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Bundesgerichtshof
Urt. v. 06.04.2011, Az.: VIII ZR 199/10
Die Begründung einer Mieterhöhung muss keine Abgrenzung auf die Wohnung entfallenden Kosten der Wirtschaftseinheit enthalten
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Versäumnisurteil
Datum: 06.04.2011
Referenz: JurionRS 2011, 16275
Aktenzeichen: VIII ZR 199/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Brandenburg - 25.09.2009 - AZ: 37 C 312/08

LG Potsdam - 09.07.2010 - AZ: 11 S 141/09

Fundstellen:

BBB 2011, 61

DB 2011, 8

Info M 2011, 275

MDR 2011, 779-780

MietRB 2011, 203-204

MK 2011, 130-131

NJW-RR 2011, 948-949 "Wirtschaftseinheit"

NJW-Spezial 2011, 450

NZM 2011, 545

RdW 2011, 747-748

WuM 2011, 371-372

ZMR 2011, 706-707

BGH, 06.04.2011 - VIII ZR 199/10

Amtlicher Leitsatz:

WoBindG § 10 Abs. 1 Satz 2

Zu den Anforderungen an die Begründung einer Mieterhöhung nach § 10 Abs. 1 WoBindG.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2011
durch
den Vorsitzenden Richter Ball,
die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel,
den Richter Dr. Achilles sowie
die Richterin Dr. Fetzer
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 9. Juli 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 25. September 2009 wird vollumfänglich zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist seit 1993 Mieterin einer Wohnung der Klägerin. Nach § 1 des Mietvertrags handelt es sich um öffentlich geförderten Wohnraum im Sinne des II. Wohnungsbaugesetzes.

2

Mit Schreiben vom 10. April 2007 erhöhte die Klägerin die Miete ab 1. Mai 2007 nach § 10 Abs. 1 WoBindG um monatlich 36,27 €, weil sich ihre Kosten infolge des Auslaufens einer öffentlichen Förderung durch ein Darlehen der Investitionsbank des Landes Brandenburg erhöht hatten. Dem Mieterhöhungsschreiben war eine als "Berechnung der Durchschnittsmiete" bezeichnete Anlage beigefügt, in der die laufenden Aufwendungen der Klägerin angegeben waren. Die Beklagte zahlte die erhöhte Miete erst ab September 2007.

3

Die Klägerin hat unter anderem Zahlung der Erhöhungsbeträge für die Monate Mai bis August 2007 (insgesamt 145,08 €) nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, das Landgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin insoweit die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagte in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff.).

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

6

Bei der Wohnung der Beklagten handele es sich - wie im Mietvertrag vom 28. September 1993 ausgeführt - um eine öffentlich geförderte Wohnung im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Die von der Klägerin vorgenommene Mieterhöhung sei zwar grundsätzlich statthaft, weil mit dem Auslaufen des Darlehensvertrages mit der Investitionsbank des Landes Brandenburg eine öffentliche Förderung weggefallen sei. Sie genüge aber den formellen Anforderungen des § 10 Abs. 1 WoBindG nicht und sei deshalb unwirksam. Denn die dem Mieterhöhungsschreiben beigefügte Berechnung enthalte nur Angaben zu den auf die Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 458,78 qm entfallenden Aufwendungen. Die Klägerin habe es versäumt, auch die auf die Wirtschaftseinheit entfallenden Gesamtkosten mitzuteilen, zu der auch nicht als Wohnungen genutzte Flächen gehörten. Die Mitteilung der Gesamtkosten sowie eine Abgrenzung der nicht auf die Wohnflächen entfallenden Kosten seien erforderlich, damit der Mieter die Angaben des Vermieters zur Erhöhung nachprüfen könne. Anderenfalls müsste der Mieter bei einer Einsicht in die Unterlagen der Wirtschaftlichkeitsberechnung ausrechnen, welche Kosten auf die Wohnfläche und welche Kosten auf die sonstigen Flächen entfielen.

II.

7

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Klägerin steht die für die Monate Mai bis August 2007 geltend gemachte restliche Miete zu. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 10. April 2007 sei aus formellen Gründen unwirksam und die Beklagte deshalb nicht zur Zahlung der erhöhten Miete verpflichtet. Das Berufungsgericht überspannt die an eine Mieterhöhung nach § 10 Abs. 1 WoBindG zu stellenden Anforderungen.

8

1.

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1, 2 WoBindG kann der Vermieter die Miete durch schriftliche Erklärung erhöhen, wenn der Mieter nur zur Entrichtung eines geringeren als des nach dem Gesetz zulässigen Entgelts verpflichtet ist. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung berechnet und erläutert ist. Nach § 10 Abs. 1 Satz 3 WoBindG sind zudem eine Wirtschaftlichkeitsberechnung oder ein Auszug daraus, der die Höhe der laufenden Aufwendungen erkennen lässt, beizufügen.

9

Diesen Anforderungen wird das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 1. Mai 2007 gerecht. Der Beklagten wird darin mitgeteilt, dass sich die laufenden Aufwendungen für die Mietwohnungen infolge des Wegfalls einer öffentlichen Förderung durch die Investitionsbank des Landes Brandenburg erhöht hätten und sich nunmehr auf 5,27 € je qm beliefen. Weiter ist ausgeführt, dass die Miete zur Vermeidung sozialer Härtefälle (nur) auf einen Betrag von 4,19 € je qm angehoben werde und sich die Kaltmiete für die Beklagte um 36,27 € auf 271,13 € monatlich erhöhe. In der dem Mieterhöhungsschreiben beigefügten Anlage sind die laufenden Aufwendungen für die sechs Mietwohnungen (Gesamtfläche: 458,78 qm) im Einzelnen aufgeführt und mit insgesamt 29.015,31 € jährlich oder 2.417,94 € monatlich beziffert.

10

2.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Mieterhöhungsverlangen nicht deshalb aus formellen Gründen unwirksam, weil die Klägerin nicht die Gesamtkosten der - auch nicht zu Wohnzwecken genutzte Flächen umfassenden - Wirtschaftseinheit mitgeteilt und davon die auf die Wohnungen entfallenden Kosten in dem Mieterhöhungsverlangen oder den beigefügten Unterlagen abgegrenzt hat. Eine dahin gehende Verpflichtung des Vermieters lässt sich § 10 Abs. 1 WoBindG nicht entnehmen.

11

Der Mieter soll nach der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 1 WoBindG darüber informiert werden, weshalb die Miete erhöht wird (hier wegen erhöhter Aufwendungen infolge des Wegfalls einer Förderung). Aus der beizufügenden Wirtschaftlichkeitsberechnung oder einem die laufenden Aufwendungen des Vermieters für den preisgebundenen Wohnraum ausweisenden Auszug kann der Mieter sodann ersehen, ob sich der Vermieter auch mit der erhöhten Miete noch im Rahmen der ihm durch § 8 Abs. 1 WoBindG auferlegten Verpflichtung hält, die Wohnung nicht gegen ein höheres Entgelt zum Gebrauch zu überlassen, als zur Deckung seiner laufenden Aufwendungen erforderlich ist. Damit sind die Interessen des Mieters hinreichend gewahrt, denn für eine Kontrolle der Angaben des Vermieters zu seinen Aufwendungen auf ihre sachliche Richtigkeit steht dem Mieter nach § 8 Abs. 4 WoBindG, § 29 Abs. 1 NMV ein umfassendes und an keine weiteren Voraussetzungen geknüpftes Auskunfts- und Einsichtsrecht zur Verfügung (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 10/83, BGHZ 89, 284, 294 f.). Anders als das Berufungsgericht offenbar meint, verfolgt das Begründungserfordernis in § 10 Abs. 1 Satz 2 Wo-BindG nicht den Zweck, dem Mieter, der mittels Belegeinsicht kontrollieren will, ob der Vermieter einer größeren Wirtschaftseinheit die auf den geförderten Wohnraum entfallenden Aufwendungen richtig ermittelt hat, dabei etwa erforderliche Rechenschritte von vornherein zu ersparen.

III.

12

Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst, da die materielle Berechtigung der Mieterhöhung zwischen den Parteien nicht im Streit steht und es deshalb keiner weiteren Feststellungen bedarf. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts ist daher (auch) insoweit zurückzuweisen, als sie sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von rückständiger Miete in Höhe von 145,08 € nebst Zinsen durch das Amtsgericht richtet.

Ball
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Achilles
Dr. Fetzer

Von Rechts wegen

Verkündet am: 6. April 2011

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