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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 27.11.2009, Az.: BLw 9/09
Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Senats für Landwirtschaftssachen; Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 Landwirtschaftsverfahrensgesetz (LwVG)
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 27.11.2009
Referenz: JurionRS 2009, 28654
Aktenzeichen: BLw 9/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Augsburg - 22.07.2008 - AZ: 5 XV 6/06

OLG München - 10.07.2009 - AZ: LwWXV 2108/08

Rechtsgrundlagen:

§ 2 GrdstVG

§ 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG

BGH, 27.11.2009 - BLw 9/09

Redaktioneller Leitsatz:

Das Aufzeigen von Unterschieden in einzelnen Elementen der Begründungen zweier Entscheidungen reicht für die Statthaftigkeit der Divergenzsrechtsbeschwerde ebenso wenig aus wie ein Hinweis auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall.

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat
am 27. November 2009
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und
die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub
- gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter -
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Senats für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts München vom 10. Juli 2009 wird auf Kosten der Beteiligten zu 4, die den übrigen Beteiligten auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 293.238,68 EUR.

Gründe

I.

1

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. September 2001 verkaufte der Beteiligte zu 2 der Beteiligten zu 3 die im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten landwirtschaftlichen Flächen. Der Beteiligte zu 6 genehmigte den Vertrag nach § 2 GrdstVG. Die Beteiligte zu 3 wurde am 13. Februar 2002 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Gleichzeitig wurde ein für den Beteiligten zu 1 eingetragenes Vorkaufsrecht gelöscht. Er erhob dagegen Widerspruch und erklärte am 25. Mai 2002 gegenüber den Beteiligten zu 2 und 3 die Ausübung des Vorkaufsrechts. Der Beteiligte zu 2 wurde zur Auflassung der Flächen an den Beteiligten zu 1 und zur Bewilligung von dessen Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch verurteilt; die Beteiligte zu 3 wurde verurteilt, der Eintragung des Beteiligten zu 1 als Eigentümer in das Grundbuch zuzustimmen und die Flächen an ihn herauszugeben. In notarieller Urkunde vom 30. Dezember 2005 erklärten die Beteiligten zu 1 und 3, letztere auch in Vertretung des Beteiligten zu 2, die Auflassung.

2

Mit Schreiben vom 5. Januar 2006 beantragten die Urkundsnotare bei dem Beteiligten zu 6 die Erteilung der Genehmigung bzw. eines Negativattestes nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Die Frist zur Herbeiführung einer Entscheidung wurde zunächst auf zwei und später auf drei Monate verlängert. Nachdem der Beteiligte zu 6 auf Bedenken der Genehmigungsfähigkeit hingewiesen hatte, weil der Beteiligte zu 1 kein Landwirt war und erwerbswillige, erwerbsfähige Landwirte an dem Kauf der Flächen interessiert waren, teilte der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 23. März 2006 mit, dass er sich auf dem Weg zu einem leistungsfähigen Haupt- bzw. Nebenerwerbslandwirt befinde. Am 4. April 2006 legte er eine mit "Betriebsplanung" überschriebene Wirtschaftlichkeitsberechnung vor, die auf einem Betriebskonzept beruhte, welches die Haltung und Zucht von Angusrindern bei Weidebetrieb mit Selbstvermarktung zum Gegenstand hatte; gleichzeitig legte er eine Rechnung über den Kauf von vier Anguskühen ohne Kalb, zehn Anguskühen mit Kalb und einem Angus-Deckbullen sowie einen "Betriebsbetreuungs- und Ausbildungsvertrag" mit einem Diplomlandwirt vor.

3

Mit Schreiben vom 4. April 2006 teilte die Beteiligte zu 4 dem Beteiligten zu 6 mit, dass sie ihr Vorkaufsrecht nach § 4 RSG ausübe. Der Beteiligte zu 6 unterrichtete die Beteiligten zu 1 bis 3 hiervon und führte aus, dass die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zu versagen gewesen wäre, weil die Veräußerung der Flächen an den Beteiligten zu 1 eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet hätte.

4

Der dagegen gerichtete Antrag des Beteiligten zu 1 auf gerichtliche Entscheidung ist erfolgreich gewesen. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 4 für unwirksam erklärt und den Kaufvertrag nebst der Auflassung genehmigt. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 4 hat das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - zurückgewiesen. Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde will die Beteiligte zu 4 die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen erreichen.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.

6

1.

Eine Divergenz in diesem Sinn liegt nur vor, wenn das Beschwerdegericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz (Obersatz) gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (Senat, BGHZ 89, 149, 151). Diese Abweichung ist von der Rechtsbeschwerde aufzuzeigen. Ein Hinweis auf Unterschiede in einzelnen Elementen der Begründung der miteinander verglichenen Entscheidungen reicht für die Statthaftigkeit der Abweichungsrechtsbeschwerde ebenso wenig aus wie ein Hinweis auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall (st. Rspr., vgl. schon Senat, Beschluss vom 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328; Beschluss vom 19. Februar 2004, BLw 24/03, NL-BzAR 2004, 192, 193).

7

2.

Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerde nicht gerecht.

8

a)

Die Beteiligte zu 4 meint, das Beschwerdegericht sei von einem tragenden Rechtssatz in dem Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 10. April 2007 (LwU 864/04) abgewichen, indem es als nicht entscheidend angesehen habe, dass im Zeitpunkt der Ausübung ihres Vorkaufsrechts keine nachvollziehbare Wirtschaftlichkeitsberechnung des Beteiligten zu 1 vorgelegen habe; in der Vergleichsentscheidung werde dagegen der Rechtsgedanke zum Ausdruck gebracht, dass es bei der nach § 9 GrdstVG veranlassten Prognoseentscheidung, ob sich ein Nichtlandwirt zu einem Nebenerwerbslandwirt entwickeln wolle, erforderlich sei, dass dieser ein tragfähiges Betriebskonzept vorlege, welches Rückschlüsse darauf zulasse, ob sich der Betrieb in absehbarer Zeit zu einem leistungsfähigen Nebenerwerbsbetrieb entwickeln könne, und dass der Umstand, dass der Erwerber nach der Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Siedlungsunternehmen das Betriebskonzept erheblich verbessert und ausgeweitet habe, nicht zu berücksichtigen sei.

9

Eine Divergenz in dem oben genannten Sinn vermag die Beteiligte zu 4 damit nicht zu begründen. Denn das Beschwerdegericht hat auf Seite 14 oben des angefochtenen Beschlusses seine aufgrund der Beweisaufnahme gewonnene Überzeugung dargestellt, dass der Beteiligte zu 1 in dem maßgeblichen, durch § 6 Abs. 1 Satz 3 RSG festgelegten Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten sowie Vorkehrungen getroffen hatte, sich zu einem leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirt zu entwickeln, wofür er ein schlüssiges und nachvollziehbares Betriebskonzept erstellt hatte, welches Rückschlüsse auf einen leistungsfähigen Nebenerwerbsbetrieb zuließ. Dies zeigt, dass das Beschwerdegericht an der von der Beteiligten zu 4 genannten Stelle (Seite 23 unten/24 oben des angefochtenen Beschlusses) ausschließlich die von dem Beteiligten zu 1 vorgelegte "Betriebsplanung", und nicht das maßgebliche gesamte Betriebskonzept, für nicht ausreichend angesehen hat.

10

b)

Weiter meint die Beteiligte zu 4, das Beschwerdegericht sei auch von einem tragenden Rechtssatz in dem Beschluss des Senats vom 28. April 2006 (BLw 32/05, RdL 2006, 236) abgewichen, indem es sich von dem Gedanken habe leiten lassen, dass es ohne Vorliegen einer tragfähigen Wirtschaftlichkeitsberechnung im Zeitpunkt der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts genüge, wenn ein überzeugendes Rechenwerk in der Folgezeit nachgereicht werde, weil das im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungsbehörde vorliegende, strengen Anforderungen noch nicht genügende Betriebskonzept und die später nachgereichten "verfeinerten, umfassenderen und detaillierteren" Konzepte als Einheit betrachtet werden müssten und in dieser Zusammenschau der erforderliche Nachweis gesehen werden müsse, dass der geplante Nebenerwerbsbetrieb auch leistungsfähig sein werde; in der Vergleichsentscheidung sei dagegen der Leitgedanke enthalten, dass es bei der Entscheidung der Frage, ob der Nichtlandwirt bei der Prüfung seiner Einwendungen gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts des Siedlungsunternehmens einem Landwirt gleichgestellt werden könne, auf die tatsächlichen Umstände in dem durch § 6 Abs. 1 Satz 3 RSG festgelegten Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts ankomme und der Käufer dem Siedlungsunternehmen die Rechtsstellung, die es durch die Ausübung des Vorkaufsrechts erlangt habe, nicht dadurch wieder entziehen könne, dass er erst später die Voraussetzungen herbeiführe, unter denen die Behörde die Veräußerung an ihn habe genehmigen müssen.

11

Auch damit lässt sich keine Divergenz in dem oben genannten Sinn begründen. Die Beteiligte zu 4 übersieht, dass das Beschwerdegericht seiner Entscheidung den in der Vergleichsentscheidung enthaltenen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, dass die Frage, ob es sich bei dem Erwerber um einen Landwirt handelt, nach den tatsächlichen Umständen in dem durch § 6 Abs. 1 Satz 3 RSG festgelegten Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Siedlungsunternehmen zu beurteilen ist (Seite 13 unten des angefochtenen Beschlusses), und dass es ab Seite 14 oben des angefochtenen Beschlusses seine Überzeugung begründet hat, dass der Beteiligte zu 1 in dem maßgeblichen Zeitpunkt ein schlüssiges und nachvollziehbares Betriebskonzept erstellt hatte. An der von der Beteiligten zu 4 genannten Stelle (Seite 21 des angefochtenen Beschlusses) hat das Beschwerdegericht keinen davon abweichenden Rechtssatz aufgestellt.

12

c)

Schließlich stützt die Beteiligte zu 4 die Rechtsbeschwerde auf eine angebliche Divergenz der angefochtenen Entscheidung zu den Beschlüssen des Senats vom 29. November 1996 (BGHZ 134, 166), 8. Mai 1998 (BLw 2/98, RdL 1998, 210) und 28. April 2006 (BLw 32/05, a.a.O.), weil es bei seiner Prüfung, ob die von dem Beteiligten zu 1 getroffenen Vorkehrungen zur Gründung eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebs erkennen ließen, dass dieser leistungsfähig sein werde, nicht den in den Vergleichsentscheidungen geforderten strengen Maßstab angelegt habe. Damit zeigt die Beteiligte zu 4, dass sie in Wahrheit keine Divergenz geltend macht, sondern lediglich die Entscheidung des Beschwerdegerichts für rechtsfehlerhaft hält. Darauf kann die Abweichungsrechtsbeschwerde jedoch nicht mit Erfolg gestützt werden.

III.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

Krüger
Lemke
Czub

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