Rechtswörterbuch

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Rechtsanwaltsgerichtliches Verfahren

 Normen 

§§ 92 ff. BRAO

§§ 113 ff. BRAO

 Information 

1. Allgemein

Spezialgerichtlicher Gerichtsweg für Verstöße eines Rechtsanwalts gegen die für Rechtsanwälte geltenden Gesetze und Verhaltensvorschriften.

Das rechtsanwaltsgerichtliche Verfahren ist gemäß § 112a BRAO zuständig bei öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nach der BRAO, einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder einer Satzung einer der nach diesem Gesetz errichteten Rechtsanwaltskammern, einschließlich der Bundesrechtsanwaltskammer, soweit nicht die Streitigkeiten anwaltsgerichtlicher Art oder einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.

Die Zuständigkeit des Anwaltsgerichts erfasst auch hoheitliches Verwaltungshandeln, das nicht in die Form eines Verwaltungsakts gekleidet, gleichwohl aber geeignet ist, in die berufsrechtlich begründeten Rechte und Pflichten der Beteiligten einzugreifen oder sie einzuschränken (VGH Baden-Württemberg 26.07.2012 - 9 S 882/11).

2. Aufbau der Gerichtsbarkeit

Das Anwaltsgericht ist ein staatliches Gericht, die (ehrenamtlichen) Richter sind Rechtsanwälte, die für die Dauer ihrer Tätigkeit die Stellung eines hauptberuflichen Richters innehaben. Als Vergütung erhalten sie eine Aufwandsentschädigung und Reisekostenvergütung.

Die Anwaltsgerichtsbarkeit ist dreistufig aufgebaut:

  • Das Anwaltsgericht im Bezirk einer Rechtsanwaltskammer

    Für jede Rechtsanwaltskammer ist ein Anwaltsgericht eingerichtet, das sich im Bezirk der Anwaltskammer befinden muss.

  • Der Anwaltsgerichtshof als Beschwerde- und Berufungsinstanz befindet sich bei dem jeweiligen Oberlandesgericht.

  • Beschwerde- und Revisionsinstanz ist der Anwaltssenat des BGH.

3. Das anwaltsgerichtliche Verfahren

In eigenen, berufsständischen Angelegenheiten des Rechtsanwalts ist gemäß § 112c BRAO zunächst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen.

Das anwaltgerichtliche Verfahren beginnt gemäß § 120 BRAO durch Einreichen einer Anklageschrift der Staatsanwaltschaft des Oberlandesgerichts.

In den Verfahren werden gemäß § 195 BRAO Gerichtsgebühren nach dem Gebührenverzeichnis zur Anlage der BRAO erhoben. Auslagen werden nach den Vorschriften des GKG erhoben.

4. Sanktionen der Anwaltsgerichtsbarkeit

Sanktionen der Anwaltsgerichtsbarkeit bei Verfahren gegen Rechtsanwälte sind gemäß § 114 Abs. 1 BRAO:

Die Sanktionen gegen Berufsausübungsgesellschaften sind in § 114 Abs. 2 BRAO geregelt. Es sind:

Dabei können die Sanktionen des Verweises und der Geldbuße nebeneinander verhängt werden.

5. Rechtsmittel

Gegen die Entscheidungen im anwaltsgerichtlichen Verfahren bestehen folgende Rechtsmittel:

  • Beschlüsse des Anwaltsgerichts können mit der Beschwerde angefochten werden.

  • Gegen Urteile des Anwaltsgerichts kann die Berufung zum Anwaltsgerichtshof eingelegt werden.

  • Urteile des Anwaltsgerichtshofs können mit der Revision zum BGH angefochten werden.

 Siehe auch 

Disziplinargerichte

Interessenkollision

Rechtsanwaltswerbung

Ganter: Berufsrechtliche Konsequenzen des Restrukturierungsverfahrens für Rechtsanwälte (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO); Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung - NZI 2022, 409

Grunewald: Die Berufsgerichtsbarkeit der Freien Berufe; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2002, 1369

Hartung: Die Vergütung des Rechtsanwalts im berufsgerichtlichen Verfahren; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2005, 3093

Johnigk/Kirchberg: Die Neuregelung der verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen; Bundesrechtsanwaltskammer-Mitteilungen - BRAK-Mitt. 2009, 214

Ott/Klauck: Ärztliches Standesrecht contra anwaltliches Berufsrecht. Eine vergleichende Betrachtung der berufsrechtllichen Disziplinargewalt; Juristische Rundschau - JR 2022, 275