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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 16.10.2009, Az.: IV B 7/09
Begründungsanforderungen beim Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung als spezieller Tatbestand der Grundsatzrevision
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 16.10.2009
Referenz: JurionRS 2009, 33384
Aktenzeichen: IV B 7/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Sachsen-Anhalt - 10.12.2008 - AZ: 3 K 1712/04

Fundstelle:

BFH/NV 2010, 903-904

BFH, 16.10.2009 - IV B 7/09

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist unzulässig.

2

1.

Bei dem von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) handelt es sich um einen speziellen Tatbestand der Grundsatzrevision; es gelten die gleichen Begründungsanforderungen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 41, m.w.N. und § 116 Rz 38). Eine erfolgreiche Berufung auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) erfordert die substantiierte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist. Es ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Dazu hat sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinanderzusetzen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. Februar 2008 VI B 59/07, BFH/NV 2008, 981). Hat der BFH bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich hält (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Februar 2005 X B 164/04, BFH/NV 2005, 1126; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 33, m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht, denn sie beschränkt sich im Kern auf die Behauptung, dass das Finanzgericht (FG) die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen habe. Soweit mit der Nichtzulassungsbeschwerde Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend gemacht werden, wird damit kein Zulassungsgrund dargetan. Von vornherein unbeachtlich sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revisionsbegründung relevant sein können; denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Juni 2003 X B 173/02, BFH/NV 2003, 1325, und vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799).

3

2.

Auch soweit die Klägerin den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) geltend macht, hat sie weder eine schlüssige Divergenzrüge erhoben noch einen sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehler dargetan (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 799, und vom 19. Mai 2008 V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501). Insbesondere fehlt es auch an der Darlegung, inwiefern über eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen bei den Gerichten bestehen oder weshalb aus sonstigen Gründen eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 799; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 40). Auch insoweit genügt nicht allein die Behauptung der materiellen Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

4

3.

Einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) in Gestalt einer Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin gleichfalls nicht hinreichend schlüssig dargelegt. Eine Überraschungsentscheidung, wie sie die Klägerin behauptet, liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. März 2008 IX B 258/07, BFH/NV 2008, 1180, und vom 10. August 2009 III B 205/08, [...]). Ausweislich des angegriffenen FG-Urteils hat der Berichterstatter des FG den im Beschwerdeverfahren Bevollmächtigten der Klägerin, der im Ausgangsverfahren als Bevollmächtigter aufgetreten ist, in einem von diesem im Namen der Klägerin angestrengten weiteren Verfahren schriftlich darauf hingewiesen, dass die Klägerin spätestens im Jahr 2004 --sinngemäß auch vor Klageerhebung im Ausgangsverfahren-- auf eine GmbH verschmolzen worden sei. Demgegenüber legt die Klägerin keine Umstände dar, nach denen sie nicht (auch) mit einer Abweisung ihrer Klage als unzulässig rechnen musste.

5

4.

Auch die Rüge eines Verstoßes gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 GG) führt nicht zur Zulassung der Revision. Hat über eine Klage nicht der gesetzlich vorgesehene Spruchkörper, sondern ein einzelner Richter dieses Kollegiums entschieden, ohne dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer Einzelrichterentscheidung nach § 6 FGO noch diejenigen gemäß § 79a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 FGO erfüllt waren, liegt hierin ein schwerwiegender Verfahrensfehler i.S. des § 119 Nr. 1 FGO, der dazu führt, dass der Kläger seinem gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entzogen wird (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26. April 2005 VII B 83/04, BFH/NV 2005, 1592; Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 5a, jeweils m.w.N.). Die Klägerin hat jedoch nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine Einzelrichterentscheidung nicht vorgelegen haben; nach Aktenlage hat der Berichterstatter des FG im Einverständnis der Beteiligten nach § 79a Abs. 3 und 4 FGO als sog. konsentierter Einzelrichter (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 79a Rz 25 ff.) entschieden. Im Übrigen legen weder der Vortrag, dass der Einzelrichter falsch entschieden habe, noch der Hinweis, dass über längere Zeit kein Zuständigkeitswechsel des Richters stattgefunden habe, einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 GG hinreichend schlüssig dar.

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