Rechtswörterbuch

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Werbeanlagen - Rechtsprechung

 Normen 

Gesetzlich nicht geregelt.

 Information 

1. Zur planungsrechtlichen Beurteilung

Ausschluss von Werbeanlagen in einem Gewerbegebiet:

Um Werbeanlagen in einem Gewerbegebiet durch bauplanerische Festsetzungen auszuschließen, muss der Satzungsgeber Gründe anführen, die Schutzinteressen über die straßenrechtlichen Anbauverbote hinaus begründen. Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sind zwar städtebauliche Erwägungen, zu beachten ist aber, dass Werbung in Gewerbegebieten geradezu gebietstypisch sind. Daher müssen gewichtige Interessen vorliegen, denen nicht durch die straßenrechtlichen Regelungen Genüge getan wird.

Litfasssäulen:

Litfasssäulen haben mangels städtebaulicher Relevanz nicht die Qualität einer baulichen Anlage im Sinne von § 29 BauGB. Sie gehören seit Jahrzehnten zum Stadtbild und stellen nach Auffassung des OVG Hamburg (20.02.1997 - Bf II 13/96), auch in reinen Wohngebieten, regelmäßig keine Verunstaltung dar.

Fremdwerbung:

Eine Werbeanlage zur Fremdwerbung (Werbung, die nicht an der Stätte der Leistung durchgeführt wird), die eine bauliche Anlage im Sinne von § 29 S. 1 BauGB ist, stellt bauplanerisch eine eigenständige Hauptnutzung im Sinne der § 2 BauNVO dar. Sie ist daher im reinen Wohngebiet ausnahmslos und im allgemeinen Wohngebiet regelmäßig unzulässig, so in seinem Urteil das BVerwG vom 03.12.1992 - 4 C 27/91.

In gewerblich geprägten Gebieten sind der Fremdwerbung dienende Werbeanlagen regelmäßig zulässig, da sie sich in die Eigenart der näherern Umgebung einfügen, so in seinem Urteil das BVerwG vom 15.12.1994 - 4 C 19/93.

Skybeamer:

Ein sog. Skybeamer (Himmelsstrahler) ist eine Werbeanlage, bestehend aus den Lichtstrahlen und dem sie erzeugenden Gerät. Wenn in einer Gestaltungssatzung die Zulässigkeit von Werbeanlagen auf eine Einzelgröße von 2 m x 6 m beschränkt ist, kann die Genehmigung des Skybeamern unter Hinweis auf die Festsetzung in der Gestaltungssatzung verboten werden, so in seiner Entscheidung das OVG Rheinland-Pfalz vom 22.01.2003 - 8 A 11286/02.

2. Zur bauordnungsrechtlichen Beurteilung

Einfügung in die Umgebung:

"Werbeanlagen sind gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 HBauO mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen, dass sie auch wegen ihres Umfangs nicht störend wirken. Eine feste Größe kann dabei nicht angegeben werden, da der Störgrad abhängig ist von der konkreten baulichen Umgebung" (OVG Hamburg 04.06.2018 - 2 Bs 68/18).

Litfasssäule:

Eine Litfasssäule ist keine Nebenanlage des Weges, an dem bzw. auf dem sie errichtet bzw. aufgestellt werden soll. Deshalb ist sie grundsätzlich genehmigungsbedürftig (Urteil des OVG Hamburg 20.02.1997).

Werbeanlagen an Bahnanlagen:

Mit Montage einer Werbeanlage an einer Eisenbahnbrücke wird die Werbeanlage nicht Bestandteil bzw. Zubehör dieser Verkehrsanlage i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BauO NRW 2018, d.h. dass die Werbeanlage als bahnfremdes Vorhaben zu bewerten ist und an den formellen und materiellen Vorschriften der Landesbauordnung messen lassen muss (Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen 03.07.1997 11 A 1566/94).

Werbetafeln an Bahnanlagen, die der Fremdwerbung dienen, sind nach den allgemeinen bauplanerischen Regeln zu beurteilen. Sie sind keine Eisenbahnbetriebsanlagen nach § 18 AEG, sodass die Fachplanung nicht vorrangig ist. Vielmehr ist die Aufstellung eine sog. "bahnfremde Nutzung", die grundsätzlich in formeller und materieller Hinsicht dem allgemeinen Baurecht unterliegt. Mit dieser Begründung hat in seiner Entscheidung das OVG Saarland vom 24.09.2002 - 2 R 12/01 die Verpflichtung zur Erteilung von Baugenehmigungen für zwei Werbetafeln bejaht.

Quantität von Werbeanlagen:

Zur Überladung (und der Folge der Verunstaltung) des Giebels eines überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäudes durch eine dritte Werbeanlage im Euroformat: Urteile des OVG Nordrhein-Westfalen 25.09.1996 - 11 A 3650/95 und OVG Nordrhein-Westfalen 20.02.2004 - 10 A 3279/02.

3. Zu sonstigen materiellen Anforderungen:

Gefährdung der Verkehrssicherheit:

Der VGH Baden-Württemberg (17.12.1980 - 3 S 832/80) sieht in seinem Urteil vor allem dann eine Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch eine Werbeanlage gegeben, wenn eine Sachlage zur Annahme berechtigt, dass nach der allgemeinen Erfahrung in überschaubarer Zukunft der Eintritt eines Verkehrsunfalls oder eine Behinderung des Verkehrsablaufs zu erwarten ist.

Abstandsflächen:

Werbeanlage (hier Tafel im Euroformat) sind abstandsflächenrelevant (OVG Niedersachsen 18.02.1999 - 1 L 4263/96).

4. Zur Frage der Beseitigung von Werbeanlagen:

Schwarzbau:

Das OVG Nordrhein-Westfalen 17.05.2000 - 7 B 723/00 bejaht die Anordnung der sofortigen Vollziehung bei einer bauaufsichtlichen Beseitigungsverfügung für eine Werbeanlage, die ohne Genehmigung errichtet worden ist. Die Behauptung, dass eine Hinweistafel schon seit Jahrzehnten existiert, führt in diesem Zusammenhang nicht zu einem Abwehrrecht. Eine bloße Duldung der Anlage stünde einem Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde allein nicht im Wege. Das Gericht stellt das öffentliche Interesse, den formellen Erfordernissen des öffentlichen Baurechts Geltung zu verschaffen, in den Mittelpunkt der Betrachtung, das Eigeninteresse des Bauherrn ist dem gegenüber geringer zu bewerten, auch wenn die baurechtswidrige Anlage schon geraume Zeit existiert.

Die Bauaufsichtsbehörde darf die Beseitigung einer Werbeanlage unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verlangen. Voraussetzung hierfür ist, dass die bauaufsichtliche Anordnung einem Nutzungsverbot gleichkommt und sowohl zu keinen hohen Kosten, als auch zu keinem Substanzverlust führt. Dies wurde so vom VGH Hessen 06.06.2002 - 3 TG 1056/02 entschieden. In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt ging es um die Beseitigung zweier Mega-Spanntransparente, vorher war ein entsprechender Bauantrag abgelehnt worden.

Widerruf der Genehmigung:

Das OVG Berlin 27.07.2001 - 2 S 3/01 hatte in einem Eilverfahren über den Widerruf einer Baugenehmigung für eine großflächige Werbetafel (= 12 m x 15 m) zu befinden. Diese war von der Baubehörde in einer ungeordneten städtebaulichen Situation als Interimsnutzung - allerdings mit Widerrufsvorbehalt - zugelassen worden. Das Umfeld war geprägt durch umfassende Bauarbeiten und zahlreiche andere Werbeanlage. Der Widerruf und die nachfolgende Beseitigungsverfügung wurde vom Gericht als ermessensfehlerfrei bestätigt, weil sich das Umfeld verändert hatte und die Werbeanlage nunmehr verunstaltend wirkte. Letztlich handelte es sich bei der erteilten Baugenehmigung um Duldung, die der Behörde erlaubte, flexibel auf eine veränderte Situation zu reagieren.

 Siehe auch 

Werbeanlagen

Werbeanlagen - Beseitigung

Gädtke/Johlen/Wenzel/Hanne/Kaiser/Koch/Plum: BauO NRW. Kommentar; 13. Auflage 2019