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Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 15.01.2013, Az.: 9 AZR 276/11
Anforderungen an die Begründung der Sachrüge
Gericht: BAG
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 15.01.2013
Referenz: JurionRS 2013, 32852
Aktenzeichen: 9 AZR 276/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LAG Köln - 08.02.2011 - AZ: 12 Sa 669/10

Rechtsgrundlagen:

§ 72 Abs. 5 ArbGG

§ 74 Abs. 1 ArbGG

§ 551 Abs. 3 ZPO

§ 3 Tarifvertrag über den Sozial- und Bestandsschutz von Beschäftigten, die der WDR für einzelne Programmvorhaben über lange oder längere Zeit verpflichtet (SuBSchTV WDR vom 1. April 2002)

BAG, 15.01.2013 - 9 AZR 276/11

Redaktioneller Leitsatz:

Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Deshalb muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll.

In Sachen

Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger,

pp.

Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,

hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Brühler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer und Klose sowie die ehrenamtlichen Richter Furche und Heilmann für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 8. Februar 2011 - 12 Sa 669/10 - wird als unzulässig verworfen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Ausgleichsentgelt, Teilbeendigungsgeld und Urlaubsabgeltung nach dem Tarifvertrag über den Sozial- und Bestandsschutz von Beschäftigten, die der WDR für einzelne Programmvorhaben über lange oder längere Zeit verpflichtet, vom 1. April 2002 (SuBSchTV WDR) hat.

2

Der Kläger war bei der beklagten Landesrundfunkanstalt seit 2001 als Moderator in freier Mitarbeit für die "Lokalzeit" im Landesstudio B tätig. Nach mündlicher Mitteilung vom 5. Februar 2007 durch die Chefredakteurin der Landesprogramme Fernsehen teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 5. März 2007 mit, dass ihm nach dem 30. April 2007 keine weiteren Moderationsaufträge in freier Mitarbeit mehr angeboten werden könnten. Auf das Vertragsverhältnis der Parteien findet grundsätzlich der SuBSchTV WDR Anwendung. Nach § 3 Abs. 1 SuBSchTV WDR setzt die Anwendung auf den einzelnen Beschäftigten voraus, dass dieser sozial schutzbedürftig ist. Hierfür ist nach dieser Tarifvorschrift ua. erforderlich, dass das Gesamteinkommen des Beschäftigten im Referenzzeitraum nicht mehr als 45.000,00 Euro brutto (Einkommensobergrenze) betrug. Der Kläger erzielte in dem danach maßgeblichen Zeitraum von November 2006 bis einschließlich April 2007 bei der Beklagten und anderen Auftraggebern Einkünfte in Höhe von insgesamt 59.600,18 Euro brutto. Deshalb lehnte die Beklagte die Zahlung des Ausgleichsentgelts, des Teilbeendigungsgelds und der Urlaubsabgeltung ab.

3

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass von seinen Einnahmen die Betriebsausgaben abzuziehen seien. Dann habe er lediglich eine Gesamteinnahme vor Steuern in Höhe von 41.768,36 Euro brutto erzielt und sei im Sinne des § 3 Abs. 1 SuBSchTV WDR sozial schutzbedürftig.

4

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.912,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2007 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei nicht sozial schutzbedürftig im Sinne des § 3 Abs. 1 SuBSchTV WDR, da er die Einkommensobergrenze überschritten habe. Maßgebend seien seine Gesamteinnahmen in Höhe von 59.600,18 Euro brutto. Betriebsausgaben seien nicht in Abzug zu bringen.

6

Beide Vorinstanzen haben die Klage nach Auslegung des Tarifvertrags abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen.

8

A. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision im Tenor des angefochtenen Urteils zugelassen. Der Kläger hat sie gemäß § 74 Abs. 1 ArbGG auch frist- und formgerecht eingelegt, jedoch nicht ordnungsgemäß begründet.

9

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Deshalb muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (st. Rspr., zB BAG 15. März 2006 - 4 AZR 73/05 - Rn. 17, AP ZPO § 551 Nr. 63 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 2; 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 a der Gründe mwN, BAGE 109, 145). Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdacht hat. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11, AP ZPO § 551 Nr. 66 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 10).

10

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

11

1. Die Parteien streiten hauptsächlich über die Auslegung von § 3 Abs. 1 SuBSchTV WDR. Der Anspruch des Klägers auf die streitgegenständlichen Sozialleistungen (Ausgleichsentgelt, Teilbeendigungsgeld und Urlaubsabgeltung) hängt davon ab, ob er nach § 3 SuBSchTV WDR sozial schutzbedürftig war. Dies setzt gemäß § 3 Abs. 1 SuBSchTV WDR ua. voraus, dass sein Gesamteinkommen im maßgeblichen Erwerbszeitraum nicht mehr als 45.000,00 Euro brutto betrug. In diesem Zusammenhang streiten die Parteien darüber, ob bei der Berechnung der Einkünfte Betriebsausgaben des Klägers in Abzug zu bringen sind.

12

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es seien die dem Kläger aus der Verwertung seiner freiberuflichen bzw. selbstständigen Tätigkeit erzielten Einnahmen einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Betriebsausgaben seien nicht abzuziehen. Dabei hat das Landesarbeitsgericht eine ausführliche Auslegung des SuBSchTV WDR nach dem Tarifwortlaut, dessen Systematik sowie auf der Grundlage einer vernünftigen, zweckorientierten und praktischen Handhabung unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verhaltens der Beklagten vorgenommen.

13

3. Mit diesen Argumenten zur Auslegung des SuBSchTV WDR setzt sich die Revisionsbegründung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht auseinander. Auf den ersten drei Seiten seiner Begründung legt er den Sachverhalt dar und stimmt dem Berufungsgericht hinsichtlich einiger Gesichtspunkte zu. Auf den weiteren Seiten verweist er auf die bereits vorinstanzlich eingereichte schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. L und die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung des Tarifvertrags für arbeitnehmerähnliche Personen der Deutschen Welle vom 6. Februar 2002 idF vom 29. Juni 2004 (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 820/09 - EzA TVG § 4 Rundfunk Nr. 29), die bei Verkündung der angefochtenen Entscheidung noch nicht ergangen war. Die Revision zeigt keine Rechtsfehler in der Auslegung durch das Landesarbeitsgericht auf.

14

4. Eine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung war entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Senat einen ähnlich gelagerten Fall bereits entschieden hat. Der Kläger trägt in seiner Revisionsbegründung selbst zutreffend vor, dass sich die angefochtene Entscheidung und die Entscheidung des Senats vom 21. Juni 2011 (- 9 AZR 820/09 - EzA TVG § 4 Rundfunk Nr. 29) mit unterschiedlichen Tarifverträgen befassen.

15

5. Der Kläger beruft sich ohne Erfolg darauf, dass der ehemalige Vorsitzende des Senats mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 eine gütliche Einigung vorgeschlagen und damit Vertrauen in die Zulässigkeit der Revision begründet habe. Dies ist schon deshalb unerheblich, weil die durch den ehemaligen Vorsitzenden des Senats verlängerte Revisionsbegründungsfrist (§ 74 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 3 ArbGG) bereits am 28. Juni 2011 abgelaufen war.

16

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Brühler
Klose
Krasshöfer
Heilmann
Furche

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