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Vormund

 Normen 

§§ 1773 - 1808 BGB

§§ 52a - 58a SGB VIII

BT-Drs. 19/24445 (zu der am 01.01.2023 in Kraft getretenen Reform des Betreuungsrechts)

§§ 1- 6 ff. VBVG

 Information 

1. Allgemein

Der Vormund ist der Inhaber des elterlichen Sorgerechts in den Fällen, in denen die Eltern aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ihr Sorgerecht nicht ausüben können.

Der Minderjährige wird als Mündel bezeichnet.

Der Aufgabenbereich des Vormunds entspricht dem Aufgabenbereich der Eltern, d.h. er umfasst die Personen- und Vermögenssorge. Er kann entscheiden, ob der Mündel bei ihm im Haushalt, bei seinen - etwa noch vorhandenen - Eltern, in einer Pflegefamilie oder in einem Heim aufwachsen soll. Im Gegensatz ist der Aufgabenkreis bei der Pflegschaft (Pflegekind) je nach der gerichtlichen Entscheidung auf einen Teil des Sorgerechts beschränkt.

Die Tätigkeit des Vormunds wird durch das Familiengericht kontrolliert.

Reform des Vormundschaftsrechts zum 01.01.2023:

Hintergrund: Das Vormundschaftsrecht stammte in weiten Teilen aus der Entstehungszeit des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) aus dem Jahr 1896. Es enthält detaillierte Regelungen zur Vermögenssorge des Vormunds, die allerdings weithin die Verhältnisse um das Jahr 1900 abbildeten, und nur wenige Regelungen zur Personensorge. Durch zahlreiche Ergänzungen und Änderungen war das Vormundschaftsrecht unübersichtlich geworden und bildete die aktuelle Praxis nicht zutreffend ab.

Die Reform besteht daher u.a. aus folgenden Neuerungen:

  • Das Vormundschafts-und das Betreuungsrecht wurde insgesamt neu strukturiert.

  • Im Vormundschaftsrecht steht jetzt der Mündel mit seinen Rechten als Subjekt im Zentrum. Die Erziehungsverantwortung des Vormunds, das Verhältnis von Vormund und der Pflegeperson, die in der Regel den Mündel im Alltag erzieht, wurden ausdrücklich geregelt.

  • Die verschiedenen Vormundschaftstypen wurden zu einem Gesamtsystem zusammengefügt, in dem die beruflichen Vormünder einschließlich des Jugendamts als Amtsvormund gleichrangig sind, nur ehrenamtliche Vormünder sind vorrangig zu bestellen.

  • Ein Vormundschaftsverein oder das Jugendamt sollen zunächst vorläufiger Vormund sein, damit ein geeigneter Vormund in Ruhe ausgewählt werden kann.

  • Die Rechte der Pflegeperson werden gestärkt.

2. Bestellung des Vormunds

Die Regelung in § 1774 BGB stellt klar, welche Typen von Vormündern bestellt werden können. Außerdem wurde der Gesetzesaufbau dahin abgeändert, dass Einzelvormundschaft, Vereins-und Amtsvormundschaft in einer Norm zusammengefasst wurden.

Absatz 1 zählt die zur Vormundschaft generell tauglichen Vormünder auf. Das sind als natürliche Personen der ehrenamtliche Einzelvormund (Nummer 1), der berufliche Einzelvormund (Nummer 2) und der Mitarbeiter eines anerkannten Vormundschaftsvereins als Vereinsvormund (Nummer 3) sowie das Jugendamt als Amtsvormund (Nummer 4).

Gemäß § 1775 Abs. 1 BGB gibt es nur noch die gemeinschaftliche Vormundschaft von Ehegatten oder Lebenspartnern sowie die Möglichkeit, für Geschwister gemäß Absatz 2 nicht nur einen gemeinsamen, sondern in besonderen Fällen ausnahmsweise für einzelne Geschwister einen unterschiedlichen Vormund zu bestellen, etwa wenn diese weit voneinander entfernt leben. Die Möglichkeit, aus besonderen Gründen für einen Mündel mehrere Vormünder zu bestellen ist entfallen. Damit wird der Grundsatz bekräftigt, dass die Verantwortung für den Mündel grundsätzlich ungeteilt bei einem einzigen Vormund liegen soll.

Ausnahmen:

Von diesem Grundsatz macht der Entwurf zwei Ausnahmen: Neben einem ehrenamtlichen Vormund kann gemäß § 1776 BGB ausnahmsweise für einzelne Sorgeangelegenheiten oder eine bestimmte Art von Sorgeangelegenheiten ein Pfleger bestellt werden, wenn der ehrenamtliche Vormund diese Angelegenheiten nicht ausreichend wahrnehmen kann, er als Vormund aber von besonderer Bedeutung für das Wohl des Mündels ist. Außerdem ist die Übertragung von einzelnen Sorgeangelegenheiten oder einer bestimmten Art von Sorgeangelegenheiten auf die Pflegeperson als Pfleger möglich, § 1777 BGB.

3. Berücksichtigung der Großeltern als Vormund

Der grundrechtliche Schutz umfasst das Recht naher Verwandter, bei der Entscheidung über die Auswahl eines Vormunds oder Ergänzungspflegers in Betracht gezogen zu werden. Ihnen kommt der Vorrang gegenüber nicht verwandten Personen zu, sofern nicht im Einzelfall konkrete Erkenntnisse darüber bestehen, dass dem Wohl des Kindes durch die Auswahl einer dritten Person besser gedient ist (BVerfG 24.06.2014 - 1 BvR 2926/13).

Das Recht der Großeltern auf Beachtung ihrer nahen Verwandtenstellung bei der Auswahl des Vormunds umfasst grundsätzlich nicht die Beschwerdeberechtigung nach § 58 f. FamFG. Sie sind jedoch befugt, gegen die Entscheidung Rechtspflegererinnerung einzulegen (BGH 26.06.2013 - XII ZB 31/13).

4. Vergütung

Rechtsgrundlage der Vergütung sind § 1808 BGB sowie §§ 1- 6 ff. VBVG.

 Siehe auch 

Mündel

Vormundschaft

BVerfG 18.12.2008 - 1 BvR 2604/06 (Bevorzugung von Familienangehörigen)

BGH 25.05.2011 - XII ZB 625/10 (Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruch bei einer Vereinsvormundschaft)

BFH 14.09.1999 - III R 39/97 (Vergütungen eines zur Vermögenssorge bestellten Vormunds sind Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben)

OLG Köln 10.07.1986 - 16 Wx 63/86 (Verfügung des Vormunds über ein Girokonto)

Hoffmann: Persönlich zum Vormund / Pfleger bestellte Mitarbeiter/innen eines Vereins. Besonderheiten bei Auswahl, Bestellung, Amtsführung und Entlassung eines Vereinsvormunds; Das Jugendamt - JAmt 2013, 554

Hoffmann: Kooperation zwischen Vormund / Pfleger und Familiengericht; Das Jugendamt - JAmt 2011, 299

Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein: Handbuch Familienrecht; 12. Auflage 2021

Katzenstein: Vormund/in in Kontakt zum Kind zwischen Einzelfallorientierung und "Regelfall"; Das Jugendamt - JAmt 2013, 234