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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 21.09.2010, Az.: VIII ZR 275/09
Anspruch eines Vermieters gegen den Mieter auf Entfernung einer auf dem Balkon der Mietwohnung angebrachten Parabolantenne
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 21.09.2010
Referenz: JurionRS 2010, 26369
Aktenzeichen: VIII ZR 275/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Chemnitz - 22.01.2009 - AZ: 12 C 3269/08

LG Chemnitz - 23.09.2009 - AZ: 6 S 70/09

Fundstellen:

DWW 2011, 56

I&F 2010, 839

WuM 2010, 737

BGH, 21.09.2010 - VIII ZR 275/09

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Die Maßstäbe, nach denen zu beurteilen ist, ob einem Mieter gegen den Vermieter ein Anspruch auf Genehmigung der Installation einer Parabolantenne zum Empfang von Fernseh- und Hörfunkprogramme zustehen kann, auch wenn das Haus mit einem Breitbandkabelanschluss ausgestattet ist, sind durch die Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Dies gilt auch im Hinblick auf den von einem Mieter zur Begründung der Anbringung der Parabolantenne angeführten Wunsch, Fernsehprogramme in HD-Qualität empfangen zu wollen.

  2. 2.

    Nach dieser Rechtsprechung ist dem Grundrecht des Mieters aus Art. 5 I S. 1 Halbs. 2 GG, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, auch in zivilgerichtlichen Streitigkeiten über die Anbringung von Satellitenempfangsanlagen an Mietwohnungen Rechnung zu tragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das - gleichrangige - Grundrecht des Vermieters als Eigentümer aus Art. 14 I S. 1 GG berührt ist, wenn von ihm verlangt wird, eine Empfangsanlage an seinem Eigentum zu dulden. Die erforderliche Abwägung, ob das Informationsrecht des Mieters aus Art. 5 I S. 1 Halbs. 2 GG im konkreten Fall das Eigentumsrecht des Vermieters aus Art. 14 I S. 1 GG überwiegt, ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters und vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar.

  3. 3.

    Dem durch Art. 5 I S. 1 Halbs. 2 GG grundrechtlich geschützten Informationsbedürfnis eines Mieters wird in der Regel hinreichend Rechnung getragen, wenn der Vermieter einen Breitbandkabelanschluss bereitstellt, der den Empfang von Programmen in genügender Zahl und Qualität gewährleistet.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 21. September 2010
durch
den Vorsitzenden Richter Ball,
die Richter Dr. Frellesen und Dr. Achilles,
die Richterin Dr. Fetzer und
den Richter Dr. Bünger
beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

1.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision "im Hinblick auf die erforderliche Interessenabwägung der Parteien bei Anbringung einer Parabolantenne" zugelassen. Diese Erwägung trägt indessen keinen der im Gesetz genannten Zulassungsgründe.

2

Die Maßstäbe, nach denen zu beurteilen ist, ob einem Mieter gegen den Vermieter ein Anspruch auf Genehmigung der Installation einer Parabolantenne zum Empfang von Fernseh- und Hörfunkprogramme zustehen kann, auch wenn das Haus mit einem Breitbandkabelanschluss ausgestattet ist, sind durch die Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts geklärt (Senatsbeschluss vom 16. September 2009 - VIII ZR 67/08, NJW 2010, 436; Senatsurteile vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 260/06, NJW 2008, 216; vom 16. Mai 2007 - VIII ZR 207/04, NJW-RR 2007, 1243; Senatsbeschluss vom 17. April 2007 - VIII ZR 63/04, WuM 2007, 380; Senatsurteile vom 16. November 2005 - VIII ZR 5/05, NJW 2006, 1062; vom 2. März 2005 - VIII ZR 118/04, NJW-RR 2005, 596; BVerfGE 90, 27, 32 ff. [BVerfG 09.02.1994 - 1 BvR 1687/92]; BVerfG, NJW-RR 2005, 661 [BVerfG 24.01.2005 - 1 BvR 1953/00]; BVerfG, GE 2007, 902). Dies gilt auch im Hinblick auf den von der Beklagten zur Begründung der Anbringung der Parabolantenne angeführten Wunsch, Fernsehprogramme in HD-Qualität empfangen zu wollen.

3

2.

Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der Klägerin gemäß § 541 BGB ein Anspruch auf Entfernung der auf dem Balkon der Mietwohnung der Beklagten angebrachten Parabolantenne zusteht, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Gleiches gilt für die zugesprochene Nebenforderung (Verzugskosten).

4

Nach der oben (unter 1) aufgeführten Rechtsprechung ist dem Grundrecht des Mieters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, auch in zivilgerichtlichen Streitigkeiten über die Anbringung von Satellitenempfangsanlagen an Mietwohnungen Rechnung zu tragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das - gleichrangige - Grundrecht des Vermieters als Eigentümer aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berührt ist, wenn von ihm verlangt wird, eine Empfangsanlage an seinem Eigentum zu dulden. Die erforderliche Abwägung, ob das Informationsrecht des Mieters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG im konkreten Fall das Eigentumsrecht des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG überwiegt, ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters und vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar (Senatsurteile vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 260/06, aaO Rn. 14; vom 16. November 2005 - VIII ZR 5/05, aaO Rn. 27; vom 2. März 2005 - VIII ZR 118/04, aaO unter II 2 b; Senatsbeschlüsse vom 16. September 2009 - VIII ZR 67/08, aaO Rn. 5; vom 17. April 2007 - VIII ZR 63/04, aaO Rn. 3). Das Berufungsgericht hat diese Abwägung in tatrichterlicher Würdigung aller Umstände ohne Rechtsfehler zu Lasten der Beklagten vorgenommen.

5

Dabei ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass dem durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG grundrechtlich geschützten Informationsbedürfnis des Mieters in der Regel hinreichend Rechnung getragen wird, wenn der Vermieter - wie hier - einen Breitbandkabelanschluss bereitstellt, der den Empfang von Programmen in genügender Zahl und Qualität gewährleistet.

6

3.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Ball
Dr. Frellesen
Dr. Achilles
Dr. Fetzer
Dr. Bünger

Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 3. November 2010 erledigt worden.

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