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Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 24.02.2011, Az.: 8 AZR 468/09
Entscheidung über Annahmeverzugslohnansprüche als Folgesache kann bis zur Klärung hinsichtlich Frage der Wirksamkeit des Widerspruchs gegen einen Betriebsübergang nicht erfolgen; Entscheidung über Annahmeverzugslohnansprüche bei nicht geklärter Frage der Wirksamkeit des Widerspruchs gegen einen Betriebsübergang
Gericht: BAG
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 24.02.2011
Referenz: JurionRS 2011, 15700
Aktenzeichen: 8 AZR 468/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

ArbG Solingen - 18.03.2008 - AZ: 2 Ca 2037/07 lev

LAG Düsseldorf - 27.05.2009 - AZ: 7 Sa 726/08

Rechtsgrundlagen:

§ 613a BGB

§ 615 BGB

BAG, 24.02.2011 - 8 AZR 468/09

Redaktioneller Leitsatz:

Ist der Rechtsstreit darüber, ob ein Widerspruch gegen einen Betriebsübergang wirksam eingelegt wurde oder das Recht bereits verwirkt war, noch nicht entschieden, kann über als Folgesache geltend gemachte Annahmeverzugslohnansprüche nicht entschieden werden, da die Entscheidung davon abhängig ist, ob infolge des Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis besteht und wenn ja, welcher Art es ist.

In Sachen

Kläger, Berufungsbeklagter, Revisionskläger und Widerbeklagter,

pp.

Beklagte, Berufungsklägerin, Revisionsbeklagte und Widerklägerin,

hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen

Verhandlung vom 24. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter am

Bundesarbeitsgericht Hauck, die Richter am Bundesarbeitsgericht Böck und Breinlinger sowie den ehrenamtlichen Richter Lüken und die ehrenamtliche Richterin Wankel für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 27. Mai 2009 - 7 Sa 726/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in einem Folgeprozess darüber, ob die Beklagte wegen Annahmeverzugs in einem zwischen ihr und dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnis verpflichtet ist, arbeitsvertragliche Vergütungsansprüche aus dem Zeitraum von April bis Dezember 2007 zu zahlen.

2

Im Hauptsacheverfahren hat das Arbeitsgericht den auf Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Frühruhestandsverhältnisses gerichteten Hauptantrag des Klägers abgewiesen, seinen Widerspruch jedoch für wirksam gehalten und deswegen ein Anstellungsverhältnis mit den nachgeordneten Zahlungsansprüchen bestätigt (Arbeitsgericht Solingen, Urteil vom 21. Mai 2007 - 1 Ca 330/07 lev -). Mit seiner am 29. November 2007 beim Arbeitsgericht anhängig gewordenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, aufgrund des festgestellten Arbeitsverhältnisses sei die Beklagte verpflichtet, ihm für den Zeitraum von April bis Dezember 2007 Vergütung, Urlaubsgeld, eine tarifliche Jahresleistung sowie eine Einmalzahlung zu leisten.

3

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt April 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2007 zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt Mai 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2007 zu zahlen.

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt Juni 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2007 zu zahlen.

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 613,50 Euro brutto (Urlaubsgeld 2007) nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2007 zu zahlen.

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 431,69 Euro brutto (Einmalzahlung nach Ziffer 3 Chemietarifpaket 2007) nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2007 zu zahlen.

6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt Juli 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2007 zu zahlen.

7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt August 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.332,16 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2007 zu zahlen.

8. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt September 2007) abzüglich bezogener Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.421,87 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2007 zu zahlen.

9. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt Oktober 2007) abzüglich bezogener Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.421,87 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2007 zu zahlen.

10. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt November 2007) abzüglich bezogener Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.421,87 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2007 zu zahlen.

11. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt Dezember 2007) abzüglich bezogener Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.421,87 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen.

12. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.335,80 Euro brutto (tarifliche Jahresleistung 2007) nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen.

4

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass mangels eines wirksamen Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien seit dem Betriebsteilübergang am 1. November 2004 kein Arbeitsverhältnis mehr besteht.

5

Das Arbeitsgericht Solingen hat der Klage durch Urteil vom 18. März 2008 - 2 Ca 2037/07 lev - stattgegeben. Nach Androhung der Zwangsvollstreckung durch den Kläger hat die Beklagte die durch das Arbeitsgericht Solingen ausgeurteilten Beträge an den Kläger unter Rückforderungsvorbehalt abgerechnet und die sich hieraus ergebenden Nettobeträge verzinst an den Kläger ausgezahlt sowie die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern abge- führt.

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht - wie im Hauptsacheverfahren - die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt und mittels Widerklage die Zurückerstattung der aufgrund des vorläufig vollstreckbaren arbeitsgerichtlichen Urteils an den Kläger geleisteten Zahlungen verlangt.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

8

Das Landesarbeitsgericht hat die Abweisung der Klage vorliegend wie im Hauptsacheverfahren damit begründet, dass der Kläger sein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin gegenüber der Beklagten verwirkt habe. Im Hauptsacheverfahren hat der Senat durch Urteil vom 24. Februar 2011 - 8 AZR 469/09 - die Begründung des Berufungsgerichts hierfür nicht als rechtsfehlerfrei befunden und die Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Als Folgesache sind die vom Kläger vorliegend geltend gemachten Annahmeverzugslohnansprüche davon abhängig, ob infolge des Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin vom 23. Juni 2005 zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis besteht und wenn ja, welcher Art es ist. Sollte der Kläger, wie er behauptet, beweisen können, dass er ein "Frühruhestandsverhältnis" schon mit der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin begründet hatte, wären Annahmeverzugslohnansprüche aus einem Arbeitsverhältnis ebenso unbegründet wie im Falle eines unwirksamen Widerspruchs. Über die hier geltend gemachten Vergütungsansprüche kann der Senat nicht entscheiden, weil diese von der Entscheidung über den Bestand und den Inhalt eines Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien abhängen und dafür vom Landesarbeitsgericht noch weitere Feststellungen zu treffen sind. Dementsprechend war auch nicht über die von der Beklagten gem. § 717 ZPO erhobene Widerklage zu entscheiden.

Hauck
Böck
Breinlinger
Lüken
Wankel

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