Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Beschl. v. 02.03.2011, Az.: IV ZR 231/09
Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde bei einer im Zeitpunkt der Einlegung einen Wert von 20.000 EUR nicht überschreitenden Beschwer
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 02.03.2011
Referenz: JurionRS 2011, 12082
Aktenzeichen: IV ZR 231/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Aachen - 21.11.2008 - AZ: 9 O 120/07

OLG Köln - 27.10.2009 - AZ: 15 U 61/09

Rechtsgrundlagen:

§ 26 Nr. 8 EGZPO

§ 38 InsO

§ 53 InsO

§ 54 InsO

§ 55 InsO

§ 182 InsO

§ 2 Abs. 1 InsVV

§ 3 InsVV

§ 8 Abs. 3 InsVV

BGH, 02.03.2011 - IV ZR 231/09

Redaktioneller Leitsatz:

Die Regelung des § 182 InsO gilt auch für die Ermittlung des Wertes der mit einer Revision geltend zu machenden Beschwer.

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Kessal-Wulf,
die Richterin Harsdorf-Gebhardt,
die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und
die Richterin Dr. Brockmöller
am 2. März 2011
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Oktober 2009 wird verworfen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Wert: bis 16.000 €

Gründe

1

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des D. S. (im Folgenden: Schuldner). Die Beklagte, die Ehefrau des Schuldners, begehrt mit der allein den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildenden Widerklage die Feststellung einer Forderung von 184.000 € zur Insolvenztabelle. Der Schuldner war Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, auf dem die Beklagte an verschiedenen Wochentagen einen "Swinger-Club" betrieb. Sie behauptet, dem Schuldner insgesamt 184.000 € darlehensweise für Umbaumaßnahmen an dem Grundstück sowie zur Begleichung seiner Kreditverpflichtungen zur Verfügung gestellt zu haben. Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Die Revision ist nicht zugelassen worden. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.

2

II.

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 € nicht, § 26 Nr. 8 EGZPO.

3

1.

Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend. Nach § 182 InsO bestimmt sich der Wert des Streitgegenstandes einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten wird, nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Diese Regelung gilt sowohl für den Gebührenals auch für den Zuständigkeitsund Rechtsmittelstreitwert, mithin auch für die Ermittlung des Wertes der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - VII ZR 200/05, ZIP 2007, 247 unter II 1).

4

Der Wert der Beschwer ist im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ohne Bindung an eine vorherige Streitwertfestsetzung durch das Berufungsgericht von Amts wegen zu bestimmen. Es obliegt dem Beschwerdeführer darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er mit der beabsichtigten Revision die Änderung des Berufungsurteils in einem Umfang erstreben will, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt (BGH aaO). Dabei ist regelmäßig auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 9. September 1999 - IX ZR 80/99, VersR 2001, 731 unter II 2; Graf/Schlicker, InsO 2. Aufl. § 182 Rn. 8).

5

2.

Auf dieser Grundlage hat die Beklagte glaubhaft gemacht, dass im Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 8. Dezember 2009 der Wert der Beschwer 20.000 € überschritt. Zwar hatte das Berufungsgericht den Streitwert mit Beschluss vom 24. März 2009 vorläufig auf 62.000 € festgesetzt und diesen Wert dann auch im Berufungsurteil übernommen. Hierbei hat es bei der von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemachten Forderung von 184.000 € die Quote nach § 182 InsO "in Ermangelung verlässlicher Anhaltspunkte derzeit auf 1/3 des behaupteten Anspruchs, mithin auf rund 62.000 €" geschätzt. Diesen Wert hat die Beklagte auch ihrer Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde gelegt.

6

Tatsächlich ist mit einer derartigen Quote von 1/3 aber nicht zu rechnen. Im Rahmen seiner Schätzungsbefugnis bei der Wertbestimmung hat das Gericht sämtliche Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen (BGH aaO unter II 3). Insbesondere kann es die Insolvenzakten beiziehen und auswerten sowie eine Auskunft des Insolvenzverwalters einholen (BGH aaO), wovon der Senat hier jeweils Gebrauch gemacht hat. Hieraus ergibt sich, dass sich in der Masse ausweislich des Berichts des Klägers an das Insolvenzgericht vom 7. Dezember 2009 ein Betrag von 66.297,41 € befand. Nach § 53 InsO sind aus der Insolvenzmasse die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen. Zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zählen nach § 54 Nr. 1 InsO zunächst die Gerichtskosten, die sich auf 2.696 € belaufen. Hinzu kommen nach § 54 Nr. 2 InsO die Vergütungen und Auslagen des Klägers. Seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde durch das Insolvenzgericht auf 11.873,30 € festgesetzt. Eine Festsetzung seiner Vergütung als Insolvenzverwalter fehlt bisher. Ausgehend von Aktiva in Höhe von 66.297,41 € berechnet sich nach § 2 Abs. 1 InsVV die Regelvergütung mit 17.390,82 €. Auch ohne Berücksichtigung von Zuschlägen nach § 3 InsVV ergibt sich zuzüglich der Auslagenpauschale nach § 8 Abs. 3 InsVV mit 30% der Regelvergütung, hier 5.217,25 €, sowie der Mehrwertsteuer eine Gesamtvergütung von 26.903,60 €. Unter Hinzurechnung von 2.000 € Steuerberaterkosten als sonstiger Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO liegen die Forderungen der Massegläubiger insgesamt bei 43.472,90 €, so dass für die übrigen Gläubiger eine freie Masse von 22.824,51 € verbleibt.

7

Die festgestellten Forderungen der übrigen Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO liegen bei 76.977,04 €. Zuzüglich der von der Beklagten geltend gemachten 184.000 € beläuft sich die Summe der geltend gemachten Forderung auf 260.977,04 €. Der Anteil der Forderung der Beklagten liegt bei 70,5%, so dass sie von der freien Masse - selbst ohne Berücksichtigung der Verfahrenskosten - allenfalls einen Betrag von 15.977,16 € beanspruchen könnte. Ihre Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Dr. Kessal-Wulf
Harsdorf-Gebhardt
Dr. Karczewski
Lehmann
Dr. Brockmöller

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.