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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 09.04.2014, Az.: III B 143/13
Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde betreffend die Berücksichtigung einer Halbwaisenrente bei der Ermittlung des Jahresgrenzbetrages eines kindergeldberechtigten Kindes mangels grundsätzlicher Bedeutung
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 09.04.2014
Referenz: JurionRS 2014, 15025
Aktenzeichen: III B 143/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Sachsen - 17.09.2013 - AZ: 3 K 1054/12 (Kg)

Rechtsgrundlagen:

§ 32 Abs. 4 S. 2 EStG

§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO

Fundstellen:

BFH/NV 2014, 1083-1084

FamRZ 2014, 1198

BFH, 09.04.2014 - III B 143/13

Redaktioneller Leitsatz:

Sowohl eine Vollwaisen- als auch eine Halbwaisenrente ist in die Berechnung der Einkünfte und Bezüge des Kindes einzubeziehen.

Gründe

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Mutter ihres im Januar 1992 geborenen Sohnes (S). S befand sich seit 2009 in einem Ausbildungsverhältnis. Neben der hieraus bezogenen Ausbildungsvergütung erhielt S eine monatliche Berufsausbildungsbeihilfe und aufgrund des Todes seines Vaters eine monatliche Halbwaisenrente.

2

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hob mit Bescheid vom 25. April 2012 die zugunsten der Klägerin für S erfolgte Kindergeldfestsetzung für das gesamte Kalenderjahr 2011 auf und forderte das bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 2.208 € von der Klägerin zurück. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2012). Zur Begründung verwies die Familienkasse darauf, dass die Einkünfte und Bezüge des S den gesetzlichen Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) überschritten hätten. Dabei bezog sie insbesondere auch die Halbwaisenrente des S in ihre Berechnung mit ein.

3

Das Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage als unbegründet ab. Zur Begründung verwies es u.a. darauf, dass die Halbwaisenrente als Hinterbliebenenleistung eines Sozialversicherungsträgers bei der Ermittlung des Jahresgrenzbetrags zu berücksichtigen sei und hierdurch auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin eintrete.

4

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

5

II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).

6

1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der von ihr herausgestellten Rechtsfrage nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

7

a) Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist. Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist. Vor allem sind, sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (z.B. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2003 III B 14/03, BFH/NV 2004, 224). Macht ein Beschwerdeführer mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine gesetzliche Regelung geltend, so ist darüber hinaus eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesfinanzhofs (BFH) orientierte Auseinandersetzung mit der Problematik erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Oktober 2010 III B 82/10, BFH/NV 2011, 38, m.w.N.).

8

b) Soweit die Klägerin die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam erachtet, ob eine Halbwaisenrente bei der Berechnung der für den Anspruch auf Kindergeld maßgeblichen Einkünfte und Bezüge des Kindes (§ 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung) berücksichtigt werden muss, entspricht die Rüge nicht den o.g. Darlegungserfordernissen.

9

aa) Nach der Rechtsprechung des BFH ist sowohl eine Vollwaisen- als auch eine Halbwaisenrente in die Berechnung der Einkünfte und Bezüge des Kindes einzubeziehen (Senatsurteil vom 9. Februar 2012 III R 73/09, BFHE 236, 407, BStBl II 2012, 463, betreffend Halbwaisenrente; BFH-Urteile vom 14. November 2000 VI R 52/98, BFHE 193, 453, BStBl II 2001, 489, betreffend Vollwaisenrente; vom 16. April 2002 VIII R 76/01, BFHE 199, 116, BStBl II 2002, 525; vom 24. Januar 2013 V R 42/11, BFH/NV 2013, 918, und vom 22. Mai 2002 VIII R 82/00, BFH/NV 2002, 1298, jeweils betreffend Halbwaisenrente; vgl. auch BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2004 VIII B 197/04, BFH/NV 2005, 867, betreffend Unfall-Hinterbliebenenrente; Senatsbeschluss vom 12. Juni 2006 III B 189/05, BFH/NV 2006, 2055, betreffend Halbwaisenrente).

10

bb) Soweit die Klägerin auf die Unterhaltsersatzfunktion der Halbwaisenrente hinweist, setzt sie sich nicht hinreichend damit auseinander, dass der BFH diesen Umstand in seiner Rechtsprechung bereits gewürdigt hat. Denn zur Begründung seiner Rechtsprechung verwies der BFH darauf, dass Kindergeld typischerweise dafür gewährt wird, dass Eltern eigene Unterhaltsleistungen erbringen. Deshalb können im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auch nur solche Unterhaltsleistungen außer Ansatz bleiben, während Leistungen Dritter (z.B. eines Sozialversicherungsträgers) grundsätzlich zu erfassen sind (BFH-Urteil in BFHE 193, 453, BStBl II 2001, 489).

11

cc) Soweit die Klägerin vorträgt, es stelle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) dar, dass bei Kindern mit zwei lebenden Elternteilen die Unterhaltsleistungen der Eltern kindergeldunschädlich seien, während bei Halbwaisen die Halbwaisenrente kindergeldschädlich sein könne, fehlt es an einer substantiierten, an den Vorgaben des GG und der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH orientierten Auseinandersetzung mit der Problematik.

12

Die Klägerin hat zum einen schon nicht den für die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG maßgeblichen abstrakten Prüfungsmaßstab aufgezeigt, an dem die in Rede stehenden Vorschriften zu messen sind. Hierzu hätte Anlass bestanden, weil das einkommensteuerrechtliche Kindergeld zwei unterschiedlichen Sachbereichen --zum einen der steuerlich gebotenen Verschonung des Familienexistenzminimums (Entlastungsfunktion), zum anderen der Förderung der Familie (Förderfunktion)-- zuzuordnen ist und je nachdem, welcher der beiden Bereiche betroffen ist, unterschiedliche Maßstäbe für die Prüfung des Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht kommen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Mai 1990 1 BvL 20/84 u.a., BVerfGE 82, 60; vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, unter B.I.2.; BFH-Beschluss vom 14. August 2012 III B 58/12, BFH/NV 2012, 1977).

13

Zum anderen geht sie auch nicht darauf ein, inwieweit eine Ungleichbehandlung dadurch gerechtfertigt sein könnte, dass der verwitwete Elternteil nach der durch § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG vorgenommenen Typisierung nicht mit Unterhaltsleistungen belastet ist, wenn die Halbwaisenrente und die weiteren Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag übersteigen, während bei zwei noch lebenden Elternteilen eine Unterhaltsbelastung besteht, wenn die Einkünfte und Bezüge (ohne eine entsprechende Halbwaisenrente) nicht zum Selbstunterhalt des Kindes ausreichen.

14

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

15

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.

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