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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 18.02.2010, Az.: V B 38/08
Zulassung einer Revision mit dem Einwand einer fehlerhaften Auslegung von Verträgen
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 18.02.2010
Referenz: JurionRS 2010, 46531
Aktenzeichen: V B 38/08
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Mecklenburg-Vorpommern - 20.12.2007 - AZ: 2 K 124/04

BFH, 18.02.2010 - V B 38/08

Amtlicher Leitsatz:

1. NV: An der Entscheidungserheblichkeit einer Abweichung der Rechtsauffassung des Finanzgerichts von der Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs zur Berechnung der gesetzlichen Mindestbemessungsgrundlage fehlt es, wenn diese das vereinbarte Entgelt nicht übersteigt.

2. NV: Ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler bei der Berechnung der gesetzlichen Mindestbemessungsgrundlage ist nicht entscheidungserheblich, wenn sich die Bemessungsgrundlage nach dem --höheren-- vertraglich vereinbarten Entgelt richtet.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegen weder im Hinblick auf eine Divergenz noch im Hinblick auf einen schweren Rechtsanwendungsfehler vor.

3

1.

Die Zulassung einer Revision wegen Divergenz erfordert, dass das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem festgestelltem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Rechtsauffassung vertritt als der Bundesfinanzhof (BFH), der Gemeinsame Senat, der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), ein anderes oberstes Bundesgericht oder ein anderes FG (BFH-Beschlüsse vom 14. Oktober 2009 IX B 105/09, nicht veröffentlicht --n.v.--; vom 28. September 2009 IV B 99/08, BFH/NV 2010, 167).

4

a)

Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob das FG mit seinen Ausführungen zur Höhe der Abschreibung und der Berechnung der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 und 5 des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) eine andere Rechtsauffassung als der BFH vertritt. Eine derartige Abweichung wäre jedenfalls nicht entscheidungserheblich, weil sie lediglich die Höhe der gesetzlichen Mindestbemessungsgrundlage betrifft. Auf diese kommt es jedoch nicht an, wenn diese --wie im Streitfall-- nicht niedriger ist als die vertraglich vereinbarte Miete.

5

b)

Nach der Gesetzessystematik (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 UStG) ist das nach § 10 Abs. 1 UStG vereinbarte Entgelt mit den bei der Ausführung der Umsätze entstandenen Kosten zu vergleichen. Diese sind nur dann als Mindestbemessungsgrundlage anzusetzen, wenn das vereinbarte Entgelt niedriger ist.

6

c)

Das FG ist in seinem Urteil (S. 15 ff.) jedoch davon ausgegangen, dass die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) und ihre Vertragspartnerin kein niedrigeres als das sich nach der Mindestbemessungsgrundlage ergebende Entgelt vereinbart haben. Zu diesem Ergebnis ist das FG durch Auslegung des Mietvertrages in der Fassung vom 3. Januar 1995 gekommen. Wenn darin auf eine kostendeckende Miete nach Maßgabe der linearen Regel-AfA gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abgestellt werde, komme nur die AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in Höhe von 4% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Betracht. Denn die vermietete Immobilie habe zum Betriebsvermögen der Klägerin gehört, nicht Wohnzwecken gedient und der Bauantrag sei nach dem 31. März 1985 gestellt worden. Wenn die Klägerin abweichend von der ertragsteuerlich zulässigen Abschreibung andere Maßstäbe für die Ermittlung der Miete habe heranziehen wollen, hätte es nahe gelegen, den Mietvertrag so zu formulieren wie den geänderten Mietvertrag vom 3. November 2000. Für eine von der Vereinbarung abweichende "tatsächliche Übung" gebe es keinen objektiv erkennbaren Anhaltspunkt (s. unter 2.c bb).

7

2.

Die Zulassung der Revision wegen Vorliegens eines sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers setzt voraus, dass die Entscheidung des FG als objektiv willkürlich oder unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar erscheint. Es muss sich also um einen offensichtlichen materiellen oder formellen Fehler handeln (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Juli 2007 V B 66/06, BFH/NV 2007, 2067, unter II.2.b).

8

a)

Soweit die Klägerin geltend macht, ein derart gravierender Fehler liege darin, dass das FG auch solche Kosten in die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Abschreibung einbezogen habe, für die keine Vorsteuer herauszurechnen war, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit eines etwaigen Fehlers. Wie im Rahmen der Divergenzrüge bereits ausgeführt wurde, betrifft ein derartiger Fehler nur die Höhe der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 und 5 UStG. Maßgeblich für die Bemessungsgrundlage ist jedoch das --höhere-- vertraglich vereinbarte Entgelt.

9

b)

Mit ihrem Vorbringen, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beteiligten eine Abschreibung in Höhe von 4% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vereinbart hätten, rügt die Klägerin im Ergebnis eine fehlerhafte Vertragsauslegung. Der Einwand einer fehlerhaften Auslegung von Verträgen im Rahmen der Urteilsfindung betrifft jedoch einen materiellen Fehler, der als solcher die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen kann (BFH-Beschlüsse vom 5. März 2007 X B 146/05, BFH/NV 2007, 1125; vom 29. Januar 2004 IV B 95/02, BFH/NV 2004, 949).

10

c)

Ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler liegt auch nicht darin, dass das FG eine für die Streitjahre wirksame Änderung des Mietvertrags vom 3. Januar 1995 abgelehnt hat.

11

aa)

Der Mietvertrag vom 3. November 2000 änderte zwar ausweislich der Vorbemerkung I. 2. Absatz den Mietvertrag vom 3. Januar 1995. Die Wirkungen dieser Vertragsänderungen sollten aber erst ab dem 1. Januar 2000 eintreten und betreffen daher nicht die Streitjahre.

12

bb)

Eine Änderung des Mietvertrags vom 3. Januar 1995 durch einen abweichenden Vertragsvollzug ("tatsächliche Übung") hat das FG im Hinblick auf die seiner Ansicht nach widersprüchlichen --steuerlich relevanten-- Erklärungen hinsichtlich der Höhe der Mieterlöse und der Höhe der Umsätze ausgeschlossen. Dabei handelt es sich um eine Schlussfolgerung tatsächlicher Art, die das FG aufgrund des festgestellten Sachverhalts im Rahmen der ihm obliegenden Tatsachenwürdigung gezogen hat. Hierbei hat es weder gegen die Verfahrensordnung noch gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen, sodass seine Schlussfolgerung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist (§ 118 Abs. 2 FGO).

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