer Gesamtbetragsangabe im Sinne von § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB aF gänzlich abzusehen. Die Angabe hat vielmehr auch hier auf der Grundlage der bei Abschluss des Darlehensvertrages geltenden Anfangskonditionen zu erfolgen (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 135/10, WM 2011, 656 Rn. 23 und XI ZR 136/10, [...] Rn. 24 mwN).

21

3.

Die danach gemäß § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB aF erforderliche Angabe des Gesamtbetrags aller vom Kläger zu entrichtenden Teilzahlungen fehlt im Kreditvertrag. Dies hat, nachdem die Darlehensvaluta vereinbarungsgemäß ausgezahlt wurde, nach § 494 Abs. 2 Satz 2 BGB aF zur Folge, dass der Kläger nur den gesetzlichen Zinssatz in Höhe von 4% p.a. (§ 246 BGB) schuldet.

22

a)

Der Kläger hat deshalb gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB einen - unstreitig nicht verjährten - Anspruch auf Rückzahlung der von ihm seit dem 1. Januar 2005 auf den Darlehensnennbetrag rechtsgrundlos gezahlten Zinsen in Höhe der Differenz zwischen dem gesetzlichen Zinssatz von 4% p.a. und dem vertraglich vereinbarten Zinssatz von 4,90%. Der von der Beklagten rechtsgrundlos erlangte Zinsdifferenzbetrag beträgt 0,90% p.a. aus 111.111,11 €, mithin jährlich 999,99 €, so dass sich für den geltend gemachten Zeitraum ab dem 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 ein Betrag von 3.999,99 € ergibt.

23

b)

Außerdem hat der Kläger gemäß § 818 Abs. 1 BGB Anspruch auf Erstattung der von der Beklagten aus den ohne Rechtsgrund vereinnahmten Zinsbeträgen gezogenen Nutzungen.

24

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind Kreditinstitute zur Herausgabe tatsächlich gezogener Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB verpflichtet, soweit ihnen Vermögenswerte rechtsgrundlos zugeflossen sind, die sie wirtschaftlich nutzen konnten. Ist - wie hier - Geld der Gegenstand eines Anspruches aus ungerechtfertigter Bereicherung, sind die tatsächlich erlangten Zinsen seit der Entstehung des Anspruches herauszugeben. Dabei entspricht es der Lebenserfahrung, dass Kreditinstitute vereinnahmte Gelder zinsbringend anlegen (Senatsurteile vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 und vom 14. Mai 2002 - XI ZR 148/01, [...] Rn. 23, jeweils mwN).

25

Die Höhe der von der Beklagten gezogenen Nutzungen im Sinne von § 818 Abs. 1 BGB ist, wenn - wie hier - hinreichende Angaben zur Berechnung der durchschnittlichen Wiederanlagezinsen fehlen, gemäß § 287 Abs. 1 ZPO zu schätzen. Dabei sind das allgemeine Zinsniveau und seine Veränderungen in dem Zeitraum, in dem der rechtgrundlos erlangte Betrag zur Anlage zur Verfügung stand, zu berücksichtigen. Dies kann durch Anknüpfung an den jeweiligen Basiszinssatz und einen Aufschlag von 5 Prozentpunkten erfolgen, denn was für die Berechnung des Verzugsschadens nach § 288 Abs. 1 BGB zugunsten einer Bank gilt, muss auch bei der Schätzung von Nutzungszinsen nach § 818 Abs. 1 BGB zu ihren Lasten gelten (Senatsurteile vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 f. und vom 14. Mai 2002 - XI ZR 148/01, [...], Rn. 23).

26

c)

Neben dem Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB steht dem Kläger kein Anspruch auf Prozesszinsen nach § 291 BGB zu, denn diese haben die Funktion, den Nachteil auszugleichen, den der Kläger dadurch erleidet, dass er infolge nicht rechtzeitiger Zahlung des Schuldners daran gehindert ist, einen ihm zustehenden Geldbetrag zu nutzen. Wenn dem Kläger - wie hier - ein Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zuerkannt wird, ist dieser Nachteil ausgeglichen. Die zusätzliche Zubilligung von Prozesszinsen in gleicher Höhe würde ihn ohne Grund besser stellen, als er bei rechtzeitiger Zahlung gestanden hätte (Senatsurteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1327 mwN).

27

d)

Gleichfalls aus § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB aF in Verbindung mit § 494 Abs. 2 Satz 2 BGB aF begründet ist hingegen der Antrag des Klägers auf die Feststellung, dass das Darlehens während der verbleibenden Restlaufzeit bis zum 31. Juli 2017 nur in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4% p. a. (§ 246 BGB) zu verzinsen ist.

III.

28

Das Berufungsurteil ist daher unter Zurückweisung der Revision im Übrigen aufzuheben, soweit das Berufungsgericht einen Zahlungsanspruch in Höhe von 3.999,99 € nebst der daraus von der Beklagten seit dem 1. Januar 2005 gezogenen Nutzungen sowie das Feststellungsbegehren des Klägers verneint hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und der Klage in dem vorbezeichneten Umfang stattzugeben.

Wiechers
Joeres
Mayen
Ellenberger
Matthias

Von Rechts wegen

Verkündet am: 7. Juni 2011

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