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Verfahrensbeistand

 Normen 

§§ 158 - 158c FamFG

BT-Drs. 19/23707 (zu dem am 01.07.2021 in Kraft getretenen Änderungen)

 Information 

1. Allgemein

Der Verfahrensbeistand wird in familienrechtlichen Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Interessenvertretung des Kindes beigeordnet.

Mit dem am 01.07.2021 in Kraft getretenen "Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder" wurden die Regelungen zum Verfahrensbeistand entsprechend der einzelnen Regelungsgegenstände neu strukturiert und insbesondere durch eine Vorschrift ergänzt, die konkrete Qualifikationsanforderungen für Verfahrensbeistände vorsieht. Rechtsgrundlagen des Verfahrensbeistands sind nunmehr die §§ 158 - 158c FamFG.

2. Aufgaben

Die Aufgaben des Verfahrensbeistandes sind seit dem 01.7.2021 in dem neuen § 158b FamFG geregelt.

Absatz 1 regelt die allgemeinen Aufgaben des Verfahrensbeistands im Verfahren und enthält in Satz 1 seine zentrale Aufgabe, das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen.

Der Verfahrensbeistand hat bei seiner Stellungnahme sowohl das subjektive Interesse des Kindes (Wille des Kindes) als auch das objektive Interesse des Kindes (Kindeswohl) einzubeziehen. Die Stellungnahme kann sowohl schriftlich als auch mündlich im Termin abgegeben werden.

Daneben muss der Verfahrensbeistand das Kind in geeigneter Weise über das Verfahren informieren.

Soweit erforderlich kann das Gericht dem Verfahrensbeistand die Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken.

3. Bestellung

§158 FamFG regelt die Bestellung des Verfahrensbeistands.

Absatz 2 enthält die Voraussetzungen, unter denen die Bestellung eines Verfahrensbeistands zwingend erforderlich ist. Hierbei handelt es sich um besonders grundrechtsrelevante Verfahren, bei denen eine teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a BGB ein Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 BGB oder eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 BGB in Betracht kommen.

Absatz 3 enthält daneben weiterhin Regelbeispiele, in denen die Bestellung eines Verfahrensbeistands in der Regel erforderlich ist. Die Pflicht des Gerichts, die Gründe für ein Absehen von der Bestellung bei einschlägigem Regelbeispiel zu begründen, ist in Satz 2 des Absatz 3 geregelt.

Soll trotz Vorliegens eines Regelbeispiels von einer Bestellung abgesehen werden, bedarf dies besonderer Gründe, die das Gericht im Einzelnen darzulegen hat. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/6308) ist dies insbesondere denkbar bei Entscheidungen von geringer Tragweite, die sich auf die Rechtspositionen der Beteiligten und auf die künftige Lebensgestaltung des Kindes nicht in erheblichem Umfang auswirken. Die Erforderlichkeit kann weiter fehlen, wenn alle beteiligten Personen und Stellen gleichgerichtete Verfahrensziele verfolgen. Aber auch wenn die Interessen des Kindes in anderer Weise ausreichend im Verfahren zur Geltung gebracht werden, kommt ein Absehen von der Bestellung eines Verfahrensbeistands in Betracht. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn das Kind durch einen Ergänzungspfleger vertreten wird.

4. Anforderungen an die Qualifikation

Fachliche Eignung:

Das Gericht soll nur eine Person zum Verfahrensbeistand bestimmen, die persönlich und fachlich geeignet ist, das Interesse des Kindes festzustellen und sachgerecht in das Verfahren einzubringen (158 Abs. 1 FamFG).

Die fachliche Eignung wird in dem neuen § 158a Abs. 1 FamFG konkretisiert:

Danach ist eine fachliche Eignung als Verfahrensbeistand gegeben, wenn die Person über Grundkenntnisse auf den Gebieten des Familienrechts, insbesondere des Kindschaftsrechts, des Verfahrensrechts und des Kinder- und Jugendhilferechts verfügt, Kenntnisse auf dem Gebiet der Entwicklungspsychologie des Kindes hat und über kindgerechte Gesprächstechniken verfügt.

Die nach Satz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sind auf Ver- langen des Gerichts nachzuweisen. Der Nachweis kann insbesondere über eine sozialpädagogische, pädagogische, juristische oder psychologische Berufsqualifikation sowie eine für die Tätigkeit als Verfahrensbeistand spezifische Zusatzqualifikation erbracht werden.

Persönliche Eignung:

§ 158a Abs. 2 FamFG definiert die persönliche Eignung und legt fest, dass diese insbesondere nicht vorliegt, wenn es zu einer Verurteilung wegen einer der in der Vorschrift aufgeführten Straftaten gekommen ist. Der Nachweis soll durch die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses erbracht werden.

5. Vergütung

Die Vergütung ist nunmehr in § 158c FamFG geregelt:

Danach erhölt der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350,00 EUR, wenn die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt wird. Im Falle der Übertragung von Aufgaben nach § 158 Absatz 4 Satz 3 FamFG erhöht sich die Vergütung auf 550,00 EUR. Mit den Beträgen sind ggf. entstandene Aufwendungen abgegolten.

Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 17.07.2019 - V R 27/17, nach der an der Tätigkeit eines Verfahrensbeistands ein besonderes Gemeinwohlinteresse besteht, sind die Leistungen des Verfahrensbeistands nach unionsrechtlichen Grundsätzen von der Umsatzsteuer befreit.

Der Betrag ist für jedes Kind, das von dem Verfahrensbeistand vertreten wird, gesondert zu zahlen (BGH 15.09.2010 - XII ZB 268/10).

Bei den Hauptsacheverfahren einerseits und Eilverfahren andererseits handelt es sich um verschiedene Angelegenheiten, für die der - in beiden Verfahren bestellte - Verfahrensbeistand jeweils eine Vergütung beanspruchen kann. Eine Anrechnung findet nicht statt (BGH 17.11.2010 - XII ZB 478/10).

Mit den Fallpauschalen sind sämtliche Aufwendungen des Verfahrensbeistands abgegolten. Dies gilt auch bei im Einzelfall erheblichen Fahrtkosten (BGH 13.11.2013 - XII ZB 612/12).

6. Rechtsmittel

§ 158 Absatz 5 FamFG stellt klar, dass die Entscheidung über die Bestellung oder Aufhebung der Bestellung eines Verfahrensbeistands sowie über die Ablehnung einer derartigen Maßnahme nicht selbstständig anfechtbar ist.

Erfasst ist damit lediglich die isolierte Anfechtbarkeit einer entsprechenden Entscheidung. Ein Rechtsmittel gegen die Endentscheidung kann weiterhin auch damit begründet werden, dass das Gericht einen Verfahrensbeistand zu Unrecht bestellt oder abberufen hat oder dass es die Bestellung eines Verfahrensbeistands zu Unrecht unterlassen oder abgelehnt hat.

Für den Bereich Kindschaftssachen gilt: "Wird in einer Kindschaftssache durch den Rechtspfleger ein Verfahrensbeistand bestellt, findet gegen diese Entscheidung die befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG (Rechtspflegererinnerung) statt" (BGH 22.03.2017 - XII ZB 391/16).

 Siehe auch 

Adoption

Aufenthaltsbestimmungsrecht

Freiwillige Gerichtsbarkeit

Kindeswohl

Umgangsrecht

http://www.verbandanwaltdeskindes.de/ (Bundesverband Anwalt des Kindes)

Neumann: So unterscheiden sich Ergänzungspfleger, Beistand und Verfahrensbeistand des FamFG; Familienrecht kompakt - FK 2010, 161

Schulte-Bunnert/Weinreich: FamFG - Kommentar zum Familienverfahrensrecht; 5. Auflage 2016

Soyka: Anmerkung zu BGH v. 22.03.2017 - XII ZB 391/16 - (Rechtsmittel: Bestellung eines Verfahrensbeistands durch den Rechtspfleger: Wie Sie richtig dagegen vorgehen); Familienrecht kompakt - FK 2018, 5

Volpert: Anwaltsvergütung für die Tätigkeit als Verfahrenspfleger und Verfahrensbeistand; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2013, 2491