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Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 05.09.2012, Az.: 4 AZR 750/10
Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel in Altvertrag bei Neuregelung des Arbeitsverhältnisses nach Betriebsübergang
Gericht: BAG
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 05.09.2012
Referenz: JurionRS 2012, 32335
Aktenzeichen: 4 AZR 750/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LAG Mecklenburg-Vorpommern - 08.09.2010 - AZ: 3 Sa 83/09

ArbG Schwerin - 09.01.2009 - AZ: 66 Ca 328/08

BAG, 05.09.2012 - 4 AZR 750/10

Redaktioneller Leitsatz:

1. Ist der Arbeitnehmer erst nach Betriebsübergang einer Gewerkschaft beigetreten, kann er sich wegen der begehrten Sonderzahlung nicht auf § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB stützen, da es an der beiderseitigen normativen Tarifgebundenheit als Voraussetzung des Eingreifens dieser Vorschrift fehlt.

2. Es besteht auch kein Anspruch auf eine höhere Sonderzahlung aufgrund einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme der Tarifwerke des öffentlichen Dienstes oder des TV-Sonderzahlung D 2010; denn die Parteien haben die ursprüngliche arbeitsvertragliche Bezugnahmeregelung nicht in den Änderungsvertrag übernommen und damit vor dem für eine Sonderzahlung nach den Tarifvertragswerken des öffentlichen Dienstes maßgebenden Stichtag eine abweichende vertragliche Regelung getroffen.

In Sachen

Kläger, Berufungsbeklagter und Revisionskläger,

pp.

Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Eylert, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Treber, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Winter sowie die ehrenamtlichen Richter Kiefer und Görgens für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 8. September 2010 - 3 Sa 83/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision trägt der Kläger.

Von Rechts wegen!

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzahlung für das Jahr 2007.

2

Der Kläger, seit November 2008 Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), ist seit 2001 im Städtischen Krankenhaus in W beschäftigt. Sein erster befristeter Arbeitsvertrag vom 18. April 2001 enthielt in § 2 eine Bezugnahme auf die "für die Angestellten jeweils geltenden Tarifverträge, die von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für den Bereich des für den Arbeitgeber zuständigen kommunalen Arbeitgeberverbandes und von diesem abgeschlossen worden sind".

3

Das Städtische Krankenhaus W war ein Eigenbetrieb der Hansestadt W, die Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Mecklenburg-Vorpommern (KAV Mecklenburg-Vorpommern) war, einem Mitgliedsverband der VKA. Das Krankenhaus wurde im Jahr 2005 nach § 168 UmwG aus dem Vermögen der Hansestadt W ausgegliedert und auf die Städtische Krankenhaus W gGmbH i.G., die nicht Mitglied im KAV Mecklenburg-Vorpommern war, übertragen. Mit Schreiben vom 16. November 2005 wurden die Beschäftigten über den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den neuen Rechtsträger zum 28. Oktober 2005 informiert. In einer von der Hansestadt W und der Städtische Krankenhaus W gGmbH i.G. geschlossenen Personalüberleitungsvereinbarung vom 2. November 2005 (PÜV) ist ua. ausgeführt, dass der Übergang der Arbeitsverhältnisse der beim Eigenbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer erst mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister eintreten soll und dass abweichend von § 613a BGB die bisherigen tarifvertraglichen Rechte und Pflichten nach dem Betriebsübergang jedenfalls für einen bestimmten Zeitraum dynamisch weitergeführt werden. Für den Fall einer wirksamen Ablösung tarifvertraglicher Arbeitsbedingungen durch ua. Haustarifverträge waren besondere Regeln vereinbart worden. Die D H AG erwarb in der Folgezeit einen Mehrheitsanteil an der Beklagten, die im Herbst 2006 zunächst in die H-Klinikum W GmbH umbenannt wurde und seit 2012 unter dem jetzigen Namen firmiert.

4

Die D H AG schloss am 27. März 2007 mit den Gewerkschaften ver.di und NGG den Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung (TV-Sonderzahlung D 2007) ab. Dieser am 1. Januar 2007 in Kraft getretene und bis zum 31. Dezember 2011 befristete Tarifvertrag sah ua. für die Arbeitnehmer der Beklagten eine Sonderzahlung vor, deren Höhe von der Entwicklung des Betriebsergebnisses des Konzerns der D H AG im betreffenden Kalenderjahr, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und zudem von der Zugehörigkeit entweder zu der Gewerkschaft ver.di oder der NGG zu einem bestimmten Stichtag abhängig war. Diesen Tarifvertrag hat der Senat mit Urteil vom 18. November 2009 (- 4 AZR 491/08 - BAGE 132, 268) im Verhältnis zu den abhängigen Unternehmen des Konzerns - wie der Beklagten - als unwirksam angesehen, da er von der herrschenden Konzerngesellschaft nicht unter offengelegter Vertretung für die abhängigen Unternehmen geschlossen worden war. Am 2. März 2010 schlossen die D H AG und die Konzerngesellschaften - darunter die Beklagte - einerseits und die Gewerkschaften ver.di und NGG andererseits erneut einen Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung (TV-Sonderzahlung D 2010) mit Wirkung ab dem Jahre 2007 ab, dessen Regelungen weitgehend denen im TV-Sonderzahlung D 2007 entsprachen.

5

Am 1. Oktober 2007 schlossen die Parteien einen schriftlichen Änderungsvertrag, der keine Bezugnahmeklausel auf ein Tarifwerk enthält.

6

Der Kläger erhielt bis 2006 die jährliche Sonderzahlung nach den Tarifwerken des öffentlichen Dienstes. Mit der Abrechnung für Dezember 2007 zahlte ihm die Beklagte für das Jahr 2007 ein "Weihnachtsgeld" in Höhe von 533,55 Euro brutto sowie mit der Abrechnung für April 2008 eine weitere "Sonderzahlung" in Höhe von 72,04 Euro brutto.

7

Nach erfolgloser Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Betrages hat der Kläger Klage erhoben und die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2007 entweder eine weitere Sonderzahlung nach § 20 TVöD in Höhe von 894,67 Euro brutto oder ansonsten ein Anspruch nach dem TV-Sonderzahlung D 2010 in restlicher Höhe von 908,31 Euro brutto zu. Aufgrund der Bezugnahmeklausel in seinem Arbeitsvertrag von April 2001 sei auf das Arbeitsverhältnis der BAT-O oder der TVöD in seiner jeweiligen Fassung anzuwenden. Sollte die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auf den TV-Sonderzahlung D 2010 verweisen, stehe ihm hieraus der begehrte Anspruch zu. Die in diesem Tarifvertrag vereinbarte unterschiedliche Behandlung von Gewerkschaftsmitgliedern und Unorganisierten sei unzulässig. Zudem ergebe sich sein Anspruch aus der PÜV. Der Änderungsvertrag von Oktober 2007 stehe weder einer Anwendung der Tarifwerke des öffentlichen Dienstes noch des TV-Sonderzahlung D 2010 entgegen, selbst wenn dieser keine ausdrückliche Regelung über eine Sonderzahlung enthalte.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 908,31 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ein Anspruch auf die begehrte höhere Sonderzahlung ergebe sich weder aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag von April 2001 noch aus dem Änderungsvertrag von Oktober 2007. Der Letztere habe das Arbeitsverhältnis auf eine neue Grundlage gestellt und nehme nicht mehr Bezug auf die Tarifwerke des öffentlichen Dienstes. Im Übrigen erfasse die Bezugnahmeklausel des ursprünglichen Arbeitsvertrages sämtliche für den Betrieb maßgebenden Tarifverträge, weshalb für die Sonderzahlung der TV-Sonderzahlung D 2010 anzuwenden sei, der keine unzulässige Differenzierungsklausel enthalte. Da der Kläger im Jahr 2007 nicht Mitglied einer der Gewerkschaften gewesen sei, habe er keinen Anspruch auf die höhere Sonderzahlung.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht eine weitere Sonderzahlung für das Jahr 2007 nicht zu.

12

I. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht gemäß § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG.

13

1. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf ein Tarifwerk des öffentlichen Dienstes stützen. Es fehlt an einer beiderseitigen Tarifgebundenheit. Abgesehen davon, dass der Kläger erst seit November 2008 Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, ist die Beklagte nicht normativ (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) an diese Tarifvertragswerke gebunden.

14

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch aus dem TV-Sonderzahlung D 2010 zu. Im Anspruchsjahr 2007 war er nicht tarifgebunden. Der Neuabschluss im Jahre 2010 diente nur der rückwirkenden Inkraftsetzung des TV-Sonderzahlung D 2007 für die abhängigen Unternehmen des Konzerns wie die Beklagte. Vorbehaltlich einer ausdrücklichen gegenteiligen Regelung der Tarifvertragsparteien führt, soweit abgelaufene Anspruchs- und Bezugszeiträume betroffen sind, eine erst nach deren Ablauf begründete normative Tarifgebundenheit nicht zu nachträglichen Ansprüchen (vgl. auch BAG 22. November 2000 - 4 AZR 688/99 - AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 20 = EzA TVG § 3 Nr. 20).

15

3. Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Sonderzahlung folgt nicht aus § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB iVm. einem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Der Gewerkschaftsbeitritt des Klägers erfolgte erst nach dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, weshalb nicht die beiderseitige normative Tarifgebundenheit als Voraussetzung des Eingreifens von § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bestand (vgl. im Einzelnen: BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 17 ff., ZInsO 2012, 1895).

16

II. Es besteht weiterhin kein Anspruch auf eine höhere Sonderzahlung aufgrund einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme der Tarifwerke des öffentlichen Dienstes oder des TV-Sonderzahlung D 2010. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich ein Anspruch auf der Grundlage der Bezugnahmeregelung des Arbeitsvertrages vom 18. April 2001 ergeben hätte. Die Parteien haben die ursprüngliche arbeitsvertragliche Bezugnahmeregelung nicht in den Änderungsvertrag vom 1. Oktober 2007 übernommen und damit vor dem für eine Sonderzahlung nach den Tarifvertragswerken des öffentlichen Dienstes maßgebenden 1. Dezember des Bezugsjahres 2007 eine abweichende vertragliche Regelung getroffen. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Entgegen dessen Auffassung hat der Änderungsvertrag vom 1. Oktober 2007 die Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages vom 18. April 2001 nicht unberührt gelassen. Er enthält eine umfassende vertragliche Neuregelung ohne Bezugnahmeklausel. Somit verweist er weder auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes noch auf die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge. Das ergibt die Auslegung.

17

1. Nach dem Vortrag der Parteien und dem äußeren Erscheinungsbild (vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 457/10 - Rn. 14, EzA TzBfG § 4 Nr. 22) ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Änderungsvertrag um einen Formularvertrag handelt. Dessen Bestimmungen sind nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen, dh. nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (näher BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Der Senat als Revisionsgericht ist an einer Auslegung der Erklärung bereits deshalb nicht gehindert, weil das Berufungsgericht eine Auslegung des vom Kläger bereits mit der Klageschrift vorgelegten Änderungsvertrages vom 1. Oktober 2007, auf den sich die Beklagte in den Vorinstanzen bezogen hat, unterlassen hat. Nach erfolgtem rechtlichen Hinweis konnte der Senat die Auslegung des Vertrages selbst vornehmen, weil diese nicht von der Feststellung besonderer Umstände des Einzelfalls abhängt, sondern sich aus der Vertragsurkunde selbst ergibt (vgl. auch BAG 27. Oktober 2004 - 10 AZR 138/04 - mwN, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 28).

18

2. Spätestens mit dem umfassenden Änderungsvertrag vom 1. Oktober 2007 sind die vertraglichen Regelungen des Arbeitsvertrages vom 18. April 2001 geändert und durch andere ersetzt worden. Der Änderungsvertrag vom 1. Oktober 2007 enthält lediglich für die Dauer der Kündigungsfrist (§ 7 - Dauer des Anstellungsvertrages), die sich nach § 27 Manteltarifvertrag D vom 1. Januar 2007 richten soll, eine einzige, partielle Verweisung auf Tarifverträge.

19

a) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass die damaligen Vertragsparteien den befristeten Arbeitsvertrag von April 2001, dessen § 2 eine Verweisung auf die Tarifverträge der VKA und des für den Bereich des Arbeitgebers zuständigen KAV enthielt, zunächst über das Befristungsende hinaus weiterführen wollten. Darauf deutet ua. die Benennung der späteren Vereinbarung als Änderungsvertrag und eine darin erfolgte Anerkennung einer durchgehenden Beschäftigungszeit seit dem 1. Mai 2001 hin.

20

b) Mit dem Änderungsvertrag von Oktober 2007 haben die Parteien aber nach dem Betriebsübergang eine neue, eigenständige und den bisherigen Arbeitsvertrag ersetzende Vereinbarung getroffen. Sie beinhaltet nicht nur eine unbefristete Tätigkeit des Klägers als Mitarbeiter der Pforte/Telefonie unter Anrechnung der Beschäftigungszeit seit dem 1. Mai 2001, sondern regelt ua. auch - ohne jegliche Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen - das Unterstellungsverhältnis (§ 1 Abs. 1), den Umfang und die Grenzen des Direktionsrechts (§ 1 Abs. 1), ein Festgehalt und dessen Fälligkeit (§ 2 Abs. 1), die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (§ 2 Abs. 2), die Dauer des Urlaubs (§ 3), die Vorgaben zur Geheimhaltung (§ 4), Nebentätigkeiten (§ 5), Arbeitsverhinderung (§ 6), ein Schriftformerfordernis (§ 8 Abs. 1) sowie eine Ausschlussfrist für Ansprüche aus dem Vertrag (§ 8 Abs. 2).

21

Diese umfangreichen Regelungen verdeutlichen, dass die Parteien nicht nur den früheren, auf das Tarifvertragsrecht des öffentlichen Dienstes von VKA und KAV verweisenden Arbeitsvertrag ergänzen, sondern ihn vielmehr ersetzen wollten. Durch den vorbehaltlosen Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll (st. Rspr., vgl. ua. BAG 14. November 2007 - 4 AZR 945/06 - NZA-RR 2008, 358; 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - BAGE 121, 247; jew. mwN).

22

III. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich der begehrte Anspruch auch nicht aus dem Änderungsvertrag vom 1. Oktober 2007.

23

Der Änderungsvertrag vom 1. Oktober 2007 und namentlich die Entgeltregelungen sehen einen Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung nicht vor.

24

IV. Der Kläger hat auch keinen anteiligen Anspruch für die Monate Januar bis September 2007 auf die begehrte Sonderzahlung für das Jahr 2007.

25

Dabei kann dahingestellt bleiben, zu welchem exakten Datum der Betrieb des Städtischen Krankenhauses W von der Hansestadt W auf die Städtische Krankenhaus W gGmbH gem. § 613a BGB übergegangen ist und welche Tarifwerke des öffentlichen Dienstes dann aufgrund der ursprünglichen arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel bis einschließlich 30. September 2007 galten. Ein möglicher anteiliger Anspruch für das Jahr 2007 wäre nach keiner der - je nach dem tatsächlichen Zeitpunkt des Betriebsübergangs - eventuell in Frage kommenden Bestimmungen über Sonderzahlungen der Tarifvertragswerke des öffentlichen Dienstes (§ 20 TVöD, § 20 TVÜ-VKA iVm. TV Zuwendung Ang-O vom 10. Dezember 1990, TV Zuwendung Arb-O vom 10. Dezember 1990 oder iVm. § 20 TVöD) gegeben. Der Kläger stand zwar zum Stichtag am 1. Dezember 2007 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Es fehlt aber seit dem 1. Oktober 2007 an einer vereinbarten, vertraglichen Bezugnahme auf die Tarifvertragswerke des öffentlichen Dienstes.

26

V. Soweit sich der Kläger zusätzlich auf die PÜV von November 2005 als Anspruchsgrundlage beruft, ist schon nicht ersichtlich, inwiefern diese in Anbetracht des Änderungsvertrages der Parteien vom 1. Oktober 2007 an einer für das Bezugsjahr 2007 nicht mehr bestehenden Bindung oder Gebundenheit an die Tarifvertragswerke des öffentlichen Dienstes etwas ändern könnte. In einer PÜV kann eine dynamische Anwendbarkeit von Tarifverträgen ohne Zustimmung der davon erfassten Arbeitnehmer nicht vereinbart werden, da es sich um einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter handeln würde. Das gilt nicht nur für den Fall der erstmaligen Vereinbarung einer Bezugnahme, sondern auch - wie hier - bei der Sicherung einer bisher geltenden dynamischen Inbezugnahme von Tarifverträgen. Eingeräumt werden kann lediglich die Berechtigung, eine Vereinbarung über die dynamische Anwendung der sich aus der PÜV ergebenden Tarifverträge vom Arbeitgeber zu verlangen (vgl. dazu BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 439/09 - Rn. 26 ff., AP BGB § 133 Nr. 60). Eine solche ist hier nicht vorgetragen worden oder ersichtlich.

27

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Eylert
Treber
Winter
Kiefer
Görgens

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