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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 17.07.2014, Az.: II R 40/12
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 17.07.2014
 
Aktenzeichen: II R 40/12
 

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Münster - 24.05.2012 - AZ: 3 K 1771/11 Erb

Fundstelle:

BFH/NV 2014, 1579-1580

BFH, 17.07.2014 - II R 40/12

Gründe

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Geschwister. Ihre Eltern waren Kommanditisten der X-GmbH & Co. KG. Die Mutter hielt Kommanditanteile in Höhe von 450.000 DM, der Vater solche in Höhe von 1.050.000 DM.

2

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 29. Dezember 2006 trat die Mutter ihre Kommanditanteile in Höhe von 75.000 DM an den Kläger zu 1. und in Höhe von 375.000 DM an die Klägerin zu 3. ab. Der Vater trat seine Anteile in Höhe von 300.000 DM an den Kläger zu 1. und in Höhe von jeweils 375.000 DM an die Klägerinnen zu 2. und 4. ab. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. März 2007 vereinbarten die Kläger und ihre Eltern eine Ergänzung des Vertrages vom 29. Dezember 2006. Danach übertragen die Eltern ihre Kommanditanteile jeder zu je 1/4 auf jedes Kind, so dass diese im Ergebnis ebenfalls mit Kommanditanteilen in Höhe von jeweils 375.000 DM beteiligt sind.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte mit gleichlautenden Bescheiden vom 4. August 2008 für die Schenkung der Kommanditanteile durch die Mutter Schenkungsteuer gegen die Kläger erklärungsgemäß in Höhe von jeweils 13.156 € fest. Im Anschluss an eine bei den Klägern durchgeführte Außenprüfung setzte das FA mit gleichlautenden Bescheiden vom 22. April 2010 die Schenkungsteuer ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von 350.700 € (555.764 € abzüglich 205.000 €) auf jeweils 52.605 € fest.

4

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren von den Klägern gemeinsam erhobene, auf Aufhebung aller Bescheide gerichtete Klage wies das Finanzgericht als unbegründet ab. Dagegen richtet sich die von den Klägern gemeinsam erhobene Revision.

5

II. Die bislang verbundenen Verfahren waren nach § 73 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abzutrennen.

6

1. Nach § 73 Abs. 1 FGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Die Trennung bzw. Verbindung von Verfahren ist grundsätzlich in jedem Verfahrensabschnitt, d.h. auch im Revisionsverfahren möglich (Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 73 Rz 20; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 73 FGO Rz 1). Die Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts (Koch in Gräber, a.a.O., § 73 Rz 22; Brandis in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 73 FGO Rz 6).

7

2. Das gemeinsame Verhandeln und Entscheiden mehrerer Klagen unterschiedlicher Kläger kommt wegen der auch das Gericht bindenden Verpflichtung, das Steuergeheimnis zu wahren (§ 30 der Abgabenordnung), regelmäßig nur dann und insoweit in Betracht, als die Voraussetzungen einer Streitgenossenschaft (vgl. § 59 FGO i.V.m. §§ 59 ff. der Zivilprozessordnung --ZPO--) gegeben sind. Die Streitgenossenschaft erfordert entweder, dass mehrere Kläger hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind (§ 59 ZPO) oder dass gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden (§ 60 ZPO). Für den Steuerprozess bedeutet dies, dass eine Verbindung von Klageverfahren unterschiedlicher Kläger grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn diese Kläger sämtlich jeweils an dem streitigen Steuerrechtsverhältnis oder dem Rechtsvorgang beteiligt sind, durch den der Steuertatbestand verwirklicht wurde. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann weder von einer Rechtsgemeinschaft noch von einer Gleichartigkeit von Ansprüchen oder Verpflichtungen gesprochen werden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Juli 1997 II R 33/95, BFHE 183, 36, BStBl II 1997, 626, und vom 4. März 2002 II R 85/99, BFH/NV 2002, 1036).

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3. Werden unterschiedlichen Personen durch unterschiedliche Rechtsvorgänge (Schenkungen) unterschiedliche Gegenstände schenkweise zugewendet, kommt eine Verbindung von Klageverfahren, mit denen sich diese Personen gegen die Festsetzung von Schenkungsteuer wenden, selbst dann nicht in Betracht, wenn die Schenkungen in einem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Denn es handelt sich insoweit um unterschiedliche Steuerrechtsverhältnisse und unterschiedliche Rechtsvorgänge, an denen jeweils nur die einzelnen Kläger beteiligt sind (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 1036), und die, z.B. aufgrund von Vorschenkungen, bei den einzelnen Klägern zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen können.

9

4. Die Trennung der Verfahren ist auch wegen der kostenmäßigen Auswirkungen erforderlich. Bei einem einheitlichen Verfahren ist nach einem einheitlichen Streitwert die Kostenentscheidung einheitlich zu treffen. Nach §§ 31, 32 des Gerichtskostengesetzes besteht bei einer Mehrheit von Kostenschuldnern grundsätzlich eine gesamtschuldnerische Haftung für die Gerichtskosten (vgl. Ratschow in Gräber, a.a.O., § 135 Rz 24; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 135 FGO Rz 25). Dies bedeutet, dass jeder Kläger für die nach dem Gesamtstreitwert zu berechnenden Gerichtskosten in voller Höhe einstehen muss und nur im Innenverhältnis einen Ausgleich bei den übrigen Klägern erlangen kann. Eine solche gesamtschuldnerische Haftung ist nur bei den Klägern zu rechtfertigen, die gemeinsam an dem Rechtsvorgang beteiligt sind, durch den der Steuertatbestand verwirklicht wurde. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann das Kostenrisiko des einen Klägers nicht dem anderen Kläger (mit) auferlegt werden.

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5. Im Streitfall wenden sich die Kläger mit der gemeinsam erhobenen Klage und der gemeinsam eingelegten Revision gegen die Inanspruchnahme aufgrund von Schenkungen ihrer Mutter. Auch wenn die Schenkungen in einem sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und in einer Urkunde vollzogen wurden, handelt es sich jeweils um eigenständige Vorgänge, die jeweils für sich genommen den Tatbestand, an den das Gesetz die Schenkungsteuerpflicht knüpft, verwirklicht haben können.

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