Rechtswörterbuch

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Teilzeitarbeit - Voraussetzungen

 Normen 

§ 8 TzBfG

§ 9a TzBfG

 Information 

1. Allgemein

Seit dem 01.01.2019 bestehen zwei Formen der zeitlichen Verringerung der Arbeitszeit:

  • Der allgemeine Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, d.h. die zeitlich nicht begrenzte Verringerung der Arbeitszeit. Dieser wird im Folgenden dargestellt.

  • Zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit - siehe insofern den Beitrag "Brückenteilzeit"

2. Zeitlich nicht begrenzte Verringerung der Arbeitszeit

Der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit hat folgende Voraussetzungen:

  1. 1.

    Das Arbeitsverhältnis besteht seit mindestens sechs Monaten.

  2. 2.

    In dem Betrieb sind mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Anzahl wird nach Köpfen berechnet, wobei Auszubildende nicht mitgezählt werden.

  3. 3.

    Sachliche Voraussetzung ist, dass der Verringerung der Arbeitszeit keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Diese liegen insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf, die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht, § 8 TzBfG.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Begründetheit der von dem Arbeitgeber genannten entgegenstehenden betrieblichen Gründe wie folgt zu prüfen:

    1. a)

      Feststellung des vom Arbeitgeber aufgeführten Organisationskonzepts.

    2. b)

      Prüfung der Unvereinbarkeit der gewünschten Arbeitszeitverteilung mit dem Arbeitszeitkonzept.

    3. c)

      Sofern betriebliche Gründe der gewünschten Arbeitszeitverteilung entgegenstehen, ist zu prüfen, ob das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe so erheblich ist, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches des Arbeitnehmers zu einer

      • wesentlichen Beeinträchtigung der Arbeitsorganisation,

      • des Arbeitsablaufs,

      • der Sicherheit im Betrieb oder

      • zu einer unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Belastung des Betriebs führen würde.

    Unter Organisationskonzept ist das tatsächlich durchgeführte Konzept zu verstehen, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll (BAG 08.05.2007 - 9 AZR 1112/06). Kein anerkanntes Organisationskonzept liegt insofern vor, wenn der Arbeitgeber meint, die Aufgaben sollten nach seiner unternehmerischen Zielsetzung von einer Vollzeitkraft ausgeführt werden.

    Auch die Notwendigkeit des Informationsaustauschs zwischen zwei Teilzeit(leitungs)kräften begründet nicht zwangsläufig einen dem Teilzeitverlangen entgegenstehenden betrieblichen Grund. Die mit einer Arbeitsplatzteilung einhergehenden üblichen Reibungsverluste und Ablaufstörungen sind vom Arbeitgeber grundsätzlich hinzunehmen (BAG s.o.).

    Als betrieblicher Grund wurde in dem Urteil BAG 19.08.2003 - 9 AZR 542/02 das pädagogische Konzept eines Kindergartens anerkannt, nach dem u.a. wechselnde Bezugspersonen vermieden werden sollten. Mit dem Ausbau der Öffnungszeiten in den Kindergärten und dem damit verbundenen zwangsläufigen Wechsel der Bezugspersonen kann dieser Grund jedoch nicht aufrecht erhalten werden.

    Als betrieblicher Grund anerkannt ist gemäß BAG 23.11.2004 - 9 AZR 644/03 die erfolglose Suche nach einer Ersatzkraft, wobei der Arbeitgeber jedoch an die Ersatzkraft keine höheren fachlicheren Anforderungen stellen darf als er üblicherweise für die Nachbesetzung des Arbeitsplatzes verlangen würde. Im arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit können grundsätzlich nur die bis zur Ablehnung des Teilzeitantrages ausgeführten Bemühungen des Arbeitgebers die Klageabweisung begründen, es sei denn, das Gericht kann davon überzeugt werden, dass eine vor der Ablehnung des Teilzeitantrags durchgeführte Arbeitskraftsuche zu dem selben Ergebnis wie die spätere (erfolglose) Arbeitskraftsuche gekommen wäre.

    Für das Vorliegen der betrieblichen Gründe ist auf den Zeitpunkt der Ablehnung des Teilzeitanspruches und nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen.

    Die Beweislast / Darlegungslast für das Vorliegen eines entgegenstehenden betrieblichen Grundes obliegt dem Arbeitgeber.

Die Möglichkeit zur Verringerung der Arbeitszeit gilt auch für leitende Angestellte. Auch ein bereits teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer hat bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch auf eine weitere Verringerung der Arbeitszeit (BAG 13.11.2012 - 9 AZR 259/11).

Jedoch muss der Arbeitnehmer eine dauerhafte Verringerung seiner Arbeitszeit wünschen. Wird der Antrag nur für einen begrenzten Zeitraum gestellt, so ist der Antrag für den Arbeitgeber nicht verbindlich (BAG 12.09.2006 - 9 AZR 686/05).

Der Antrag auf eine Verringerung muss in einer bestimmten Höhe gestellt werden bzw. in den anderen Fällen muss sich aus der Erklärung ergeben, dass der Arbeitnehmer das Leistungsbestimmungsrecht auf den Arbeitgeber übertragen hat. Auf unbestimmte Verringerungsverlangen muss der Arbeitgeber nicht innerhalb der Frist durch Annahme oder Ablehnung reagieren (BAG 16.10.2007 - 9 AZR 110/07).

 Siehe auch 

Arbeit auf Abruf

Arbeitsplatzteilung

Brückenteilzeit

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse

Gleichbehandlungsgrundsatz

Teilzeitarbeit - Diskriminierungsverbot

Teilzeitarbeit - Erhöhung der Arbeitszeit

Teilzeitarbeit - Öffentlicher Dienst

Teilzeitarbeit - Verteilung der Arbeitszeit

Überstunden

Kreuzer/Wolff: Teilzeitarbeit: Der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit und Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers; Arbeitsrecht aktiv - AA 2008, 75

Salamon/Reuße: Grenzen der arbeitgeberseitigen Darlegungslast zur Ablehnung von Teilzeitarbeit nach der jüngsten Ausweitung durch das BAG; Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht - NZA 2013, 865

Sievers: TzBfG. Kommentar; 6. Auflage 2018