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Spruchverfahren

 Normen 

SpruchG

SpruchNOG

 Information 

Das Spruchverfahren ist die gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit der Abfindungen und Ausgleichszahlungen für Minderheitsgesellschafter, die ihre Anteile durch eine Strukturmaßnahme wie z.B. eine Eingliederung / Verschmelzung der Gesellschaft verlieren.

Die Durchführung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens ist in dem Spruchverfahrensgesetz gesetzlich geregelt. Prozessrechtlich handelt es sich um ein Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Der Anwendungsbereich des Gesetzes erstreckt sich gemäß § 1 SpruchG auf gerichtliche Verfahren für die Bestimmung

  • des Ausgleichs für außenstehende Aktionäre und der Abfindung solcher Aktionäre im Zusammenhang mit dem Abschlus von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen.

  • der Abfindung von ausgeschiedenen Aktionären bei der Eingliederung durch Mehrheitsbeschluss von Aktiengesellschaften.

  • der Barabfindung von Minderheitsaktionären, deren Aktien durch Beschluss der Hauptversammlung auf den Hauptaktionär übertragen worden sind.

  • der Zuzahlung an Anteilsinhaber oder der Barabfindung von Anteilsinhabern anlässlich der Umwandlung von Rechtsträgern.

Der Antrag auf Einleitung des Spruchverfahrens kann nur innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eintragung der Strukturmaßnahme in das Handelsregister gestellt werden.

Innerhalb dieser Frist ist der Antrag zu begründen. Die Begründung muss u.a. Angaben zur Art der Strukturmaßnahme machen, die Höhe der geforderten Kompensation und eine substantiierte Darlegung der Einwendungen gegen den als Grundlage der Kompensation ermittelten Unternehmenswert enthalten.

Die Auswahl und Bestellung der Vertrags- und Verschmelzungsprüfer erfolgt auch für die Vertrags- bzw. Verschmelzungsprüfung durch das Gericht. Dies ergibt sich aus der geänderten Fassung des § 293c AktG und § 10 UmwG. Damit stehen dem Gericht in einem eventuell später durchzuführenden Spruchverfahren bereits in das Sachgebiet eingearbeitete Prüfer zur Verfügung.

Daneben kann das Gericht Sachverständige zur Klärung von Vorfragen beauftragen. Durch die allgemeine Beauftragung von in der Materie eingearbeiteten Prüfern und die anschließende zielgerichtetere Beauftragung von Sachverständigen soll das Verfahren beschleunigt werden.

Der Antragsgegner ist gemäß § 7 SpruchG verpflichtet, auf Verlangen des Antragstellers dem Gericht oder dem Sachverständigen entscheidungserhebliche Unterlagen vorzulegen. Der Schutz von Unternehmensgeheimnissen wird durch die Möglichkeit des Antraggegners gewahrt, nach dem auf Antrag das Gericht anordnet, dass die Unterlagen dem Antragsteller nicht zugänglich gemacht werden.

Bestimmte Grundsätze des Zivilprozesses wurden zur Verfahrensbeschleunigung auch in das Spruchverfahren eingebaut. Die Vorschriften der Freiwilligen Gerichtsbarkeit wurden insoweit zurückgedrängt. Gemäß § 8 SpruchG ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die Schriftsätze sind den Parteien förmlich unter Setzung von Fristen für die Stellungnahme zuzustellen.

Bei der gesetzlichen Niederlegung der Kosten des Verfahrens hat sich der Gesetzgeber an der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden Rechtsprechung zu den Kosten des Spruchverfahrens orientiert:

Der Geschäftswert ist der Betrag, der von allen Antragsberechtigten aufgrund der gerichtlichen Entscheidung zusätzlich zu dem ursprünglich gebotenen Betrag gefordert werden kann. Er beträgt jedoch mindestens 200.000,00 EUR und höchstens 7,5 Millionen EUR. Rechtsanwälte können für das Verfahren im ersten Rechtszug die volle Gebühr erheben, kommt es in der Hauptsache zu einer gerichtlichen Entscheidung erhöht sich die Gebühr auf das Vierfache.

Die Höhe der Gerichtskosten bestimmt sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz. Schuldner der Gerichtskosten ist nur der Antragsgegner, es sei denn die Einleitung des Spruchverfahrens erfolgte rechtsmissbräuchlich.

Im Übrigen hat der Antragsteller seine Kosten grundsätzlich selbst zu tragen. Das Gericht kann aber gemäß § 15 SpruchG anordnen, dass die Gerichtskosten ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

Aber die Rechtsprechung hat nun entschieden, dass aufgrund des erst nach dem SpruchG in Kraft getretenen FamFG in bestimmten Fällen auch die Übernahme der außergerichtlichen Kosten in Betracht kommt:

Nach der Entscheidung OLG München 13.12.2016 - 31 Wx 186/16 "können dem Beschwerdeführer nach dem Wortlaut des § 84 FamFG - trotz der Spezialregelung des § 15 SpruchG - ausnahmsweise aus Billigkeitsgründen auch die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners jedenfalls dann auferlegt werden, wenn das Rechtsmittel - wie hier - von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beschwerdeführer dies ohne weiteres erkennen konnte".

 Siehe auch 

Aktiengesellschaft

Kommanditgesellschaft auf Aktien

BVerfG 29.11.2006 - 1 BvR 704/03 (Maßgeblicher Börsenkurs bei Bemessung der Abfindung)

Land/Hennings: Aktuelle Probleme von Spruchverfahren nach gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen; Die Aktiengesellschaft - AG 2005, 380

Mehrbrey: Handbuch Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten; 2. Auflage 2015

Popp: Zur Berechnung der kapitalisierten Ausgleichszahlung; Die Wirtschaftsprüfung - WPg 2018, 244

von Rechenberg/Ludwig: Kölner Handbuch Handels- und Gesellschaftsrecht; 4. Auflage 2017

Tomson/Hammerschmitt: Aus alt mach neu? Betrachtungen zum Spruchverfahrensneuordnungsgesetz; NJW (Neue Juristische Wochenschrift) 2003, 2572

Winter/Nießen: Amtsermittlung und Beibringung im Spruchverfahren; Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht - NZG 2007, 13