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Bundesgerichtshof
Urt. v. 24.02.2010, Az.: XII ZR 69/08
Verstoß gegen das Transparenzgebot aufgrund einer Formularklausel bzgl. einer allgemeinen Umlage von Verwaltungskosten auf den Mieter i.R.e. gewerblichen Miete
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 24.02.2010
Referenz: JurionRS 2010, 12214
Aktenzeichen: XII ZR 69/08
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Neubrandenburg - 25.08.2006 - AZ: 2 O 179/05

OLG Rostock - 10.04.2008 - AZ: 3 U 158/06

nachgehend:

OLG Rostock - 17.10.2013 - AZ: 3 U 158/06

BGH - 17.12.2014 - AZ: XII ZR 170/13

Fundstellen:

DWW 2010, 238

EBE/BGH 2010, 99-100

GuT 2010, 96-97

Info M 2010, 128

IWR 2010, 68

JurBüro 2010, 387-388

JZ 2010, 250

MDR 2010, 687

MietRB 2010, 133-134

MK 2010, 144

NJ 2011, 135-136

NJW 2010, 2515

NJW 2010, 8

NJW-RR 2010, 739-740

NJW-Spezial 2010, 323

NZM 2010, 279

RdW 2010, 450-451

ZAP EN-Nr. 309/2010

ZAP EN-Nr. 0/2010

ZfIR 2010, 379

ZGS 2010, 238-239

BGH, 24.02.2010 - XII ZR 69/08

Amtlicher Leitsatz:

Die in einer Formularklausel festgelegte allgemeine Umlage von Verwaltungskosten auf den Mieter verstößt bei der Gewerbemiete nicht gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (im Anschluss an Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2010
durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne,
den Richter Prof. Dr. Wagenitz,
die Richterin Dr. Vezina und
die Richter Dose und Dr. Klinkhammer
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 10. April 2008 aufgehoben, soweit die Berufung bezüglich des Klageantrags in Höhe von 3.898,62 EUR nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien sind Vertragspartner eines gewerblichen Mietverhältnisses und streiten über die Erstattung von Verwaltungskosten.

2

Die Klägerin ist Vermieterin von Gewerbeflächen in einem SB-Markt. Die Beklagte mietete noch vom Rechtsvorgänger der Klägerin im Jahr 1997 Flächen zum Betrieb eines Getränkeshops. Mit der Klage verlangt die Klägerin aufgrund von Abrechnungen für die Jahre 2002 bis 2004 Nachzahlungen auf die

Nebenkosten, von denen in der Revision noch die Verwaltungskosten von jährlich (brutto) 1.299,54 EUR im Streit stehen. Der Mietvertrag enthält insoweit die formularmäßig vereinbarte Verpflichtung des Mieters zur Übernahme von Nebenkosten, bei denen unter den "Kosten des Betriebes" u.a. "Verwaltungskosten" aufgeführt sind.

3

Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage hinsichtlich der Verwaltungskosten abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin insoweit ihren Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

I.

5

Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil, das u.a. in GuT 2008, 200 veröffentlicht ist, die Auffassung vertreten, dass die Klausel zur Umlage der Verwaltungskosten nicht transparent und daher nach § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) unwirksam sei. Eine nähere Beschreibung des Begriffs der Verwaltungskosten fehle ebenso wie eine Begrenzung der Höhe der Belastung des Mieters. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch könne dem Begriff auch durch Auslegung kein hinreichend bestimmter Inhalt beigemessen werden. Der Umfang der Verwaltungstätigkeit richte sich nach den Besonderheiten des Objektes und könne vom Mieter nicht beurteilt werden. Neben der kaufmännischen Verwaltung könnten auch Aufgaben der technischen Verwaltung umfasst sein. Letztlich sei ein Verständnis nicht auszuschließen, dass der Begriff "Verwaltungskosten" als eine Art Auffangregelung für alle Kosten verstanden "und missverstanden" werde, die mit der Objektbewirtschaftung zusammenhingen und nicht speziell aufgelistet seien. Damit werde dem Mieter ein nicht einschätzbares Risiko aufgebürdet. Eine Konkretisierung könne auch nicht unter Heranziehung von § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV erreicht werden, weil die Vorschrift keine Anwendung auf Gewerberaummietverhältnisse finde. Wegen ihrer vom Gewerberaummietrecht verschiedenen Zweckrichtung könne die Vorschrift auch nicht als Auslegungshilfe herangezogen werden. Auch ein Rückgriff auf § 27 WEG verbiete sich wegen der gänzlich anderen Struktur der Verwaltung nach dem WEG.

II.

6

Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

7

Im vorliegenden Fall ist nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anstelle des § 9 AGBG § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB anwendbar. Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden, dass eine in einem gewerblichen Mietverhältnis vereinbarte Formularklausel zur Umlage der "Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung" nicht gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 -XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Das gilt für die vorliegend vereinbarte Umlage der "Verwaltungskosten" in gleicher Weise.

8

Die Formularklausel ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hinreichend transparent. Nach dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen nach Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners (Senatsurteil vom 16. Mai 2007 -XII ZR 13/05- NZM 2007, 516 m.w.N.). Dem genügt die vorliegende Klausel.

9

Der in § 5 des Mietvertrages verwendete Begriff der "Verwaltungskosten" ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 -XII ZR 109/08- zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt m.w.N.). Entgegen dem Berufungsgericht kann zur Ausfüllung des Begriffs der Verwaltungskosten auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Definitionen in § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV und § 26 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung zurückgegriffen werden. Dass diese Regelungen für die Geschäftsraummiete nicht einschlägig sind, steht ihrer Heranziehung als Hilfsmittel zur näheren Bestimmung der umlegbaren Kosten nicht im Wege. Auch die Herausnahme der Verwaltungskosten aus den umlegbaren Kosten nach der BetrKV hindert nicht daran, im Bereich der Geschäftsraum miete zur Ausfüllung des Begriffs der Verwaltungskosten auf die vorhandene gesetzliche Definition zurückzugreifen (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 -XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt m.w.N.). Es trifft zwar zu, dass bei gewerblichen Mietobjekten andere Verwaltungskosten anfallen als bei der Wohnungsmiete. Daraus folgt aber nicht, dass die gesetzliche Definition bei der Gewerbemiete nicht sinnvoll anzuwenden wäre. Wenn die im Einzelfall anfallenden Verwaltungskosten auch weitere als die gesetzlich definierten Positionen erfassen, so folgt daraus allein, dass die Kosten insoweit bei Heranziehung der gesetzlichen Definition nicht umlegbar sind. Die Transparenz des Begriffs der Verwaltungskosten wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. Verbleibende Unklarheiten gehen überdies nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Klauselverwenders (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009-XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

10

Schließlich werden durch die technische Hausverwaltung auch nicht teilweise Kosten erfasst, die der Instandhaltung und Instandsetzung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV zuzuordnen wären. Vielmehr sind die Verwaltungskosten als Gemeinkosten von den Kosten von Dienst- oder Werkleistungen im Rahmen einer konkreten Instandhaltungsmaßnahme zu trennen (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009- XII ZR 109/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

11

Auch im Hinblick auf die Höhe der entstehenden Kosten bedurfte es keiner näheren Konkretisierung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen und auch nicht der Festlegung einer Höchstgrenze. Vielmehr hatte die Klägerin, etwa wegen eines möglichen Verwalterwechsels, ein legitimes Interesse an der variablen Ausgestaltung der Kostenregelung und war die Beklagte als Geschäftsraummieterin in der Lage, die entstehenden Kosten wenigstens im Groben abzuschätzen (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 -XII ZR 109/08 -zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt m.w.N. auch zur Abgrenzung von der bisherigen Senatsrechtsprechung). Gegen die Umlegung überhöhter oder nicht erforderlicher Kosten ist der Mieter schließlich durch das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot hinreichend geschützt (vgl. Schmid Handbuch der Mietnebenkosten 11. Aufl. Rdn. 1053 ff., 1077 m.w.N.).

III.

12

Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Denn das

Berufungsgericht hat zum Anfall und zur Angemessenheit der Kosten, die von der Beklagten bestritten worden sind, aus seiner Sicht folgerichtig noch keine Feststellungen getroffen.

Hahne
Wagenitz
Vezina
Dose
Klinkhammer

Verkündet am: 24. Februar 2010

Von Rechts wegen

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