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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 10.11.2011, Az.: I B 92/11
Voraussetzungen für das Vorliegen eines Verfahrensmangels wegen einer nicht hinreichenden Begründung eines Urteils im Zusammenhang mit der Prüfung der Neutralisierung eines Übernahmeverlusts; Prüfung der Neutralisierung des Übernahmeverlusts i.R.d. Gewinnfeststellungsbescheids bei Verschmelzung einer GmbH auf ihre Muttergesellschaft
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 10.11.2011
Referenz: JurionRS 2011, 32904
Aktenzeichen: I B 92/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Hessen - 17.05.2011 - AZ: 4 K 3128/09

Fundstelle:

BFH/NV 2012, 444-446

BFH, 10.11.2011 - I B 92/11

Gründe

1

I. Mit Wirkung zum 31. Dezember 1999 wurde die Z-GmbH auf ihre Muttergesellschaft, die B-AG, verschmolzen, an deren Betrieb eine Vielzahl natürlicher Personen als atypisch stille Gesellschafter (Mitunternehmer) beteiligt war. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), ebenfalls eine AG, ist seit dem 31. Dezember 2004 Gesamtrechtsnachfolgerin der B-AG.

2

Bei der Verschmelzung der Z-GmbH ergab sich ein Übernahmeverlust in Höhe von 1.708.868 DM, der im Rahmen des Bescheids zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der B-AG sowie der atypisch stillen Gesellschafter 1999 vom 10. April 2002 zu Gunsten des Ergebnisanteils der B-AG gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes in der für das Streitjahr (1999) geltenden Fassung (UmwStG 1999) neutralisiert wurde. Mit dem an die B-AG adressierten Bescheid vom 16. April 2002 wurde für die Z-GmbH der verbleibende Verlustabzug zum 31. Dezember 1999 auf 1.751.195 DM festgestellt, den der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1999 bei der Körperschaftsteuerveranlagung der B-AG berücksichtigte. Die Körperschaftsteuer 1999 wurde hiernach mit Bescheiden vom 19. April 2002 auf 0 € festgesetzt sowie der verbleibende Verlustvortrag auf 58.030 € festgestellt. Die Bescheide wurden nicht angefochten und sind zwischenzeitlich bestandskräftig.

3

Da die B-AG im Verlauf des Jahres 2002 den von der Z-GmbH übernommenen Betrieb eingestellt hat, besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen darüber, dass der auf die B-AG zunächst übergegangene Verlustabzug nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1999 rückwirkend entfallen ist. Das FA erließ deshalb am 20. November 2006 gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der B-AG Änderungsbescheide, mit denen die Körperschaftsteuer 1999 der B-AG auf 346.298,50 € festgesetzt und der ihr zum 31. Dezember 1999 verbliebene Verlustabzug auf 0 € gemindert wurde.

4

Einspruch und Klage bleiben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Revision nicht zugelassen.

5

II. Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin --wie bereits zuvor-- geltend, dass die "Steuerfreistellung des Verschmelzungsergebnisses" (gemeint: Neutralisierung des Übernahmeverlusts gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1999) nicht im Rahmen des Gewinnfeststellungsbescheids vom 10. April 2002, sondern nur bei Erlass des Folgebescheids (Körperschaftsteuer 1999) hätte geprüft werden dürfen. Der Vortrag kann jedoch nicht durchgreifen, da er nicht den Anforderungen an die Darlegung der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Revisionszulassungsgründe genügt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

6

1. Dies gilt zum einen für die Rüge, das vorinstanzliche Urteil leide an einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), weil die Entscheidung des FG sich nicht mit allen von der Klägerin vorgetragenen Erwägungen zum sachlichen Umfang eines Gewinnfeststellungsverfahrens auseinandergesetzt habe und deshalb nicht mit Gründen versehen sei (§ 119 Nr. 6 FGO).

7

a) Gemäß § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO müssen Urteile begründet werden. Der Sinn des Begründungszwangs liegt darin, den Prozessbeteiligten die Kenntnis darüber zu vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. Das erfordert nicht, dass jedes Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen erörtert werden muss. Ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 119 Nr. 6 FGO liegt deshalb erst dann vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, sei es, dass der Urteilsspruch überhaupt nicht begründet worden ist, sei es, dass die Entscheidungsgründe nur aus inhaltsleeren Floskeln bestehen oder missverständlich und verworren gefasst sind (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. April 1993 II R 123/91, BFH/NV 1994, 46; vom 25. März 1997 I R 74/95, BFH/NV 1997, 524 [nur Leitsatz]; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 23, m.w.N.).

8

Mängel dieser Art hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Insbesondere ist die Behauptung, das FG habe den wesentlichen Streitpunkt des Gerichtsverfahrens (d.h. den sachlichen Umfang des Feststellungsverfahrens) nicht geprüft, erkennbar unsubstantiiert. Entgegen dem Beschwerdevortrag hat das FG nicht lediglich ausgeführt, dass es die Rechtsansicht der Klägerin "nicht für überzeugend (halte)". Vielmehr hat die Vorinstanz ihre Auffassung dazu, dass auch die Korrektur des Übernahmeergebnisses Gegenstand des Feststellungsverfahrens (betr. die Einkünfte der B-AG sowie der stillen Gesellschafter) sei, auf die unmissverständliche und nachvollziehbare Erwägung gestützt, dass in ein solches Verfahren beispielsweise auch ein Gewinn der B-AG aus der Veräußerung ihrer Anteile an der Z-GmbH (Tochtergesellschaft) hätte einbezogen werden müssen und für den handelsbilanziellen Übernahmeverlust und dessen Korrektur gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1999 nichts anderes gelten könne.

9

2. Unschlüssig ist ferner die Rüge, die Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, zweiter Halbsatz FGO). Dies erfordert, dass die Beschwerdeschrift abstrakte und tragende Rechtssätze aus den in Bezug genommenen Entscheidungen benennt und diese den gleichfalls tragenden und abstrakten Rechtssätzen des vorinstanzlichen Urteils so gegenüberstellt, dass eine Abweichung erkennbar wird (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42, m.w.N.). Hieran fehlt es im Streitfall zum einen deshalb, weil die Klägerin lediglich behauptet, nicht hingegen durch die Wiedergabe konkreter Entscheidungen des BFH belegt, dass persönliche Steuermerkmale eines Mitunternehmers (durchgängig) keinen Eingang in die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung nehmen dürfen; zum anderen wäre die Vorinstanz von einem solchen Rechtssatz nicht abgewichen. Zu berücksichtigen ist hierbei nicht nur, dass das FG --wie erläutert-- die Einbeziehung der Gewinnhinzurechnung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1999 daraus abgeleitet hat, dass auch die aus den Anteilen an der Z-GmbH erzielten Einkünften in die gegenüber der B-AG und ihren stillen Gesellschaftern zu treffenden Feststellungen hätten Eingang finden müssen. Hinzu kommt, dass das FG seine Entscheidung auch darauf gestützt hat, dass nach dem Gewinnfeststellungsbescheid 1999 vom 10. April 2002 sowohl die außerbilanzielle Gewinnkorrektur gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1999 als auch deren Zurechnung zu den Einkünften der B-AG einheitlich und gesondert festgestellt worden ist und beide (zwischenzeitlich bestandskräftig gewordene) Feststellungen nach § 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung Bindungswirkung auch für die Körperschaftsteuerfestsetzung 1999 entfalten. Demgemäß wäre es --woran es vorliegend gleichfalls fehlt-- erforderlich gewesen, dass die Klägerin auch im Hinblick auf diese selbständig tragende Begründung zumindest einen der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe für die Zulassung der Revision schlüssig dargelegt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 43; vgl. zum Umfang der Bindungswirkung z.B. BFH-Urteil vom 8. November 2005 VIII R 11/02, BFHE 211, 277, BStBl II 2006, 253, 256 f.; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 182 FGO Rz 3; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 182 FGO Rz 41).

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