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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 18.06.2009, Az.: VII ZB 101/08
Rechtsschutz gegen Erteilung einer Vollstreckungsklausel für eine notarielle Urkunde zur Zwangsvollstreckung aus übertragenem Recht; Zulässigkeit der Abtretung einer Unterwerfungserklärung des Schuldners bei Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung; Berücksichtigung eines Verstoßes der Unterwerfungserklärung in einer Grundschuldbestellungsurkunde gegen § 307 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im Klauselerinnerungsverfahren
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 18.06.2009
Referenz: JurionRS 2009, 16784
Aktenzeichen: VII ZB 101/08
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Münster - 29.09.2008 - AZ: 7 C 3758/08

LG Münster - 29.10.2008 - AZ: 5 T 755/08

BGH, 18.06.2009 - VII ZB 101/08

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Legt ein Schuldner gegen die Erteilung einer Volllstreckungsklausel durch den Notar Erinnerung ein und weisen das Amtsgericht die Erinnerung und das Landgericht die Beschwerde dagegen ab, dann ist die vom Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde zum BGH gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, 575 ZPO statthaft.

  2. 2.

    Es kann dahinstehen, ob eine vorformulierte Unterwerfungserklärung in einer Grundschuldbestellungsurkunde den Schuldner unangemessen benachteiligt und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (früher § 9 AGBG) unwirksam ist. Mit einem entsprechenden Vortrag kann nämlich der Schuldner im Klauselerinnerungsverfahren nicht gehört werden. Das hat der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses für einen gleich gelagerten Fall entschieden (Beschluss vom 16. April 2009 - VII ZB 62/08, ZIP 2009, 855). Die dortigen Ausführungen gelten auch hier. Auf sie wird Bezug genommen.

  3. 3.

    Dort hat der BGH ausgeführt:
    Im Verfahren nach § 732 ZPO kann der Schuldner in begründeter Weise grundsätzlich nur Einwendungen gegen eine dem Gläubiger erteilte Klausel erheben, die Fehler formeller Art zum Gegenstand haben. Die Einwendung, die Unterwerfungserklärung sei nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, ist keine derartige Einwendung. Der Notar hat nach allgemeinen Regeln zu prüfen, ob ein formell wirksamer Titel mit vollstreckungsfähigem Inhalt vorliegt, und im Falle der Rechtsnachfolge, ob diese, soweit sie nicht offenkundig ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen ist (§ 727 Abs. 1 ZPO). Eine weitergehende Prüfungsbefugnis steht dem Notar, dessen Funktion nach § 797 Abs. 2 ZPO hierbei der eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 724 Abs. 2 ZPO) entspricht, nicht zu. Die Prüfung eines Verstoßes der Unterwerfungserklärung gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt eine umfassende materiell-rechtliche Würdigung voraus, zu der der Notar (§ 797 ZPO) ebenso wenig wie der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (§ 724 ZPO) berufen ist. Offenbleiben kann weiterhin, ob von dem Grundsatz, dass materiell-rechtliche Einwendungen unberücksichtigt bleiben, eine Ausnahme zu machen ist, wenn die die Einwendung begründenden Voraussetzungen - wie etwa die einer Nichtigkeit gemäß § 134 BGB oder die einer Unwirksamkeit gemäß § 307 BGB - evident sind. Dies bedarf hier keiner Entscheidung. Denn sowohl die Frage, ob eine allgemeine Geschäftsbedingung vorliegt, als auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstößt, erfordern eine eingehende materiell-rechtliche Beurteilung, die sich einer Evidenzkontrolle des Notars oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle verschließt.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 18. Juni 2009
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka,
den Richter Bauner,
die Richterin Safari Chabestari,
den Richter Halfmeier und
den Richter Leupertz
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 29. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Die Schuldnerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Die Schuldnerin wendet sich gegen die Erteilung einer Vollstreckungsklausel für eine notarielle Urkunde des Notars G. vom 26. August 1999, aus der die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung aus übertragenem Recht betreibt.

2

Zur Sicherung einer Darlehensschuld bestellte die Schuldnerin am 26. August 1999 vor dem Notar G. zu Gunsten der D.H. Bank AG als Darlehensgeberin eine Sicherungsbuchgrundschuld über 900.000 DM an ihrem Grundstück in C. In der Grundschuldbestellungsurkunde unterwarf sich die Schuldnerin der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Die D.H. Bank AG trat Darlehensforderung und Grundschuld unter Bewilligung der Eintragung der Abtretung der Grundschuld an die Gläubigerin ab. Die Abtretung wurde am 29. März 2005 ins Grundbuch eingetragen.

3

Die Gläubigerin beantragte beim zuständigen Notar die Erteilung einer auf sie als Rechtsnachfolgerin lautenden Vollstreckungsklausel, die ihr am 15. Juni 2005 erteilt wurde. Auf Betreiben der Gläubigerin ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Grundstücks der Schuldnerin an.

4

Die Schuldnerin hat gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel Erinnerung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, der Notar habe die Rechtsnachfolgevollstreckungsklausel nicht erteilen dürfen, weil die Unterwerfung der Schuldnerin unter die sofortige Zwangsvollstreckung in der Grundschuldbestellungsurkunde gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam und die Abtretung der Ansprüche aus der Unterwerfungserklärung demnach ins Leere gegangen sei. Das Amtsgericht hat die Erinnerung, das Landgericht die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen.

5

Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Schuldnerin unter Aufhebung der vorbezeichneten Beschlüsse weiterhin festgestellt wissen, dass die in Rede stehende Vollstreckungsklausel und die Zwangsvollstreckung aus ihr unzulässig seien.

II.

6

Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, 575 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

7

1.

Das Beschwerdegericht meint unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2004 (IXa ZB 326/03, NJW-RR 2004, 1718 = Rpfleger 2005, 33), die Einwendung, die Unterwerfungserklärung verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, sei im Klauselerinnerungsverfahren grundsätzlich zu berücksichtigen. Sie betreffe die Frage, ob ein ordnungsgemäßer Titel geschaffen worden sei.

8

Die sofortige Beschwerde sei allerdings unbegründet. Die Unterwerfungserklärung in der Grundschuldbestellungsurkunde sei wirksam, weil sie die Schuldnerin nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteilige. Ergänzend weist das Beschwerdegericht darauf hin, dass die Klauselerinnerung jedenfalls deshalb unbegründet sei, weil dem Notar gemäß § 797 Abs. 2 ZPO bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Klauselumschreibung lediglich die Funktion eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nach § 724 Abs. 2 ZPO zukomme und seine damit einhergehende Prüfungsbefugnis nicht die hier erforderliche materiellrechtliche Prüfung der Voraussetzungen des § 307 BGB umfasse.

9

2.

Das hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.

10

Es kann dahinstehen, ob die vorformulierte Unterwerfungserklärung in der Grundschuldbestellungsurkunde die Schuldnerin unangemessen benachteiligt und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (früher § 9 AGBG) unwirksam ist. Allein hierauf stützt die Schuldnerin ihre Erinnerung, die Rechtsnachfolgeklausel hätte wegen der unwirksamen Abtretung der Unterwerfungserklärung nicht erteilt werden dürfen. Damit wird sie im Klauselerinnerungsverfahren nicht gehört. Das hat der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses für einen gleich gelagerten Fall entschieden (Beschluss vom 16. April 2009 - VII ZB 62/08, ZIP 2009, 855). Die dortigen Ausführungen gelten auch hier. Auf sie wird Bezug genommen.

III.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka
Bauner
Safari
Chabestari
Halfmeier
Leupertz

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