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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 13.10.2010, Az.: BLw 4/10
Wertmindernde Berücksichtigung einer auf einem Hofgrundstück ruhenden "latenten" Steuerlast bei der Bestimmung des Werts eines Landguts und bei der Berechnung der Pflichtteilsansprüche in Bezug auf Nachabfindungsansprüche nach der Höfeordnung (HöfeO)
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 13.10.2010
Referenz: JurionRS 2010, 26295
Aktenzeichen: BLw 4/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Soest - 07.03.2008 - AZ: 7 Lw 80/04

OLG Hamm - 09.03.2010 - AZ: I-10 W 50/08

Rechtsgrundlagen:

§ 13 HöfeO

Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGGRG

§ 24 Abs. 2 Nr. 1, 2 LwVG

Fundstellen:

AUR 2011, 313

ZEV 2011, 89-90

BGH, 13.10.2010 - BLw 4/10

Redaktioneller Leitsatz:

Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Divergenz setzt voraus, dass das Beschwerdegericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abgewichen ist.

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat
am 13. Oktober 2010
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und
die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub
- gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG
ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter -
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. März 2010 wird auf Kosten des Beteiligten zu 3, der den Beteiligten zu 1 und zu 2 auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 206.321,20 €.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller machen gegen den Antragsgegner - soweit hier noch von Interesse - Nachabfindungsansprüche nach § 13 HöfeO in Höhe von je 230.000 € nebst Zinsen geltend. Das Landwirtschaftsgericht hat dem Antrag in Höhe von je 123.005,30 € nebst Zinsen stattgegeben, das Oberlandesgericht hat den zu zahlenden Betrag auf je 227.281,97 € nebst Zinsen angehoben. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde, soweit ihm aufgegeben worden ist, mehr als je 124.121,37 € nebst Zinsen zu zahlen. Er meint, das Beschwerdegericht habe rechtsfehlerhaft die mit der die Nachabfindung auslösenden Grundstücksveräußerung verbundenen Steuerbelastungen als nicht erlösmindernd erachtet.

II.

2

1.

#Nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGGRG sind auf das Rechtsmittel die bis zum 1. September 2009 geltenden Vorschriften über die Rechtsbeschwerde in §§ 24 ff. LwVfG aF anzuwenden. Danach ist die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof unzulässig, weil das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG), ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht gegeben ist und auch die Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG nicht vorliegen.

3

Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Divergenz setzt voraus, dass das Beschwerdegericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abgewichen ist. Das Rechtsmittel dient der Wahrung der Rechtseinheit und ist auf die Fälle beschränkt, in denen das Beschwerdegericht einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der in Widerspruch zu einem tragenden Rechtssatz einer Vergleichsentscheidung steht (st. Rspr. des Senats: vgl. Beschluss vom 1. Juni 1977 - V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328; Beschluss vom 30. April 1992 - BLw 11/91, AgrarR 1993, 114, 115). Zur Begründung der Abweichung muss der Rechtsbeschwerdeführer die in der Vergleichs- und in der angefochtenen Entscheidung verschieden beantwortete Rechtsfrage bezeichnen und darlegen, inwieweit beide Entscheidungen die gleiche Rechtsfrage verschieden beantworten und dass die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1983 - V BLw 18/83, BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es.

4

2.

Zuzustimmen ist der Rechtsbeschwerde allein in dem die angefochtene Entscheidung betreffenden Ausgangspunkt. Der Beschluss des Beschwerdegerichts beruht auf dem in den Gründen aufgestellten Rechtssatz, dass der Hoferbe nach § 13 Abs. 5 Satz 1 HöfeO von dem aus der Veräußerung des Hofes oder eines zum Hof gehörenden Grundstücks erzielten Erlöses nur die Einkommensteuer absetzen darf, die er auf Grund der Veräußerung tatsächlich gezahlt hat oder zahlen muss. Eine von dem Hoferben abstrakt, nach der Belastung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns errechnete Einkommenssteuer ist nach der Auffassung des Beschwerdegerichts dagegen eine "fiktive" Steuerschuld des Hoferben und als solche nicht abzugsfähig.

5

In den von der Rechtsbeschwerde bezeichneten Vergleichsentscheidungen ist jedoch kein hiervon abweichender Rechtssatz zu finden.

6

a)

Der von ihr zitierte Beschluss des Oberlandesgerichts Celle (AgrarR 1991, 248 f. = RdL 1991, 18 ff.) entscheidet, was die Rechtsbeschwerde auch einräumt, die Rechtsfrage, ob die in § 13 Abs. 5 Sätze 1 und 4 HöfeO genannten Abzüge (wegen öffentlicher Lasten aus der Veräußerung, eigener Leistungen des Hoferben und aus Billigkeitsgründen) vom Erlös vor oder nach der allgemeinen Minderung nach § 13 Abs. 5 Satz 5 HöfeO (sog. Degressionsabschlag) vorzunehmen sind. Zu der in der angefochtenen Entscheidung beantworten Rechtfrage, welche steuerliche Belastung der Hoferbe (die auf den Veräußerungsgewinn entfallende oder die von ihm zu zahlende Einkommensteuer) von dem erzielten Verkaufserlös absetzen kann, äußert sich die Vergleichsentscheidung dagegen überhaupt nicht (so auch Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 9. Aufl., Rn. 122). In dem zitierten Beschluss des Oberlandesgerichts Celle hat dieses auch nicht -wie von der Rechtsbeschwerde geltend gemacht - den Rechtssatz gebildet, dass Steuerlasten als abstrakte Verbindlichkeiten abzugsfähig seien, deren Höhe insoweit auch nach § 287 ZPO geschätzt werden könne.

7

b)

Die von der Rechtsbeschwerde zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 22. Oktober 1986 - IV ZR 143/85, BGHZ 98, 382, 389 und vom 11. März 1992 - IV ZR 62/91, NJW-RR 1992, 770, 771) sind ebenfalls keine zur Darlegung einer Divergenz geeigneten Vergleichsentscheidungen. Soweit die Rechtsbeschwerde vorbringt, dass in jenen Entscheidungen latente, abstrakte Steuerverpflichtungen als Passiva grundsätzlich anerkannt worden seien, übersieht sie, dass insoweit nicht über die gleiche Rechtsfrage entschieden worden ist. Daran fehlt es, wenn die zur Darlegung einer Divergenz aufgezeigten Abweichungen Rechtsvorschriften mit unterschiedlichen Inhalten und Gegenständen betreffen (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Oktober 1955 - V BLw 32/55, RdL 1956, 15, 16). So ist es hier.

8

Die von der Rechtsbeschwerde angeführten Rechtssätze in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs betreffen die Bestimmung des Werts des Nachlasses zur Berechnung des Anspruchs auf den Pflichtteil (§§ 2301, 2317 BGB). Gehören zu dem vornehmlich aus einem Landgut (§ 2312 BGB) bestehenden Nachlass auch Grundstücke, die Bauerwartungsland sind, ist die aus der baulichen Entwicklung begründete Wertsteigerung in dem für die Berechnung der Pflichtteilsansprüche maßgeblichen Zeitpunkt des Erbfalls (§§ 2311 Abs. 1 Satz 1 BGB) zwar bereits eingetreten, hat sich bei dem Erben aber noch nicht in einem Geldzufluss verwirklicht. Da der anzusetzende Wert der Flächen nicht durch deren Bewirtschaftung, sondern nur durch deren Verkauf realisiert werden kann, ist eine auf diesen Grundstücken ruhende "latente" Steuerlast bei der Bestimmung des Werts des Landguts bei der Berechnung der Pflichtteilsansprüche wertmindernd zu berücksichtigen (BGH, Urteile vom 22. Oktober 1986 - IV ZR 143/85, aaO und vom 11. März 1992 - IV ZR 62/91, aaO).

9

Inhalt des angegriffenen Beschlusses ist jedoch eine Entscheidung über den Anspruch der Miterben auf Nachabfindung nach § 13 Abs. 1 HöfeO, nach dem der Hoferbe einen Teil des durch Veräußerung erzielten Erlöses herauszugeben hat. Die sich bei der Auslegung des § 13 Abs. 5 Satz 1 HöfeO stellende Rechtsfrage, welche steuerliche Belastung der Hoferbe von dem bereits empfangenen Gewinn aus der Veräußerung abziehen kann, ist aber eine ganz andere als diejenige, die Gegenstand der Vergleichsentscheidungen ist.

III.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG und die Bestimmung des Gegenstandswerts auf § 33 LwVG, § 19 Buchstabe d HöfeVfO i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO.

Krüger
Lemke
Czub

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