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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 15.09.2010, Az.: 2 StR 369/10
Anforderungen an ein Bemühen zur Beseitigung einer zu einer am Ehepartner begangenen Körperverletzung mit Todesfolge führenden Lebenssituation i.R.d. Strafrahmenwahl und Strafzumessung
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 15.09.2010
Referenz: JurionRS 2010, 25707
Aktenzeichen: 2 StR 369/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Mainz - 17.03.2010

Verfahrensgegenstand:

Körperverletzung mit Todesfolge

BGH, 15.09.2010 - 2 StR 369/10

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
nach Anhörung des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - und
nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 15. September 2010
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 17. März 2010 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte am 28. Juli 2009 im Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Jugendamtes gefordert hatte, seine seit langer Zeit alkoholkranke Ehefrau müsse eine Therapie absolvieren; andernfalls solle die eheliche Tochter T. aus der Familie genommen werden. E. H. suchte daraufhin in Begleitung des Angeklagten einen Arzt auf, der ihr eine Überweisung in eine Therapie mitgab. Sie führte die Therapie aber nicht durch, sondern fuhr kurz darauf mit der Tochter T. zu ihrer Mutter nach B. in Tschechien, wo sie bis zum 20. August 2009 blieb. Sie kehrte dann zurück, weil am 31. August 2009 eine Fußoperation in der orthopädischen Universitätsklinik in Mainz durchgeführt werden sollte. Auch diese Operation am Tattag versäumte sie, obwohl der Angeklagte sie zwei Tage zuvor noch zu einem Vorgespräch begleitet hatte. Der Angeklagte fand sie gegen 23.00 Uhr im Kinderzimmer betrunken vor; ihre Blutalkoholkonzentration betrug 4,2 Promille. Auf dem Boden des Kinderzimmers lagen Scherben von zerbrochenen Flaschen. Die vierjährige Tochter saß weinend im Bett; der Angeklagte nahm sie mit zu sich in sein Schlafzimmer, während seine Ehefrau wiederholt versuchte, das Kind zurückzuholen. Der Angeklagte geriet dadurch in einen affektiven Erregungszustand. Er drängte seine Ehefrau mehrfach zurück, gebrauchte zunehmend Gewalt, schlug sie schließlich mindestens sechsmal heftig mit der Faust und trat zuletzt die am Boden liegende Frau mit dem Fuß. Sie erlitt Rippenbrüche und Zerreißungen des Lebergewebes mit der Folge innerer Blutungen, die zum Tode führten.

3

Das Landgericht hat dieses Tatgeschehen zutreffend als Körperverletzung mit Todesfolge gewertet. Bei der Strafrahmenwahl und bei der Strafbemessung im engeren Sinne hat es zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass er "durchaus die Möglichkeit" gehabt habe, "an der Situation etwas zu ändern, Hilfe Dritter anzunehmen und einen Schlussstrich zu ziehen" (UA S. 35). Dies ist rechtsfehlerhaft, denn diese Wertung ist nicht ohne weiteres mit der Feststellung zu vereinbaren, dass der Angeklagte zuvor den Versuch unternommen hatte, mit Unterstützung des Jugendamtes seine Ehefrau zur Durchführung einer Alkoholtherapie zu bewegen. Dieser Maßnahme hatte sie sich entzogen und war längere Zeit verschwunden. Daraus, dass der Angeklagte nicht in der Zeitspanne zwischen der Rückkehr seiner Ehefrau aus Tschechien und dem Tag ihres Operationstermins weitere einschneidende Maßnahmen ergriffen hat, kann kein bestimmender Strafzumessungsgrund zu seinem Nachteil hergeleitet werden. Denn er wollte einerseits seiner Ehefrau die Operation ermöglichen und war andererseits bestrebt, die Tochter T. , "die ein emotional sehr enges Verhältnis zu ihrer Mutter hatte" (UA S. 36), keiner Gefahr auszusetzen.

Rissing-van Saan
Appl
Krehl
Eschelbach
Ott

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