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Verbandsklage - Umweltschutz

 Normen 

UmwRG

RL 2011/92

RL 2014/52 zur Änderung der RL 2011/92 (umzusetzen bis 16.05.2017)

 Information 

1. Einführung

Mit der Verbandsklage im Umweltschutzrecht besteht die Möglichkeit von Umweltverbänden, einen Rechtsbehelf gegen bestimmte Entscheidungen in Umweltangelegenheiten einzulegen. Rechtsgrundlage ist das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz.

2. Das Verbandsklagerecht von Umweltverbänden

Mit dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz wurde die Möglichkeit einer Verbandsklage gegen umweltrechtliche Zulassungsentscheidungen für Industrieanlagen sowie Infrastrukturmaßnahmen geschaffen.

Mögliche eingelegte Rechtsbehelfe sind bei Vorliegen der Voraussetzungen alle in der Verwaltungsgerichtsordnung genannten Rechtsbehelfe. Die Rechtsbehelfe können von anerkannten inländischen oder ausländischen Vereinigungen eingelegt werden. Die Anerkennung erfolgt nach einem entsprechenden Antrag durch das Bundesumweltamt. Voraussetzungen der Anerkennung sind gemäß § 3 UmwRG:

  • Die Vereinigung fördert nach ihrer Satzung vorwiegend Ziele des Umweltschutzes.

  • Sie besteht im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre und hat während dieser Zeit den Umweltschutz gefördert.

  • Sie ist gemeinnützig im Sinne des § 52 AO.

  • Sie bietet Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung.

  • Jeder kann grundsätzlich vollwertiges Mitglied werden.

Ist eine Anerkennung (noch) nicht gegeben, so kann der Rechtsbehelf eingelegt werden, wenn eine der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UmwRG vorliegt.

Mit der zum 02.06.2017 in Kraft getretenen Änderung des § 3 UmwRG ist die Veröffentlichung der anerkannten Umweltvereinigungen auf der Internetseite der im Einzelfall zuständigen Anerkennungsbehörde angeordnet. Auf Bundesebene und bei den meisten Ländern entspricht dies bereits der Verwaltungspraxis. Die gesetzliche Festschreibung dient der Sicherstellung der Transparenz.

3. Verbandsklage zur Überprüfung einer Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 4 UmwRG regelt das Recht der umweltrechtlichen Verbandsklage bei Fehlern im Rahmen der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (BVerwG 20.12.2011 - 9 A 30/10).

Dabei wurden die in dem Urteil EuGH 07.11.2013 C- 72/12 festgesetzten Grundsätze in die §§ 4 und 5 UmwRG eingearbeitet:

Zunächst wird nunmehr deutlicher zwischen absoluten (Absatz 1) und relativen (Absatz 1a) Verfahrensfehlern unterschieden. Das Vorliegen von absoluten Verfahrensfehlern führt zu einem Aufhebungsanspruch des Klägers. Hingegen ist § 46 VwVfG, der für einen Aufhebungsanspruch eine Kausalität zwischen dem Verfahrensfehler und der Entscheidung in der Sache verlangt, nur beim Vorliegen von relativen Verfahrensfehlern anwendbar.

Anders als im vormaligen Recht gelten die Vorschriften über die Behandlung absoluter Verfahrensfehler nicht nur für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, für die eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann, sondern auch für Rechtsbehelfe gegen Zulassungsentscheidungen für Industrieanlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie.

Nach Auffassung des Gerichtshofs ist für die Frage, ob ein geltend gemachter Verfahrensfehler einen Aufhebungsanspruch begründet, u.a. dessen Schwere zu berücksichtigen. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob der Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen hat, die ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess ermöglichen sollen.

Satz 1 Nummer 1 des § 4 UmwRG entspricht dem vormaligen Recht. Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten weitere Verfahrensfehler, die nach den Grundsätzen, die der EuGH aufgestellt hat, ebenfalls als besonders schwerwiegende Verfahrensverstöße zu betrachten sind und zur Aufhebung der Zulassungsentscheidung führen. Nach Nummer 2 ist dies der Fall, wenn eine vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung insgesamt nicht durchgeführt worden ist. Als relevante Verfahrensfehler kommen nur Verstöße gegen Verfahrensvorschriften in Betracht, mit denen der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen wird. Zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt gemäß dem zum 02.06.2017 eingefügten § 4 Abs. 1b S. 1 UmwRG nur dann zur Aufhebung der Entscheidung, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann.

Gemäß dem ebenfalls zum 02.06.2017 neu eingefügten § 6 UmwRG besteht eine Klagebegründungsfrist von zehn Wochen ab Klageerhebung.

 Siehe auch 

Naturschutz

Umwelthaftungsrecht

Umweltordnungswidrigkeiten

Umweltschäden

Hoppe/Beckmann: UVPG - Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung mit Kommentierung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG); 4. Auflage 2012

Klinger: Das Sterben der Kohlekraftwerke oder: Zeit für eine Klimaschutz-Verbandsklage?; Zeitschrift für Umweltrecht - ZUR 2010, 169

Siegel: Ausweitung und Eingrenzung der Klagerechte im Umweltrecht; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2014, 973

Weidemann: Die Verbandsklage und das Umweltrechtsbehelfsgesetz; Verwaltungsrundschau - VR 2008, 227