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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 25.03.2010, Az.: V ZB 159/09
Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) als Darlegungserfordernis nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 25.03.2010
Referenz: JurionRS 2010, 13866
Aktenzeichen: V ZB 159/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Leverkusen - 05.05.2009 - AZ: 23 C 88/08

LG Köln - 24.08.2009 - AZ: 6 S 192/09

Fundstellen:

FamRZ 2010, 890

JZ 2010, 347

MDR 2010, 830

NJW 2010, 10 "Darlegung besonderer Zulässigkeitsvoraussetzungen"

NJW-RR 2010, 784 "Darlegung besonderer Zulässigkeitsvoraussetzungen"

BGH, 25.03.2010 - V ZB 159/09

Amtlicher Leitsatz:

Ebenso wenig wie bei der Darlegung von Zulassungsgründen (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO) genügt es dem Darlegungserfordernis nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, wenn die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO durch eingestreute Klammerzusätze wie etwa "(Art. 3 Abs. 1 GG)" oder durch schlagwortartige Formulierungen geltend gemacht werden; der Beschwerdeführer muss den Zulassungsgrund bzw. die Zulässigkeitsvoraussetzung nicht nur benennen, sondern auch zu den jeweiligen Voraussetzungen substantiiert vortragen.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
am 25. März 2010
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und
die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24. August 2009 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 600 EUR.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hat die Beklagten dazu verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Gartenparzelle einen Grill in der Weise zu betreiben, dass Rauch und/ oder Geruchsimmissionen in die Räumlichkeiten der Kläger eindringen. Dagegen haben die Beklagten Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 9. Juli 2009 hat das Landgericht den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 600 EUR festgesetzt und auf die Unzulässigkeit der Berufung hingewiesen. In dem in Bezug genommenen Streitwertbeschluss heißt es, dieser Wert sei angemessen. Mit weiterem Beschluss vom 24. August 2009 hat das Landgericht die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Rechtsbeschwerde.

II.

2

Die gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Insbesondere ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.

3

1.

Allerdings ist es richtig, dass Beschlüsse, die mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden können, den maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben und die Anträge der Beteiligten erkennen lassen müssen. Dies muss jedenfalls soweit geschehen, dass das Rechtsbeschwerdegericht, das grundsätzlich von dem durch das Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt auszugehen hat, zu einer rechtlichen Überprüfung des angefochtenen Beschlusses in der Lage ist (vgl. nur Senat, Beschl. v. 7. Mai 2009, V ZB 180/08, JurBüro 2009, 442 f. m.w.N.; BGH, Beschl. v. 22. Januar 2008, VI ZB 46/07, NJW 2008, 1670, 1671; Beschl. v. 20. Juni 2006, VI ZB 75/05, NJW 2006, 2910 [BGH 20.06.2006 - VI ZB 75/05]). Die in der Tat sehr dürftige Sachdarstellung hindert eine Entscheidung über die Rechtsbeschwerde vorliegend nur deshalb nicht, weil sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt mit gerade noch hinreichender Deutlichkeit den Erwägungen des Berufungsgerichts entnehmen lässt. Das gilt auch für das von den Beklagten verfolgte Rechtsschutzziel der Klageabweisung. Es ist zwar richtig, dass sich aus dem angefochtenen Beschluss nicht ergibt, dass die Beklagten von dem Amtsgericht auch zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt worden sind. Dabei handelt es sich jedoch - was die Rechtsbeschwerde auch selbst einräumt - um eine Nebenforderung, der für die Frage, ob die Berufungssumme erreicht ist, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Bedeutung zukommen kann (§ 4 Abs. 1 ZPO).

4

2.

Soweit die Beklagten eine Verletzung ihrer Prozessgrundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG rügen, scheitert die Rechtsbeschwerde schon daran, dass dem Darlegungserfordernis des § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht genügt wird.

5

a)

Darlegen bedeutet soviel wie erläutern, erklären oder näher auf etwas eingehen. Für den insoweit inhaltsgleichen § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass hierzu die bloße Behauptung eines Zulassungsgrundes - etwa durch eingestreute Klammerzusätze wie "(Art. 3 Abs. 1 GG)" oder schlagwortartige Formulierungen - nicht genügt. Der Beschwerdeführer muss den Zulassungsgrund nicht nur benennen, sondern darüber hinaus zu den jeweiligen Voraussetzungen substantiiert vortragen (vgl. nur Senat, BGHZ 152, 182, 185; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 544 Rdn. 10a; jeweils m.w.N.; vgl. auch Senat, Beschl. v. 5. Juni 2008, V ZR 187/07, [...]; Beschl. v. 19. März 2009, V ZR 142/08, NJW 2009, 1609 [BGH 19.03.2009 - V ZR 142/08] zu § 321a ZPO m.w.N.). Für die Darlegung der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die inhaltlich den Zulassungsgründen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO entsprechen, gilt nichts anderes (MünchKomm-ZPO/Lipp, 3. Aufl., § 575 Rdn. 18; vgl. auch BGH, Beschl. v. 5. März 2009, IX ZB 192/07, NJW-RR 2009, 1292).

6

b)

Diesen Anforderungen genügt die Rechtsbeschwerde nicht.

7

aa)

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot liegt vor, wenn die angegriffene Erwägung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. nur Senat, BGHZ 154, 288, 300; Beschl. v. 23. Oktober 2009, V ZR 105/09. NJW-RR 2010, 274, 275). Dass diese Voraussetzungen hier gegeben sind, führt die Rechtsbeschwerde nicht aus. Insbesondere macht sie nicht plausibel, dass die Festsetzung der Berufungssumme (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) auf einen Wert von 600 EUR schlechthin unvertretbar ist. Die Ausführungen des Berufungsgerichts mögen vor dem Hintergrund, dass der Streitwert in erster Instanz mit 2.000 EUR bemessen worden ist, mit Begründungsdefiziten behaftet sein. Das schließt es indessen nicht aus, dass die Wertbemessung des Berufungsgerichts von willkürfreien Erwägungen getragen ist. Die Rechtsbeschwerde verweist auf kein tatsächliches Vorbringen, auf dessen Grundlage sich der Schluss aufdrängt, die angefochtene Entscheidung beruhe auf sachfremden Erwägungen.

8

bb)

Die geltend gemachte Verletzung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG ist ebenfalls nicht dargelegt. Das aus den genannten Verfassungsbestimmungen folgende Prozessgrundrecht auf Gewährung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes verbietet es den Gerichten, den Zugang zu den Rechtsmittelinstanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. etwa Senat BGHZ 151, 221, 227; MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 543 Rdn. 25; jeweils m.w.N.). Dass die Bemessung des Gegenstandes der Beschwer durch das Berufungsgericht eine mit diesen Vorgaben unvereinbare Hürde darstellt, arbeitet die Beschwerde ebenfalls nicht heraus.

Krüger
Klein
Lemke
Schmidt-Räntsch
Roth

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