Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Vorsorgeunterhalt

 Normen 

§ 1361 Abs. 1 S. 2 BGB

§ 1578 Abs. 3 BGB

 Information 

1. Allgemein

Zusätzlicher Unterhalt, der zweckgebunden für eine Altersvorsorgeversicherung, eine Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsversicherung eingesetzt werden muss.

Der Vorsorgeunterhalt ist grundsätzlich ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags zu zahlen. Voraussetzung ist aber, dass nach Abzug des Elementarunterhaltes der auf der gleichen Stufe stehenden Unterhaltsberechtigten von dem bereinigten Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen dessen Selbstbehalt noch gewährleistet ist, d.h. der Unterhaltspflichtige insofern noch leistungsfähig ist.

Für die Vergangenheit kann der Unterhalt (nach der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags) bereits von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem der Unterhaltsberechtigte von dem Unterhaltsverpflichteten Auskunft mit dem Ziel der Geltendmachung des Unterhalts verlangt hat. Nicht notwendig ist, dass in dem Auskunftsbegehren ausdrücklich auf die Geltendmachung des Altersvorsorgeunterhalts hingewiesen wurde (BGH 22.11.2006 - XII ZR 24/04).

Der Vorsorgeunterhalt kann dem Unterhaltsberechtigten dann neben dem konkret ermittelten ungekürzten Elementarunterhalt zugesprochen werden (BGH 11.08.2010 - XII ZR 102/09).

Der unterhaltsberechtigte Ehegatte ist nicht verpflichtet, bei der Geltendmachung des Anspruchs auf Vorsorgeunterhalt eine bestimmte Form der Vorsorgeversicherung und die hiermit verbundenen konkret anfallenden Vorsorgeaufwendungen anzugeben.

2. Höhe

Die Höhe des Vorsorgeunterhalts ist dabei grundsätzlich auf der Grundlage des Elementarunterhalts zu ermitteln. Dafür ist der Elementarunterhalt nach der sogenannten Bremer Tabelle in ein fiktives Bruttoeinkommen umzurechnen.

Bei sehr guten Lebensverhältnissen ist bei der Berechnung des Vorsorgeunterhalts von dem tatsächlich bezahlten Elementarunterhalt als Anknüpfungstatsache auszugehen. Die Höhe des geschuldeten Altersvorsorgeunterhalts ist in diesen Fällen nicht auf den sich aus der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung ergebenden Betrag beschränkt (BGH 25.10.2006 - XII ZR 141/04; OLG München 21.06.2004 - 17 UF 1571/03). Die Beitragsbemessungsgrenze beträgt für das Jahr 2022 für den Bereich Westdeutschland 84.600,00 EUR jährlich bzw. 7.050,00 EUR monatlich und für den Bereich Ostdeutschland 6.750,00 EUR monatlich und 81.000,00 EUR jährlich.

Bei der Anwendung der Quotenberechnung gilt (OLG Saarbrücken 23.03.2021 - 6 UF 136/20):

"Sieht der Unterhaltsberechtigte trotz besonders günstiger Einkommensverhältnisse davon ab, seinen Unterhaltsbedarf konkret darzulegen, und beschränkt er sich stattdessen darauf, diesen in Höhe des von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gebilligten höchsten Quotenbedarfs anzusetzen, so kann er nicht zugleich einen - aus Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt zusammengesetzten - Gesamtunterhaltsanspruch geltend machen, welcher jenen Quotenbedarf übersteigt. Anders kann die Lage nur sein, wenn der Altersvorsorgeunterhaltsberechtigte darlegt - und bei Bestreiten beweist -, dass ausreichend zusätzliche, nichtprägende Einkünfte vorhanden sind, aus denen der Vorsorgebedarf neben dem laufenden Unterhaltsbedarf befriedigt werden kann, ohne dass deshalb der Halbteilungsgrundsatz verletzt wird."

3. Nachforderung von Altersvorsorgeunterhalt

Die Forderung des Vorsorgeunterhalts im Wege des Zusatz- oder Nachforderungsantrages ist nur dann möglich, wenn sich der schon vorliegende Unterhaltstitel eindeutig nur auf einen Teilbetrag des geschuldeten Unterhalts beschränkt. Für die Annahme eines Teilantrags ist daher zu fordern, dass der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren entweder ausdrücklich einen Unterhaltsteilanspruch geltend gemacht oder sich wenigstens erkennbar eine Nachforderung von Unterhalt vorbehalten hat (BGH 19.11.2014 - XII ZB 478/13).

4. Treuwidrigkeit der weitern Forderung bei Verweigerung der Auskunft über die Verwendung

"Erteilt der Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltspflichtigen auf dessen Aufforderung hin keine Auskunft über die Verwendung des in der Vergangenheit bezogenen Altersvorsorgeunterhalts und bestehen deshalb begründete Zweifel daran, dass er die hierfür an ihn geleisteten Beträge zweckentsprechend verwenden wird, steht der Forderung auf Zahlung künftigen Altersvorsorgeunterhalts der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB entgegen" (BGH 13.11.2019 - XII ZB 3/19).

5. Vorgaben für die Anlage des Geldes

Der BGH hat dem Unterhaltsberechtigten des Vorsorgeunterhalts eine Wahlfreiheit bezüglich der Anlage des Geldes eingeräumt (BGH 22.09.2021 - XII ZB 544/20):

  • "Dem Empfänger von Altersvorsorgeunterhalt obliegt es, die erhaltenen Unterhaltsbeträge in einer für die spätere Erzielung von Alterseinkünften geeigneten Form anzulegen. Statt freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, kann er auch eine private Rentenversicherung abschließen (...). Dass diese ein Kapitalwahlrecht vorsieht, steht nicht entgegen."

  • "Aufgrund des Unterhaltsrechtsverhältnisses obliegt es zwar grundsätzlich beiden (geschiedenen) Ehegatten, ihre (Gesamt-)Einkommensteuerbelastung möglichst gering zu halten. Der Unterhaltsberechtigte ist aber, insbe- sondere im Rahmen des steuerlichen Realsplittings, nicht gehalten, den Altersvorsorgeunterhalt in einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden zertifizierten Rentenversicherung (hier sog. Rürup-Rente) anzulegen."

 Siehe auch 

Lebensbedarf

Mangelfallberechnung

Unterhaltskette

Verzug mit Unterhalt

BGH 30.11.2011 - XII ZR 34/09 (Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts ausgehend von dem ermittelten Elementarunterhalt bei Beschränkung des Elementarunterhalts auf einen eine konkrete Bedarfsbemessung nicht erfordernden Betrag)

BGH 25.05.2005 - XII ZR 221/02 (Inhaltskontrolle von Eheverträgen)

BGH 29.01.2003 - XII ZR 92/01 (nachehelicher Einkommensrückgang und Altersvorsorgeunterhalt)

BGH 25.02.1981 - IVb ZR 534/80

BGH 30.06.1982 - IVb ZR 695/80

BGH 17.02.1982 - IVb ZR 658/80

Conradis: Die Berechnung des Vorsorgeunterhalts für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge; Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ 2004, 1156

Gerhardt/von Heintschell-Heinegg/Klein: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht; 12. Auflage 2021

Gutdeutsch: Altersvorsorgeunterhalt - Tabellarische Übersicht auf der Grundlage der Bremer Tabelle; Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ 2008, 62 und 328

Hauß: Stiefkinder des Unterhaltsrechts: Der Altersvorsorgeunterhalt; Familien-Rechtsberater - FamRB 2004, 336

Weinreich/Klein; Familienrecht. Kommentar; 7. Auflage 2022